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Wieder in Jaunde

17. Dezember

Seit gestern weile ich wieder in Jaunde. Meine Rückreise wurde mir dadurch wesentlich erleichtert, daß ich zwei Tage lang bis Bidemenga den gerade flußabwärts fahrenden Dampfer der Gesellschaft Südkamerun benutzen konnte. Kapitän St. war so liebenswürdig, mir die Fahrt auf ihm zu gestatten. Erst von da ab ging der Weitermarsch nordwärts wieder über Land.

In vielen Krümmungen zieht sich der Njong von Osten nach Westen; überall tritt der Wald von beiden Seiten dicht heran, so daß man landschaftlich bei der Fahrt nichts zu sehen bekommt als Wasser und Wald und höchstens hie und da eine kleine Negerniederlassung zwischen beiden auf einem engen, freigeschlagenen Platze eingezwängt. Oft herrscht stundenlang lautlose Stille, bis eine Schar auffliegender Papageien sie durchbricht oder eine Ente, ein Reiher, ein Fischadler von ihrer Beute aufgescheucht davonfliegen. Ein dunkler Fluß im dunklen Erdteile. Als einzige Merkwürdigkeit sahen wir am ersten Tage den ans Ufer angeschwemmten, verwesenden Leichnam eines erschossenen Schwarzen, der wohl aus dem Gefechtsgebiete herabgetrieben sein mochte.

Am zweiten Tage morgens aber begrüßte uns am Ufer ein seltener Gast: ein riesiger Gorilla mit einem Jungen in den Armen verfolgte mit sehr ungnädigem Geschrei unsere Vorüberfahrt. Es ist der erste, den ich lebend zu sehen bekomme. (Dicht bei Jaunde wurde unlängst einer geschossen.) Ehe der Dampfer seine Fahrt verlangsamen konnte und ich meinen Karabiner bereit hatte, war er im Dickicht verschwunden.

Die Fahrt auf dem kleinen Dampfer war zwar nicht bequem, aber schlecht gefahren ist namentlich in den Tropen immer noch besser als gut gelaufen. Außer dem mittleren Maschinenraum hat das Fahrzeug einen vorderen und hinteren offenen Laderaum für den Gütertransport. In ersterem saß ich auf meinem Langstuhl, der zwischen Gummisäcken und Elfenbein kunstvoll aufgebaut war. Die Lektüre eines Stoßes alter Zeitungen war meine einzige Zerstreuung. Da die Fahrt stromab ging, kamen wir trotz der vielen Krümmungen doch mit sechs Stunden Fahrt am ersten und neun Stunden am zweiten Tage ebensoweit, als ich über Land in vier Tagen kaum hätte zurücklegen können. Bei Akonelinga ist der Njong noch nicht sehr breit, wenigstens ist das offene Fahrwasser oft bis auf 20 m eingeengt, aber er ist offenbar sehr tief, und nur ganz träge, dem Auge kaum merklich, fließt dort sein schwarzes Wasser zwischen dem Urwalddunkel hindurch. Allmählich erweitert sich das Bett, so daß er bei Bidemenga bereits eine stattliche Breite erreicht hat. Als Feuerung dient dem Dampfer Holz, das von den Eingeborenen an verschiedenen Stellen des Ufers vorher bereits aufgestapelt und je nach Bedarf ergänzt wird. Um durch die großen Holzmengen nicht Platz für die Ladung zu verlieren, schleppte der Dampfer dauernd links und rechts je ein mit dem erforderlichen Feuerholze beladenes Kanu mit sich.


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