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16

Nicht nur der Schullehrer und Aron in Hopan suchten den Rechtsanwalt Arentsen um allerhand Kleinigkeiten willen auf, die ganze Ortschaft tat das gleiche. Es wurde Mode, mit allem, was man mit seinen Mitmenschen abzumachen hatte, zum Küstershof zu gehen, und Nikolai schrieb und rechnete für sie alle, setzte Verträge auf und strich seine Bezahlung mit einer runden Handbewegung ein. Noch nie hatten Zank und Streit so geblüht: lieh sich einer einmal ein Boot aus, ohne zu fragen – wie bei dem Prozeß Arons in Hopan – oder verletzte jemand einmal die Grenzrechte ein wenig oder kam ein geringer Irrtum in einer Rechnung vor, gleich war das eine sichere Beute des Rechtsanwaltes. Die Gelegenheit war so ungewöhnlich günstig, Nikolai vom Küstershof hatte ja seine lange Lehrzeit überstanden und war jetzt wieder heimgekommen, eben um den Leuten zu ihrem Recht zu verhelfen, sollte man sich da noch in das gleiche Leben finden, wie in früheren Zeiten? Mit dem Verdienst auf den Lofotinseln und mit dem Trocknen von Macks Klippfischen draußen auf den Felsen kam Geld ins Haus, große und kleine Barbeträge, die selbst die Armen instand setzten, ein wenig zu prozessieren und mit jemand einen »Prozeß« auszufechten, ja, sogar Ole Menneske auf Sirilund hatte sich, die Taschen voll seines Heuerlohnes, an den Rechtsanwalt Arentsen gewandt, um sich gegen seine Frau und Wächter Svend Recht zu verschaffen.

Und der Rechtsanwalt Arentsen saß zu seinen bestimmten Stunden auf der Kanzlei und empfing einen nach dem anderen, wie eine Obrigkeit. Jetzt war er nicht mehr gutmütig und voller Späße, sondern kurz und bestimmt. Ich bin Nikolai Arentsen, das Gesetz, konnte er sagen; wer sich mir widersetzt, ist von diesem Augenblick an in Gefahr. Seine Zunge war wie eine Feile: sie machte jeden Mann dünn, den sie angriff, und in seiner Strenge fing er an, das Eisenzeichen hinter seinen Namen zu setzen: N. Arentsen &#9794;. Ja, dieser Teufelskerl von einem Nikolai auf dem Küstershof bekam einen ungeheuer großen Zuspruch. Die kleinste Sache zu fragen kostete einen halben Taler, ein Ratschlag einen ganzen Taler, und zwei Taler kostete es, etwas Schriftliches aufgesetzt zu bekommen. Aber in seinem Wesen war er umgänglich. Wenn die Leute auf seine Kanzlei kamen, bot er ihnen einen Stuhl an und hielt keineswegs streng darauf, daß nur mit Silbergeld bezahlt wurde, sondern er nahm ebenso gerne Papiergeld. Traf er Bekannte, wenn er so nach des Tages Arbeit spazieren ging und müde war, war er doch nicht so stolz, daß er nicht sagte: Komm, gehen wir nach Sirilund und trinken einen Schnaps auf den guten Ausgang deiner Sache!

Auch sein Besuch auf dem Kirchberg der Nachbargemeinde hatte Arentsen sichtbare Früchte eingetragen. Da war zum Beispiel Levion in Torpelviken, der Nachbar von Marelius, der das Fischrecht im Fluß an den Engländer verkauft hatte. War nicht Levion Besitzer des anderen Ufers des Flusses, und war ihm da nicht Sir Hugh in gleicher Weise Geld dafür schuldig? Glaubte dieser Satansengländer, er könne sein Geld ausschließlich über Marelius ausstreuen? Ah, aber Marelius hatte eine große erwachsene Tochter, das war die Sache  ... Marelius seinerseits verbarg nicht, daß er gut Freund mit Sir Hugh war und tat sogar, als könne er spike Englisch mit ihm. Und die Tochter, die große erwachsene Edvarda, die nach Edvarda Mack getauft worden war, sie lernte bald das fremde Englisch allein mit dem Herrn sprechen und verstand ihn auch, wenn er flüsterte.

Aber Levion ging zum Rechtsanwalt Arentsen und erklärte die Sache. Arentsen nickte, er habe recht. Er fragte:

Wie breit ist der Fluß an der schmälsten Stelle?

Beim Wasserfall an die zwölf Klafter breit. Dort ist er am schmälsten.

Wie lang ist die Angelrute, die er benützt?

Das verstand Levion nicht, aber es wurde ihm erklärt: hatte der Engländer weiter als bis zur Mitte ausgeworfen, sollte er keineswegs frei ausgehen. Und Levion fing an abzuziehen, mit sich selbst zu feilschen, schließlich behauptete er, der Fluß sei seit aller Ewigkeit nicht breiter gewesen, als acht Klafter an der schmälsten Stelle.

Weigert sich Sir Hugh zu bezahlen?

Das weiß ich nicht, antwortete Levion. Ich habe ihn nicht gefragt.

Hm. Wir wollen ihn vor die Vergleichskommission vorladen.

Arentsen lud vor. Sir Hugh stellte sich ein und wollte Frieden haben, er bot an, das gleiche zu bezahlen, was er Marelius bezahlt hatte. Er nannte die Summe.

Levion schüttelte nur giftig den Kopf und sagte:

Das ist zu wenig: Ihr habt viel mehr bezahlt. Dazu kommt noch, daß Edvarda neue Kleider hat, äußere und innere, wo hat sie die her?

Sir Hugh erhob sich und verließ die Vergleichskommission.

Jetzt laden wir zum Thing vor, sagte der Rechtsanwalt Arentsen.

Ich denke Tag und Nacht daran, daß der Marelius mir so großes Unrecht zugefügt hat, sagt Levion. Er hat den Lachs im Fluß verkauft und hat den Lachs im Meer verkauft. In der letzten Zeit hat der Engländer vom Boot aus gerade vor meiner Mole gefischt.

Rechtsanwalt Arentsen sagte:

Wir laden auch Marelius vor.

Kurz und bestimmt, mit sicherer Miene traf der Rechtsgelehrte seine Entscheidungen. Er war ein ungewöhnlicher Mann. Und wenn es für Levion ans Zahlen ging und er nichts anderes hatte als schäbiges Papiergeld, nahm Arentsen ohne viel Aufhebens auch dieses an  ...

Auf Sirilund ist Thingversammlung.

Macks Haushälterin hatte Wächter Svend in die Ortschaft gesandt, um Geflügel und allerhand Eßwaren zu holen, sie hatte die Frau des Untermüllers zur Hilfe in die Küche geholt, und es gab kein Ende für alle ihre Vorbereitungen zur Ankunft der Obrigkeit. Sie hatte auch erreicht, daß Rosa Barfod gekommen war und sich nützlich und es für die Gäste angenehm machte. Die Gesindestube war zum Thingsaal hergerichtet worden, mit einem großen tuchbezogenen Tisch für das Gericht und mit kleinen Tischen für einen Rechtsanwalt oder zwei. Vor den Tischen war eine Schranke. Dem Vogt hatte man eine Kanzlei am anderen Ende des Gesindehauses eingeräumt.

Ach, aber es wurde kein rechtes Thing daraus.

Der Amtmann kam nicht, wie er geschrieben und gesagt hatte, und die gute Haushälterin ärgerte sich bitterlich darüber, daß die Obrigkeit nicht kam. Was aber viel schlimmer war: Auch der Hardesvogt kam nicht. Der alternde Hardesvogt war krank geworden und hatte seinen Bevollmächtigten senden müssen. Darüber wurde nun Mack selbst außergewöhnlich nachdenklich, er erkundigte sich sofort nach dem Hardesvogt.

Er war unpäßlich, lag nicht zu Bett, aber magerte ab, schlief schlecht, es scheint, er hat allerhand Skrupeln bekommen.

Was für Skrupeln?

Der Bevollmächtigte nannte ein paar Beispiele: früher sei es so und so in der Kanzlei gewesen, jetzt sei es so und so, kurz und gut religiöse Skrupeln.

Der?

Der Bevollmächtigte sagte würdig:

Der Hardesvogt hat mich gebeten, Ihnen seinen besten Dank für eine halbe Tonne Multbeeren zu überbringen, die sie ihm im Winter sandten –

Ach, diese Kleinigkeit!

– und bedauert, daß er Ihnen nicht persönlich danken kann.

Da trat Mack ans Fenster, sah hinaus und dachte nach  ...

Der Gerichtshof ist zusammengetreten.

Da sitzt nun der Richter, der junge Hardesvogtbevollmächtigte, mit zwei Schreibern an dem mit einem Tuch bedeckten Tisch; zu beiden Seiten hat er die vier Beisitzer, die aus angesehenen Leuten der Ortschaft gewählt sind. An ihren eigenen kleinen Tischen sitzen der Rechtsanwalt aus der Stadt und Rechtsanwalt N. Arentsen &#9794;, beide mit Papieren und Protokollen vor sich. Sah man genau hin, so konnte man bemerken, daß der alte Rechtsanwalt aus der Stadt nicht so viel Papiere hatte wie im vorigen Jahr, und er hatte weniger als Arentsen. Dann und wann kam ein Mann und bat um eine kurze Unterredung mit dem einen oder dem anderen der Rechtsanwälte, und die meisten kamen zu Arentsen.

Dann wurden der Reihe nach verschiedene Dinge am Gerichtstisch verhandelt: Strafsachen, Grenzstreitigkeiten, Thingverlesungen, Rechtsstreite, Arentsen war die ganze Zeit in Betrieb, sprach, notierte, diktierte Protokolle. Er hätte von der Feierlichkeit der Stunde etwas mehr erfüllt sein dürfen als er war. Der junge Richter konnte ihm keinen Schrecken einjagen; er nannte ihn auch nicht Herr Hardesvogt, wie alle die anderen es taten, sondern Herr Bevollmächtigter. Arentsen legte einen Beweis auf den Gerichtstisch und sagte: Hier bitte, das sollte man geradezu unter Glas und Rahmen setzen. Er sagte in Sachen Aron in Hopan, von dem jemand sich unerlaubterweise ein Boot ausgeliehen hatte: So lautet das Gesetz. Der Richter bemerkte da ein wenig gekränkt: Im allgemeinen ja; aber hier kommt noch das und das dazu. So lautet das Gesetz, wiederholte Arentsen. Und die Thingversammlung außerhalb der Schranken nickte und dachte: Der Kerl kennt das Gesetz, es ist großartig, ihm zuzuhören.

Durch Nikolai Arentsens viele nagelneue Prozesse sah der junge Richter für diesmal kein Ende der Thingversammlung ab. Er werkte und arbeitete gewissenhaft, ließ Zeugen verhören, schlug in den Protokollen nach, las, schrieb und sprach; aber erst am dritten und letzten Tag kam er zu der Vorladung von Levion in Torpelviken und Hugh Trevelyan.

Sir Hugh war schon seit dem ersten Tag da, er hatte sich auf dem Hof und im Thingsaal umhergetrieben, ohne etwas zu sehen oder zu hören, britisch unhöflich, stumm, selbst wenn man ihn grüßte und Frieden! sagte. Er war ganz nüchtern. Er speiste an Macks Tisch und bewohnte ein Zimmer im Hauptgebäude; trotzdem er aber bei jeder Mahlzeit mit dem Bevollmächtigten des Hardesvogtes zusammensaß, erwähnte er doch nie seinen Prozeß. Er sprach überhaupt fast nicht.

Jetzt kommt Ihre Sache dran, sagte der Bevollmächtigte beim Mittagessen zu ihm.

Gut, antwortete er gleichgültig.

Er kam mit seiner Angelrute, aber ohne Anwalt, nahm seine Mütze ab, an der eine Fischfliege steckte, gab seinen Namen, Titel und Wohnort in England an. Zu Arentsens Einführung in die Sache gab er einige kurze Aufklärungen, die eingetragen wurden: daß er bereits bei der Vergleichskommission Levion das gleiche hatte bezahlen wollen wie Marelius, daß aber die Summe, die er genannt hatte, als zu klein in Zweifel gezogen worden war.

Wieviel bekam Marelius?

Sir Hugh nennt die Summe und fügt hinzu, daß Marelius anwesend sei und bezeugen könne.

Marelius legt sein Zeugnis unter dem »körperlichen Eid« des Gesetzes ab.

Unwillkürlich sagt der Richter:

Aber das ist ja eine schöne Bezahlung, Herr Rechtsanwalt Arentsen.

Aber er erwähnt nicht, was Edvarda eigens bekommen hat, ruft Levion plötzlich außerhalb der Schranke.

Ruhe! befiehlt der Richter.

Da wendet Arentsen im Namen seiner Partei ein: Aber das ist doch eine Bemerkung, die Bedeutung für die Sache hat?

Der Richter stellt ein paar Fragen und erhält ein paar Antworten, dann denkt er ein wenig nach und sagt:

Für welche Sache hat sie Bedeutung? Doch nicht für den Preis des Fischrechtes.

Sir Hugh erklärt weiter: Die Gegenpartei behauptete, der Fluß sei an der schmälsten Stelle nur acht Klafter breit und daß er auf diese Weise mindestens ebensoviel auf der unrechten Seite fische. Der Fluß sei jedoch beim Wasserfall am schmälsten, und dort sei er zwölf Klafter breit.

Haben Sie ihn gemessen? läßt Arentsen fragen.

Ja.

Und wie lang ist Ihre Angelrute?

Zwei Klafter. Hier ist sie.

Wieder konnte Levion sich hinter der Schranke nicht zurückhalten:

Ich habe den Fluß gemessen, er ist beim Wasserfall acht Klafter breit.

Ruhe!

Arentsen tut höchst erstaunt und wendet wieder ein: Aber der Fluß sinkt ja in der Sommerhitze, er ist also nur acht Klafter breit geworden.

Der Richter läßt Sir Hugh abtreten und fragt Arentsen:

Haben Sie Zeugen dafür, daß der Fluß beim Wasserfall nur acht Klafter breit ist?

Keine anderen Zeugen als den Besitzer.

Ich werde wohl meinen eigenen Wasserfall noch kennen, sagt Levion laut.

Ein Mann hinter den Schranken bittet darum, vereidigt zu werden und Zeugnis über die Breite des Flusses ablegen zu dürfen: als heuer im Frühjahr die Streitfrage anfing, hatte er auf Marelius' Aufforderung hin den Fluß gemessen: er war am Wasserfall gut dreizehn Klafter breit. Zwei andere aus der Gemeinde werden vereidigt und bezeugen das Gleiche; alle drei sind bekannte Männer der Gegend. Vor zwei Tagen hatten sie auf Aufforderung den Fluß noch einmal gemessen: Er sei um kein ganzes Klafter schmäler geworden, so daß er nun seine regelrechten zwölf Klafter habe.

Im übrigen war kein Fachmann unter ihnen, sie maßen den Fluß und sie maßen die Angelrute; aber keiner sprach davon, wie weit man mit einer zwei Klafter langen Rute auswerfen könne. Der junge Richter dachte: Sir Hugh ist nicht einmal verpflichtet, das zu bezahlen, was er angeboten hat. Er ließ aus Macks Kramladen ein Ellenmaß holen, einzig und allein deshalb, um dem Fremden aus dem Ausland zu helfen; seine Rute wurde gemessen, und sie war zwei Klafter lang.

Der Richter fragt:

Haben Sie gar keine Zeugen, Herr Rechtsanwalt Arentsen?

Nicht hierfür.

Sind sie am Tatort gewesen?

Ich habe mich auf die Angaben des Eigentümers verlassen.

Sind Sie am Tatort gewesen?

Nein.

Alles wurde aufgeschrieben; in kleinen Zwischenräumen wurde es auch verlesen und gut geheißen. Für Arentsen und dessen Partei sah es schlecht aus, sie flüstern zusammen, sie beratschlagen: dann fragt der Rechtsanwalt, ob Sir Hugh auch jetzt noch bereit sei, das zu bezahlen, was er vor der Vergleichskommission angeboten habe. In diesem Falle würde ein Vergleich zustande kommen.

Sir Hugh antwortet Nein. Jetzt wünsche er ein Urteil.

Da führt Arentsen seinen letzten Schlag aus: Sir Hugh hat doch in der letzten Zeit östlich der Flußmündung im Meer gefischt, wo man Levion allein das Eigentumsrecht zusprechen müsse.

Wieder wird Sir Hugh vorgerufen, er versteht es nicht richtig: er solle in Brackwasser gefischt haben? Sein Gesicht verzieht sich vor Verachtung vor solch gemeiner Fischerei.

Haben Sie nicht bei der Flußmündung gefischt?

Nein. Was solle er dort fischen? Dort gäbe es ja noch keinen Fisch, der Lachs stände immer noch in den Flüssen und ginge nicht vor dem Herbst nach der Laichzeit hinunter.

Ah, so große Naturkenntnisse! bemerkte Arentsen abfertigend. Aber gibt es denn im Meer nicht beständig Lachs?

Der wird jedoch nicht mit der Fliege gefischt.

Womit haben Sie dann östlich der Flußmündung gefischt?

Das wollte Sir Hugh nun erklären: er fischte mit der Grundangel. Er fischte junge Dorsche und Schellfische. Und zwar nicht vor der Flußmündung, sondern mehrere hundert Klafter weit vom Rand weg, draußen im Meer. Der Mann, der ihn jedesmal gerudert habe, sei hier; es sei der Häuslerbauer, dessen Hütte er gemietet habe. Er könne bezeugen.

Der Mann wurde vereidigt und bekräftigte alles.

Da mußte Arentsen die Vertagung der Sache beantragen.

Aber es war nicht das gleiche Thing wie früher, weitaus nicht. Wenn der Hardesvogt selbst da saß und Recht sprach, konnten sogar die Leute außerhalb der Schranke ihn um das oder jenes fragen und eine Antwort, eine Auskunft erhalten. Dieser junge Bevollmächtigte aber hatte allzugroße Angst, es könnte ihm eine Antwort herausgelockt werden, aus der Verwicklungen entstehen konnten. Der Richter ist kein Rechtsanwalt, sagte er, der Richter muß Urteil sprechen; wenden Sie sich an den Rechtsanwalt, dann bekommen Sie Bescheid.

Kein Mensch hatte für diesen neumodischen Hardesvogt etwas übrig, die Leute verließen den Thingsaal und versammelten sich unten bei Macks Branntweinausschank, nur die, die dazu genötigt waren, blieben zurück. Als daher der Pfandbrief von einem der Schreiber verlesen wurde, waren nur noch einige wenige Männer da, die es hörten. Was sie erfuhren war auch keine Neuigkeit: daß Benoni Hartvigsen bei Ferdinand Mack auf Sirilund fünftausend Taler gegen einen Revers eingesetzt hatte, hatte Benoni selbst keineswegs geheim gehalten, es war allen bekannt. Es war ja nichts anderes, als wenn andere Menschen ihre wenigen Taler einsetzten, nur daß Benonis Summe so gewaltig war, ah, solch ein Reichtum!

Als das Thing endlich ein Ende nahm, war der junge Richter müde und hungrig; aber er war dem Rechtsanwalt Arentsen um seines unfeierlichen städtischen Tones willen so wenig freundlich gesinnt, und er fand die ganze Art, wie er die Sache gegen Hugh Trevelyan führte, so locker und leichtsinnig, daß er am liebsten sofort das Urteil mit Freisprechung verkündet hätte. Und die Klage gegen Marelius in Torpelviken wegen verkauften Fischrechtes auf eines Anderen Grund und Boden hätte ganz fortfallen können.

Nikolai Arentsen sagte zu seiner Partei:

Ich habe vor, selbst mir Ort und Stelle anzusehen und Zeugen einzuberufen. Im übrigen: es gibt nur ein Gericht in Norwegen, dessen Entscheidungen unwiderruflich sind, und das ist nicht dieses hier.

Er ging zu Mack hinunter, um Rosa zu treffen. Er hatte auf diesem Thing keineswegs verloren und brauchte sich also über nichts zu grämen. Da ging er auch mit dem sicheren zuverlässigen Schritt, den er sich zugelegt hatte, seit der Zulauf so groß geworden war und er Geld wie Heu verdiente.

Rosa trug eine Latzschürze und schämte sich deshalb. Geh einstweilen in die Kleinstube, ich komme sofort, sagte sie.

Sie folgte ihm auch gleich auf den Fersen und sagte:

Ich habe nicht viel Zeit. Geht es dir gut? Ist das Thing zu Ende? Wie ist es dir dabei ergangen?

Es ist mir natürlich ausgezeichnet gegangen. Ich bin das Gesetz.

Schade, daß ich keine Zeit hatte, hinüberzugehen und dich zu hören!

Oh, wie Rosa aus Liebe zu diesem Mann lügen konnte! Sie hatte aufgepaßt und ihn im Thingsaal gehört und gesehen, als seine große Sache mit Sir Hugh an der Reihe war. Und es hatte ihr so weh getan, daß dieser junge Hardesvogtbevollmächtigte zweimal hintereinander so impertinent fragen durfte: Sind Sie am Tatort gewesen? Sind Sie am Tatort gewesen? Da hatte sie sich mit schlimmen Ahnungen wieder aus dem Saal geschlichen. Gott sei Dank, es bedeutete anscheinend nichts. Nikolai würde wohl alle Prozesse gewinnen.

Du erinnerst dich wohl des Datums? sagte sie.

Welchen Datums?

Des Hochzeittages. Was ich sagen wollte: Du?

Na?

Wir wollen zur Kirche reiten.

Soso.

Doch, wir wollen zur Kirche reiten. Also, denkst du an das Datum? Am zwölften Juni. Es ist nicht mehr lange bis dorthin.

Am zwölften Juni, wiederholte er. Ich werde dafür sorgen, daß man mich rechtzeitig weckt.

Was du alles schwätzt, sagte sie und lachte nachsichtig.

Er fragte:

Am zwölften Juni? Aber muß das nicht verkündet werden?

Es ist verkündet, antwortete sie. Papa tat es daheim und der Kaplan hier. Dreimal.

Na, gut, daß du es besorgt hast. Ich habe so viel Arbeit.

Du Ärmster! aber dann verdienst du ja viel Geld?

Wie Heu, antwortete er  ...

Tags darauf kehrte Sir Hugh wieder zu seiner Hütte und seinem Fischfang zurück. Er nahm den Weg an Benonis Häusern vorbei und ging den Klippen entlang bis ganz hinaus zum Gemeindewald; dann und wann beugte er sich hinab und schlug einen kleinen Stein ab, den er in die Tasche steckte.


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