Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band II
Katharina Elisabetha Goethe

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302. An Goethe.

den 8ten December 1800 Lieber Sohn!

Künftigen Freytag als den 12ten December schicke ich mit dem Postwagen ein ambalirtes Kistgen, es enthält das Christkindlein vor meine Liebe Tochter und den Lieben Augst – die Ursach warum ich dir dieses zum voraus melde – wirst du leicht einsehen – damit es vorher niemand zu sehen bekommt – und die Freude desto größer ist – den Confect schicke 8 Tage nachher, so gut und schön er zu haben ist – wünsche daß alles wohlbehalten anlangen, und Vergnügen erwecken möge.

Mann hat mir gesagt, daß herrliche Anstalten bey Euch gemacht werden um das neue Jahrhundert mit Freude und Würde zu empfangen, und zu begrüßen – Gott! Laße es Euch allen gesegnet seyn. Trettet mit frohem Jubel hinein, und vorzüglich dancket Gott! Der das liebe Sachsen von der Kriegs-geisel noch unberührt gelaßen hat. Wir sind es |: das weiß Gott :| müde und satt! Contiputionen – Requisitionen Einquartirung – Durchmärsche u.s.w. Ich habe Gott sey Lob und Danck! immer noch guten Muth – habe was die Einquartirung anbelangt – beynahe gar keine Last – wenn die Stadt, und also auch das Hauß wo ich wohne nicht mit Truppen überhäuft ist, so nimt mein Hauß wirt meine und der übrigen Einwohner, um ein sehr billiges kostgeld sie zu den seinen – das ist denn vor mich eine große Erleichterung. Jetzt genung von dem leidigen Kriegsgethümel punetum. Künftige Ostern geht dem verstorbenen Schöff Schlosser sein Sohn nach Jena um Medicin zu studiren – und freut sich hoch auf Jena aber nicht weniger auf Weimar – Seine Mutter und die gantze Freundschaft empfehlen Ihn dir auf beste – auch den guten Georg Jacobi vergiß nicht in seinen Allmanach 1802 etwas von dir Ihm zuzustellen, Er freut sich wie ein Kind darauf. Diesen Winter habe ich alle Mittwoch eine sehr angenehme Unterhaltung – die uns die großen Tichter gewähren – ich bitte dich sage Schillern etwas davon villeicht macht es Ihm einen guten Augenblick. Wir kommen um 5 Uhr Abens bey Frau von Schwartzkopf zusammen – setzen uns um einen runden Tisch und dramatisiren wie folgt – Wallensteins Tod! Wallenstein, Herr von Forme – seine gattin, Freulein Jenny von Bethmann – Octavio Picolomine Herr Schauspieler Prand – sein Sohn Max, Herr von Schwartzkopf – Teckla, Frau von Holtzhaußen, Buttler, Heintze – Graf Terckki, Frau Aja – seine Gattin Frau von Schwartzkopf – Isolani – Herr von Henckel u.s.w. Da wir nicht so viele Persohnen haben – so hat eins mehrere Rollen z. E. Ich habe noch den Seni und den Westhaußen – das amusirt uns nun Königlich – Künftigen Mittwoch wird Tasso von dir geleßen – dann Iphigeni – dann Nathan der Weiße – Don Carlos – die meisten declamiren daß es eine Art und Schick hat – jedes freut sich auf den Mittwoch. Fält mir noch ehe dieses fort geht etwas ein das des Schreibens werth ist; so solst du es wißen, wo nicht – so sage ich nur noch: Gott segne dich und dein gantzes Hauß, erhalte Euch alle mir – laße das neue Seculum mit Tausenfachen Seegen über Euch kommen diß ist das Morgen und Abend Gebeth

Eurer Euch Liebenden Mutter und Großmutter C. E. Goethe.

N. S. Daß du meine Liebe Tochter und den Lieben Aug hertzlich von mir Küßen und grüßen solst das versteht sich am Rande.


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