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den 6ten October 1807
Lieber Sohn!
Dein Brief der so ahnmuthig – lieblich und Hertzerquickend war machte mich froh und frölig! Da nahm ich nun sogleich die wohlgeschnitte Feder zu Hand und schriebe das was jetzt folgt. Spaa wasser kanst du haben; so viel du haben wilst – und so lang du es vor gut findest – die Adreße ist: An Frau Räthin Goethe – so offte du es also nöthig hast, so laße es michs wißen – es versteht sich daß du immer schreibst wenn du noch einen Vorath im Keller hast – denn man hat die Fuhrleute nicht immer gleich bey der Hand – an dem Wasser selbst fehlt es nie, Sommer und Winter ist es zu haben, es kommt schon gepackt aus Spaa wird nur wenn es verschickt wird verpicht – die größten Kisten halten 50 – die kleinsten 30 Bouteillien – es wird weit und breit verschickt. Nun hast du eine deutliche Beschreibung des dir so wohlthuenden Wassers. Gott! Seegne ferner den Gebrauch an dir und andern. Daß das überschickte Kleid noch zu so einem guten Endzweck gebraucht werden soll freut mich sehr. Fast täglich hat meine Lisse mit den herrlichen Spitzen noch einen Festtag – wer zu mir kommt muß sie sehen, am Freytag waren Stocks auf einen Thee und Rapuse Spielgen bey mir da kammen denn die Spitzen nathtürlich auch zum Vorschein, wurden bewundert – gelobt – und wer war glücklicher als Lisse! Herr Städel hat auch mit großem Jubel von dir gesprochen – und wird nicht müde das Carls baad zu loben – es hat Ihm aber auch gute Dinste gethan. Diese Meße war reich an – Profeßsoren!!! Da nun ein großer theil deines Ruhmes und Rufens auf mich zurück fält, und die Menschen sich einbilden ich hätte was zu dem großen Talendt beygetragen; so kommen sie denn um mich zu beschauen – da stelle ich denn mein Licht nicht unter den Scheffel sondern auf den Leuchter versichre zwar die Menschen daß ich zu dem was dich zum großen Mann und Tichter gemacht hat nicht das aller mindeste beygetragen hätte |: denn das Lob das mir nicht gebühret nehme ich nie an:| zudem weiß ich ja gar wohl wem das Lob und der Danck gebührt, denn zu deiner Bildung in Mutterleibe da alles schon im Keim in dich gelegt wurde dazu habe ich warlich nichts gethan – Villeicht ein Gran Hirn mehr oder weniger und du wärstes ein gantz ordinerer Mensch geworden und wo nichts drinnen ist da kan nichts raus kommen – da erziehe du das können alle Pilantopine in gantz Europia nicht geben – gute brauchbahre Menschen ja das laße ich gelten hir ist aber die Rede vom auserordendtlichen. Da hast du nun meine Liebe Frau Aja mit Fug und Recht Gott die Ehre gegeben wie das recht und billig ist, jetzt zu meinem Licht das auf dem Leuchter steht und denen Profeßern lieblich in die Augen scheint. Meine Gabe die mir Gott gegeben hat ist eine lebendige Darstellung aller Dinge die in mein Wißen einschlagen, großes und kleines, Wahrheit und Mährgen u. s. w. so wie ich in einen Circul komme wird alles heiter und froh weil ich erzähle. Also erzählte ich den Profeßsoren und Sie gingen und gehen vergnügt weg – das ist das gantze Kunstück. Doch noch eins gehört dazu – ich mache immer ein freundlich Gesicht, das vergnügt die Leute und kostest kein Geld: sagte der Seelige Merck. Auf den Blocksberg verlange ich sehr – dieser Ausdruck war nichts nutz – man könte glauben ich wartete mit Schmertzen auf den 1ten May – also auf die Beschreibung deines Blocksberg warte ich; so wars beßer gesagt. Alle Freunde sollen gegrüßt werden. Obst die Hüll und die Füll, mein kleines Gärtgen hat reichlich getragen – zum Eßen wars zu viel zum Verkaufen zu wenig – da habe ich denn brav in Bouteillien eingemacht – Ich und Liesse Eßen daß uns die Backen'weh thun.
Die kleine Brand hat ein gutes Angagement in Cassel erhalten. Mit unserm Theater gehts auch gut – in der Meße hatte es gute Einnahme, das ewige Regenwetter halfe mit dazu, die Frembten wußten sonst keinen Ausweg – das ist doch wieder ein gantz manierlicher Brief – Vor heute aber genung – Ich erwarte also Order wenn ich das Spaa wasser schicken soll. Meine Liebe Tochter – den Lieben Augst grüße hertzlich von
Eurer treuen Mutter u Großmutter Goethe.