Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band II
Katharina Elisabetha Goethe

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347. An Goethe.

den 20ten Juli 1804

Lieber Sohn!

Vielen und schönen Danck vor deine Lieben Briefe, jetzt wird mein Haußfreund schmuntzlen wenn Er so etwas vorgeleßen bekömt – denn in Weimar geweßen |: besonders ist die Rede von einem Franckfurther :| und Goethe nicht gesehen haben – wird nicht partonirt – also sey nochmahls bedanckt. Ehe ich an Demoiselle Böttiger ihre Carackteristick kome; so muß ich eines herrlichen Abens erwähnen den ich und unsere Franckfurther dir zu dancken haben – Es war der 14te Julius – in 20 Jahren hatte man ihn nicht gesehen – und da paßte das auf dem Zettel zum erstenmahl mit Fug und recht – könte ich dir nur recht lebendig darstellen wie vortreflich alles ging, wie die Schauspieler es wie ihr eigen kind behandelten so recht mit Lust und Liebe es ausführten – wie eine Stille in dem großen – voll Menschen voll gepropften Hauße war – mann hätte eine Stecknadel fallen hören – wie nur zuweilen wenn es die Menschen zu sehr angrief – ein einstimiges ablautiren und bravo rufen entstand z.E. wie Beaumarschais die neue untreue von Calvigo erfährt – wie Carlos Calvigo auf neue zur untreue beredet – beßer größer kan diß Trauer spiel schwerlich auf welchem Theater es seyn mag gegeben werden – Herr von Meyer ist gantz entzückt daß das pupplicum Geschmack am großen und schönen gewindt. Jetzt von Demoiselle Böttiger – Wenn Sie Sich bey Eurem Theater auf das Rollenfach der Frau Roße – in Armuth und Edelsinn – Jungfer Schmalheim in der Aussteuer – als Haußhälterin im großen looß u.d.g. Carackter und Carikatur sich verbindlich macht; so kan Sie zumahl wenn Ihr noch hie und da aufgeholfen wird in die Fußstappen Ihrer Mutter tretten und in diesem Fach viel leisten – Aber solte Sie der Einbildunng Teufel treiben, wie es Ihr unglücklicher weiße schon begegnet ist daß Sie Liebhabrinnen – im Trauer – Lust – und Schauspiel vorstellen will; so laße dich nicht ein – erbärmlicher läßt sich nicht dencken – auch Singen will Sie können – es ist eben so jämmerlich. In dem Verhältnüß wo Sie bey uns war, war das wieder gantz etwas anders – Ihre Mutter war 20 Jahr bey uns – der Mutter zu Liebe bekame Sie verschiedne Rollen von jungen Liebhaberinnen – nur die art von Respeckt die mann gegen die Mutter hatte verhinderte das Auspfeifen – die Mutter starbe – Sie redete den von Meyer an Ihr die Rolle von Ihrer Mutter die Jungfer Schmalheim zu geben – Meyer that es – Sie spielte über alle Erwartung brav – der Mutter Ihrem Andencken zu Liebe munterten wir Sie durch aplaudiren auf und Sie bekam die Rollen ihrer Mutter – und bey uns |: als aus obigen Gründen :| wäre Sie nie verstoßen worden – nun beloge Sie aber die Direcktion – sagte Sie besuchte eine Freundin – ging nach Cassel spielte die Ariadne u.d. Rollen – du kanst dencken wie – kam wieder – bekam ihren Abschied – und ist jetzt sehr übel dran. Also sage ich noch einmahl – braucht du oben genandtes Rollenfach so ist Sie gut, und kan noch unter guter Leitung beßer werden – aber um aller Welt willen keine Liebhaberinnen – keine Sängerinn! Nun weiß du von Demoiselle Böttiger alles Haarklein Punctum – Herr Brand hat sich zweymahl im Opperfest als Murney und in der Lilla als Infant hören laßen – hat recht gut gefallen hat alle Ehre empfangen ist als Murney heraus gerufen worden, als Infant weiß ich das Ende nicht weil ich nicht darinn geblieben war. Eine große Theatraliche Herrlichkeit steht uns bevor – Iffland! Komt den 4ten Augst hieher – Spielt 6 mahl die 3te Vorstellung ist Sein Benefitz und zwar im Wallenstein – ferner Spielt Er – den Eßigmann – Gabrecht! die andern wollen mir jetzt nicht einfallen. Hoffräthin Kästnern ist noch hir und läßt dich freundlich grüßen. Ich hoffe daß die überschicketen Comedien Zettel imer richtig angelangt sind? Meiner Lieben Tochter dancke vor die überschicken Mercure und die Donau Nimpfe, einige Mercure sind doppelt z.E. No. 1. und 2. mir zu Händen kommen dagegen fehlt No. 3. bey Gelegenheit kan es nachgeschickt werden – so wie ich die überzähligen mit den Comedien Zettel zurück senden werde. Wenn Hoffrath Starcke etwa noch im Weimarer Staats Calender steht – so laße Ihn aus streichen, den Er lebt nicht mehr. Mit vielem Vergnügen werde ich die Bekandtschaft des würdigen Mannes Herrn Voß machen. Lebe wohl und vergnügt – Grüße deine Lieben von

Eurer allen
treuen Mutter u Großmutter
Goethe.


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