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Die Infanterie, welche im Walde überrascht worden war, lief in ungeordneten Haufen zurück. Als der Regimentskommandeur die Schüsse und das Geschrei hinter sich vernommen hatte, begriff er, daß etwas Schreckliches vorgefallen war, und er ritt durch den Kugelregen über das Feld nach dem Wald, in welchen sein Regiment geflohen war. Aber ungeachtet des verzweifelten Geschreis des früher so gefürchteten Regimentskommandeurs flohen die Soldaten immer weiter, schossen in die Luft und hörten nicht mehr auf das Kommando.
Alles schien verloren, aber in diesem Augenblick hielten die Franzosen plötzlich ohne sichtliche Veranlassung an und flohen zurück. Im Walde aber erschienen russische Schützen, das war die Kompanie Timochins, welche allein ihre Ordnung bewahrt hatte und plötzlich die Franzosen angriff. Timochin stürzte mit einem so verzweifelten Geschrei und einer so wahnsinnigen Entschlossenheit auf die Franzosen, daß sie ihre Gewehre wegwarfen und in wilder Flucht zurückgingen. Inzwischen sammelten sich Teile des Regiments, und die Flüchtlinge kehrten zurück. Der Regimentskommandeur stand an der Brücke, als ein Soldat vorüberging und seine Steigbügel ergriff. Er trug einen blauen Mantel von ziemlich feinem Tuch, Tornister und Tschako fehlten. Sein Kopf war verbunden und über der Schulter hing eine französische Patronentasche, in der Hand hielt er einen Offiziersdegen.
»Exzellenz, hier sind zwei Trophäen«, sagte Dolochow, indem er den Degen und die Patronentasche vorwies, »ich habe einen Offizier gefangengenommen, ich habe die Kompanie zusammengehalten. Ich bitte, erinnern Sie sich dessen, Exzellenz! Die ganze Kompanie kann es bezeugen.«
»Gut, gut«, sagte der Regimentskommandeur und wandte sich an den neben ihm stehenden Major. Aber Dolochow ging nicht, er band das Tuch los, nahm es ab und zeigte das Blut, das in seinen Haaren zusammengebacken war. »Eine Bajonettwunde, ich bin in der Front geblieben, erinnern Sie sich, Exzellenz!«
Die Batterie Tuschins wurde vergessen, und erst am Ende des Gefechts, als Fürst Bagration die fortdauernde Kanonade im Zentrum hörte, sandte er einen Adjutanten dorthin und dann auch Fürst Andree, um den Befehl zum sofortigen Rückzug zu überbringen. Die Batterie stand lange Zeit im feindlichen Geschützfeuer, es war ihr gelungen, Schöngraben in Brand zu schießen und dem Feind großen Schaden zuzufügen. Mehrmals waren sogar Angriffe von französischer Infanterie mit Kartätschen zurückgeworfen worden, obgleich die Batterie schon lange keine Bedeckung mehr hatte. Inmitten des betäubenden Donners der eigenen Geschütze, des Einschlagens und Krachens der feindlichen Geschosse vernahm er plötzlich: »Kapitän Tuschin! Kapitän Tuschin!« Erstaunt sah sich Tuschin um und erblickte denselben Generalstabsoffizier, der ihn aus der Marketenderhütte fortgejagt hatte.
»Sind Sie toll geworden. Schon zweimal hat man Ihnen befohlen, sich zurückzuziehen!«
»Ich . . . weiß nicht . . .« erwiderte Tuschin verwirrt, mit der Hand am Schirm.
Der Generalstabsoffizier konnte nicht zu Ende sprechen. Eine Kanonenkugel flog vorüber, er bückte sich aufs Pferd herab und verstummte, und als er noch etwas sagen wollte, unterbrach ihn eine andere Kanonenkugel. Sofort wandte er sein Pferd und ritt davon.
»Zurück! Alle zurück!« schrie er nun von fern.
Die Soldaten lachten. Im nächsten Augenblick kam ein Adjutant und brachte denselben Befehl.
Das war Fürst Andree. Eine Kugel nach der anderen flog über ihn weg, als er die Batterie erreichte, und er fühlte, wie ein nervöses Zittern über seinen Rücken lief. Aber ein Gedanke hielt ihn aufrecht. »Ich darf mich nicht fürchten«, dachte er, stieg langsam ab, überbrachte den Befehl und ritt nicht wieder fort von der Batterie. Er wollte abwarten, bis die Geschütze abgefahren seien. Zwei derselben waren beschädigt und mußten zurückgelassen werden.
»Auf Wiedersehen!« sagte Fürst Andree, indem er Tuschin die Hand entgegenstreckte.
»Auf Wiedersehen!« erwiderte Tuschin.