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Es ist wunderlich, daß ich mich nicht entschließen kann, das Porträt meiner Frau von meinem Schreibtisch zu entfernen. Es würde mich ruhiger machen, wenn ich es fortnehmen könnte. Aber ich kann nicht. Es steht im Schein des grünen Schirms der Lampe, und ihre Augen leuchten den meinen entgegen, als könnten sie sprechen. Einmal ums andere habe ich eine der Schreibtischladen geöffnet, um das Porträt hineinzulegen – auf denselben Platz, wohin ich den Schlüssel zu meiner Wohnung gelegt habe. Aber immer habe ich die Lade wieder zugeschoben und das Porträt stehen gelassen.
Ich kann mich ganz einfach nicht davon befreien, und ich habe davor verweilt, grübelnd, als könnte dieses Antlitz meines Lebens Rätsel lösen. Der einzige Mensch, den ich zuweilen treffe, ist mein Dienstmädchen. Sie war die Kinderfrau meiner Gattin, als diese noch klein war, ist ein altes Original, das zur Familie gehört, und ich habe es nicht über mich bringen können, sie zu anderen ziehen zu lassen. Sie räumt meine Zimmer auf, serviert mir Frühstück und Abendbrot und hat im übrigen Order, sich nie zu zeigen.
Sie vergötterte meine Frau, und als wir heirateten, nannte sie mich zuerst in ihrer naiven Art ›mein Sohn‹. Ich kann sie nicht wie eine gewöhnliche Dienerin behandeln, und ich fühle oft in qualvoller Weise, daß sie mich beobachtet. Es ist, als wollte sie mich erforschen, und manchmal bilde ich mir ein, daß sie spürt, was ich denke. Aber sie sagt nichts, obgleich ich manchmal sehen kann, daß sie geweint hat.
Eines Abends jedoch hatte ich das Bild meiner Frau umgedreht, um ihre Augen nicht sehen zu müssen, die mich verfolgen. Als Greta mit dem Frühstückstablett ins Zimmer kam, stellte sie erst das Brett weg. Dann drehte sie das Porträt wieder um und ging hinaus. Es war mir, als hustete sie vielsagend, und das machte mich rasend. Aber seither habe ich nicht versucht, das Porträt wegzuschieben.
Es ist wunderlich, daß, wenn ich es ansehe, ich nicht fassen kann, daß Gertrud tot ist. Ich kann nicht begreifen, daß dies dasselbe Weib sein soll, das ich vor mir sterben gesehen, dessen Augen ich zugedrückt, und die ich einsam zurückgelassen unter den Tausenden, die sich in der Erde des Kirchhofs den Platz streitig machen. Ich habe das Gefühl, als müßte sie irgendwo da sein. Und während ich daran denke, fühle ich, daß, wenn sie da wäre, ich sie finden müßte, schon darum, damit ich ihr einmal sagen könnte, was ihr Leben und ihr Tod für mich gewesen ist. Das würde nicht mehr sein als bloße Gerechtigkeit.