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den 7ten May 1798.
Liebe Freundin!
Meinen besten Danck vor Ihren lieben letzen Brief, ich erkenne es wie ich soll daß Sie mir |: seye es dictirt oder selbst geschrieben :| so angenehme Neuigkeiten von Weimar haben zukommen laßen – Nachrichten von dort her sind die einzigen die mich intereßiren, die mich froh und glücklich machen – Haben Sie auch in Zukunft die Güte mich von Zeit zu Zeit von Ihrer aller Wohlbefinden zu unterrichten – und jede gute Zeitung wird vor die Mutter und Großmutter ein Festtag seyn. Auch vor die überschickten Bücher dancke – und wenn ferner in diesem artickel was vorkomt; so dencken Sie gefälligst an mich. Ich glaube gern daß Iflands Gegenwart gantz Weimar froh macht – vor 13 Jahren da Er noch in Mannheim war hatten wir öfferts das Vergnügen Ihn hir zu sehen – das letzte mahl sahe ich Ihn vor 8 Jahren in der Krönung – als Hoffrath in den Hagenstoltzen – Er ist ein großer Mann das streittet Ihm niemand ab – Seine Heyrath bestättig das Sprichwort: alte Liebe rostest nicht – es war eine lange lange Liebschaft. Die Rariteten die wir die Meße hir hatten – schreibe ich an den Lieben Augst der mir so eine schöne Beschreibung von Verfertigung des Papiers gemacht hat. Unser Theater hat auch einige sehr gute Aquisitionen gemacht – Stadler – Otto und Werdi – können jedem Theater Ehre machen – auch Madam Reinhart von Hamburg die sehr schön ist und vortreflich spielt. Sie haben so viele Geschäfte Liebes Weibgen – so was ist nun grade mein Casus nicht – daher sind die Monathe May und Juni meine fatalsten im gantzen Jahr – da wird vor das gantze Jahr Butter eingemacht – da komt vor das gantze Jahr Holtz – da koche ich meine Molcken – da wird die große Wasche besorgt u.d.g. Die Frau Rath kommt da aus ihrem gerick und geschick – kan nicht ordentlich Leßen – Clavir spielen – Spitzen klöpplen – und ist Seelenfroh wenn alles wieder den alten Gang geht – wenn ich aber so einen Lieben Brief aus Weimar bekomme – dann geht alles flinck von statten – und ich fühle mich immer um 10 Jahre jünger – Jetzt wißen Sie das mittel mich zu verjüngen – geben Sie mir zuweilen solche Lebens-tropfen und ich Tantze noch den Ehren tantz auf Augsts Hochzeit. Jetzt muß ich noch an Augst schreiben – Leben Sie wohl! Grüßen meinen Lieben Sohn recht hertzlich – und behalten lieb
Ihre
wahre Freundin u treue Mutter
Goethe.