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Mein jüngster Bruder Paul ging so gern mit mir durch den Wald. Er kannte jeden Baum und jeden Strauch mit seinem Namen; die allerdornigsten Zweige verstand er sorgfältig, wenn ihn eine Rose anblickte, zurückzubiegen. Im Grunde pflückte er nie eine Blume vom Leben, brach nie einen blühenden Ast vom Stamm – gar noch aus der Sonne oder erfrischenden Schatten übermütig. »Mit der Schonung der Pflanzen beginnt die Barmherzigkeit!« sagte er mir oft. Lieber ließ er einige Seide seines aschblonden Kopfes zurück, als daß er leichtfertig die jungen Dornenstengel der Sommerbüsche geknickt hätte. Mein Bruder war ein junger König, ein Mönch, der Himmel sein blauer Dom. Aus dem schritt er alle Morgen auf die Erde herab, und ich war sehr stolz, da er mit mir Hand in Hand durch den Wald spazierte. Wenn wir beide einen Walnußbaum entdeckten und eine Bank zufällig in der Nähe stand, hob mein Bruder mich neben sich auf den Sitz, und wir lauschten auf das Nahen der Eichhörnchen, die nicht allzulange auf sich warten ließen. Aber wenn auch keine Sitzgelegenheiten zu entdecken waren, placierte er mich doch irgendwo; am liebsten saß ich hoch auf seiner Schulter, denn mein toter Bruder war sehr groß gewachsen, und ich kroch wie ein Käferchen neben ihm über den duftenden herben Waldboden. Die Walnußbäume hatte ich überhaupt schon ihrer dicken Hüllen wegen, die den harten Kern umschlossen, so gerne; die kleinen gespaltenen Dinger ersetzten mir und meinen Spielgefährten die Wagschalen, wenn wir Markt spielten; und ich war den Eichhörnchen sehr dankbar, wenn sie gerade in der Zeit, in der wir sie beobachteten, sich Nüsse vom Baume holten, sie recht vorsichtig aus der Umhüllung herausknabberten und die beiden unschmackhaften Hälften mir sauber in mein geschürztes Röckchen warfen. Immer kam dasselbe Eichhörnchen, das hatte ein schokoladenfarbenes Schwänzchen, und ich klatschte in die Hände, wenn ich es sah, denn es fegte den Wald damit rein. Plötzlich saß es in der Krone des hohen Walnußbaumes und krachte sich eine dicke Nuß auf, wie Zickzack durch den leisen Wald. Die Vögel sangen zwar unbehindert weiter, helle und dunkelgrüne Lieder, manchmal schlug auch der Kuckuck: der saß am liebsten in der Blutbuche. Mein Bruder zählte dann: Kuckuck, Kuckuck, Kuckuck, Kuckuck, Kuckuck, Kuckuck, Kuckuck, siebenmal – genau so alt war ich.