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Elftes Kapitel

Unser Rittmeister war ein vortrefflicher Mensch, wenn auch nervös, aufbrausend und hitzig. Er war findig und gescheit, obwohl er keineswegs die Begabung besaß, sich selber beherrschen zu können und auch seine rednerische Begabung war mehr oder weniger eine echt militärische, – statt darzustellen und zu erzählen, wußte er eigentlich immer nur einzuprägen.

So war er auch in diesem Augenblick, in dem wir ihn antrafen, als er gerade das Halstuch von sich riß und wütende Blicke auf uns alle schleuderte.

»Na? … eine feine Sache?« fuhr er den Geistlichen an.

Jener entgegnete nur: »Ja, ja, ja,« und schüttelte den Kopf.

»Das ist es ja, dieses – ›ja, ja, ja‹. Gute Beschäftigungen haben gute Folgen an sich gezogen.«

Der Geistliche machte wieder sein: »Ja, ja, ja.«

»Und dabei wäre es doch Ihre Sache gewesen …«

»Was?«

»Unsereinen auf ganz andere Gedanken zu bringen …«

»Ja.«

»Sie haben nicht den geringsten Einfluß auf uns ausgeübt.«

»Erzähl.«

»Nichts da, erzähl. Wozu sind Sie jetzt hier? – Hier brauchts nur den Küster, um Psalmen zu beten, und niemand mehr.«

»Worum handelt es sich denn … was haben wir nun zu tun?« mischten sich die anderen Offiziere ein. »Der Oberst ist fortgegangen … und Sie fauchen und putzen den Pater herunter … Als ob wir etwa in der Tat auf seine Lehren viel gegeben hätten? … Und was macht jetzt der Pole? Weiß der Teufel, ob er überhaupt das Geld hatte, … und was macht er jetzt in seinem Zimmer? Bitte, sagen Sie uns doch, was beschlossen worden ist? Wer ist der Beleidiger, wo steckt der Halunke?«

»Der Teufel ist der Halunke, der Teufel ganz allein! Einen anderen gibt es nicht,« erwiderte der Rittmeister.

»Doch dieser Pan da …«

»Dieser Pan ist außerhalb jeden Verdachtes …«

»Wer hat Ihnen das eröffnet?«

»Wir selber, meine Herren, wir selber, ich und Ihr Regimentskommandeur bürgen für ihn. Wir sagen damit nicht, daß er der allerehrlichste Mensch sei, aber wir haben voll und ganz eingesehen, daß er die Wahrheit spricht, – nämlich, daß er das Geld bei sich hatte, und daß es nun fort ist. Und nur der Teufel kann es gestohlen haben … Daß es aber da war, wird Ihnen dadurch am besten bewiesen, daß der Kommandeur, um ein skandalöses Bekanntwerden zu verhindern, ihm in meinem Beisein vorgeschlagen hat, die Zwölftausend noch heute bar zu bezahlen, damit keine Geschichten und kein Klatsch entstünden, – und er, er hat sie abgelehnt …«

»Abgelehnt? …«

»Ja; und nicht genug damit, daß er sich weigerte, das Geld zu nehmen, er hat sich auch freiwillig bereit erklärt, keinem gegenüber sich über den Verlust zu beklagen und dieser ganzen verdammten Begebenheit vor keinem Menschen Erwähnung zu tun. Mit einem Worte, er benahm sich so ehrlich, anständig und taktvoll, als man es überhaupt nur wünschen konnte.«

»Ja, ja, ja,« machte der Geistliche.

»Und wir beide, der Oberst und ich, gaben ihm unser Wort darauf, daß sowohl wir, wie auch Sie, volles Vertrauen zu ihm haben werden und fügten hinzu, daß wir uns während der Dauer eines Jahres als seine Schuldner ansehen, – denn sollte nach dem Verlauf dieses Jahres noch nichts entdeckt und das Geld immer noch nicht aufgefunden worden sein, so zahlen eben wir ihm die Zwölftausend zurück; unter solchen Umständen versprach er uns, das Geld anzunehmen …«

»Wir sind natürlich damit einverstanden und werden mit der Rückzahlung pünktlich sein,« warfen die Offiziere ein.

»Jedoch, meine Herren,« fuhr der Rittmeister fort, wobei er seine Stimme dämpfte, »er ist davon überzeugt, daß es unsererseits gar nicht erst zum Zahlen kommen wird, – er behauptet aus irgendeinem Grunde, daß dieses Geld sich finden wird. Und er spricht darüber so bestimmt und mit solcher Überzeugung, daß, wenn es wahr ist, daß der Glaube Berge versetzen kann, – seine Überzeugung allerdings in Erfüllung gehen könnte … ja, ja, – und so wird es wohl auch sein, denn es geht ja um den Preis des Blutes … Diesen Glauben zwängte er uns auf, oder vielmehr, er goß ihn so sehr in uns herein, daß als er uns bat, wir möchten nun auch ihn untersuchen, sowohl der Oberst als auch ich darauf verzichteten … Ihnen aber stelle ich frei, zu tun, was Sie für richtig halten, – er ging jetzt in sein Zimmer und wird, ohne es zu verlassen, dort auf Sie warten, damit Sie ihn untersuchen. Es steht Ihnen frei. Nur eine einzige Bedingung darf ich wohl stellen: absolutes Stillschweigen vor allen Menschen über das, was geschah. Hierauf erbitte ich Ihr Ehrenwort.«

Und wir alle gaben unser Ehrenwort und gingen nicht in Awgust Matwejewitschs Zimmer, um ihn zu untersuchen, sondern lediglich, um ihm in aller Eile die Hand zu drücken.


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