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Als die russischen Truppen sich von Borodino zurückzogen, nachdem sie in einer blutigen Schlacht die Hälfte ihrer Truppen verloren hatten, nahmen sie bei Fili Stellung. Jermolow, der die Stellung besichtigt hatte, kam zum Feldmarschall. »Es ist unmöglich, sich in dieser Stellung zu schlagen«, sagte er.
Kutusow blickte ihn verwundert an und streckte seine Hand aus. »Gib deine Hand her«, sagte er und suchte seinen Puls. »Du bist nicht gesund, mein Täubchen, bedenke, was du sprichst!« Sechs Werst von Moskau stieg er aus dem Wagen und setzte sich auf eine Bank am Wege. Eine große Menge von Generalen sammelte sich um ihn, darunter auch Graf Rostoptschin, der aus Moskau gekommen war. Diese ganze glänzende Gesellschaft, die sich in einzelne Kreise teilte, sprach über die Vorteile und Nachteile der Stellung, über die Lage des Heeres, über fernere Pläne und den Zustand Moskaus. Alle fühlten, daß das ein Kriegsrat war, wenn er auch nicht so genannt wurde, und alle bestrebten sich, so zu sprechen, daß der Kommandierende sie hören konnte.
Kutusow hörte zu, wandte sich aber immer wieder enttäuscht ab. Die einen sprachen von der neuen Stellung, andere behaupteten, man hätte die Schlacht schon vor drei Tagen annehmen müssen, wieder andere sprachen von der Schlacht bei Salamanka und der Belagerung von Saragossa. Graf Rostoptschin sprach davon, er sei bereit, mit den Moskauer Landsturmleuten unter den Mauern der Residenz zu sterben, aber er müsse doch bedauern, daß man ihn in Unwissenheit gelassen habe; wenn er das früher gewußt hätte, wäre es anders. Noch andere bewiesen die Tiefe ihres strategischen Scharfsinnes, indem sie von der Richtung des ferneren Rückzuges sprachen, und manche schwatzten offenbaren Unsinn. Wenn Bennigsen auf der Verteidigung dieser Stellung bestand, und andere sie wieder kritisierten, so handelte es sich dabei nicht mehr um die Sache selbst, sondern es war nur Vorwand zu Streit und Intrige. Das begriff Kutusow. Er durchschaute Bennigsens Absicht. Wenn die Verteidigung erfolglos war, so wollte er die Schuld auf Kutusow wälzen, wenn sie Erfolg hatte, so wollte er diesen sich selbst zuschreiben. Wenn sich Kutusow weigerte, so war Bennigsen gerechtfertigt und hatte keinen Teil an dem Verbrechen, Moskau aufzugeben; Doch diese Frage beschäftigte jetzt den alten Mann nicht, sondern eine andere Frage, auf die er keine Antwort finden konnte. Es war die Frage: »Habe ich wirklich Napoleon bis Moskau kommen lassen? Und wann habe ich das getan? Wann war der Wendepunkt? Vielleicht gestern, als ich Platow befahl, sich zurückzuziehen? Oder vorgestern, als ich einschlummerte und Bennigsen das Kommando übergab? Oder noch früher? Aber wann, wann war dieser Wendepunkt? Jetzt muß Moskau aufgegeben werden, und die Truppen müssen sich zurückziehen! Und diesen Befehl muß ich erlassen!« Er war überzeugt gewesen, daß er zur Befreiung Rußlands bestimmt und nur deshalb gegen den Willen des Kaisers auf den Wunsch des Volkes zum Oberkommandierenden erwählt worden sei, und nun entsetzte er sich vor dem Gedanken, daß er jetzt diesen Befehl geben sollte. Aber ein Beschluß mußte gefaßt werden, diesen Gesprächen um ihn her mußte ein Ende gemacht werden, die bereits anfingen, einen allzu freien Charakter anzunehmen. Er berief die alten Generale zu sich.