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mit 22 000 bis 24 000 Einwohnern, kann nicht eine schöne Stadt in modernem Sinn, aber wohl eine prächtige genannt werden. Nur wenige seiner Straßen sind breit und lang, aber belebt, geräuschvoll, von hohen steinernen Häusern gebildet, und die Menge von Kirchen mit ihren Türmen, die große Anzahl von öffentlichen Gebäuden, Domherrnhöfen, ehemaligen Klöstern und Stiften, der grandiose Palast, die Residenz mit ihren Umgebungen – die zurückgelassenen Spuren einer langen Reihe von Herrschern, welche zugleich Fürsten der Reiche waren – verleihen ihm etwas Imposantes, Edles und den Stempel von historischer Größe. Die Stadt ist mit Wall und Mauer umgeben und wird in vier Viertel und ebenso viele Vorstädte geteilt. Eine schöne steinerne Brücke führt über den Strom, auf deren Balustraden kolossale Bildsäulen von Heiligen stehen. 400 Fuß hoch erhebt sich der felsige Berg über der Stadt, worauf der Marienberg oder der Frauenberg ruht, die jetzige Zitadelle und ehemals feste Burg der Bischöfe. Der Besuch dieser Burg, natürlich eine der weitläufigsten und prächtigsten in Franken, wird nur auf besondere Bewilligung des Stadtkommandanten durch eine von ihm ausgestellte Karte erteilt; Wachtposten an Wachtposten, Tor an Tor, Felsengang an Felsengang passiert der mit einer solchen Karte Versehene, bis er endlich die Hauptwache im äußeren Hof des Schlosses erreicht, wo ihm dann der wachhabende Offizier einen Führer durch das Innere und auf die verschiedenen Basteien und Wälle in der Person eines Korporals oder Sergeanten mitgibt.
Die Mühe dieses Unternehmens wird durch die herrliche Aussicht von den Wällen und aus den Fenstern des Schlosses reichlich belohnt; da liegt sie tief unten, die reiche Stadt mit ihren Münstern und Domen, eine Residenzstadt des Katholizismus, das deutsche Bologna, wenn München unser Rom ist – da liegt sie mit ihrer blühenden Gegenwart, mit ihrer reichen Vergangenheit, unter dem milden Himmel ihres Glaubens und im Kranz ihrer Weinberge. – Sie hat niemals gesündigt, denn sie sieht so glücklich aus, obgleich sie und diese Burg öfter miteinander zerfallen waren, oft hartnäckig, blutig, denn die alte Schwätzerin Geschichte vergißt ja nichts und flüstert immerfort die alten Märchen in das Ohr jeder neuen Generation.
Wie schön der Dom mit seinen vier Türmen emporragt! Er ist so alt wie das Bistum, dessen tausendjährige Existenz er überlebt hat und das der heilige Bonifazius gründete. Viele Kunstwerke, Epitaphien, Gemälde und Altäre enthält er, und früher war er sogar die Vorratskammer unsäglicher Reichtümer. Das bischöfliche Begräbnis befindet sich darin, und im vorigen Jahrhundert wurde noch eine herrliche Begräbniskapelle von schwarzem Marmor durch Bischof Graf von Schönborn drangebaut.
Links von der Kathedrale, unweit davon, erhebt sich das neue Münster zu St. Salvator, in dessen Umfang die Gebeine des Frankenapostels St. Kilian ruhen; die Hauger Kirche mit ihrer hohen Kuppel, die der von St. Peter in Rom nachgebildet ist, die Universitätskirche mit ihrem als Sternwarte benutzten majestätischen Turm, der noch reichere und schönere der Ritter- oder Marienkapelle und noch viele andere Türme und hervorragende Gebäude schmücken die Mainmetropole. Ein langer und prachtvoller Palast, einer der schönsten Europas, zieht seine erhabenen Linien am östlichen Teil der Stadt hin, es ist die neue Residenz, welche nach dem Muster des Schlosses von Versailles in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts erbaut wurde. Wer Muße dazu hat, versäume nicht, das Innere dieses Palastes zu sehen; besonders prachtvoll ist seine untere, auf sehr hohen Marmorsäulen ruhende, mit Decken und Wandgemälden verzierte Treppenhalle, darunter befinden sich die ehemaligen bischöflichen Keller, Labyrinthe von Gewölben mit unermeßlichen Weinvorräten.
Das große, reich dotierte Julius-Hospital, vom Bischof Julius 1576 erbaut und gegründet, ist bekannt als eine der ersten Wohltätigkeitsanstalten von ganz Deutschland. Es hat Raum für 400 Personen beiderlei Geschlechts und enthält innerhalb seiner weitläufigen Gebäude, die einen schönen, länglich viereckigen, mit zwei Springbrunnen verzierten Hof einschließen, außer den Wohnungen des Oberaufsehers, der Beamten, der Ärzte, der Chirurgen, Handwerker, Diener und Krankenwärter einen anatomischen Saal, ein Entbindungs- und ein Irrenhaus, eine Kirche, eine besondere Mühle, einen botanischen Garten – das heißt, alles, was mittelbar oder unmittelbar dazu beitragen kann, die Gebrechen leidender Menschen zu erleichtern oder zu heilen. Der ganze Umfang der wohltätigen und herrlichen Anstalt dürfte mit dem mancher kleinen Stadt den Vergleich aushalten. Außer diesem Hospital sollen sich noch fünfzehn andere, kleinere, in der Stadt befinden.
Wir erwähnen ferner die 1587 gestiftete Universität, die vier- bis fünfhundert Studenten zählt, eine prächtige, von Bischof Philipp von Greifenklau gegründete Bibliothek und ein theologisches Seminar mit sehr reichen Einkünften besitzt; das Gymnasium, ein polytechnisches und ein musikalisches Institut und ein sehr schönes Lokal zu gesellschaftlichen Zusammenkünften der höheren Stände, das Museum.
Beinahe zwölf Jahrhunderte hindurch war Würzburg Haupt- und Residenzstadt regierender Herren, und erst im Jahre 1813 gab es diese Eigenschaft auf, als der Großherzog Ferdinand von Toscana in seine italienischen Staaten zurückkehrte. Während dieses langen Zeitraums war sein Gebiet Bistum, Kurfürstentum, Großherzogtum. Durch den Reichsdeputationsbeschluß vom Jahre 1803 kam das aufgelöste Hochstift größtenteils an Bayern, wurde dann 1805 dem vormaligen Großherzog von Toscana als Kurfürstentum überlassen, erhielt 1806 nach dem Beitritt zum Rheinbund den Namen eines Großherzogtums und fiel 1813 wieder an Bayern. Ein geistlicher Fürst mit dem Krummstab und der Tiara reiht sich in fast endloser Linie an den anderen, und wir erblicken unter ihnen die verschiedensten Physiognomien: von der strengen, finsteren, ingrimmigen Konrads bis zu der milden, landesväterlichen eines Julius oder der geistvollen epikuräischen dessen, dem die früheren Residenzen nicht mehr genügten und der einen Palast baute, prachtvoll genug für Kaiser.
Indessen erinnern wir uns der schönen und ränkevollen Herrin von Mainberg und ihres Spiels, das sie mit dem Bischof Konrad trieb. Boten auf Boten hatte dieser an den Gemahl gesandt, um ihn aufzufordern, daß er endlich seiner Lehnspflicht genüge und eine gehörige Mannschaft aufstelle zum Schutz des Landes gegen das Rebellenheer, welches sich seinen Grenzen näherte. Aber Graf Wilhelm war nicht gesonnen, solches zu tun, vielmehr hielt er es aus verschiedenen Gründen mit dem letzteren. Um aber den Bischof hinzuhalten, sandte er seine Gemahlin an den Hof und ließ sich mit Geldmangel entschuldigen, obgleich Frau Adelgundis von großer Pracht und fürstlicher Herrlichkeit umgeben war. Schon gärte es in der Stadt, von einzelnen Unruhestiftern waren die Köpfe erhitzt und die Zügel der Ordnung und des Gehorsams erschlafft oder zerrissen. Tobende Horden, von ausgelassenen Burschen angeführt, durchzogen die Straßen und plünderten die Domherrnhöfe und ihre Keller. Wein strömte aus geraubten Fässern in unersättliche Kehlen und vollendete den allgemeinen Rausch.
Tun wir bei diesem Stand der Dinge einen Blick auf die Mainbrücke – sie ist zum Lager geworden. Hans Bernetter, nur der lustige Link genannt, hat mit seinen Kumpanen soeben den Weinkeller des Domvikars Mord geleert und die dicken Tonnen auf die Brücke geschafft, wo sie in Reihen nebeneinander liegen, umdrängt von Tausenden aus der Hefe des Volkes, die gierig herbeistürzen, um sich an diesem Brunnen zu laben. Es ist Nacht, aber Wachfeuer und zahllose Fackeln erhellen die Brücke, die steinerne Hand des heiligen Kilian auf der Balustrade selbst muß einen Feuerbrand halten. Unmittelbar unter den Mauern der bischöflichen Burg, die von ihrem Leistenfelsen in dunkler Majestät herabschaut, ertönen die Lieder der Rebellen, der furchtbare Bauerngesang, vor dem schon so viele Schlösser in Staub zerfallen sind. Der Gesundheit der Feinde des Bischofs wird unter Trompetengeschmetter zugebrüllt. Ein Nachen mit mehreren Männern rudert auf dem Fluß daher und landet unter der Brücke – es ist eine Deputation aus dem Mergentheimer Lager an die Stadt –, es ist Georg Metzner selbst, welcher kommt, um den Geist der Bürger zu erspähen; er wird mit ausgelassenem, donnerndem Jubel empfangen, und die Brücke ist jetzt das Rathaus, er trifft hier alles, was er gesucht hat. Da schmettern Trompeten von der Burgseite her, Fackeln leuchten, und ein Zug zu Roß bewegt sich langsam herbei, er kommt von der Burg. Langsam nur kann er vorwärts schreiten durch das Gedränge, und seine Pracht leuchtet in aller Augen. Auf einem weißen Zelter sitzt eine Dame, über deren Haupt stolze Federn in der Nachtluft wehen, ihr Kleid von Purpur, mit Hermelin verbrämt, fließt fast bis zum Boden herab und umfängt prächtig ihre schlanke und erhabene Gestalt; in ihrer weißen behandschuhten Rechten ruhen die Zügel des Rosses von goldbesticktem Samt.
Ihr folgt eine lange Reihe berittener Pagen und Diener, und ein Herold oder Stallmeister reitet ihr voran. »Platz!« ruft dieser, verächtlich die Volkshaufen teilend. »Platz für meine gnädigste Fürstin und Frau! Seht ihr nicht, daß es die hochgeborene und erlauchte Gräfin von Henneberg ist, welche hier naht? Auseinander, Schlemmerpack! Sperrt die Straßen nicht, oder man wird euch mit Donnerbüchsen Mores lehren. Ist solches Treiben Zucht und Ordnung in bischöflicher Hauptstadt? Platz! Platz!« So ruft der Herold, der um mehrere Schritte voran ist.
Die Gräfin aber hält ihren Zelter an, einen Augenblick schwankend, ob sie ihren Weg fortsetzen soll oder nicht. Doch schon zu weit auf der Brücke, entschließt sie sich zu dem ersteren, denn es harrt ihrer ein krankes Knäblein in ihrem Palast in der Stadt. Man beachtet sie anfangs nur wenig, aber das Rufen und Lärmen des Herolds, das Schimmern der Farben, Wappen, Federn und Seidenstoffe reißt die Aufmerksamkeit der schwelgenden Menge doch bald genug an sich. »Seht doch!« heißt es. »Welche Pracht! Die Hennebergerin kommt vom Bischof herab, wo sie bankettiert haben. Ja, die haben gut bankettieren! Gott zum Gruß, Frau Gräfin! Ist das Bündnis fertig gegen die Bauern?« Solche und ähnliche Reden fallen und werden immer lauter, die Fürstin legt die rechte Hand über eine Rose von Diamanten, die an ihrem Busen funkelt, um sie zu verbergen.
Da faßt plötzlich eine gewaltsame Faust in die Zügel ihres Rosses, es ist Link selbst, der sich ihr entgegenstellt, und eine Schar weintrunkener, kräftiger Burschen, zu allem fähig, drängen sich heran und umzingeln die Fürstin. Der Herold wendet sich, ihr zu Hilfe zu eilen, er wird blitzschnell aus dem Sattel gerissen, zu Boden geworfen, unter die Füße getreten. Nicht besser geht es zwei anderen Dienern, welche dieselbe Bewegung machten. Die übrigen bleiben, von Schrecken gebannt, regungslos. Man will jenen über das Brückengeländer in den Strom werfen. Link allein verhindert es. Nun lädt dieser, der gar kein übel aussehender Bursche ist, die Fürstin mit glatten und zierlichen Worten ein, an dem Fest teilzunehmen, das hier gefeiert wird. Er nötigt sie, ihren Zelter zu verlassen, der einem herbeigerufenen Pagen übergeben wird, bietet ihr galant seinen Arm und leitet sie zu dem Ehrenplatz innerhalb der Rundung, welche der Ausbug der Brustwehr in der Mitte der Brücke bildet. Hier ist die Mergentheimer Deputation, hier ist Georg Metzner gelagert im brüderlichen Kreis von Hunderten; der Weinbecher geht unter Freundschaftsbeteuerungen von Lippe zu Lippe. Man empfängt Wilhelm von Hennebergs Gemahlin mit lautem Geschrei. Der Becher wird ihr dargereicht zum Trunk, sie tut leise zitternd Bescheid, indem sie seinen Rand an ihre purpurnen Lippen setzt.
Aber es bleibt hierbei nicht. Drohungen oder Verheißungen für das eine oder andere Verhalten des Grafen Wilhelm hinsichtlich der Bauern werden ihr mit hundert Stimmen zugleich zugeschrien, die Gemüter erhitzen sich immer mehr, und das schöne Weib – sonst mutig, fängt unter dieser Rotte an zu zagen und sieht sich vergeblich nach einer Hilfe um. Immer enger wird der Kreis um sie, immer dichter der Haufe derer, die sie umringen, immer näher wagen sich kühne Fäuste, als plötzlich ein Arm ihren Nacken umfaßt: Link, der Unverschämte, ist frech genug, sie an sich zu ziehen, und drängt sein glühendes Antlitz dem ihrigen entgegen, um es zu küssen. Ein erstickter Hilferuf ertönt, und in demselben Augenblick wird der Haufen geteilt, und seine Massen werden auseinandergeschleudert; ein Schwertstreich, wie vom Himmel fallend, trifft Links Haupt, der halb besinnungslos und brüllend zu den Füßen der Fürstin taumelt. Die verdutzte Menge weiß nicht, wie ihr geschieht, Rosse, Reiter sind auf der Brücke, Helme glänzen, Kürasse und blanke Schwerter leuchten, bunte Federbüsche flattern in der Luft. In einer Minute ist Gräfin Adelgunde befreit und in der nächsten befindet sie sich wieder auf ihrem Zelter, von unbekannten Armen hinaufgehoben.
Jetzt kommt die Menge aus ihrer Bestürzung zu sich; wütend, mit jeder Waffe, die man ergreifen kann, stürzt man sich auf die fremden Reiter, die man nach und nach erkennt; es sind die Hilfstruppen des Kurfürsten von der Pfalz, um die der Bischof gebeten hat, wie jedermann weiß, und die eben ankommen. Dieses Erkennen erhöht den Grimm der erhitzten Rebellen, sie schreien Mord, und der Angriff auf die Fremden ist furchtbar. Aber die pfälzischen Reiter, in den Waffen wohlgeübt, lassen sich so leicht nicht aus den Sätteln reißen und befolgen mit wunderbarer Behendigkeit jeden Befehl ihres Führers. Sie nehmen die Gräfin und ihre Pagen in ihre Mitte, die gewaltigen Klingen sind blank, ihre Stahlgriffe werden von nervigen Händen gefaßt, und sie sind gezwungen, gegen die verirrten Untertanen dessen, der sie zu seinem Schutz herbeirief, zuerst Gewalt zu gebrauchen. Scharfe Hiebe fallen mit der Schnelligkeit des Blitzes, nach allen Seiten strömt Blut, der Schwache wird unter die Füße der Rosse getreten, das Getobe des Aufruhrs erstirbt unter dem Gewinsel tödlich Verwundeter. Dunkelrote Bäche fließen in den Fahrgeleisen der Brücke, und das Pflaster ist mit Toten bedeckt. Langsam und eisern bewegt sich der furchtbare Reiterzug vorwärts nach der Stadt; der Kampf hat aufgehört, weil kein Widerstand mehr ist, und am Ende der Brücke nähert sich der pfälzische Hauptmann dem Roß der Fürstin und fragt, wohin sie geleitet zu werden befehle. Sie nennt den Henneberger Hof in der Nähe der Domgasse. Hier angekommen, wünscht Frau Adelgunde ihrem Befreier aus der übelsten Lage zu danken und seinen Namen zu erfahren. Er stellt sich ihr vor, nachdem sie vom Roß gestiegen ist.
Und diesen Augenblick wählt der Genius der Vergeltung, die Fürstin für ihr falsches Spiel mit dem armen Bischof zu strafen. Sie sieht einen Jüngling vor sich, der kaum zwanzig Jahre zählen kann, aber schön wie der Tag ist. Sittsam gebeugt steht er da, das Haupt enthelmt und die Wange noch glühend von der Hitze des Kampfes, während die Lippen lächeln und der Ernst des Kriegers mit der Heiterkeit frischer Jugend in seinen anmutigen Zügen streitet. Alles ist edel, weich und erhaben in seiner Erscheinung, ein unwiderstehlicher Zauber umfließt ihn, und Adelgunds Herz, das noch niemals feurig liebte – erbebt. Sie verliebt sich in diesen Fremdling, der übrigens ein Junker aus edlem Geschlecht ist, mit einer Leidenschaft, vor der sie selbst erschrickt und die ihren Frieden kostet. Alle Qualen einer strafbaren und unglücklichen Liebe ziehen in ihr Herz ein. Ihr bis dahin genossenes Glück als Gattin, Fürstin und Mutter, ihre ganze Vergangenheit erblaßt und erscheint ihr gehaltlos und elend. Siegmund von Lichtenstein ist von nun an der Abgott ihrer Gedanken. Aber der tapfere, ritterliche Jüngling gehört seinem Beruf, dem Krieg, der ihn bald wieder davonführt. Adelgunde bleibt nichts als ihr verwundetes Herz und die Erinnerung an ihn.
Es wäre uns ein leichtes, noch mehrere Bilder derselben Zeit und unter dem Rahmen dieser Örtlichkeit vorzuführen – wie die Flucht des Bischofs Konrad während einer finsteren Nacht; die Verteidigung des Schlosses durch Domherren und Mönche, die allein seine Besatzung bildeten und welches darnach das einzige war unter allen Schlössern von Franken, das der Belagerung der Rebellen widerstand und nicht erobert wurde; endlich das Strafgericht des zurückgekehrten Bischofs, die Hinrichtungen in der Domgasse, auf den Marktplätzen – wir hätten Stoff genug, fürchteten wir nicht, den Raum dieser Blätter zu überschreiten.
Noch ein Wort von den Würzburger Weinen sei uns vergönnt. Siebentausend Morgen in der Umgebung der Stadt sind mit Reben bedeckt, und früher mehr als jetzt hatte der Wein von Würzburg einen allgemeinen Ruf. Ein altes Sprichwort sagt:
Bacharach am Rhein,
Klingenberg am Main,
Würzburg am Stein
Sind die besten Wein' –
und in der Tat wurde der Steinwein dem Tokaier gleich an Wert gehalten und der Eimer oft mit achtzig Talern bezahlt. Der vermehrte Verkehr mit dem Ausland, die erleichterte Kommunikation und andere Verhältnisse haben in neuerer Zeit die Weine Frankens überhaupt im Handel zurückgedrückt. Meere, Flüsse und Straßen führen allzuleicht für den Vorteil ausländischer Winzer in unsere Täler das Traubenblut noch günstigerer Klimate.
Indessen, wie dem auch sei, auch Frankens Wein, wie er in dem bischöflichen Keller unter der Residenz aus mächtigen Fässern in die Gläser perlt, rein und unverfälscht, ist ein edles Getränk, das gesegnet sei!
In Würzburgs Nähe liegen verschiedene ansehnliche Orte wie Heidingsfeld, Ober-, Mittel- und Unterzell, das ehemalige Kloster Himmelpforte, eine sehr schöne Wallfahrtskapelle der Festung gegenüber auf hohem Berg, und Veitshöchheim, in welch letzterem Ort sich ein Schloß mit französischem Garten befindet und das früher eine bischöfliche Sommerresidenz war.
Wir nehmen bei Würzburg Abschied von unserem bisherigen schönen Führer, dem Main, obgleich sein Lauf hier noch keineswegs die Grenze von Franken berührt. Raum und Umstände veranlassen uns, seinen ferneren Lauf bis dahin mit weniger Umständlichkeit und übersichtlicher, als es bisher geschehen ist, zu erwähnen. Noch vier bis fünf Meilen weit behält der Strom seine nordnordwestliche Richtung, die er erst wieder jenseits des Einflusses der fränkischen Saale in eine südliche umwandelt.
Karlstadt, fünf Stunden von Würzburg, ist ein unbedeutendes Städtchen, ihm gegenüber aber, auf dem linken Ufer des Stroms, erhebt sich ein altes Schloß von historischer Bedeutung, es ist die Karlsburg, welche von Karl dem Großen erbaut und zuweilen bewohnt worden sein soll, eine Sage, die gar nicht unwahrscheinlich ist, da Karl, wie wir bereits früher erwähnten und später wieder darauf zurückkommen werden, oft und gern in diesen Gegenden verweilte. Bei dem Städtchen Gemünden geht die Saale, welche sozusagen aus einem Paradies daherrieselt, in den Main. Dieser scheint bloß darum so weit heraufgekommen zu sein, um den bräutlichen Fluß aufzunehmen, denn jetzt wendet er sich wieder nach Mittag, und zwar tief hinab.
Die Berge, die sein Tal nun bilden, sind rauher, höher als bisher; nur an ihrem Fuß grünt die Weinrebe, während ihre Gipfel mit Wald bewachsen sind; sie sind Ausläufer des Spessarts, eines Gebirges, das nicht zu dem alten fränkischen Kreis gezählt wird und deshalb auch hier keine nähere Beleuchtung findet.
Auf einem rötlich schimmernden Fels, etwa drei Stunden vom Städtchen Lohr, erhebt sich abermals ein bedeutendes Schloß, Rothenfels, früher Besitz derer von Grumbach, die es erbauten, und später, nach dem Erlöschen dieses Geschlechts, eine bischöfliche Burg, die im Bauernkrieg verheert und verbrannt wurde, ebenso wie Triefenstein, unter welchem schön gelegenen Schloß die Frankfurter Straße sich hinzieht.
Eine Stunde noch tiefer, gen Wertheim zu, ragt Schloß Homburg oder nach früherer Bezeichnung Hohenburg auf der Höhe. In einer Felsenhöhle unterhalb dieser Burg starb der heilige Burckhardt, Bischof von Würzburg, im Jahre 790.
Ganz nahe bei Homburg ist die Grenze zwischen dem jetzigen Königreich Bayern und dem Großherzogtum Baden; zur Zeit des alten Franken war hier auch eine souveräne Grafschaft – jetzt ist es ein mediatisiertes Fürstentum. Die Lage der Hauptstadt Wertheim am Zusammenfluß der Tauber mit dem Main ist wahrhaft schön und der Anblick der zerstörten Stammburg des gräflichen Hauses äußerst malerisch und prächtig. In der Nähe, aber schon außerhalb des Kreises unserer Darstellung liegen Miltenberg, Amorbach; letzteres ist die Residenz des Fürsten von Leiningen.
Und hier sagen wir dem Main Lebewohl, dem wir drei Viertel von seiner Laufbahn gefolgt sind. An der äußeren Pforte unseres Frankenlandes entlassen wir ihn mit unseren Segenswünschen. Aus unseren traulichen Tälern, deren Liebling, deren Wohltäter, deren Stolz er war und die sich ihm zu Ehren mit hundert Schlössern und Städten und mit dem üppigen Kranz unendlicher Reben geschmückt hatten, zieht er hinaus in die Welt, seinem großen Freund zu. Getreulich bringt er ihm alle die Wellen mit, die er unterwegs gesammelt hat, all seinen Reichtum, all seine Erfahrung, die Sagen, welche die Nymphen seiner Berge ihm zugeflüstert haben, die Lieder, die er erlauscht hat, seine ganze sanfte und schöne Seele gießt er in die seinige aus. Zu seinem Verderben; denn nach kurzer, glänzender Laufbahn wird er mit ihm im Sand versiegen!