Johann Kaspar Riesbeck
Briefe eines reisenden Franzosen über Deutschland an seinen Bruder - Band 1
Johann Kaspar Riesbeck

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Vierzehnter Brief.

Salzburg.

Mit Entzücken durchwandre ich nun dieses herrliche Land, das mit dem gebirgigten Theil der Schweitz sehr viel Aehnlichkeit hat. Bald bin ich auf unermeßlichen Gipfeln, wo ich wie der Herr der Welt um mich her die Wolkenheere, unabsehbare Ebenen, unzälige Seen, Flüsse und Bäche, schauerlich tiefe Thäler und die kahlen Häupter von ungeheuern Granitfelder mit dem Gefühl, das den himmlischen Regionen eigen ist, zu meinen Füssen betrachte. Bald lagere ich mich auf dem hohen Abhang eines Berges in die Hütte einer Sendtin (Hirtin), die mit ihrer Heerde den ganzen Sommer durch in dieser überirdischen Gegend wohnt, von niemand, als bisweilen von ihrem Liebhaber, der oft 4 bis 6 Stunden zu klettern hat, einem Gämsjäger, oder allenfalls von einem irrenden Ritter meiner Art besucht wird, und da leb' ich einen Tag wie ein Patriarch der Vorwelt bey Milch und Käs, zähle die Heerde, die sich abends auf einen Pfiff des Mädchens um die Hütte her versammelt, und die in diesem Augenblick so gut als mein ist, schlafe auf einem Büschel Heu sanfter, als du auf deinen hypochondrischenhypochondrisch – schwermütig, trübsinnig Federn und geniesse dann des Schauspiels der aufgehenden Sonne mit einer Wohllust, die du in der Oper, Komödie, auf dem Ball und auf allen den Gemeinplätzen des Vergnügens vergeblich suchst. Bald besuch ich einen See im Busen hoher Berge, und doppelt lieb ist mirs, wenn ich ihn bey Anbruch des Tages mit einem Nebel bedeckt finde. Mit wahrem Entzücken seh ich dann zu, wie ihn die aufgehende Sonne in dem Thal einpreßt und niederdrückt, daß die glänzenden Häupter der Berge weit drüber hinausragen; wie der Wind nach und nach den Spiegel aufdekt und der Nebel sich wie ein Nachtgespenst durch die Einschnitte der Berge in die angränzenden Klüfte verkriecht. Dann mache ich eine Spazierfahrt in einem ausgehöhlten Baum, der hier zu Lande meistens die Dienste eines Schiffes thun muß, und frühstücke dabey mit köstlicher Butter und Honig aus einer benachbarten Bauernhütte, und lache dich laut aus, wenn es mir einfällt, daß du so eben in deinem gelehrten Schlafrock und mit deiner kritischen Schlafmütze am Theetische sitzest, mir dem Thee eine ebenso wässerigte und fade Brochüre du jourBrochüre de jour – Journal vom Tage hinabschlukst und von all dem Geschlampe Blähungen bekömmst, die du dann mit Rhabarber und all dem medizinischen Vorrath in deinem Glaskästchen umsonst wieder abzutreiben suchst.

Einer meiner Lieblingsplätze ist der nur 2 Stunden von hier entlegene Untersberg. Gegen die Stadt zu stellt er eine ungeheure Pyramide dar; aber rückwärts zieht sich sein holperichter und kahler Felsenrücken wohl auf 2 Stunden in die Länge und man braucht gegen 6 bis 7 Stunden um ihn an seinem Fuß zu umgehen. Auf dem gewöhnlichen Weg kann man ihn von seinem Fuß an in 5 Stunden ersteigen; aber ein geübter Gemsjäger, der wie eine Katze klettern kann, braucht nicht gar 3 Stunden dazu. Auf demselben hat man eine gränzenlose Aussicht auf das flache Land von Bayern. Auf den Thürmen von München, welches 17 Meilen entlegen ist, sieht man seinen Gipfel sehr deutlich. Man zählt gegen 9 Seen in dem Gesichtskreis umher. Die schönste Parthie der Aussicht ist das Fürstenthum Berchtoldsgaden, welches dem Berg gegen Süden liegt und in einem waldigten Thal besteht, das von den abentheuerlichsten Granitgipfeln ringsum eingeschlossen ist. Unter diesen nimmt sich der Wazmann durch seine vollkommene Kegelform vorzüglich aus. Mitten durch die finstere Waldung dieses Thales leuchten einige Seen hervor, die eine unbeschreiblich schöne Wirkung machen. Die Aussicht in einige benachbarte salzburgische Thäler ist nicht weniger schön.

Auch dieser Berg scheint BuffonsBuffon – Georges Louis Leclerc, Comte de Buffon, franz. Naturforscher, † 1788 Bergsistem zu bestätigen. Er ist eine in den Urstoff der Erde eingewurzelte Granitmasse, auf deren tiefern Abhängen und Einbiegungen hie und da Sand- und Kalchsteine wie vom Wasser angeschwemmt liegen. – Die unterste Gegend desselben ist mit Wald bewachsen und hat einige schöne Brüche von röthlichtem und weißem Marmor. Auf dem Schutt eines dieser Brüche hat man eine herrliche Aussicht nach der Stadt zu. In einiger Entfernung von demselben ist in einer wilden Kluft des Berges ein merkwürdiger Wasserfall. Ein starker Bach, der aber im Frühling, wenn der Schnee zu schmelzen beginnt, viel beträchtlicher seyn soll, als er jetzt ist, bricht aus einem Felsenritze hervor, in dessen Mündung man vermittelst einer durch Kunst gehauenen Treppe kommen kann. In dem Ritz, worin man für Kälte schauert, hört man im innern des Berges ein dumpfes Getöse, wie einen weit entfernten Donner. Wahrscheinlich enthält der Berg in seinem Eingeweide einen See, in den das Schnee- und Regenwasser von außen eindringt, und dessen Fall das Getöse verursacht. Ohne Zweifel wird dieses innere Gewässer mit der Zeit dem Berge verderblich seyn. Das Volk in der Gegend erzählt sich, Kaiser Karl der Grosse sey mit seiner ganzen Armee in diesen Berg bis an den jüngsten Tag eingeschlossen, und mache bis dahin zu seinem Zeitvertreib das schauerliche Gepolter. An einem gewissen Tag des Jahres sieht man ihn nachts um 12 Uhr mit dem Gefolge von seinen Ministern und Generälen in einer Prozeßion in die Dohmkirche zu Salzburg ziehn. Von Zauberern, deren weisse Bärte in der Länge der Zeit 10 und 20 mal um die Tische herumgewachsen sind, an denen sie im Berge schlafend liegen, von tausendjährigen Eremiten, die verirrte Gemsjäger in das Innere des Berges geführt, und ihnen darinn Feenpalläste von Gold und Edelgesteinen gezeigt haben, wollte ich dir eine Menge erzählen, wenn du nicht schon die Wunderdinge kenntest, die in der Sierra MorenaSierra Morena – Mittelgebirge in Spanien beym Ursprung des QuadianaQuadiana – Guadiana, Fluß in Spanien, bildet teilweise die Grenze zu Portugal zu finden sind. Ich könnte dir ein Manuskript mittheilen, worinn diese Geschichten aktenmäßig bescheinigt und vom Gerichte bestätigt sind. Aus der Spalte, worin man den großen Karl spucken hört, stürzt der Bach mit einem starken Gerausche und in den mannichfaltigsten Kaskaden durch einen tiefen und engen Schlund hinab, den er in den harten Marmor selbst gegraben zu haben scheint. Hie und da hat er sich in seinem Fall Marmorbecken ausgehöhlt, die keine Kunst schöner glätten und runden könnte. Ein Liebhaber von Alterthümern in der Nachbarschaft ist sogar versucht worden, einige derselben für altrömische Bäder anzusehen. Ganz unten am Fuß des Berges, hinter einer Mühle, bietet der Wasserfall einen sehr angenehmen Anblick dar. Der Sturz ist hier zwar nicht hoch, aber doch sehr merkwürdig, weil sich das Wasser in unzälige Fäden zertheilt, die durch hingewälzte Felsenstücke sich so mannichfaltig und seltsam kreutzen, daß keine Phantasie die Kaskade eigensinniger anlegen könnte. Auf den abgerissenen Steinen stehn hie und da kleine Fichten, die das Launigte dieses Naturauftrittes unendlich vermehren. Das Wasser dieses Baches ist so kalt, daß du deine Hand keine 10 Sekunden darin halten kannst, und doch kannst du ohne die geringste Gefahr im größten Schweiß so viel davon trinken, als du willst. Du verdauest und verdünstest es so leicht wie Luft. In der grösten Ermüdung wüßte ich kein besseres Erquickungsmittel als dies Wasser – Ihr armen Leute zu Paris mit euern Diarrheen und Verstopfungen, die euch das leimigte Seinewasser wechselweise verursacht! Könnte euch doch eure allmächtige Polizey dieses Wasser verschaffen, das sich hier ungenutzt in den Salzachfluß verliert!

Der Theil des Fürstenthums Salzburg, welcher der Hauptstadt gegen Norden liegt, enthält zwar auch viele Berge, trägt aber doch zum Unterhalt seiner Bewohner Getreide genug. Allein 6 Stunden von der Stadt gegen Süden fängt ein langes und enges Thal an, welches sich erst auf einige Meilen gegen Süden fort und, hierauf gegen Westen herum zieht, von ungeheuerm Gebirge eingeschlossen ist, von der Salzach durchströmt wird, den grösten Theil des Fürstenthums ausmacht und kaum den dritten Theil des nöthigen Getreides trägt. Der Eingang in dieses Thal ist der sogenannte Paß Lueg oder Luhk, welches im Plattdeutschen und Englischen soviel als Sehen heißt, und die nämliche Bedeutung als eine sogenannte Warte in verschiedenen Gebieten von Reichsstädten hat. Dieser Paß ist ein tiefer, enger Schlund zwischen nakten Granitfelsen, die über die Wolken emporragen, senkrecht abgehauen sind und durch welche sich die Salza wüthend drängt. Ueber dem Fluß hat man einen Weg in den Fels gehauen, der durch ein Thor geht, welches kaum Raum genug für einen Wagen hat, und von einer Batterie bedekt wird, so daß hier wenige Leute eine grosse Armee aufhalten können. Die andern Zugänge dieses Thales sind eben so wohl verwahrt, und die Natur hat es so gut bevestigt als das WalliserlandWalliserland – Wallis, ein Schweizer Kanton.

Ausser diesem großen Thal gehören noch einige anstossende kleinere zu diesem Fürstenthum. Sie sind von der nämlichen Beschaffenheit, wie jenes, und die Nahrung der Einwohner besteht hauptsächlich in der Viehzucht. Man findt an vielen Orten sehr reiche Bauern, die 60 bis 80 Stücke grosses Vieh besitzen. Es wird etwas Käs und Butter ausgeführt, aber lange nicht so viel, als es seyn könnte, wenn die Einwohner so fleißig, sparsam und zur Handlung so aufgelegt wären als die Schweitzer=Bauern. Nebst dem Hornvieh ist auch die Pferdezucht sehr beträchtlich. Diese sind vom stärksten Schlag, und werden als schwere Last= und Zugpferde weit ausgeführt. Von Gestalt sind sie nicht schön: Sie haben zu dicke Köpfe, und ihr Hintergestelle ist zu hoch; aber ich erinnere mich, in einigen Städten am Rhein Salzburger Pferde gesehn zu haben, deren eines auf einem schweren Karren mit 2 Rädern gegen 40 Zentner vom Schiffe weg durch die Stadt ziehen mußte. Die Bauern brauchen sie schon im dritten Jahr zu ihrer schweren Arbeit, und dieß ist Ursache, daß sie gar bald steif werden, und nicht wohl zu Kutschenpferden zu brauchen sind. Der Kaiser kauft für seine Artillerie Eines um 120 Gulden – Die Besitzungen des Fürsten in Kärnthen sind in Rücksicht auf ihren natürlichen Zustand dem übrigen Lande ziemlich gleich, und das, was er in Oestreich besitzt, ist zu unbeträchtlich, als daß es hier in Anschlag kommen sollte. Im Ganzen muß dieses Land beynahe die Hälfte seines nötigen Getreides aus Bayern beziehn.

Der hiesige Bauer kann sich nicht, wie der Bergschweitzer, mit Käs oder Erdäpfeln behelfen. Durchaus muß er zu seinem Fleisch, welches er bey der Mahlzeit, so fett es auch seyn mag, immer noch Bissenweis in zerlassenes Schmalz zu tunken pflegt, gutes Brod und Bier und Branndtewein in Ueberfluß haben. Diese für seine natürliche Lage zu kostbare Lebensart müßte das Land zu dem ärmsten in Europa machen, wenn er diesen Aufwand nicht durch eine kluge und bewundernswürdige Sparsamkeit in den andern Theilen seiner Wirthschaft ersetzte. Er kleidet sich selbst von Kopf bis zu Fuß. Jede Familie webt aus ihrer eignen und von ihr selbst zubereiteten Wolle eine Art von grobem, dunkelgrauem Tuch, woraus sie sich selbst die Hauptstücke der nötigen Kleidung verfertigt. Leinenzeug, Schuhe und Strümpfe, alles macht sich der Bauer selbst. Seine Kleidung ist dabey reinlich, einfach, bequem und schön – Das Gleichgewicht zwischen der Einnahme und Ausgabe des Landes wird aber hauptsächlich durch die Ausbeute der Bergwerke hergestellt.

Unter diesen ist das Salzwerk zu HalleinHallein – 10 km südlich von Salzburg gelegen, Salzgewinnung seit der Keltenzeit (600 v. C.) ohne Vergleich das beträchtlichste. Das Innere dieses ohngefähr 4 Stunden von hier entlegenen Berges besteht aus einer Masse von Salzkristall, welches aber mit häufiger Erde vermischt ist. Um es zu reinigen, werden ungeheure Kammern hineingehauen und mit Wasser angefüllt, welches das Salz ableckt und die Erdtheile zu Boden sinken läßt. Das geschwängerte Wasser wird sodann auf die Pfannen geleitet und ausgesotten. Mit der Länge der Zeit füllen sich die Kammern von selbst wieder mit Salz an, und der Schatz ist unerschöpflich – Eine solche Kammer, wenn sie beleuchtet wird, ist der schönste Anblik von der Welt. Denke dir einen Saal von ohngefähr 100 Schritt ins Gevierte, dessen Wände und Böden, aus Kristallstücken von allen erdenklichen Farben bestehn, die im Glanz der durchscheinenden Lichter so wunderbar durchspielen, daß du wirklich glauben must, du seyest in einen Feenpallast versetzt. Zu diesem grossen Werk wird das Holz auf der Salza und den sich in dieselbe ergiessenden Flüssen und Bächen, so weit jener Haupt=Fluß das große Thal beherrscht, herbey geschwemmt. Seit einiger Zeit werden die Holzungen merklich dünner, und mit der Zeit könnte die gar zu grosse Verminderung derselben das Werk stocken machen.

Die unglückliche Lage des Landes ist Schuld, daß es diesen Schaz nicht für sich ganz nutzen kann, sondern ihn gröstentheils Fremden überlassen muß. Ringsum ist es von den östreichischen und bayrischen Landen eingeschlossen. Die erstern haben für sich Salz genug, und alle Einfuhr des fremden Salzes ist streng verboten. Auf der andern Seite ist das bayrische Salzwerk zu Reichenhall so ergiebig, daß es nicht nur diese Lande damit hinlänglich versorgen, sondern auch noch eine beträchtliche Menge an die Fremden abgeben kann. Die Erzbischöfe von Salzburg sahen sich also genötigt, mit den Herzogen von Bayern einen Vertrag zu errichten, vermöge dessen diese jährlich eine gewisse Menge Salzes um einen unmäßig geringen Preis von den erstern übernehmen und einen Theil der Schweitz und des Schwabenlandes damit versehen. So ist Bayern eigentlich im Besitz des Handels mit dem hier erbeuteten Salze, und gewinnt wohl 3 mal soviel dabey als die Fürsten von Salzburg. Der Werth des Salzes, welches Bayern jährlich übernehmen muß, beläuft sich auf ohngefähr 200.000 Gulden, und was im hiesigen Lande selbst und durch einen unbeträchtlichen Schleichhandel in die benachbarten östreichischen Lande abgesetzt wird, beträgt so viel, daß der ganze Wert der Ausbeute auf ohngefähr 350.000 Gulden geschätzt werden kann, wovon beinahe 200.000 Gulden reiner Gewinn sein mögen.

Die Gold und Silberbergwerke des Fürstenthums machen in den Geographien Deutschlands einen grossen Lärmen, sind aber neben dem Salzwerk kaum nennenswerth. Ich hab den Auszug aus den Registern des Ertrags aller Gold= Silber= Eisen= Kupfer u. a. Gruben gesehen, und im Durchschnitt der letztern 10 Jahre war der jährliche reine Gewinn des Fürsten von allen seinen Bergwerken 65.000 Gulden. Er baut sie fast alle selbst und verliert schon seit vielen Jahren an dem Bau eines Goldwerks in der Gegend von Gastein jährlich über 20.000 Gulden, in der betrüglichen Hoffnung, mit der Zeit reichere Ausbeute zu bekommen und um das Thal, worinn es ist, und dessen Einwohner bloß von diesem Werke leben, nicht zu einer Wüste werden zu lassen. Das hiesige Eisen wird immer spröder und von den Fremden weniger gesucht. Der Fürst hat auch, für seine Rechnung eine Meßingfabricke; aber der dazu erforderliche GalmeiGalmei – Zinkerz wird im Lande immer seltener.

Herr Büsching sagt in seiner Beschreibung Deutschlandes, er habe von guter Hand, die jährlichen Einkünfte des Erzbischofs beliefen sich auf 4 Millionen Gulden. Wenn mich der Fürst zu seinem Generalpachter machen wollte, ich getraute mir kaum, 1.200.000 Gulden für seine ganze Einnahme zu biethen. Ich weiß ziemlich zuverläßig, daß die Steuern, Domänen, Landzölle u. dgl. nicht viel über 600.000 Gulden abwerfen; rechne ich nun den Gewinn an den Bergwerken dazu, so müßten die Akzise, Zölle und der übrige Ertrag der Hauptstadt samt einigen fürstlichen Bierbrauereyen noch 435.000 einbringen, ehe ich bey meiner Pachtung gewinnen könnte.

Die Größe des Landes wird auf 240 deutsche Quadratmeilen geschäzt. Es hat nur 7 oder 8 Städte, wovon einige mit einem grossen schwäbischen Dorf nicht zu vergleichen sind. Die Zahl der sämtlichen Einwohner wird auf 250.000 angegeben, wovon ungefähr 14.000 auf die Hauptstadt kommen. Die geringern Fabriken von baumwollenen Strümpfen und Nachtmützen zu Hallein ausgenommen, ist das Land ganz von Manufakturen entblößt. Seitdem die Strasse nach Triest so vortreflich ist angelegt worden, treibt die Stadt Salzburg einen beträchtlichen Handel mit SpezereyenSpezereyen – Gewürzen und Materialien, womit sie einen grossen Theil von Bayern versieht. Die Wege durch dieses bergigte Land sind überhaupt sehr gut, ob sie schon hie und da über schauerlichen Abgründen auf Holzgerüsten schweben, oder gar in Ketten an den hohen Felsen hängen. Die schwersten Fuhren haben nichts zu beförchten, als etwa von einem gewaltigen Stoßwinde umgeworfen, oder im Frühjahr von einer Schneelauwine bedekt zu werden. Auf meiner Reise in das Bad zu Gastein einer der wildesten Gegenden des Landes, sah ich alles, was zu thun möglich ist, um die schröklichsten Abgründe und die steilsten Felsen wegsam zu machen. Auf dieser Reise sah ich auch einen der merkwürdigsten Wasserfälle, die ich je gesehen. Ein starker Bach stürzt wie aus den Wolken auf einen unterliegenden Felsen, der über 100 Schuh über dem Weg emporragt, und wird von da in einem Bogen so stark zurückgeprellt, daß man auf der Strasse, die unter diesem Bogen durchgeht, gar nicht benezt wird. Von vorne kann man diesen schönen Fall nicht sehen, weil das TobelTobel – tiefer, schluchtartiger Einschnitt in einem Steilhang, das Wort wird nur im Alpenraum verwendet zu enge und der entgegenstehende Fels zu steil ist; aber in einiger Entfernung bietet er, von der Seite betrachtet, den seltsamsten Anblick dar. Lebe wohl.


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