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An einem Tisch saß der Leutnant und an seiner Seite der Wachtmeister, rechts und links von ihnen die Unteroffiziere. Sie bildeten den Gerichtshof. An der anderen Seite hatten Sternau, Mariano und die beiden Damen Platz genommen; sie waren die Ankläger. Ihnen gegenüber saßen Helmers und der Haziendero als vielleicht zu gebrauchende Zeugen, und auf der vierten Seite standen in einiger Entfernung die Lanzenreiter nebst mehreren Vaqueros und Ciboleros als Publikum.
Jetzt wurden Verdoja und Pardero vorgeführt.
Es läßt sich gar nicht beschreiben, in welcher Verfassung sie sich befanden. Eine solche Lage, eine solche Demütigung hatten sie gar nicht für möglich gehalten. Sie schäumten vor Wut, und wenn sie ihre rechten Arme hätten gebrauchen können, so wären sie von den vier Vaqueros, von denen sie herbeigebracht wurden, wohl kaum zu bändigen gewesen.
»Was soll das?« rief Verdoja, als er die Versammlung bemerkte. »Was steht ihr hier?« brüllte er die Soldaten an. »Packt euch hinaus, ihr Hunde!« – »Mäßigen Sie sich, Señor Verdoja!« mahnte der Leutnant als Vorsitzender. »Sie stehen als Angeklagter vor uns, und es kommt ganz allein nur auf Ihr Verhalten an, wie Sie von uns behandelt werden.« – »Als Angeklagter?« rief er. »Wer klagt mich an?« – »Das werden Sie sofort vernehmen.« – »Und wer soll mein Richter sein?« – »Wir, die Sie hier sitzen sehen.«
Da schlug Verdoja ein schallendes, höhnisches Gelächter auf.
»Befinde ich mich unter Wahnsinnigen?« fragte er. »Meine Soldaten wollen mich richten! Schurken, die ihr seid, wollt ihr an eure Plätze gehen! Ich lasse euch auf der Stelle füsilieren!«
Er erhob die linke Faust und trat auf den Wachtmeister zu, wurde aber bald von den Vaqueros abgehalten, tätlich zu werden.
»Ich stelle den Antrag, die beiden Angeklagten zu fesseln, wenn sie sich nicht augenblicklich beruhigen!« sagte Sternau. – »Der Antrag ist angenommen!« antwortete der Leutnant. – »Wagt es einmal!« rief der Kapitän. »Ich lasse die ganze Hazienda demolieren!« – »Habt ihr Riemen oder Stricke?« fragte anstatt der Antwort der Vorsitzende die Vaqueros.
Diese griffen in ihre Taschen und brachten das Verlangte hervor.
»Ihr seht, Señores, daß wir nicht scherzen!« sagte der Vorsitzende. »Fügt Euch in das Unvermeidliche, sonst werdet Ihr gezwungen, Euch zu fügen!« – »Fügen!« rief Verdoja. »Was haben wir verbrochen? Wer kann wagen, ein Kriegsgericht über seine eigenen Vorgesetzten zu halten? Ich, ich bin es, der anzuklagen hat!« – »Sie irren sich. Es handelt sich nicht um ein Kriegs-, sondern um ein Ehrengericht, und es soll entscheiden, ob Ehrenmänner unter Euch noch weiter dienen können.«
Der Kapitän wollte eine seiner kräftigen Antworten geben, aber Pardero legte ihm begütigend die Hand auf die Schulter und flüsterte:
»Um Gottes willen ruhig! Mit Grobheit kommen wir hier nicht durch.«
Darum faßte er sich und erwiderte:
»Nun wohlan, beginnt Eure Faxe, ich behalte mir das Spätere vor!«
Da jetzt die Ruhe der Erwartung eintrat, so sagte der Vorsitzende:
»Señor Sternau, sprechen Sie.«
Sternau erhob sich.
»Ich klage im Namen dieser beiden anwesenden Señoritas diese beiden Männer der ehrlosen Handlung gegen unbeschützte Damen an«, sagte Sternau. »Ich klage sie ferner an des Mordanschlags gegen mich, Señor Mariano und Señor Helmers.« – »Können Sie diese Anklagen beweisen?« – »Ja.«
Der Leutnant wandte sich nun zu den beiden Angeklagten und fragte:
»Wie gedenken Sie, sich gegen diese Anschuldigungen zu verhalten?« – »Sie sind so ungereimt, daß ich sie einer Antwort gar nicht für wert halte.«
So antwortete Verdoja, und Pardero schloß sich dieser Meinung an.
»Ich danke Ihnen«, antwortete der Leutnant. »Wenn Sie wirklich nichts dazu sagen, so vereinfachen Sie das Verfahren auf eine erwünschte Weise. Über die erste Anklage gehen wir billigerweise hinweg; die Angeschuldigten beantworten sie nicht und gestehen die Wahrheit derselben ein. Was aber die zweite betrifft, so sind wir da zu einer größeren Ausführlichkeit gezwungen. Da die beiden Angeklagten uns jede Antwort verweigert haben, so werde ich Sie, Señor Sternau, bitten, Ihre Angaben zu machen.«
Sternau brachte seine Anklage in ausführlicher Weise vor, aber ohne ahnen zu lassen, daß die drei Mörder ihm als Zeugen zur Verfügung standen. Er erzählte alles, was von dem Augenblick an geschehen war, in dem Büffelstirn die Reisenden vor dem Hinterhalt gewarnt hatte. Er berichtete über den Ritt, den er mit Verdoja und den Leutnants nach der Schlucht des Tigers gemacht hatte, und bemerkte, daß da sein Verdacht entstanden sei. Er erwähnte das nächtliche Schleichen und die verdächtigen Ausflüge des Kapitäns und schloß damit, daß der letzte Ritt, den derselbe mit Pardero unternommen hatte, wohl auch nur aus feindseligen Gründen geschehen sei.
Als er geendet hatte, ergriff der Kapitän das Wort, obgleich er gesagt hatte, daß er keine Antwort geben werde.
»Ich scheine es wirklich mit Wahnsinnigen zu tun zu haben«, sagte er. »Dieser Mann hat nichts als leere Vermutungen ausgesprochen, und auf diese hin wagt man es, zwei Caballeros und Offiziere unserer glorreichen Republik vor ein Ehrengericht zu stellen; das ist nicht nur lächerlich, sondern geradezu schändlich, und eine solche Schändlichkeit werde ich zu bestrafen wissen, sobald diese Komödie beendet ist!«
»Eine derartige Bestrafung habe ich nicht zu befürchten«, antwortete Sternau, »denn ich werde meine Vermutungen sofort mit Beweisen belegen. Als die beiden Señores heute ausritten, ahnte ich den Zweck des Rittes und brach mit dem Leutnant auf, um sie zu belauschen. Verdoja hatte nämlich im Wald eine Post errichtet, einen Stein, unter den er seine geschriebenen Befehle steckte. Der heutige lautet: ›Bleibe in der Nähe dieses Ortes. Um Mitternacht treffe ich dich hier beim Stein. Du hast dich zu rechtfertigen.‹ Ich glaube nicht, daß Verdoja das ableugnen wird.«
Als Sternau den Stein erwähnte und den Zettel hervorzog, um seinen Inhalt vorzulesen, erbleichte Verdoja, Pardero ging es ebenso. Beide schwiegen, als sie jetzt aller Augen auf sich gerichtet sahen. Sternau fuhr fort:
»Ich muß nämlich bemerken, daß ich die heimlichen Zusammenkünfte des Angeklagten belauschte. Ich hörte, was gesprochen wurde, und habe danach gehandelt. Es stehen mir Zeugen zur Verfügung, deren Aussage über alles Weitere die beste Auskunft geben wird.«
Auf seinen Wink wurden die drei gefangenen Mexikaner herbeigebracht. Bei ihrem Anblick erschrak Verdoja so, daß er sichtlich zurückprallte. Das hatte er denn doch nicht gedacht. Nun mußte ja alles an den Tag kommen!
Und es kam an den Tag. Die Gefangenen legten ihre Aussagen zwar unter allen Zeichen der Verlegenheit, aber doch so wahrheitsgetreu und ausführlich ab, daß gar kein Zweifel übrigblieb. Die beiden Zettel wurden als von der Hand Verdojas kommend rekognosziert, und so war es diesem vollständig unmöglich, zu leugnen. Die beiden Angeklagten versteckten sich aber hinter einem wortlosen Trotz und verweigerten jedes Geständnis.
»Die Schuld der Angeklagten ist auf das glänzendste erwiesen«, erklärte der Vorsitzende. »Nach den Gesetzen des Landes hat Verdoja den Tod verdient. Inwieweit Pardero mitschuldig ist, wollen wir nicht untersuchen. Wir haben uns bloß als ein Ehrengericht konstituiert; wir haben also nicht zu bestrafen, sondern nur zu entscheiden, ob wir mit diesen beiden Männern fortdienen wollen. Was nun mich betrifft, so erkläre ich mit aller Entschiedenheit, daß ich austrete, und zwar von dem jetzigen Augenblick an.« – »Ich verweigere Ihnen den Abschied!« rief Verdoja, indem ihm sein Grimm den Mut gab, sich zusammenzuraffen. – »Danach wird nicht gefragt«, antwortete der Leutnant. »Sie haben sich als ehrlos erwiesen, und kein Ehrenmann wird sich durch Ihre Weigerung zwingen lassen, Sie von jetzt an als Vorgesetzten anzuerkennen. Übrigens, und das betone ich mit allem Nachdruck, haben Sie selbst sich der Insubordination, des Ungehorsams, der Nachlässigkeit und Eigenmächtigkeit schuldig gemacht. Sie erhielten den Befehl, nach Monclova aufzubrechen, und taten es nicht, sondern ließen sich von Ihren meuchelmörderischen Absichten hier festhalten. Ich sehe mich verpflichtet, ein Protokoll abzufassen und dasselbe mit einem Eilboten an Juarez zu senden. Hiernach werden Sie zugeben, daß ich alles, was ich zu tun beschließe, recht wohl verantworten kann. Von dem Augenblick an, da Sie den Befehl Juarez' mißachteten, sind Sie Rebell, und Ihre Untergebenen haben nicht nur das Recht, sondern sie sind sogar verpflichtet, Ihnen den Gehorsam zu verweigern.« – »Gut, so treten Sie aus; ich halte Sie nicht!« knirschte der Kapitän. – »Sie werden weder mich noch andere halten können, denn ich bin überzeugt, daß das Beispiel, das ich gebe, nicht unfruchtbar sein wird.« – »Man soll es wagen!« brauste Verdoja auf. – »Pah! Sehen Sie!«
Der alte Wachtmeister hatte sich erhoben.
»Auch ich erkläre, nicht länger unter Schurken dienen zu wollen«, sagte er, »und ich hoffe, daß sämtliche Kameraden dasselbe tun wie ich.«
Verdoja erhob seine Stimme zu einem energischen Widerspruch, aber er wurde überboten durch den lauten vielstimmigen Zuruf, mit dem die Unteroffiziere und sämtliche Mannschaften erklärten, von Verdoja und Pardero nichts mehr wissen, den Leutnant aber als Kapitän haben zu wollen. Er beabsichtigte, sich unter die Leute zu stürzen, wurde aber von den Vaqueros festgehalten. Als die Ruhe wiederhergestellt war, sagte der Leutnant:
»Ich nehme die Führung der Schwadron an und werde die Offiziere nach der Reihenfolge ergänzen. Juarez wird meinen Bericht erhalten und bestimmen, ob dieses Interim Geltung behalten soll. Hiermit hat unsere Ehrengericht seine Schuldigkeit getan; die Mordanstifter nebst ihren Komplizen aber übergeben wir zur Bestrafung denen, gegen die ihre Anschläge gerichtet waren. Sie bleiben nebst allem, was ihr persönliches Eigentum ist, hier zurück, wir aber brechen innerhalb einer Viertelstunde nach Monclova auf.«
Dieser Befehl wurde unter allgemeinem Jubel entgegengenommen. Man schaffte dann die Gefangenen nach ihrem Gewahrsam zurück, und der Leutnant begab sich nach seinem Zimmer, um den Bericht an Juarez schleunigst abzufassen und abzusenden. Hierauf nahm er herzlichen Abschied von den Bewohnern der Hazienda und sprengte mit seiner Schwadron davon.
Als Verdoja sich mit Pardero wieder im Zimmer eingeschlossen sah, war sein Seelenzustand ein unbeschreiblicher. Sein Blut kochte förmlich in den Adern, er fühlte sich auf eine Weise gedemütigt, die die grimmigste Rache herausforderte, doch hatte er Selbstbeherrschung genug, sich Pardero gegenüber nichts merken zu lassen. Dieser stand am Fenster und blickte hinaus.
»Zwei Vaqueros stehen draußen«, sagte er, »bis an die Zähne bewaffnet. Man glaubt, wir möchten ausreißen. Aber, Verdoja, erklären Sie mir Ihr Verhalten!« – »Wie?« fragte dieser, scheinbar ruhig. – »Wir sind auf eine geradezu unerhörte Weise gedemütigt worden, und Sie haben sich dem Beschluß gefügt. Ich beginne, an der Wahrheit dessen, was Sie mir sagten, zu zweifeln. Sie sprachen von hoher Protektion, von nachhaltiger Belohnung ...?« – »Pardero, soll ich Sie einen Schwachkopf nennen? Sehen Sie nicht ein, daß die ganze Sache nur eine vorübergehende Episode, ein allerdings unangenehmes Intermezzo ist, das uns aber gleichgültig sein muß? Dieser neugebackene Kapitän hat zwar das Recht, so zu handeln, wie er gehandelt hat, aber was wir heute verloren, werden wir hundertfach wieder gewinnen. Ich habe den Befehl, gewisse Personen unter allen Umständen unschädlich zu machen, und es wird geschehen, obgleich ich die gegenwärtige Unannehmlichkeit zu tragen habe. Der Lohn wird dafür um so größer sein.« – »Sind Sie dessen gewiß?« – »Vollständig.« – »Aber wie wollen wir Personen unschädlich machen, in deren Gewalt wir uns befinden? Sie können uns ja töten.«
Verdoja hegte zwar dieselbe Befürchtung, aber er durfte es sich nicht merken lassen. Er gab sich Mühe, Pardero darüber zu beruhigen, was ihm schließlich auch gelang. Er wußte ganz genau, daß er bei Juarez nichts mehr zu hoffen habe, er wußte ebenso genau, daß er bei der Gegenpartei doch nur Mißtrauen und infolgedessen heimliche Beaufsichtigung finden werde, und so nahm er sich im stillen vor, den Militärdienst ganz aufzugeben und nur noch zwei Aufgaben zu leben. Die eine Aufgabe war, sich die Ländereien zu verdienen, die Cortejo ihm versprochen hatte, und die andere richtete sich auf Emma, durch deren Besitz er sich schadlos halten wollte für die Verachtung, die ihm geworden war. Dabei bedurfte er der Hilfe, er mußte einen Gefährten haben, auf dessen Treue und Anhänglichkeit er rechnen konnte, und das sollte Pardero sein. Darum suchte er ihn zu umstricken, darum log er ihm vor, daß er auf einen höheren Befehl handle, und darum sagte er auch jetzt:
»Ich bin eigentlich ganz zufrieden mit dem, was geschehen ist. Der Dienst war mir ein Hindernis, meine schwierige Aufgabe zu erfüllen, nun ist dieses Hindernis beseitigt, und ich kann ohne Störung handeln. Wissen Sie, wie hoch Sie in meiner Schuld stehen, Pardero?« – »Hm, es werden einige tausend Silberpiaster sein.« – »Die Sie mir niemals wiedergeben könnten, wenn Sie blieben, was Sie sind. Helfen Sie mir, meine Aufgabe zu lösen, so zerreiße ich Ihre Schuldscheine, und Sie haben noch extra auf Beförderung und Belohnung zu rechnen. Außerdem gibt es einen noch süßeren und angenehmeren Preis: Karja, die schöne Indianerin!« – »Donnerwetter! Wenn Sie diese Versprechungen halten, so bin ich ganz der Ihrige!« – »Sie können sicher darauf rechnen. Was die Befürchtung betrifft, daß man uns töten werde, so ist dieselbe vollständig absurd. Wir werden entlassen werden und dann handeln.« – »Beabsichtigen Sie, die drei Señores Sternau, Mariano und Helmers zu töten?« – »Ich soll sie unschädlich machen, also töten, denn nur der Tote ist unschädlich. Bis jetzt lag auch nur ihr Tod in meiner Absicht, aber nach dem, was uns heute angetan wurde, wäre der Tod noch eine viel zu gelinde Strafe für sie.«
Es legte sich ein Zug diabolischer Freude um Verdojas Mund, er schwebte im Vorgefühl seiner Rache, und auch Pardero sagte:
»Da haben Sie allerdings recht. Die Schande, die man uns heute bereitete, bedarf einer geradezu raffinierten Bestrafung. Was werden Sie tun?« – »Ganz dasselbe, was sie jetzt mit uns getan haben, ich werde sie gefangennehmen und sie an einen Ort bringen, wo sie alle Freuden dieser Gefangenschaft bis zur Neige auskosten können. Nicht weit von meiner Hazienda gibt es nämlich eine alte mexikanische Opferstätte, es ist das eine Pyramide, die in ihrem Innern von Gängen und Höhlen durchzogen wird, die nur ich kenne, es ist das ein Geheimnis, das sich nur in meiner Familie fortgeerbt hat. In diesen Höhlen werden die Gefangenen wohnen und verschmachten. In diese Höhlen werden wir auch die beiden Señoritas Emma und Karja bringen, und dort werden wir sie ja zwingen können, uns im reichlichsten Maß das zu gewähren, was sie uns verweigerten.«
Dem leidenschaftlichen Pardero war diese letztere Verheißung die liebste.
»Sie sind ein Teufel, Verdoja«, lachte er zynisch, »aber ein sehr angenehmer Teufel!« – »Ja, wir werden die beiden Teufel sein, welche die zwei Engel überwinden. Doch werde ich hierbei nicht nur durch das Gefühl der Rache und Liebe geleitet sondern es ist auch eine Berechnung, der ich folge. Man hat mir Großes versprochen, sobald ich die drei Männer unschädlich mache. Wird man das Versprechen halten? Ich bin überzeugt davon, aber in so unruhigen Zeiten, wie die jetzigen sind, muß man vorsichtig sein. Wenn ich die drei töte und man verweigert mir den Lohn, so kann ich nichts machen, ich bin einfach der Betrogene, leben sie aber noch, befinden sie sich in meinem Gewahrsam, so kann ich kräftig auftreten und meine Bezahlung fordern. Sie sehen, daß ich sehr sorgfältig in meinem und Ihrem Interesse handle.« – »Ja, Sie sind scharfsinnig, vorsichtig und schlau, das gibt mir Vertrauen zu Ihnen und läßt mich überzeugt sein, daß unsere Pläne gelingen werden. Sie können von jetzt an vollständig auf mich rechnen. Aber wir zwei sind doch nicht genug, drei starke Männer und zwei Mädchen zu entführen.« – »Das macht mir keine Sorge. In unserem gesegneten Mexiko gibt es Männer genug, die für eine Hand voll Silberdollars bereit sein werden, sich unter unser Kommando zu stellen.« – »Und die Verfolgung? Denn verfolgen wird man uns!« – »Pah, davor ist mir nicht im geringsten bange. Wir reiten durch die Wüste Mapimi, und dahin folgt uns keiner, darauf können Sie sich verlassen.« – »Durch die Mapimi!« sagte Pardero schaudernd. »Da gehen wir ja zugrunde.« – »Keine Sorge. Ich kenne diese Wüste wie meine Tasche. Sie besteht nicht nur aus Sand und Felsen, wie man erzählt, sondern man stößt auch auf Wälder, in denen man genug Wasser und Früchte findet, um nicht zu verschmachten.«
Während diese Männer ihren Anschlag besprachen, waren sie selbst der Gegenstand einer Beratung, die im Speisesaal stattfand. Man besprach sich darüber, was zu geschehen habe. Mariano riet, sie zu erschießen, aber die anderen waren dagegen. Die Gefangenen hätten zwar auf Mord gesonnen, aber denselben nicht ausgeführt. Übrigens wußte man noch nicht, was der berühmte Juarez zu der ganzen Angelegenheit sagen werde. Es war besser, sie ohne Blutvergießen loszuwerden, da sie ja durch den Verlust ihrer Hände genug bestraft waren, und so wurde beschlossen, ihnen nur die Waffen vorzuenthalten, sie aber nach zwei Tagen zu entlassen. Dies letztere sollte geschehen, damit sie nicht Gelegenheit fänden, vor dem heute abgegangenen Eilboten bei Juarez einzutreffen.
Was ihre drei mitgefangenen Mitschuldigen betraf, so wollte Sternau das ihnen gegebene Versprechen erfüllen. Sie erhielten ihre Pferde, Messer und Lassos, die Büchsen und Pistolen wurden ihnen jedoch abgenommen. Dann ließ man sie reiten, aber unter der strengen Androhung, daß ein jeder sofort erschossen werde, wenn er sich noch einmal in der Nähe der Hazienda erblicken lasse.
Am dritten Tag wurden Verdoja und Pardero aus ihrem Gewahrsam geholt und vor die versammelten Bewohner der Hazienda gestellt. Sternau machte ihnen den Beschluß bekannt, der über sie gefaßt worden war, und dann wurden sie entlassen. Sie ritten davon, ohne ein einziges Wort gesagt oder geantwortet zu haben, und setzten sich das Städtchen Nombre de Dios zum ersten Ziel.
Dort trugen sie Sorge, ihre Uniform mit einer gewöhnlichen Kleidung zu vertauschen, und waren sie verschwunden.