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Benoni Hartvigsen ist Chef auf Sirilund und Macks Teilhaber geworden. Das kam daher, daß Benoni so reich geworden war. Und was für ein Vergnügen wäre es denn gewesen, in andere Gegenden zu reisen und Handel und Fischfang zu betreiben und für fremde Menschen ein Mack zu sein? Hier hatte er sein Heim, und hier war es schön, ein großer Mann zu sein. Gleichzeitig traf es sich so, daß Mack auf Sirilund plötzlich anfing, gerade einen solchen Mann wie Benoni zur Hilfe zu brauchen. Es ging Mack auf Sirilund so wie seinem Bruder, Mack auf Rosengaard, daß er ein Magenleiden bekam und, wenn der Winter kam, sicher anfangen mußte, einen breiten roten Schal um den Bauch zu tragen. Dies war eine Folge von allzu fürstlicher Lebensweise.
Seht, Benoni konnte Mack ebenso wenig entbehren wie Mack Benoni. Da war nun zum Beispiel diese gewaltige Aufzählung des Geldes für das Silberfeld. Als einige Wochen vergangen waren und Sir Hugh mit der Summe und mit vielen Männern als Zeugen kam, mußte Benoni in seiner Not sich an Mack auf Sirilund wenden, damit er in dem großen Augenblick zugegen wäre. Waren es echte Scheine oder waren es nachgemachte? Ja, sagte Mack und tummelte sich wie ein Fisch in diesem Meer von Geld, es ist die richtige Sorte von Scheinen. Mack erbot sich dann, die vierzigtausend Taler mit sich nach Sirilund zu nehmen und sie einstweilen in seinem Schrein aufzubewahren; aber Benoni schlug das aus. Du bekommst selbstverständlich eine Quittung dafür, sagte Mack. Ja, das ist gleich, ich habe selbst ein Haus und ein Dach dafür, antwortete Benoni. Da meinte Mack schließlich: Lieber Hartvigsen, ich wollte dir ja nur helfen.
Aber es war ein Sklavenleben, umherzugehen und solche Reichtümer vor Feuersnot und Diebeshand zu bewahren. Als deshalb Arn Törker die Galeasse Funtus mit Klippfischen nach Bergen segelte, hatte auch Benoni dort etwas zu tun. Seine Reise wurde auf Macks Kontor beschlossen, und Mack war wieder der, der den guten Plan hatte:
Du sollst eine Reise nach Bergen machen, sagte Mack. Du hättest jetzt zwei Geschäfte dort zu erledigen.
Was für Geschäfte?
Erstens dein Geld hinzubringen. Es ist unnötig und töricht, ein solch großes Kapital auf dem Grund der Truhe liegen zu haben. Du könntest das Geld mit der Post senden; aber du kannst auch selbst damit reisen. Wenn du reist, erledigst du damit gleichzeitig deine andere Sache: wenn der Funtus mit dem Fisch ankommt, gehst du persönlich hin und nimmst von meinem Kaufmann fünftausend Taler in Empfang.
Was war mit Mack los? Im Grunde war Benoni die ganze Zeit darauf vorbereitet gewesen, wiederum mit Ausreden abgespeist zu werden.
Es sind jetzt keine fünftausend mehr, begann Benoni und wollte diese Affäre ein wenig abschwächen.
Mack unterbrach:
Selbstverständlich sind es fünftausend Taler. Die kleine Gegenabrechnung, die wir haben, hat damit nichts zu tun. So hast du es doch gewollt.
O, dieser Mann, dieser überlegene Herr, der niemals auch nur für einen Augenblick irgendwelche Schwäche zeigte! Benoni wurde von einem kleinen Verdacht gestreift, daß hinter diesem Benehmen Macks etwas stecken müsse; die freundliche Fürsorge aber und das Wohlwollen, das ihm entgegenklangen, ließen ihn ein anderes Anliegen erwähnen, das ihm am Herzen lag:
Es könnte auch sein, daß ich vielleicht noch eine dritte Sache in Bergen zu erledigen habe, sagte er.
So?
Denn ich werde wohl eine Haushälterin oder so etwas brauchen.
Nimm dazu nicht ohne weiteres eine Bergenerin, antwortete Mack augenblicklich. Und Gott weiß, wie rasch er diese Antwort hatte finden können!
Benoni erklärte es näher, so wie es jetzt sei, sei es so langweilig und auf die Dauer so unbehaglich.
Mack trat ans Fenster und dachte einen Augenblick nach, wandte sich dann um und sagte:
Ich will dir etwas sagen, mein lieber Hartvigsen, du solltest dich in dieser Sache mit Rosa besprechen ...
Als Benoni in Bergen war, sagte Mack eines Tages zu Rosa:
Weißt du niemand, der Benoni den Haushalt führen könnte?
Denke darüber nach. Der Mann kann nicht in der Weise weiterhausen.
Er wird sicher so viele dazu finden, als er nur will, sagte sie.
Sie dachten beide eine Weile nach.
Du könntest es machen, meinte Mack.
Ich? Du bist toll!
Soso, sagte er. Dann reden wir nicht mehr davon ...
Benoni kam von Bergen zurück. Er hatte seine Sachen erledigt und das Geld auf die Bank gegeben. Und das war eine großartige Bank gewesen, mit Gittern und Eisentüren und eingemauerten Geldschränken in den Kellergewölben. Benoni hatte auch seine Augen ein wenig umhergehen lassen, um eine Dame zu finden, die er nach Norden mitnehmen konnte, damit sie eine standesgemäße Lebensweise in seinem Haus einführen könnte; aber es wurde nichts daraus. Er traf keine anderen Frauenzimmer als Kinder der Straße und solche, die an den Abenden sich bei den Hafenspeichern umhertrieben, und unter ihnen eine gute Wahl zu treffen, mochte wohl schwierig sein. Im übrigen hatte Mack ihn vor der Abreise ermahnt, sich in acht zu nehmen: berate dich lieber mit Rosa in dieser Sache! hatte er gesagt. Vielleicht hatte Mack eine kleine gute Absicht mit diesem Ratschlag verfolgt.
Benoni ging zu Mack und fragte, ob Rosa einen Rat wisse. Ja, es wird sich schon etwas machen lassen, sagte Mack. Auf einmal aber fängt er an, von einem Magenleiden zu sprechen, das er jetzt zum erstenmal verspürt habe; gleichzeitig schlägt er Benoni vor, die Hälfte des ganzen Betriebes auf Sirilund zu übernehmen. Benoni glaubt nicht recht zu hören, er sagt: Wie? und Ihr scherzt? Mack legte einen vollständigen Plan über die Teilhaberschaft dar und endete mit den Worten: Denke jetzt darüber nach; es wird vielleicht nicht mehr allzu lange Zeit vergehen, dann bist du hier alleiniger Chef.
Bei diesem Vorschlag durchfuhr Benoni ein Schauer der Freude. Er ging heim und dachte lange darüber nach: Na, jetzt drehte es sich nicht mehr um Kleinigkeiten, nun ging es um die größte Sache, die Benoni sich auf der Welt denken konnte: er konnte Herr auf Sirilund werden. Was bedeutete es, Admiral auf dem Funtus zu sein, im Herbst Heringe zu fangen und im Winter nach dem Lofot zu fahren und Fische zu kaufen, was war das alles? Nun konnte er seine Leute zu solchen Arbeiten anstellen, und er selbst brauchte nur ein Wort zu äußern, mit dem Finger zu deuten.
Benoni schlug ein.
Zwischen den Brüdern Mack wurde erst genau abgerechnet, ehe Benoni sich auf das Geschäft einließ. Bei dieser Abrechnung zeigte es sich, daß Ferdinand Mack auf Sirilund keineswegs ein verarmter Mann war. Im Gegenteil. Und hätte er Benonis fünftausend Taler in Ruhe behalten können, wäre er ein noch reicherer Mann gewesen. Aber Benonis Geld hatte jetzt bezahlt werden müssen; welchen Eindruck hätte er sonst gewonnen, wenn Mack ihm das große Angebot gemacht hätte? Als Gegenleistung erkannte Benoni diese Genauigkeit in geschäftlichen Dingen an und bezahlte sowohl die Kleinodien als auch seine Schuld im Kaufladen mit barem Geld, so daß Mack viel Geld in seinen Schrein bekam.
Benoni blieb daheim in seinem eigenen Haus wohnen. Nach all dieser Spannung, in der er in den letzten paar Monaten gelebt hatte, war jetzt einige Ruhe über ihn gekommen, er fing an, sich in seinem großen Schicksal zurechtzufinden. Hätte er jetzt nur noch eine Haushälterin gehabt! Es schickte sich nun nicht mehr, weiterhin ein altes Mädchen zu haben, das kam und ging, eine Art Zugehfrau aus der Zeit der mageren Jahre. Was hatte denn Rosa ihm geraten? Daß sich schon etwas finden würde, – was würde sich finden? Benoni selbst hatte niemals Gelegenheit, mit ihr zu sprechen, sie war ihm wieder aus den Augen entschwunden. Seit jenem Tag im Frühling, an dem er in ihrer Stube gestanden hatte und noch nicht der mächtige Mann gewesen war, der er dann wurde, hatte er sie nie mehr getroffen. Jetzt wollte er mit ihr bei der Kirche sprechen. Er hatte ja auch ein ganz berechtigtes Anliegen.
Und da kommt nun Benoni Hartvigsen zur Kirche. Seit der Reise nach Bergen trägt er andere Kleider als früher, und ist nicht mehr der gleiche. Benoni hatte sich bereits, ehe er ein so reicher Herr wurde, alles an schönem Sonntagsstaat geleistet, was sich leisten ließ, hierin konnte er es nicht mehr weiter treiben. Seine Schaftstiefel hatten in der ganzen Gemeinde nicht ihresgleichen, und mehr als zwei Jacken konnte kein Mann aushalten.
Da beobachtete er in Bergen, daß das Schuhwerk doch mehr in der Art von Macks Stiefeln war und daß es ein wenig auf die Kälte in der Luft ankam, ob man eine oder zwei Jacken trug. Als er eine Weile darüber nachgedacht hatte, nahm er sich eine passende Aussteuer für den Sommer und für den Winter mit nach Hause.
So machen es alle Großen! sagten die Dorfbewohner von Benoni, wenn er zur Kirche kam. Man soll ihm gar nicht gleich ansehen, daß er der geworden ist, der er nun ist, sagten sie. Er kann sich zwei Jacken leisten; aber zieht er sie etwa an?
Wenn er dann nahe genug gekommen war, grüßten sie und bereiteten sich darauf vor, ihm die Hand zu schütteln und »für das letztemal« zu danken. Und blieb Benoni einen Augenblick stehen, dann stand er wieder mit vollster Berechtigung wie ein Denkmal da, mit geradem Rücken, die Brust herausgestreckt, daß sie aussah wie eine Herrscherbrust.
Wenn ich einmal eines Tages zu Euch in den Laden komme und Euch bitte, mir einstweilen einen Sack Mehl ... sagt einer und hält vor Demut inne und hat nicht den Mut, seine unverschämte Bitte weiter auszusprechen.
Einen Sack Mehl? antwortet dann Benoni; da wollen wir schon helfen.
Eine Frau, die ihn von Kind auf gekannt hat, steht da und sieht ihn an wie die Sonne, und als er geradeswegs auf sie zugeht, nickt und fragt, ob es daheim wohl gut gehe? kann sie vor Bewegung beinahe nicht antworten: Dank für die Nachfrage. Dank für die Nachfrage, sagt sie nur und vermag nicht von jedem einzelnen daheim zu erzählen, wie es ihre Pflicht gewesen wäre.
Benoni geht von Gruppe zu Gruppe und braucht sich nicht mehr zu gehaben; jeder weiß nun, was für ein Herr er ist und daß er aus reiner Güte mitten unter ihnen stehen bleibt. Gehuldigt und aufgeblasen, bereit zu helfen und glücklich über die Anerkennung der Leute, schreitet Benoni den Kirchberg hinan. Er hat auch keine Angst, von den Klippen zu sprechen, die ihn so reich gemacht haben, er sagt: Große Strecken von Bleiglanz mit Silber zu kaufen ist eben nicht jedermanns Sache. Es bedarf dazu eines kleinen Überblickes! Und deshalb muß man auch, wie ich schon gesagt habe, die nötige Schlauheit besitzen, sie wieder zu verkaufen! sagt er weiter und zeigt gutmütig seine Walroßzähne.
Aber die einzige, von der er sich so von Herzen wünschte, in diesen Tagen des Glückes ein kleines Nicken des Kopfes zu sehen, sie hielt sich ferne.
Auch war es mehr wie auffallend, daß sie sich nicht einmal in dem Laden auf Sirilund sehen ließ. Benoni war ja nun auch hier Herr und hatte durch die Übernahme der Hälfte des Handelsplatzes dessen Ansehen keineswegs verringert. Wie viel Waren lagen früher im Laden, und wie viele kamen jetzt mit jedem Postschiff! Außerdem waren jetzt alle Manufakturgestelle des Staubes wegen mit Glasscheiben versehen worden, und da und dort auf den Ladentischen standen Glaskästen mit kleineren Sachen darin. Es war gleichsam überall üppiger geworden. Und da das Geschäft nun für zwei Chefs reichen sollte, mußte es mindestens auf das Doppelte erweitert werden; für den Fischfang sollten mehrere große Fahrzeuge herkommen, für die Mühle sollte ein Dampfschiff mit Korn direkt von Archangel kommen. In Zukunft würden mehrere Kirchspiele ihr Mehl von Sirilund erhalten.
Während Mack wie früher das Kontor leitete und Meister im Aushecken aller Pläne war, hatte Benoni die Aufsicht über die Lagerspeicher, die Böttcherei, die Fahrzeuge und die Mühle. Aber er entzog auch dem Laden seine Anwesenheit nicht. Er liebte es, durch die Türe hereinzukommen, so daß alle Kunden grüßen mußten. Man schrieb es ihm zu, wenn die Leute unten beim Branntweinausschank leiser sprachen, vor lauter Respekt vor ihm und sich bei seinem Kommen zuflüsterten: Pst, da ist der Hartvigsen selbst! Da wurde er dann leutselig und voller Wohlwollen gegen jedermann und fing an, im Scherz zu sagen: Du, du hast ein ganzes Rössel, da könntest du mir auch ein Glas Schnaps einschenken! Hoho, wie dieser Hartvigsen spaßen konnte! Verweigerte Steen, der Ladengehilfe, einem armen Kerl weiteren Kredit, griff Benoni mit seiner Allmacht ganz sachte ein und sagte zu Steen: Es ist nicht so leicht für die Leute: Du mußt sehen, daß es sich machen läßt! Und Steen, der Ladengehilfe, war nicht mehr hochnäsig, gegen Benoni, sondern antwortete ehrerbietig: Jaja, wie Sie selbst es wünschen! Da nickten die Leute im Laden alle einander zu, es sei eine Gnade Gottes, daß Hartvigsen unter ihnen aufgestanden sei.
Aber sie, deren Nicken die größte Bedeutung für Benoni gehabt hätte, sie hielt sich ferne.
Es kam vor, daß er den Schmied fragte: Kaufst du heute für dich selbst oder für andere ein? Ging aber die Frau von Villads Bryggemand für Rosa zum Einkaufen, dann stellte Benoni sich hinter den Ladentisch und bediente sie selbst und wog und maß alles ganz ungewöhnlich gut und reichlich.