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Am Rand des Madrider Vorstadtviertels Lavapiés, da wo sich die Gassen ins freie Land öffneten, wogte ein nächtliches Volksfest. Der Mond beschien flanierende Jugend, Tänzer, Musikanten, Spießbürger, Weintrinker, Gaffer, verschlungene Paare, Abenteuerlustige, Fruchtverkäufer, Marktschreier, Bettler, Lachende, Rufende, Singende. Sein Licht dämpfte die Farben bis zur Unkenntlichkeit, nur wenn sie in den Schein einer Glas- oder Papierlaterne gerieten, blühten sie auf wie Fetzen von Tag, die eine Riesenhand spielerisch mitten in die Nacht gestreut hat.
Auf einem freien Platz wurde die aragonische Jota getanzt. Ausgelassene junge Künstler führten sie an, die ihre langen, faltigen Mäntel und die breitrandigen Filzhüte über eine Steinbank geworfen hatten – nicht ohne die zwei unter einem Mauerbogen stehenden Polizeisoldaten mit einem spöttischen Blick zu bedenken. Denn das Tragen solcher Kleidungsstücke war eigentlich verboten.
Seit ein paar Jahren ging das so hin und her zwischen König und Bürgern: Irgendein Minister, wichtigtuerischer Nachäffer der Franzosen, hatte dem Spanier seine weiträumige, jede beliebige Heimlichkeit verhüllende Capa zusammenschneiden und ihm dazu den Dreispitz aufsetzen wollen anstatt des Krempenhutes, der die Gesichter im Halbdunkel so schön beschattete. Das Volk schäumte, und der Reformator wurde verbannt. Aber Minister wachsen nach, und nun war schon wieder einer im Amt, der sich um die Kleider der Untertanen kümmerte, weil er sie sonst mit nichts zu schikanieren wußte. Noch wagte er nicht scharf zuzugreifen, und darum konnte es nur nützlich sein, der Polizei zu zeigen, wie man zu Recht und Freiheit stand.
Mit unbehinderten Gliedern also führten drei von den Malern eine Kette von Burschen an, die sich gegen eine weibliche Kette bewegte, während ihre beiden Kameraden mit der Gitarre am Boden hockten und eine in ihren ewigen Wiederholungen unentrinnbar eindringliche Musik anschlugen. Zwei Dutzend Zuschauer klatschten mit den Händen den Rhythmus. Die von hohen Schmuckkämmen herabhängenden Schleiermantillas der Tänzerinnen kamen beim Vor- und Zurückschreiten ein wenig ins Wehen, die Fächer staken im Mieder oder zwischen den verketteten Fingern. Von Zeit zu Zeit brachte das Spiel die Paare zum Rundtanz zusammen, doch immer nur für wenige Takte, dann begannen Getrenntsein und Lockung von neuem.
Die Musik wurde rascher, heftiger. Die drei Anführer, die auch noch den Stutzerdegen abgeworfen hatten, suchten mehr Gewinn aus der Nähe der Mädchen zu ziehen, indem sie sie länger, als die Regel erlaubte, festhielten und an sich preßten. Francisco, ein wenig bäurisch von Ansehen, faßte eine Tänzerin hitzig um die Hüften und riß sie aus der Reihe heraus beiseite, wo er einen dunklen Gartenweg winken sah. Doch sie entwand sich.
»In jedem Nonnenkloster hätte man mehr Spaß als hier!« rief er seinen Freunden zu, nahm Capa, Hut und Degen an sich und schlug sich ins Gedränge, um bald darauf im Eingang einer Gasse zu verschwinden, die man die Flohgasse hieß. Dann bog er in eine noch engere, die kaum der Breite eines einzelnen Menschen Raum bot und den Namen führte »Komm heraus, wenn du kannst«, überschritt einen kleinen Platz, stand vor einer Haustür still, hüllte sich in den Mantel, zog den Hut übers Gesicht und pfiff eine Melodie.
Er wurde eingelassen, die Tür rasch hinter ihm geschlossen. Er küßte die Frau noch im Hausgang. »Tadea, hier bin ich. José ist auf dem Fest, ich habe ihn trinken sehen, er wird uns nicht stören!«
»Du bist zu frech, Francho, geh wieder, ich hab' Angst.« Ein Öllämpchen beschien ihr schönes, lebensdurstiges Gesicht und ihre volle gesunde Gestalt.
»Sogleich geh' ich – in deine Kammer«, lachte Francisco.
»Nein, nein – heute nicht. José wird zurückkommen. Ich bitte dich, geh. Gleich schließ' ich dir die Tür auf.«
»Warum hast du mich denn eingelassen, wenn du nichts als Faxen machen wolltest?« Er zog sie mit Gewalt in ein Zimmer.
»Bei der allerheiligsten Jungfrau – es war dumm, daß ich geöffnet habe. Aber muß auf jede Dummheit eine zweite folgen? Ich bitte dich, sei heut abend vernünftig. Dem Alter soll man gehorchen – ich bin bald ein Jahrzehnt älter als du, nächstens könnt' ich deine Mutter sein. Gehorch mir!«
Mit den Augen und der Bewegung der Glieder sprach sie das Gegenteil. Francisco gehorchte auch nicht. Sie begann zu lachen und war im Begriff, ihren Widerstand aufzugeben, als sie ganz plötzlich Stille heischte und scharf lauschte. »Da ist er, ich hab's gesagt – sofort hinaus über die Mauer.«
Francisco huschte durch eine Tür in den Garten und kletterte über eine nicht allzu hohe Mauer in ein Gäßchen, das wieder zwischen dunkle Häuser führte. Wahrscheinlich habe ich mich an der Nase herumführen lassen, dachte er und kehrte mißmutig zum Fest zurück.
Er fand die Genossen noch bei jenem Trupp von Mädchen und ließ sich festhalten, ohne indes wieder am Tanz teilzunehmen.
José, Tadeas Gatte, tauchte auf und ging geradeswegs auf ihn zu. Es war José selbst in diesem unsicheren Licht anzusehen, daß er Streit suchte.
»Francisco ist sanft geworden«, begann er zu spotten.
»Für Euch bin ich Don Francisco. Im übrigen verlaßt Euch nicht zu sehr auf meine Sanftmut!«
»Aha, der will mehr sein als wir anständigen Handwerker. So ein liederliches Bürschchen spielt den Caballero.«
»Zähmt Eure Zunge!«
»Zähm du lieber deinen Hochmut und deine Lumpereien!«
Francisco fuhr nach dem Degengriff. José riß das Messer aus dem Gürtel. Ein paar Männer fielen den Streitenden in die Arme. Mit Lachen und Johlen hielt man sie fest. »Keine Hahnenkämpfe bei der Verbena!« rief einer. Ein anderer meinte, man solle sie ringen lassen, damit an den Tag komme, wer im Recht sei. »Laßt sie um die Wette tanzen«, schlug ein Dritter vor, und dieser Gedanke zündete.
Die beiden konnten sich dem Volksbeschluß nicht widersetzen, mußten Waffe, Mantel und Hut ablegen und sich in einen weiten, dicht geschlossenen Kreis stellen. Zwei Kameraden Franciscos saßen wieder mit ihren Gitarren am Boden, ein alter Mann mit einer Laute gesellte sich dazu. Auch ein paar Laternen wurden gebracht, weiß der Himmel woher, und an Stöcken hochgehalten.
Die Musik hub an, eine Malagueña. Die Gegner schätzten sich kurz mit den Blicken ab, als gälte es wirklich einen Ringkampf. Man tanzte diesen Einzeltanz, diesen Tanz ohne Mädchen, wohl sonst um die Gunst einer Frau, aber nun war das Urteil aller Zuschauer angerufen. Die beiden begannen dem Takt die Herrschaft über sich einzuräumen, indem sie leicht die Füße aufschlugen und den Oberkörper wiegten. Allmählich stampften sie stärker, maßen sich jeder einen eigenen kleinen Kreis als Tanzfeld aus, malten die Musik mit gebogenen Armen nach.
Man warf ihnen Kastagnetten zu, scharf klapperte der Rhythmus aus den Hölzern. Die Zuschauer verschlangen das Schauspiel mit den Augen.
Die zwei, die es gaben, waren von mittelgroßer, gedrungener Gestalt. Doch während der Maler keines Vorzugs der Jugend entbehrte, hatte der Handwerker schon Fett angesetzt, und sein reichlich vierzigjähriges Gesicht war ein wenig gedunsen. Aber es fehlte ihm nicht an Kraft, und die zeigte er jetzt in einem raschen, fast wütenden Stampfen und einigen elastischen Sprüngen. Francisco steigerte gleichfalls seine Beweglichkeit und schnellte in die Höhe, nach rechts, nach links. Obwohl er sich der Magie der rhythmischen Musik nicht entziehen konnte und mit Hingabe tanzte, blieb er sich seiner sonderbaren, etwas unbehaglichen Lage bewußt und dachte über sie nach. Noch war er durchaus im Zweifel, ob José von Tadea kam und seine Flucht bemerkt hatte oder bloß einem unbestimmten Verdacht die Zügel schießen ließ. Eifersucht spielte sicherlich mit – und so bedeutete es trotz allem einen Tanz um die Frau, was sie hier aufführten, Tadea war die leiblich nicht anwesende Zuschauerin und Richterin des Tanzes.
José trieb seine Schritte und Sprünge in eine grimmige Komik hinein. Das stachelte Francisco an, sich leicht und elegant zu zeigen. Dieser Rolle war er nicht ganz gewachsen, aber einige Mädchen und Frauen hingen mit heißem Blick an seinen Bewegungen, denn er war gegen den plumpen Jose doch der weit Begehrenswertere. Ihre Augen winkten ihm Wünsche und Versprechungen zu, aber er gewahrte sie nicht, sein flatterhafter Sinn ließ sich eine kurze Weile in die Ferne bannen.
José wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn. Er ermattete sichtbar, ließ die Arme sinken, suchte durch langsameres Schlagen der Kastagnetten die Musikanten zu gemessenerem Tempo zu zwingen. Francisco aber schlug schneller, sprang mit gleichen Füßen auf und nieder wie ein leichter Ball, den die Erde zurückstößt. José keuchte, hörte schließlich auf zu tanzen und versuchte die Musik zum Schweigen zu bringen. Aber die drei spielten weiter – zum Gaudium der Zuschauer. Da bahnte sich der Unterlegene wortlos einen Weg und verschwand.
Francisco leistete sich eine besonders kühne Schlußfigur, zu der alle in die Hände klatschten. Er heimste den Beifall nicht ohne Eitelkeit ein. Ein Becher Wein erhitzte ihn vollends, vermochte aber sein Unbehagen nicht auszulöschen. Er fühlte einen Feind.
Obwohl man ihm jetzt überall zeigte, daß er etwas galt, faßte er in dem Fest nicht mehr recht Fuß. Früher als die andern wandte er sich zur Stadt zurück.
Ein Mädchen hängte sich an ihn, sie wollte Geld haben. »Was mir keine schenkt, muß ich mir kaufen«, sagte er nicht eben freundlich und legte den Arm um sie. Aber als er unter einer Laterne ihr unfrisches Gesicht sah und ihr künstliches Lachen hörte, löste er sich mit einer kleinen Münze aus und ließ sie stehen.
Kein Mensch war mehr unterwegs. Darum griff er, als in einer dunklen Gasse ein Dutzend Schritte entfernt eine unbestimmte Gestalt sich bewegte und stehenblieb, nach der Waffe. Im Weitergehen entdeckte er indes niemand. Die Gestalt schien ausgelöscht, obwohl er keine Tür hatte gehen hören.
Plötzlich hinter ihm ein Sprung. Er wendet sich um und sieht sich einem unbekannten Mann gegenüber, der mit blankem Degen auf ihn eindringen will. Blitzschnell zieht er vom Leder, verteidigt sich. Während dann ein paar Atemzüge lang der Unbekannte drohend und lauernd still hält, stößt er selbst zu. Er fühlt: der Stoß muß getroffen haben. Im selben Augenblick aber hört er wiederum hinter sich ein Geräusch und spürt auch schon einen Stich im Rücken.
Er taumelt, fällt, verliert das Bewußtsein.
Erst nach einer reichlichen Stunde, es ging schon gegen die Morgendämmerung, fanden ihn die vom Fest heimkehrenden Kameraden, die desselben Weges zogen. Er erwachte und stöhnte vor Schmerz, als sie ihn aufhoben und in das Zimmer dessen trugen, der am nächsten wohnte.
Es gelang noch vor Sonnenaufgang, einen Arzt herbeizuholen.
Ein paar Tage später, nachdem Francisco ein nicht ganz leichtes Fieber überwunden hatte, schafften ihn seine Freunde bei dunkler Nacht in ein anderes, verschwiegenes Quartier.
Jener im nächtlichen Kampf gleichfalls verwundete Angreifer war auf dem Heimweg von der Polizei beobachtet worden. Von des Malers Wunde munkelten die Nachbarn. Es waren Anzeichen da, daß die Behörde auch hier Witterung bekommen hatte und die beiden Vorfälle miteinander in Verbindung brachte. Besser, der Sache mindestens so lange auszuweichen, bis Francisco selbst ohne Gefahr für seine Gesundheit Rede stehen kann.
Er hatte gerade zum erstenmal das Bett verlassen, als sich unerwartet und unangemeldet ein merkwürdiger Besuch zur Tür hereinschob: Pablo, ein Verwandter seiner Mutter, ein buckliges Männchen mit blassem, verkniffenem Gesicht, kleiner Beamter beim Magistrat. Er war schwarz gekleidet, wie immer, wenn ihm Francisco begegnet war, seine Miene betonte sogleich die Wichtigkeit des Augenblicks. Während er mit etwas rauher und scharfer Stimme zu reden anfing, fühlte sich Francisco stark an einen Raben erinnert.
»Das war verteufelt schwer, den Delinquenten zu finden«, hub der Rabe an. »Immerhin – den Spürsinn deines Vetters führt man nicht hinters Licht.« Er lächelte eitel und schnaubte Luft durch die fast über den Mund herabhängende Nase.
»Es war nicht meine Absicht, mich gerade vor dir zu verstecken.« Francisco sagte es in höflichem Ton.
Der Rabe ließ sich bewegen, auf einen Stuhl zu flattern, zog die Brauen zusammen, blähte die Brust und erklärte, daß er ohne Umschweife auf den Zweck seines Besuchs losgehen wolle.
»Es ist dir vielleicht nicht unbekannt, daß mich einige ängstliche Menschen für einen Freigeist erklären. Ich bin der Lektüre ketzerischer Schriften verdächtig. Trotzdem unterhalte ich ausgezeichnete Beziehungen zum Großinquisitor.« Er prüfte die Wirkung seiner Pointe und zog zufrieden die Schultern hoch, als er Franciscos interessiert abwartende Miene sah. Es war, als lüfte er ein klein wenig die Flügel. »Natürlich nicht direkt, der Kardinal soll überhaupt wenig Verkehr haben, aber ich bin befreundet mit einem Priester, der beim Heiligen Kollegium arbeitet. Solche Beziehungen können nie schaden – du wirst es nicht bestreiten wollen.«
Francisco bestritt nicht, aber er wartete noch immer ab.
Von neuem blähte sich der Magistratsrabe und zog zugleich den Kopf zwischen die Schultern. »Sehr nützlich sind solche Beziehungen. Die Sache geht dich unmittelbar an.« Es war, als hackte er mit dem Schnabel. »Unter dem Siegel tiefster Verschwiegenheit, unter der Bedingung, daß du, wie auch immer die Angelegenheit sich wende, niemals meinen oder des – dir ja auch unbekannten – Gewährsmannes Namen nennst, will ich dir etwas ganz außerordentlich Wichtiges anvertrauen.«
»Verlaß dich auf mich«, war alles, was er als Antwort zu hören bekam.
»Man hat mich gewarnt. Für dich gewarnt. Man weiß, daß ich dich protegiere.« Er rückte auf dem Stuhl hin und her, als suche er ein höheres Postament. »Man ist bei der Inquisition auf dich aufmerksam geworden. Auf eine Messer- oder Degenaffäre, an deren Untersuchung man darum herangehen will, weil ein Ehebruch dahinterstecken soll. Du weißt vermutlich, daß das Heilige Kollegium über das Sakrament der Ehe zu wachen hat, scheinst aber in diesen Dingen etwas leichtsinnig vorzugehen.« Der Schnabel hackte, aber er streute sogleich das kühlende Pulver weltmännischer Skepsis auf die Wunde. »Ich frage nicht, ich bin nicht indiskret, und es ist dir nicht unbekannt, daß mich Weiberrockskandälchen und Schlafzimmeranekdoten wenig interessieren.« Ein gewisser Zug um den Schnabel ließ sich nicht unterdrücken und strafte ihn Lügen. »Die hohen Gebiete wissenschaftlicher Welterkenntnis sind mein Steckenpferd. Ich kann unter vier Augen nicht bestreiten, auch einige Schriften des Franzosen Voltaire gelesen zu haben.«
»Verdammt«, fuhr es Francisco heraus, sobald er zu Wort kommen konnte, »als ich vor drei Jahren von Zaragoza nach Madrid ging, geschah es gleichfalls um eines Kreuzchens willen, mit dem die Väter der Inquisition auf irgendeiner Liste meinen Namen geschmückt hatten.«
Der Rabe zog bedenklich die Stirn kraus, schwieg aber mit hoheitsvoller Miene, denn er vermißte die Anerkennung seines hohen Strebens. Dann überwog sein verwandtschaftlicher Sinn und die Freude am Ratgeben. »Man hat dem Kollegium in letzter Zeit viele von seinen Rechten genommen und eingeschränkt«, stellte er zunächst belehrend fest, »aber glaube einem Freigeist, der gelernt hat, die Welt zu beobachten: was den Herren noch in ihre Fänge geliefert wird, darauf hacken sie mit doppelter Stärke los.« In der Tat – der Rabe bediente sich dieses Raubvogelvergleichs. »Es empfiehlt sich dringend auszuweichen, die Hauptstadt zu verlassen, bis die Geschichte vergessen ist. Das heißt – es ist nicht meines Amtes, hier ein Komplott zu schmieden. Ich will durchaus nichts gesagt haben. Meine Andeutung habe ich gemacht. Du wirst eine Fügung des Schicksals in ihr sehen müssen. Welche Folgerungen du ziehst, bleibt deiner Einsicht überlassen.«
Als Francisco nun doch ein Wort fand, für die Mitteilung zu danken, versicherte der Vetter kühl, es sei vor allem um Franciscos Mutter willen, daß er sich die Mühe der Nachforschung und des Besuches gemacht habe. Denn er hatte erwartet, wesentlich lauter als Retter gepriesen zu werden.
»Ich gebe zu«, krächzte er, »daß gewisse Sorten von Menschen einem abenteuerlichen Untergang mit Sicherheit zueilen, auch wenn ihnen Gutgesinnte ein- oder mehrmals aus der Patsche helfen. Hoffen wir, daß es sich hier um keinen unbelehrbaren Fall handelt. Vielleicht kann dir die moralische Höhe der Weltanschauung, die mich zu dieser Warnung veranlaßt hat, gelegentlich zur Richtung dienen.« Er reckte selbstgefällig den Hals.
Mit Franciscos Schweigen unzufrieden, stand er auf, versicherte nochmals, er wolle nichts gesagt haben, wünschte guten Fortgang der Studien und schob sich so beflissen zur Tür hinaus, als ob auch draußen ein wichtiger Auftrag seiner harrte.
Als die Freunde zurückkamen, beredeten sie die Flucht als eine unbezweifelbare Notwendigkeit. Einer riet zum Gebirge, einer zu Paris, einer gar zum Dienst bei den afrikanischen Truppen.
Francisco Goya stieg wieder ins Bett, streckte sich aus und lachte: »Seien wir den heiligen Vätern dankbar! Sie zwingen mich, meine Studien in Italien zu vollenden. Verbergt mich noch zwei Tage – bis dahin wird sich ein Weg finden!«
Während sie begeistert beistimmten und nach Wein schickten, um die Weltreise sogleich zu feiern, begann er im stillen zu überlegen. Er besaß noch drei Silberstücke zu je zehn Realen.