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Peter Hille

Gestorben am 7. Mai 1904

Ich schrieb ein ganzes Buch über Peter Hille und noch so vielerlei und einmal einen Essay, der hieß: »Warum Peter Hille unsichtbar war?« Ob es mir gelang, seine göttliche Eigenschaft den Lesern zu offenbaren? Fast jeder zumutet sich, nur zu glauben, was er mit dem Auge sieht, mit dem Ohre hört, und dem Gefühl des Herzens mißtraut er. Nur wenigen kündet ein starker, gläubiger Nerv entrückte Stunden. Niemals zweifelte ich an der Prophetie Peter Hilles.

Er wandelte über unserer Erde wie Nebel, durch den, wenn er sich lichtete, man die Gestirne am Tage leuchten sah. Er war ja selbst ein Gestirn, Meteor stieß er von sich! Zur heimatlichen Tragik paßt es noch immer, den Propheten im Vaterlande nicht gebührend zu würdigen. Wenigstens nicht zu seinen Lebzeiten. Selbst an die Wunder, die heilige Menschen verrichten – gewöhnt man sich. Der Wunder größtes, das allein schon die Anwesenheit des auserwählten Menschen vollbrachte: »Frieden« – kam der Umgebung kaum zu Bewußtsein. Peter Hille war einer der auserlesenen Gäste dieser Welt; wohin sein Herz sich wandte, ordneten sich Unebenheiten. Sein Erscheinen schloß Versöhnung in sich. Ein weit gewaltigeres, umfassenderes Wunder als das begrenzte Wunder. Darum weigerte sich, dünkt mich, auf der Hochzeit von Cana Jesus, der ewige Jude, zeitliche Wunder zu verrichten. Zoll, den der Heilige, sich zu beweisen, entlehnen muß. – Ich liebte es, wenn die Menschen, selbst die Freunde, wie ich es tat, vor Peter Hille auf einer Marmorstufe verharrten. Der liebreiche Dichter Peter Baum und ich bekränzten ihn. Gerhart Hauptmann strahlte wie ein beschenkter Knabe, als Peter Hille ihn besuchte, Weihnachten trat in sein Zimmer. – Peter Hille sprach wenig, aber schon ein einziges Wort aus seinem Munde erzählte eine ganze Erzählung, war eine Weihsagung, ein Segen, eine Dichtung, eine Feuerrose, aber auch ein Wetter, ein Sommer, ein ganzer blauer Himmel. Mitmenschen pflegen bequem und gerne den größeren Mitmenschen verblüfft, einfach »ein Kind« zu nennen! Verwechseln sich selbst mit Vorliebe mit dem Weiseren. Aber die Kinder, noch dumpf und verborgen in sich, ließen ihre kleinen Schaufeln und Eimerchen in den Sand auf den Spielplätzen fallen, wenn sie den großen Wolkenmann nahen sahen: Das Urkind. Aber wenn er lächelte, leuchteten alle die kleinen lieben Gesichtchen und selbst das große Sonnengesicht oben am Himmel. Er stand schon vor Gott. Dieses Mal auf Erden machte er seine letzte Inkarnation durch. Peter Hille glaubte an die öftere Einkörperung der Seele, die sich im Hause des Leibes vollenden soll. Er liebte seine Brüder, die Propheten. Innig sprach er von Jesu, schmückte des Abendmahls himmelblauen Tisch mit Blumen. Erzählte er mir auch oft von der Weisheit Buddhas; man hätte ihn Selbst nach der Art seiner hohen Bewegenseinigkeit für einen Inder halten können, er ruhte in Sich wie Nirwana. »Was ist das?« Und nicht: »Wer ist das?« fragten die Menschen, die ihn sahen.


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