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Buchschmuck

Und wieder kam der Herbst und wieder
Sank welk der Schmuck der Erde nieder. –
Die sonst so lieblich grünen Auen
Wie dürr, wie elend anzuschauen.

Nur jenen Platz, den unheilvollen,
Den schmückt des Herbstes wildes Grollen. –
Wie mächtig herrscht der Kühne droben
In Fluthen, die wie Donner toben;
Wie wühlt er in dem Gold der Blätter
Mit seinem tollen Sturmeswetter.
Und seine Krone sind die Eichen,
Die mit den Zacken, mit den bleichen
So geisterhaft zum grauen Himmel reichen.

Seit jenem Tag hat Einer nur allein
Den Platz betreten – war er doch wie sein.
Aus den geheimnißvollen Tiefen
Da war's, als ob ihm liebe Stimmen riefen,
Die sprachen nicht wie dort die Welt,
Die keinem Schmerze Treue hält. –
»Leb auf! Vergiß!« sie riefen; »komm, sei uns gesellt,
Hier klagt mit dir der Strom, der Wald!
Hier ist des Jammers Aufenthalt! –«
Das war die rechte Melodei
Für seines Herzens wilden Schrei. –

Und tagelang lauscht er dem Stöhnen,
Dem Ringen und den Schmerzenstönen
Der sterbenden Natur. –
Oed wird sein Herz – dürr gleich der Flur –
Fern aller Lebensluft und Lebenshelle,
Verzweiflung wohnt auf seiner Schwelle,
Und nur der Tod scheint ihm noch werthe Gabe.
Vergessen war, wofür er leben sollte,
Daß er ein Kind, ein armes Kind noch habe;
Ein Kind, das leben, lächeln wollte,
Und dessen Dasein er wie Gottes Sonne
Erfüllen könnte ganz mit Blüthenwonne.
Simplizitas, verstoßen und verlassen,
Umsonst bemüht die Hand zu fassen,
Mit der er Treue ihr geschworen, –
Gestorben ist sie ihm, – verloren –

So saß er heute auch und starrte in die Brandung,
Die jäh vom Abhang riß des Laub's Gewandung.
Da hört er – zürnend hört er's – Tritte,
Und aufwärts klimmt mit festem Schritte
Die Bauersfrau, die herzenswarme,
Die einst genährt sein Kind, das arme.

In derbem Tone hub sie an zu sprechen:
»Sie sagen: euch zu stören sei Verbrechen,
Ich aber meine, das sei Sünde,
Wenn man Simplizitas mit ihrem Kinde
Verließe, daß sie vor dem Winterwinde
Nicht Schutz noch Obdach finde. –«

Da ließ Sever sie zornig an:
»Wo blieb das Kind? zu dir war es gethan!
Dir war das Kleine übergeben –«

»Ich liebt es«, sprach die Frau, »mehr als mein Leben!
Doch als die Mutter es von mir verlangte,
Da gab ich's hin – so sehr mir darum bangte,
Sie gingen beide in die weite Welt;
Zwei Kinder sind es, die nicht wissen,
Wie man erwirbt das Brod, das Geld,
Und wie man zählt die theuren Bissen,
Zusammenflickt was sonst zerrissen;
Verloren sind sie ohne deine Hand,
Verloren wie im Meer ein Körnlein Sand.«

Da sprach er: »Geht! laßt Gold euch geben,
So viel ihr wollt für beider Leben,
Ich will nicht, daß sie Armuth leiden,
In Sammt und Seide mögen sie sich kleiden.
Ich habe nur ein einzig Gut,
Das ist die Einsamkeit, in der mein Herz hier ruht.
Ich geb es nimmermehr in ihre Hände,
Daß sie mein Lebensglück zum zweiten Mal verschwende.«

Da wandte sich die Frau zum Gehn,
Doch halbgewendet blieb sie stehn.
»Was soll das Gold? was soll es ihnen frommen,
Zum Betteln bin ich nicht gekommen.
Nie hätt ich diesen Weg genommen,
Wüßt ich die Arme selbst zu finden;
Mit ihrem Kinde sah ich sie verschwinden
Und Keiner weiß, wo sie geblieben,
Ihr habt in's Elend sie getrieben,
Und könnt ihr Weib und Kind darinnen lassen,
Mag bittre Reue einst euch fassen. –«

Sie ging – er fühlt sich wie gelähmt, gebunden,
Ermattet gleich dem Todeswunden,
Dem Einer sagt er soll gesunden.

Buchschmuck

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