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Endlich hatten Wächter Svend und Ellen, das Stubenmädchen, geheiratet. Sie wohnten in der gleichen Kammer, in der Fredrik Mensa lag und niemals starb. Und Ellen hatte wirklich ihren Burschen so gern, sie wünschte mehr als einmal laut, daß es doch mit ihrem Zimmermädchendienst vorbei sein möchte! Aber sie mußte ja dem neuen Mädchen noch eine Zeitlang helfen. So oft sie nun ins Hauptgebäude hinüberging, umarmte sie ihren Mann mit großer Treue.
Nun kam die Zeit, in der die Leute wieder im Gemeindewald zu schlagen und zu hausen anfingen. Benoni verließ seine Stube und trieb sich dort herum, wo die Holzfäller waren, er wollte doch sehen, daß sie nicht seine neue Grenze überschritten und den Niederwald auf den Klippen schlugen. Es war ihm nicht unlieb, sich als Besitzer dieser großen Strecken sehen lassen zu können.
Aber die Leute fällten nur große Bäume und wußten schon selbst, daß sie keine Zeit daran verschwenden wollten, Benonis Büsche umzuhacken. Er hatte keine Gelegenheit, auf Herrenart aufzutreten und zu sagen: hier geht die Grenze, der Wald auf dieser Seite gehört mir! Die Leute sahen auf, sahen, daß es nur Benoni war und blickten dann wieder auf ihre Arbeit nieder. Oh, wie fühlte er, daß sie ihn wegen des Kaufes dieser Felsen geringschätzten!
Da wurde er still und ging demütig von einer Holzfällergruppe zur anderen und sagte wohl:
Gesegnete Arbeit!
Danke, hier gibt es nichts mehr zu segnen. Es ist kein Wald mehr da.
Sie reden eine Weile darüber. Benoni fängt davon an, daß er Arbeitsleute brauche, um seinen Trockenplatz zu säubern, jetzt sei die Zeit dazu.
Aber keiner wollte daran, sie fürchteten wohl, sie könnten von einem so verarmten Mann ihren Tagelohn nicht bekommen.
Was er mit dem Trockenplatz vorhabe? fragten sie.
Benoni antwortete, er habe im Sinn, Fische für den Winter zu kaufen.
Das glaubte ihm keiner. Er hatte doch keine Fahrzeuge.
Ich werde mir eine kleine Jacht kaufen, sagte Benoni.
Da lachten die Leute untereinander darüber, daß Benoni eine Jacht kaufen wolle.
Und niemand nannte ihn Hartvigsen.
Während er so dastand, kamen zwei Fremde in karierten Anzügen durch den Gemeindewald, es war Sir Hugh Trevelyan mit einem anderen Herrn. Sie hatten einen Mann aus der Ortschaft als Träger dabei.
Benoni grüßte, und die Leute ringsum grüßten; aber die beiden Briten dankten nicht. Sie gingen nur vorbei, sagten dies und jenes zueinander und schlugen kleine Steinsplitter aus den Felsen; Sir Hughs Blicke waren ganz starr vor Berauschtheit. Bald darauf war die Gesellschaft vorübergegangen.
Jetzt bekommt Marelius in Torpelviken wieder Geld für seinen Lachs, sagten die Leute.
Und die Tochter Edvarda den Vater zu ihrem Kind.
Jaja, da wird es wohl nicht nur Kleingeld geben. Hoho, der Marelius hat ein Glück, daß er dieses Mädchen besaß.
Als Benoni wieder heimwärts gehen wollte, riefen ihm ein paar Leute nach, jaja, Benoni, wenn sie ihren Tagelohn bei Mack erheben könnten, wollten sie ihm die Klippen säubern.
Den Tagelohn? sagte Benoni tief verletzt. Sollte denn Mack auf Sirilund besser sein als ich? Ich habe doch fünftausend Taler bei diesem Mack stehen.
Ja, die kriegst du nie wieder, wurde ihm geantwortet.
Und doch besaß Mack das große Vertrauen bei den Menschen, und Benoni nicht ...
Eines Tages kam ein Bote zu Benoni, daß Sir Hugh Trevelyan mit ihm sprechen wolle. Und es war Marelius in Torpelviken, der mit dieser Botschaft kam.
Was will er von mir? fragte Benoni.
Das weiß ich nicht.
Sage ihm, daß Benoni Hartvigsen hier in seinem Haus zu treffen ist.
Marelius versuchte Einwände zu machen, Benoni aber antwortete:
Frage ihn, ob er auch Mack auf Sirilund eine solche Botschaft geschickt hätte. Er mag sich merken, daß ich mich nicht für geringer halte.
Benoni war gerade heute arg gereizt worden von diesem erbärmlichen Ladengehilfen Steen, der ihn an seine Schulden erinnert hatte.
Ja, und? fragte Benoni, schuldet der Mack mir nicht fünftausend Taler?
Davon weiß ich nichts, antwortet Steen. Aber auf jeden Fall ist das eine andere Abrechnung. Dein Mädchen hat den ganzen Winter und Frühling hindurch Waren bei uns bekommen; das macht nun schließlich eine ganze Summe aus.
Zum Teufel, was geht dich das an? fragte Benoni wütend. Du junger Hund. Du mageres Blaulicht. Ich hätte gute Lust, dir die Hosen herunterzuziehen und dich überzulegen.
Da wagte Steen nicht mehr, es weiter zu treiben, zahm geworden, murmelte er:
Ich sage es ja nur, sage es nur der Ordnung halber. Ich werde alles aufschreiben, was verlangt wird, mir ist es ja gleich, für wen ich aufschreibe. Für Mack ist es am schlimmsten.
Hat Mack etwas von meinen Schulden gesagt? dann wäre es besser gewesen, er hätte geschwiegen, denn der Klippfisch draußen auf den Felsen ist nicht Macks Klippfisch, sondern ist mein Klippfisch.
Das kannst du alles besser Mack selbst sagen, meinte Steen und holte Mack aus dem Kontor.
Benoni wurde sofort stiller und erwähnte nichts mehr von dem Klippfisch.
Wünschest du mit mir zu sprechen? fragte Mack.
Nein, der Steen steht nur hier und ... Ja, es ist wegen meines Schuldkontos im Laden, das kann wohl bis zum Herbst stehen bleiben?
Ja, antwortete Mack, ich fordere es nicht ein.
Benoni wandte sich zu Steen um und triumphierte:
Da hörst du's!
Ich sprach nur eben davon, antwortete Steen. Deswegen braucht man doch nicht so aufgebracht zu sein.
War es sonst noch etwas? fragt Mack.
Nein. Hm. Nicht, daß ich wüßte.
Mack, der stolze Herr, wünschte nicht, sich in die Wortgefechte seiner Ladengehilfen mit den Kunden einzumischen, er drehte sich um und ging ins Kontor zurück ...
Eine Woche später ging Benoni allein in seinen Schuppen und sah sich nach Netz und Booten um. Er war zur Untätigkeit verurteilt. Die ganze Woche hindurch hatte er sich bemüht, um sich Mannschaft zu einer neuen Fischfangreise zusammenzusuchen; aber die guten Gemeindebewohner hatten keinen Glauben mehr an sein Glück und wollten nicht hinaus. Nur Wächter Svend hatte sich sofort Macks Erlaubnis eingeholt. Es war jetzt Sommer, auf ganz Sirilund brauchte man kein Holz, außer für den Herd, und Wächter Svend wollte mit, obwohl er jung verheiratet war, ja, vielleicht weil er verheiratet war.
Benoni blieb unter der Türe des Schuppens stehen und sah nach den Klippfischfelsen hinaus, wo es von Leuten unter dem Kommando Arn Törkers wimmelte. War denn unter diesen sechzig Menschen da draußen keine Mannschaft für den Fischfang aufzutreiben? Es waren jetzt seit einiger Zeit gute warme Tage gewesen, der Fisch mußte bald zur Verfrachtung fertig sein. Benoni schließt die Schuppentür und geht zu den Klippen hinaus; es konnte nicht so ohne sein, einmal nach seinem eigenen Fisch zu sehen.
Es ist stilles, warmes Wetter, die Möwen schimmern in der Sonne; wenn sie fliegen, sehen sie aus wie eine Menge langsam auf- und zuklappender Silberscheren in der Luft.
Benoni fürchtet Arn Törker durch seinen Besuch zu beleidigen, er fängt es deshalb vorsichtig an und sagt: Gesegnete Arbeit! Jetzt geht das Trocknen gut.
Man kann nicht klagen, antwortet Arn Törker und macht sich etwas zu schaffen.
Benoni hebt einen Fisch auf, legt ihn wieder hin, nimmt einen anderen, wägt Fisch auf Fisch in der Hand; es konnte unmöglich etwas Beleidigendes darin liegen. Dann sagt er:
Es sieht ja so aus, als wäre alles bald trocken. Oder was meinst du?
Was ich meine? Das verstehst du ja wohl viel besser als ich, murmelt Arn Törker und geht weg.
Da geht Benoni auf eigene Faust umher und untersucht seinen eigenen Fisch. Er richtet die zusammengedrückten Rückenflossen auf und sieht nach, ob die Falte trocken ist; ebenso macht er es mit den Bauchflossen, obgleich das nicht so wichtig ist. Endlich krümmt er den ganzen Fisch zu einem Bogen zusammen und prüft, ob er federt. Noch einige trockene Tage, dann wird das ja eine schöne Last, sagt er. Keine Antwort von den Leuten. Benoni kommt zu seinem eigentlichen Anerbieten und spricht vom Fischfang; wer wollte mitgehen? Von keinem Mann bekommt er ein Ja. Da stand nun Benoni Hartvigsen wie ein Bittsteller unter den Leuten und bekam nichts als Absagen: Wir wollen lieber einen kleinen sicheren Verdienst hier auf den Klippen haben, als mit dem Großnetz ausfahren, sagten sie. Aber was das betrifft, so ist der Fisch ja bald trocken und der Verdienst zu Ende, wandte Benoni ein. Ja, das verstehst du ja wohl viel besser als Arn Törker, sagten sie.
Als Benoni heimkam, wartete seiner ein hoher Besuch: die beiden karierten Engländer standen mit noch zwei Männern da und warteten auf ihn. Marelius in Torpelviken führte das Wort: Sir Hugh und der andere Engländer seien in einer bestimmten Angelegenheit gekommen.
Was wollen die Leute von mir? fragte Benoni.
Diesmal wußte Marelius ein wenig mehr: Sir Hugh habe heuer diesen Herrn aus England mitgebracht, er sei steinkundig. Sie seien nun mehrere Tage hier umhergestreift und hätten in Benonis Felsen gebohrt und sie ausgezeichnet, sie wollten vielleicht etwas davon kaufen.
Benoni glaubte, es handle sich um eine Kleinigkeit, ein Strandrecht, ein paar Taler, er sagte:
Ja, wenn jetzt nur der Benoni und ich es ihnen verkaufen.
Wollt Ihr es ihnen nicht verkaufen?
Nein. Ich habe es nicht nötig.
Anstatt stumm und vollkommen betäubt über Benonis stolze Worte zu sein, setzte Marelius sich auf einen Stein.
Es könnte ja sein, daß Sir Hugh einen Haufen Geld für die Felsen bezahlen würde, sagte er.
Und weiter?
Das Gespräch ging eine lange Weile hin und her; Benoni war ständig auf der Hut, etwas zu sagen, aus dem jemand schließen könnte, er sei gezwungen, ein paar Klafter Strandrecht zu verkaufen. Währenddessen standen die beiden Engländer für sich allein und taten, als sei kein Benoni anwesend, sie sprachen ganz leise miteinander und deuteten ab und zu in ihre Kartenblätter. Aber trotzdem Sir Hugh schwer geladen und versoffene Augen hatte, sprach der Steinkundige doch mit großer Ehrerbietung zu ihm, so daß also dieser Sir Hugh ein mächtiger Mann sein mußte. Er tat als verstünde er nicht norwegisch, außer von Marelius in Torpelviken, so mußte alles durch ihn gehen. Demütig wie ein Sklave trat Marelius da zu ihm hin und meldete, daß Benoni nicht verkaufen wolle.
Es war, als stünde ein guter Engel an Benonis Seite und legte ihm die Worte in den Mund. Seine strikte Abweisung übte ihre Wirkung auf den Engländer aus. Störrisch bis zur Unüberwindlichkeit hatte Sir Hugh sich in den Kopf gesetzt, daß er und kein anderer diese reichen Felsen auf einer Fischfangreise nach Nordland in Norwegen entdeckt habe, und jetzt wollte er sie kaufen. Deshalb hatte er einen Geologen mitgebracht, der sie untersuchen sollte. Zwar hatten die Felsen seit dem vorigen Jahr, als Aron in Hopan sie vielleicht noch für eine Kleinigkeit hergegeben hätte, den Besitzer gewechselt; aber das spielte im großen ganzen wohl keine große Rolle. Benoni würde sie wohl auch verkaufen. Und die Felsen wollte Sir Hugh für einen kleinen Buben kaufen, den das Mädchen Edvarda bekommen hatte, während er fort war. O dieser kleine Junge, ein Wunder, ein wahres Mirakel! Sir Hugh maß ihn und wog ihn; betrunken und hysterisch ging der vergnügte Vater umher und verkündete die Herrlichkeit seines Kindes. Auf seinen Briefen stand Sir und Hon, das aber war nichts gegen die Tatsache, Vater eines solchen Wunders zu sein. Du trägst ihn die ganze Zeit, sagte er zur Mutter, darf ich ihn nicht auch ein wenig tragen! In seiner Überspanntheit brachte Sir Hugh das Kind in Verbindung mit den Minen, die er und kein anderer entdeckt hatte, und er wollte diese Reichtümer auf seinen Sohn übertragen. Er vertraute sich dem Geologen an: Wie reich mein Sohn einmal werden wird! sagte er, ich werde jedes Jahr kommen und sehen, wie er immer reicher und reicher wird; die Felsen liegen einfach da und steigen im Wert! Der Geologe sprach verständiger von der Sache; die Proben, die er untersucht habe, seien vielversprechend, aber er müsse erst einmal einen Rundgang über das ganze große Feld gemacht haben.
Und jetzt war der Rundgang beendet; der Geologe zweifelte nicht länger mehr daran, daß man hier vor großen Reichtümern stehe ...
Endlich fragte Marelius in Sir Hughs Namen, wieviel Benoni für die Felsen haben wolle.
Ich kaufe für den Winter Fische und brauche meine Felsen, sagte Benoni. Wenn er aber nur einige Klafter Strandrecht wünscht, so will ich sie ihm schenken. So ungefällig bin ich nicht.
Aber Sir Hugh will alle Klippen kaufen, die ganze Viertelmeile.
Fünftausend Taler, sagte Marelius.
Benoni fühlte vor Erstaunen ein Rieseln durch seinen Körper gleiten, er blickte von einem zum andern und fragte schließlich Sir Hugh selbst, ob dies sein Angebot sei.
Sir Hugh nickte. Im übrigen schien er mit einem so außerhalb der Sache stehenden Mann wie Benoni keine Unterhaltung haben zu wollen; Sir Hugh wandte sich von ihm ab.
Benoni, dieser ehemalige Spürhund und Draufgänger, begriff auf der Stelle, daß es hier Ernst sei. So hatte der Professor in Kristiania also doch wohl recht damit gehabt, daß hier Bleierz und Silber in großen Mengen vorhanden sei. Fünftausend Taler.
Ich werde es mir überlegen, sagte Benoni.
Was wollt Ihr Euch überlegen? fragt Marelius, sich wichtig machend, und tritt eigenmächtig auf.
Benoni antwortet ebenso geradeaus:
Darum brauchst du dich nicht zu kümmern, Marelius. Ich habe das Schreiben des Professors in Kristiania über das, was in meinen Felsen steckt.
Was für ein Professor in Kristiania? ruft plötzlich Sir Hugh, bleich vor Kränkung. it is ich, der gefunden hat die Felsen ... Er mißt Benoni von der Seite vom Kopf bis zum Fuße.
Na, jaja, antwortete Benoni nachgiebig, das ist schon möglich. Darüber will ich nicht streiten. Aber die Klippen gehören mir.
Benoni bekam Bedenkzeit bis zur Ankunft des nächsten Postschiffes. Mit dem sollte der Rechtsanwalt aus der Stadt kommen.