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»Ilselott ... dein Mann war ja schon lange krank. Er mußte nicht mehr, was er tat, als er sich und uns durch seinen Sprung ins Wasser erlöst hat!«

»Ilselott: Es ist jetzt Zeit, daß ich dir das entscheidende Wort sage. Es ist jetzt eine Woche her, daß man ihn im Kanal gefunden hat. Er liegt unter der Erde. Vor dir liegt das Leben!«

»Bisher hab' ich mein Leben verträumt, Werner ...«

»Komm für dein künftiges Leben zu mir!«

»Erst muß ich zu mir kommen! Von einem goldenen Käfig in den andern – da wäre ich dir zuwenig!«

»Ilselott – du brauchst Hilfe – auch in äußeren Dingen. Das Erbe deines Mannes ist beschlagnahmt. Du besitzest nichts mehr. Du bist allein dem Leben nicht gewachsen!«

»Ich will ihm gewachsen sein! Ich habe eine große und ernste Bitte an dich, Werner! Die mußt du recht verstehen!«

»Sprich ...«

»Lasse mich deinem Beispiel folgen und eine Weile draußen auf eigenen Füßen stehen und selber für mein tägliches Brot sorgen!«

»Warum?«

»Damit ich weiß, was das wirkliche Leben ist. Das hast du ja auch getan – als Garagenschlosser – mitten im Volk. Das ist doch gerade in deinem Sinn gedacht und gehandelt, Werner! Das geschieht für dich!«

»Und dann?«

»Ja. Dann.«

Werner Wiebeking ging mit dem letzten Kuß auf den Lippen. Neugierige standen draußen vor der Villa Hüsgen. Blauer Herbsthimmel strahlte über dem Grunewald und dem Tiergarten. Am Rand des Tiergartens stieg der Dr.-Ing. Wiebeking aus seinem Wagen und betrat das Haus seiner Eltern. Der Pförtner Meinecke zuckte nervös mit dem Gesicht.

»Ein Schutzmann erwartet Herrn Doktor in der Halle!«

»Wollen Sie mich verhaften?« Werner Wiebeking blieb freundlich stehen.

»I wo, Herr Doktor! Bloß mich zur Stelle melden!« Es leuchtete humoristisch über das bartlose, runde Antlitz des Schupo Peschke. Der junge Mann vor ihm lachte und streckte die Hand zum Gruß aus.

»Ach Gott – Hildchen! Da stehen Sie ja in Lebensgröße! Sind Sie nun kuriert, Kind? Sie sehen: Ich bin tatsächlich ein ganz uninteressanter Fall!«

»Ja. Aber hier der Peschke ...« Die romantischen braunen Augen des Obstfräuleins glühten. »Der ist wirklich mang die Räuber gegangen! Der hat sich neulich nacht mit Ruhm bedeckt. Den nehmen sie jetzt zur Kriminalpolizei!«

»Gratuliere!«

»Und daraufhin haben wir beschlossen, uns zu heiraten ... der Fritze und ich!« sagte die Hilde Luders. »Und so was Schönes wollte ich Ihnen doch selber erzählen, Herr Doktor!«

»Und beim ersten Jungen steh' ich Pate!«

»Danke, Herr Doktor!« Der Schupo Peschke strahlte und schüttelte Werner Wiebeking die Rechte. »Ja. Herr Doktor – da mögen die Gelehrten sagen, was sie wollen – aber es ist 'ne bucklige Welt! Wer hätte sich das gedacht, wie vor drei Wochen die Fränze Häselich quer übern Ottoplatz auf meine Verkehrsinsel zugesteuert kam ...«

»Heute morgen hab' ich Grüße von ihr und dem Paule Räder aus Holland gekriegt!« Das Obstfräulein zeigte eine Postkarte.

»Die zwei werden's dort schon schaffen!« Friedrich Peschke sah auf die Uhr. »Entschuldigen Sie, Herr Doktor! Ich muß in den Dienst! Heute zum letztenmal als Verkehrsschutzmann!«

Der Schupo Peschke stand auf seiner Insel. Der Donner Berlins umbrandete ihn. Aus fünf Häuserschluchten stürzten sich, in Flut und Ebbe, auf ihn die Wagenburgen und wimmelten die Fußgänger. Radler und Rosse, Straßenbahn und Feuerwehr, Geheimrat und Spreewälderin, Brautkutsche und Leichenwagen harrten seiner erhobenen Hand. Winke, Schupo – winke! Um dich dreht sich Berlin. Berlin nimmt kein Ende.


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