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Die kreisende Weltfabrik

Wer auch nur in sich einen Baum oder einen Pfad gefunden hat, dem kommt die Stadt, in der er lebt, kaum in Betracht. Und erst recht gar nicht dem schaffenden Menschen, dem es vergönnt ist, vom Leuchtturm seines brausenden Herzens über eine Hauptstadt blicken zu dürfen, über Berlin, dem unendlichen Häuseracker.

Es ist immerhin eine Schwäche, sich auf ein grünes Sofa zu placieren, in irgendeiner Umgebung seine Idylle auszupacken. »Ruhevoll arbeiten zu können.« Mit Vorliebe flüchten nach der – komfortablen Öde die Ästhetiker, eine Ode zu dichten; die Photographen unter den Künstlern, die Plauschenden mit der Glacéhandschuhhaut. Irgendein Freund besitzt ein Landhäuschen, darin sie den vorlauten Lenz ihrer Literatur bewältigen. – Von ferne ziehen Wanderfledermäuse an ihren Gärten vorbei in griechischen Hüllen; Sandalenstrippen flattern vor den Beinen, und ihren Lippen entquillt reiche Poesie, die sie in Netzen tragen, Frucht der Erkenntnisse. – Donnerwetter, mutig ist es eben, mitten in der Stadt sich unter Verschiedenart der Menge zu begeben. Wir Künstler sind doch Erschallende, in uns liegt das Material. Zieht sich Gott etwa auf ein Dorf zurück? Wie der ästhetisch Schaffende – seine Romanseele lüftet auf der Weide in Worpswede oder Lüneburger Heide. Oder wie durch Vorstadt Maie, Amadeus Müller führet sein Naturhaar durch das Freie ...

Dieses Berlin, kreisende Weltfabrik. Tempo: auf Rollen laufen die Einwohner, entnerven oder verstehen sich zu entorganisieren, vermögen maschinell zu werden. Immerhin, bitte, sympathischer als die Kleinstädter (Anwesende ausgenommen), die auf den Leibern kriechen. – Glühender bewillkommnet man hier den menschgebliebenen Menschen, der sich die Räder wieder von den Schuhen abschnallen kann; seine Prüfung, die die Großstadt ihm auferlegt. Besteht er sie, bleibt er lebendig – zeugt für seinen Wert. Wie bei dem Gelde. Der Reiche braucht keineswegs ein Teufel werden, gar ein sentimentaler Kassenschrank, ein weinseliger Barbar. Attention!! An dem aber, der seinen »seelischen« Reichtum nicht zu verströmen vermag, an dem kalten »Satan« erfriert die ewige Seele. Meine Liebe zu der Stadt Berlin, zu allen großen Städten, schließt natürlich meine Liebe zu den Wiesen und Wäldern keineswegs aus. Ich entzücke mich wie keine zweite über alles, was wächst auf der Erde, und sammle die Eicheln und Kastanien und Beeren, alle die blühenden Spielsachen auf den Wegen und bewahre den Grashalm vor der Brutalität des Trittes. Das Wasser ist mein Spielgefährte, mit seinen Muscheln und seinem Tang. Aber zum Dichten und Zeichnen habe ich mich vor allen Dingen und von allen Dingen am nötigsten. Vergeblich harre ich auf mich, auf meinen Morgen. Welche Liebe wird über mein Herz scheinen und mir die Blüte des Worts entlocken: die Dichtung.

Lange habe ich nichts mehr von den Weinbergen meines Lebens gepflückt, und doch atme ich denselben Atem. Hat die harte Zeit mein Herz asphaltiert öder blies realer Hauch ihre Sonne aus? Ich tappe im Dunkeln.

Die große Stadt, überhaupt keine Stadt, noch ein Dorf jedes Erdteils haben irgend mit einer Produktion zu tun; aber der Mensch, oft ein einziger Mensch. Aus unserer großen Stadt schallt der Schrei, das Getöse der Technik; die Furcht vor dem Tode trägt ein warnendes Gesicht hinter geschminkten leeren Masken, die Sehnsucht aber steigt sofort in den Mond. Unsere Stadt Berlin ist stark und furchtbar, und ihre Flügel wissen, wohin sie wollen. Darum kehrt der Künstler – doch immer wieder zurück nach Berlin, hier ist die Uhr der Kunst, die nicht nach, noch vor geht. Diese Realität ist schon mystisch.

Nicht zu überwinden ist des Freundes Abfall, eine Operation, man läuft Gefahr zu verbluten. Selbst mein und sein Haus waren mit Nerven verbunden. Mein Herz feiert Begräbnis. Freundschaft in der Großstadt: des Künstlers Trost, Liebe aber seine Offenbarung, Himmelfahrt. Nur diese Reise hat der Künstler zum Schaffen nötig.


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