Johann Kaspar Riesbeck
Briefe eines reisenden Franzosen über Deutschland an seinen Bruder - Band 1
Johann Kaspar Riesbeck

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Zwey und dreysigster Brief.

Wien –

Ich habe dir in meinem letzten Brief gesagt, daß der hohe hungarsche Adel ganz nach dem grossen Ton lebt. Unsere Moden sind schon bis an die Gränzen der Moldau und Wallachey vorgedrungen, und alles, was von Preßburg bis nach Kronstadt feine Welt heißt, spricht unser Patois. Man ißt und trinkt nicht mehr hungarisch, sondern gibt Dinnes,Dinne – diner, Abendessen SoupesSoupe – soupe, Abendessen und Dejeunes.Dejeune – dejeuner, Mittagessen Man giebt wechselweis Bal pareBal pare – besonders festlicher Ball und Bal masque,Bal masque – Maskenball und jede Stadt, worin 4 bis 5 Familien von Ansehn beysammen sind, hat ihre AssembleenAssemblee – Versammlung, Lokalparlament und Redouten.Redoute – Festsaal Man spielt Whist, hat Poudre a la Marechal, und die Damen bekommen Vapeurs.Vapeur – Parfüm, Parfümzerstäuber Die Buchhändler verkaufen den Voltäre in der Menge heimlich, und die Apotheker den MerkuriusMerkurius – Quecksilberpräparat gegen Syphilis in der Menge öffentlich. Die Herren haben einen Ami de la maisonAmi de la maison – Hausfreund, Liebhaber für ihre Frauen und die Frauen eine Fille de ChambreFille de Chambre – Hausmädchen für ihre Herren. Man hat Abbes zu Mäklern,Mäkler – hier: Zuhälter, Kuppler Kuchen=, Keller= und Hofmeistern; man hat Komödien, Ballete, Opern, und, was bey allem dem das nothwendigste ist, man hat Schulden über Schulden.

Als in den vierziger Jahren der hungarsche Adel mit seinen Reisigen für seinen König Maria Theresia zu Felde zog, ergriff unsere Truppen bey dem ersten Anblick dieser förchterlichen Armee ein panischer Schrecken. Sie hatten wohl kleine Streifkorps solcher Diables d'Hongrie,Diables d'Hongrie – ungarische Teufel wie sie sie nennten, schon öfters gesehen, allein eine ganze Armee derselben in Schlachtordnung, ungepudert vom General bis zum Gemeinen, die halben Gesichter mit Schnurbärten bedeckt, eine Art runder Thürme auf Köpfen anstatt der Hüthe, ohne Manschetten, ohne Brustkrausen und ohne Federn, alle in rauhe Pelze eingehüllt, ungeheure krumme Säbel über der Stirne gezückt, unter denen durch das schwarze Gewölke der Bärte und Augenbraunen Blicke der Wuth, schärfer als der Stral der blanken Säbel, hervorblitzen – Das war zu arg. Unsere alten Officier wissen noch genug davon zu erzählen, welchen Eindruck diese barbarische Armee auf unsre Leute machte, und wie schwer es hielt, bis sie mit dem Anblick derselben bekannt wurden, und ohne Herzpochen gegen sie Stand hielten.

Alles das hat sich seitdem geändert. Der hungarsche Edelmann fängt nun an, den Schnurbart abzulegen. Die Grossen kleiden sich ganz französisch, oder tragen wenigstens doch auf dem frisirten Haar einen Huth nach der Mode, welcher mit der übrigen barbarischen Kleidung, die aber in den Augen einer Kennerin von männlicher Schönheit viele Vorzüge hat, seltsam genug absticht. Während daß andre Mächte das Original der hungarschen Soldaten kopirten, und der Husar ein wesentliches Glied der preußischen Armee, und auch bey uns unter die reglirten Truppen aufgenommen worden ist, hat sich das wahre Original in seinem eignen Vaterlande verloren. Von den 14 oder 15 Husarenregimentern des Kaisers, deren jedes 1.300 Mann stark ist, besteht kein einziges bloß aus gebohrnen Hungarn. Alle sind häufig mit Deutschen untermischt. Erfahrne Officiers behaupten, diese Mischung wäre zum heutigen Dienst nothwendig geworden, und ein Husarenregiment, welches durchaus aus Hungarn bestünde, wäre heut zu Tage fast ganz unbrauchbar. Seitdem die natürliche Stärke und Herzhaftigkeit unter kriegenden Partheyen nichts mehr entscheiden, und bloß der kaltblütige Gehorsam und die Uebung in Wendungen und Handgriffen die Tugenden eines Soldaten ausmachen, verlor der Hungar alle seine militärischen Vorzüge. Er haßt den Zwang der Disciplin, der seine natürliche Lebhaftigkeit fesselt, und scheut, wie jeder wildere Mensch, die künstlichen Mordgewehre, gegen die all sein Muth und alle seine Stärke nichts vermag. Nur an der Seite eines kaltblütigen, nicht durch eigne Lebhaftigkeit, sondern bloß durch angewöhnten Gehorsam thätigen Deutschen hält der Hungar gegen ein anhaltendes und reglirtes Feuer stand. Erst wenn das Feuer nachläßt, und er zum Einhauen kommen kann, oder auf streifenden Vorposten erscheint er in seiner natürlichen Stärke. Aus dieser Ursache waren im letzten Slesischen Krieg einige preußische Husarenregimenter den hungarschen fast allezeit überlegen, und in diesem Fall war die Kopie wirklich besser als das Original.

Der hungarsche Adel wäre auch jezt nicht mehr im stand, eine beträchtliche und nur einigermassen förchterliche Armee auf die Beine zu bringen und auf einige Zeit zu unterhalten. Die Esterházy, deren Besitzungen gegen 600.000 Gulden jährlich abwerfen, die Palffy, Csáky, Erdödy, Zichy, Forgách, Koháry, KárolyiEsterházy usw. – ungarische Hochadelgeschlechter und andere mehr, die alle beinahe 100.000 bis 200.000 Gulden Einkünfte haben, können, ihres ungeheuern Vermögens ungeachtet, kaum den Aufwand ihrer Häuser bestreiten, den ihnen seit 40 Jahren die feine Lebensart und die Sitten des Hofes zu einem unumgänglich nöthigen Bedürfniß gemacht haben. Der Hof glaubte sich durch diese Ohnmacht des Adels die eine Folge des eingeführten Luxus ist, noch nicht sicher genug. Er hat einem grossen Theil der sogenannten hungarschen Infanterieregimenter, die allzeit stark mit Deutschen vermischt sind, und auch einigen Husarenregimentern ihre beständigen Quartiere in Böhmen, Mähren und den Deutschen Ländern angewiesen. Dagegen verlegte er viele deutsche Regimenter nach Hungarn, wie denn der größte Theil der schweren KavalerieKavalerie – Kavallerie, Reitertruppe und der DragonerDragoner – leichte Kavallerie in diesem Königreich liegt. Keine Provinz der östreichischen Erblande ist nach dem Verhältniß der Bevölkerung und des Ertrages so stark mit Truppen besezt, als Hungarn. Der geringste Preiß der Lebensmittel für Menschen und Pferde mag wohl die Hauptursache dieser Eintheilung gewesen seyn; allein, bey dem Ausbruch eines Krieges an den deutschen Gränzen verliert der Hof in wenigen Wochen das, was er in vielen Friedensjahren dadurch erspart hat. Durch die weiten Märsche, welche die Kavalerie in aller Eile an ihren Bestimmungsort machen muß, wird oft die Hälfte der Pferde eines Regiments zu schanden geritten, ehe sie denselben erreichen, und ich glaube der Entwurf, die Hungarn durch diese Verlegung mit den andern Unterthanen des Erzhauses zu familiarisieren,familiarisiren – familiarisieren, gleichschalten ihren Nationalgeist zu dämpfen, sie durch die zahlreiche Armee, womit ihr Land angefüllt ist, an eine strenge Unterwerfung zu gewöhnen, und allenfalls die Konsumtion des Königreiches und dadurch den Umlauf des Geldes zu vermehren, mag nicht wenig zu dieser Vertheilung der Truppen beygetragen haben.

Die Engländer haben hierüber ganz andre Grundsätze. Es ist ihnen daran gelegen, den Nationalgeist ihrer Truppen so viel als möglich anzufeuern, weil das Interesse der Regierung mit jenen des Volkes gänzlich übereinstimmt, und die Popularität ihrer Verwaltungsgrundsätze sie keine Meuterey von Seiten desselben beförchten läßt. In der Ueberzeugung, daß der Provinzialgeist nur eine stärkere Anstrengung des Nationalgeistes ist, thaten die klügsten ihrer Patrioten schon einigemal den Vorschlag, die Regimenter in die verschiedenen Grafschaften des Königreiches zu vertheilen, ihre Werbungen bloß auf den Umfang derselben einzuschränken, und jedes den Namen von der Grafschaft, worin es liegt und wirbt, tragen zu lassen. Sie hoften dadurch nicht sowohl die Werbungen zu erleichtern, als vielmehr in jedem Regiment, welches nach Ausführung dieses Entwurfes durchaus aus Landsleuten einer und der nämlichen Grafschaft bestehen würde, den Esprit de corpsEsprit de corps – Korpsgeist anzufeuern und es für das Vaterland mehr zu erwärmen. Dieser nützliche Plan wird nach aller Wahrscheinlichkeit auch sehr bald ausgeführt werden – Der kayserliche Hofkriegsrath würde ein Projekt von der Art nicht gut aufnehmen. Er hält es für nothwendig, die Soldaten von ihrem Geburtsort zu entfernen und die Regimenter aus Unterthanen verschiedener Provinzen zusammenzusetzen – Verschiedene Ursachen haben verschiedene Wirkungen, und SwiftsSwift – Jonathan Swift, englischer Satiriker und Politiker, † 1745 John BullSwifts John Bull – der Engländer muß andere Grundsätze haben, als Esquire South.

Keines der kayserlichen Erbreiche hat eigentliche Nationaltruppen, nur die sogenannten Bannattruppen, nämlich die Illyrier, ausgenommen, die nur für halbreglirte Soldaten gelten, und deren Offiziers wenigstens doch größtentheils Deutsche oder Hungarn sind. In Kriegszeiten stellt jeder hungarsche Edelmann, nach der Grösse seiner Güter eine gewisse Zahl Soldaten, oder er zahlt das Geld dafür nach einem gewissen Anschlag, an die Kriegskasse. Diese Kontingente des Adels bilden selten besondre Korps, sondern werden gemeiniglich unter die schon stehenden Truppen untergestekt. Ueberall sorgt man dafür, daß der Soldat von allen andern Verbindungen getrennt, und bloß von der allgemeinen Seele der Armee, dem allmächtigen Stock, belebt werde.

Dieses PalladiumPalladium – ein wundertätiges Bild der griech. Göttin Pallas Athene, vielleicht auch als Wortspiel mit Palliativum zu verstehen der östreichischen Armee, den wunderthätigen Stock must du eben nicht im buchstäblichen Verstand nehmen. Vor nicht vielen Jahren wirkte er zwar noch mechanisch auf die grosse Maschine; allein, nachdem man sie einmal in einen gewissen Gang gebracht hatte, suchte man sie bloß durch Ehrforcht und Andacht zu diesem Heiligthum in Bewegung zu erhalten. Nach einem Befehl des menschenfreundlichen Kaisers dörfen die Offiziers so wenig als möglich physischen Gebrauch davon machen. Im moralischen Verstande herrscht er noch in seiner ganzen Stärke. Die Idee davon vertritt bey dem gemeinen Soldaten die Vaterlandsliebe, den guten Humor, die Ehre, die Hofnung der Beförderung, und alle andre Empfindungen. Alle seine Betrachtungen drehen sich um diese Idee herum, und sein Q. C. D.Q. C. D. – quid, cur, dies: was? Warum? wann? und seine ganze Logik ist: Du must!

Ohne Widerrede sind Gehorsam und strenge Subordination die größte Stärke einer Armee. Sollten sich aber dieselben mit gar keinem Selbstgefühl des Subalternen und Untersten vertragen können? Ist der gute Willen des Gemeinen,Gemeiner – einfacher Soldat die persönliche Dapferkeit und das Gefühl der Vaterlandsliebe und der Ehre bey einer Armee ganz entbehrlich? Gewiß nicht. Und wäre es auch bloß wegen dem Glück des gemeinen Mannes zu thun; wäre es auch bloß, um ihm sein hartes Schiksal erträglicher zu machen, so sollte man die Empfindungen, die ihm so manchen bittern Augenblick versüssen können, und allein im Stand sind, ihm in den Armen des Todes Muth einzuflössen, auf alle Art in ihm rege zu machen suchen.

Mit der Gewalt, welche nun die östreichische Regierung in Händen hat, würde sie nicht das geringste zu beförchten haben, wenn sie auf einen Schlag alle die nachtheiligen Vorrechte des hungarschen Adels vernichtete, die mit dem Interesse des Ganzen im Streit liegen, und die sie auf eine ihrer Würde und Stärke unanständige Art nach und nach mit List zu untergraben sucht. Einige hundert Familien würden einige Jahre lang murren; aber weiter als zum Murren käme es auch nicht. Der Bürger und Bauer würde für die Sache des Hofes stehn, weil sie seine eigne ist. Der Religionshaß, welcher ehedem den ehrgeitzigen Absichten einiger Aufrührer zum Vorwand diente, erhitzt die Gemüther des Volkes nun nicht mehr so sehr, daß es gegen sein eignes Wohl geblendet würde. Durch ein grades und offenes Betragen würde der Hof das Zutrauen des Adels, welches er durch seine bisherigen Künsteleyen immer mehr von sich entfernte, gar bald wieder gewinnen. Wenn die Rechte desselben, so wie sie dem Wohl des Ganzen entsprechen, deutlich bestimmt, und von dem Hof nachdrüklich geschützt würden, so würde er patriotischer Tugenden fähig seyn, da er im Gegentheil in der jetzigen Lage die Regierung als seinen Feind ansieht, und nichts thut, als wozu er mit Gewalt oder Bestechung gebracht wird. Der grosse Haufen der Nation würde dann nicht mehr aus fühllosen Sklaven und der bessere Theil aus tükischen Despoten, Memmen und Hofschranzen bestehn. Und wenn denn der Hof den nöthigen Aufwand und die erfoderliche Bemühung zu guten Erziehungsanstalten nicht scheute, und die Geistlichkeit der verschiedenen Religionen ohne Partheylichkeit und ohne Bekehrungssucht zu ihrem Beruf zu bilden suchte, so würde schon in der nächsten Generation Hungarn unter die blühenden Reiche von Europa gehören. Der Hungar würde nicht mehr mitten in dem Ueberfluß, womit die Natur sein Vaterland überhäuft hat, arm und elend seyn. Der eckelhafte Anblick des mit der schmachtenden Armuth des Volkes so stark abstechenden Reichthums des Adels würde den Menschenfreund nicht mehr beleidigen. Dann würde der Hof an der Errichtung von Nationalregimentern bald Geschmack finden, weil der Plan seinem Interesse nicht widerspräche. Der lebhafte Hungar oder Kroate würde der Disciplin nicht mehr so abgeneigt seyn, weil seine erwachte Vaterlandsliebe und sein Nationalstolz sie ihm erträglich machen, und er für seine Pflichten Gefühl hat. Die Armee würde von einem Geist belebt werden, den auch der strengste Gehorsam nicht ersetzen kann und der sie in Verbindung mit diesem zugleich geförchtet und glücklich macht.

Die Hungarn überhaupt sind von Natur ein vortreflicher Schlag Leuthe zum Soldatenstand. Es fehlt ihnen nichts zur militärischen Vollkommenheit als die Ausbildung, die ihnen die Regierung geben muß. Die Kroaten haben besonders alle Anlage zu guten Soldaten. Ihre mittlere Grösse ist 6. Fuß. Sie sind knochigt und fleischigt, behend, lebhaft und können Hunger und Wetter ausdauern. Besser gebildete Leute giebt es in Europa nicht. Aller dieser natürlichen Vorzüge ungeachtet, machen sie den schlechtesten Theil der kayserlichen Armee aus. Ein offenbarer Beweis, daß die Regierung sie entweder vernachläßigt, oder nicht auszubilden weiß. Man that schon einigemal den Vorschlag, sie unter die übrigen Truppen zu vermischen; aber das hiesse nichts anders thun wollen, als ihre natürlichen Vorzüge zu Grunde richten, um ihnen künstliche geben zu können. Ihre häusliche Lebensart, wodurch sich ihre körperliche Stärke erhalten hat, würde dadurch gar bald nachtheilige Veränderungen leiden. In ihren Hütten wohnen öfters 6 bis 7 Familien beysammen unter einem Dach. Ihre nüchterne Lebensart erleichtert ihnen die Ernährung vieler Kinder. Sie heyrathen frühe, in der Fülle ihrer Jugendkraft und ihre Kinder sind das Gepräge ihrer ungeschwächten Mannheit. Ihre Säfte sind noch unverdorben, und die verderblichen Krankheiten, welche die Lebensquelle vergiften, sind noch nicht stark unter ihnen eingerissen. Die väterliche Herrschaft ist noch Sitte unter ihnen, und der Urgroßvater, welcher unter seinen zahlreichen Enkeln und Urenkeln wohnt, hat noch eine patriarchalische Gewalt über sie, wenn sie auch noch so sehr herangewachsen sind. Alles das dient dazu, ihre Sitten rein zu erhalten, und es käme bloß darauf an, ihre Pfaffen zu Menschen zu machen, so würden sie auch ohne Handlung, ohne Manufakturen und Künste, die man seit einiger Zeit zu ihrem Verderben unter ihnen einzuführen sucht, glücklich und dem Staat nützlich seyn. Durch eine bessere Erziehung, die der Natur ihres Landes, ihrer besondern Verfassung, und dem Vortheil des Staats mehr entspräche, würde sich nach und nach ihre natürliche Starrheit verlieren; sie würden desto biegsamer werden, je mannichfaltigere und deutlichere Begriffe sie von Religion, Ackerbau, Viehzucht, und den Dingen bekämen, die mit ihrem Zustand verflochten sind. Diese Starrheit, eine natürliche Folge ihrer Wildheit, ist die einzige Ursache, warum sie der Disciplin so abgeneigt sind, und die häusliche Erziehung ist eine unumgänglich nöthige Vorbereitung, sie gleich den deutschen Unterthanen des Erzhauses, zur militärischen Zucht und Ausbildung geschmeidig genug zu machen. Dieses ist der natürliche Weg, sie stufenweis aus ihrer Wildheit zu ziehn, und zu guten Bürgern zu bilden, ohne ihre eigenthümlichen Vorzüge zu verderben.

Man nehme an, der Hof würde den Plan ausführen, und sie unter seine übrigen Truppen mischen. Man würde sie natürlich in ihren beßten Jahren, wo der Naturtrieb am heftigsten ist, zum Dienst ziehn. Hingerissen zu all den Ausschweifungen, die unter einer stehenden Armee zu herrschen pflegen, würden sie ihre beßten Säfte, die Jugendblüthe, in verderblicher Wollust verschwenden. Geschwächt oder mit dem Gift der Wollust angestekt kommen sie nach der Dienstzeit in ihr Vaterland zurück. Sie lernten Bedürfnisse kennen, die zuvor in ihrem Vaterlande fremd waren. Sie haben an dem ehelosen Stand, der zuvor so selten unter ihnen war, Geschmack gefunden. Sie heyrathen nicht, oder doch später als ihre Voreltern. Ihre alte häusliche Ordnung wird getrennt, und die Treue ihrer Weiber verliert sich. Ihre Kinder werden ihnen zur Last, und es ist hundert an Eins zu wetten, daß sie in der zweyten Generation nicht mehr zu erkennen, und in der dritten oder höchstens in der vierten von den übrigen kayserlichen Unterthanen in Grösse, Stärke, Schönheit und Nüchternheit gar nicht mehr unterschieden seyn werden. Diese Vermischung wäre ein gewaltthätiger Sprung, den die Regierung mit ihnen aus dem Stand der Wildheit auf eine hohe Stufe des verfeinerten Lebens thun wollte. Sie müßten sich dabey ein Glied verrenken, oder gar den Kopf einstossen.


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