Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band II
Katharina Elisabetha Goethe

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267. An Goethe.

den 23ten December 1797

Lieber Sohn!

Ich habe mit Vergnügen vernommen daß der Kasten glücklich angekommen – und daß das Christkindlein dir wohlgefallen hat – Jetzt zur Beantwortung deiner Fragen. Der Gemahl der Demoisell Sarascin heist Leutnant von Waldenfels – das Regiment Lanckens ehedeßen Anspach. Lodoiska hat hir kein Glück gemacht – mein gulden vor abonnemend Suspendi hat mich sehr geschmertzt – die Musick |: sagen Kenner :| soll sehr schön seyn – vor unser Publicum war es keine Speiße – an den Decoracionen war auch nichts besonders – wir haben außer dem vortreflichen Italienischen Mahler noch einen |: der aber jetzt nicht mehr da ist :| der wolte auch sein Kunstück machen – es war ein Wald und im Hindergrund das Schloß des Tyrannen – das aber auf die Decorationen der Palmire gar nicht schmecken wolte – die andern waren unsere schon offte gesehne – ein Zimer u. d. g. – außer der Lodoiska und dem Tyrannen |:ich weiß seinen Nahmen nicht mehr:| die sehr schön waren – Sie von blauem atlas reich mit Peltz verbremt – Er gelb und rothen atlas so wie ein Pohle oder deß gleichen – die andern die rußische Kleider – die in den Strelitzen paradiren – überhaubt da ich es dem Himel sey Danck nur einmahl gesehen und vor Langerweile bald fortgegangen wäre; so erinnre ich mich weiter nichts als was ich oben gesagt habe – zudem ist es ein virtheljahr daß die Sache vorgefallen ist – und wir haben in der Zeit so viel und mancherley gesehen und gehört daß die arme Lodoiska gantz verwischt ist und ihrer nicht mehr gedacht wird – Es ist allerdings wahr daß Demoiselle Woraleck |: jetzt Madam Canabich :| durch das Feuerwerck das am Ende abgebrandt wurde sehr beschädigt worden ist – allein Sie war schuld dran – bey belagerung des Schloßes soll Sie oben auf dem Thurm seyn – Sie stand aber unten zwischen den Culißen – ein Schwärmer fuhr ihr ins Gesicht und das Pulver verbrante ihr Anglitz und Haare, zum Glück machte Sie in dem Schrecken die Augen fest zu sonst hätte Sie das Gesicht verliehren können – 3 biß 4 Wochen daurete es biß Sie geheilt und wir Sie wieder sahn – das geschah in der 2ten Vorstellung – wo ich nicht zugegen war – da die Sache nun nicht behagte, und dieser Zufall dazu kam, so wird dieses |: vor mich :| so langweilige Stück nicht wieder aufleben. Somit hätte ich denn deine Fragen so pünctlich wie möglich beantwortet. Wir haben einige herrliche Theater aquisionen gemacht – nehmlich den großen Baßist Mauerer der in Winn so viel aufsehn gemacht hat und zwar mit allem Recht – Er ist 19 Jahr alt – schön von Gestalt – und einen Baß wie wir noch keinen gehört haben – als Sarastro war des Bravo rufen kein Ende – ferner einen Herrn Stadler der Väter rollen spielt – außer Ifland haben wir auch noch nicht seines gleichen gesehen – wenn er auf dem Zettel steht – lauft alles ins Schauspiel aber es ist auch der Mühe werth – weiter eine Madam Gromes – Herrn Blum – Demoiselle Spitzeder alle 3 zur Oper – auch alle sehr brauchbahr – es werden noch so viele erwartet, daß wir biß Ostern noch manches Debütt zu sehen bekommen werden. Das wäre nun alles gantz lustig anzuschauen wenn wir nur einmahl wüsten was es um uns herum werden solte – das lincke Reinufer scheint verlohren zu seyn – das macht denn doch diesem und jenem Kopfweh – müßens eben holter abwarten – das Grämen vor der Zeit halte ich vor ein sehr unnützes Geschäfte. Ich hoffe daß du und deine Lieben Hauß-geister sich wohl befinden werden meine Persohn ist Gott sey Danck wohl und vergnügt – und sehe heute die Palmire – Wünsche Euch alle gute liebliche Feyertage und ein frohes neues Jahr – und hoffe auf dein Versprechen dich bald wieder in dem kleinen Stübgen zu sehn – Grüße deine Lieben – auch Schiller – Böttiger – auch bey Gelegenheit Gevatter Wieland – Herder – Bertuch – Krauße und alles in Weimar was mich kent – und nicht vergeßen hat! Lebe wohl! dießes wünscht

deine treue Mutter Goethe.


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