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3. Sage von Gebe-Ref.

Ein Mann hiess Renni und er war ein reicher Freibauer. Er sass auf dem Eilande, das seitdem Rennisey genannt ward. Es liegt bei Norwegen, nördlich von Iadhar. Er war ein grosser Wîking gewesen, bevor er sich dem Landbaue hingab. Er hatte ein Weib und nur einen Sohn, der Ref Fuchs. hiess. Als dieser noch jung war, lag er immer am Herde und zerbiss Reiser oder die Rinde am Holze. Er war von ungewöhnlich grossem Wuchse, aber er wusch nie den Schmutz von sich und niemals rührte er seine Hände, wenn es Anderen zum Nutzen gereichet hätte. Sein Vater war ein sehr erwerbgieriger Mann, und es gefiel ihm schlecht, dass sein Sohn ganz und gar nicht zugreifen wollte. Ref machte sich berühmt, aber weder durch Klugheit noch Tüchtigkeit, sondern vielmehr dadurch, dass er sich zum Gespötte seiner rüstigeren Freunde machte, und er däuchte seinen Vater unfähig zu irgend einem Geschäfte, womit andere Jünglinge sich beschäftigten.

Renni hatte ein Kleinod, das er höher schätzte als alle seine anderen Kostbarkeiten. Das war ein Ochse und der war gross und prächtig gehörnet. Die Hörner trugen zierliche Eingrabungen und waren an der Spitze mit Gold und Silber geschmückt. Zwischen den Hörnern war eine Kette und daran hiengen drei Goldringe. Dieser Ochse unterschied sich sehr von den anderen, die im Lande waren, durch seine Grösse und seinen mannigfaltigen Schmuck. Bauer Renni war auch so besorgt um ihn, dass er ihn nie ohne Hüter liess. Früher hatte er an den Kämpfen König Wîkar's Theil genommen, und er war ihm sehr hold gesinnet.

König Gautrek beherschte also, wie früher gesagt ward, Gautland, und er ward ein grosser Häuptling und der gewaltigste Heermann. Dem Könige schien das nun seine Herschaft sehr zu beeinträchtigen, dass er unbeweibt war, und er sann da auf Abhülfe. Nun hatte König Harald von Windland, der eben kein grosser Kriegsmann war, eine schöne und sittige Tochter, die Alfhild hiess. König Gautrek rüstete sich also zur Fahrt nach Windland, denn er hatte beschlossen, um König Harald's Tochter zu werben. Es gab viel Unterhandlung, denn es war noch ein anderer Bewerber da, und König Harald hatte, um sich keinen zum Feinde zu machen, der Tochter freie Gattenwahl gestattet; sie aber wählte nicht den jungen und schönen Königssohn, sondern den bereits bejahrten aber berühmten König Gautrek. Er führte sie also heim nach Gautland und trank mit ihr Brautlauft. Nach einem Jahre gebar Alfhild eine schöne Tochter, die Helga geheissen ward. Sie wuchs bei ihrem Vater auf, entwickelte sich sehr schnell und däuchte bald den alten König der kostbarste Schatz in Gautland.

So herschte denn König Gautrek eine Reihe von Jahren ruhig und in Frieden, und nichts schien seine Behaglichkeit stören zu wollen: da plötzlich ward die Königin krank und starb. König Gautrek war darüber sehr betrübt und er liess einen grossen Hügel über der Königin errichten. Ihm gieng dieser Tod so nahe, dass er sich gar nicht mehr der Verwaltung des Reiches annahm, sondern er sass Tag für Tag auf dem Grabhügel, sandte von da seinen Habicht in die Lüfte nach Beute und machte sich damit Kurzweil und Zeitvertreib.

Zu dieser Zeit herschte über die Upplande Iarl Neri, der Sohn König Wîkar's Vgl. oben S. 399.. Neri war sehr klug, und alles gieng ihm wohl von Statten. Er hatte jedoch eine Eigentümlichkeit: er nahm niemals Geschenke an, denn er war ein solcher Haltefest, dass er es nicht über sich gewann zu vergelten. Zu ihm kam nun Ref, Renni's Sohn, und das gieng so zu.

Eines Tages gieng Renni um die Feuerstätte S. oben S. 365. herum und dabei stolperte er über die Beine seines Sohnes. Er ward zornig und sagte: »Ein Sohn wie du macht nur Schande, da du dich stets nur mit ungebührlichen Dingen abgiebst. Nun sollst du mir das Haus räumen und mir nicht mehr vor die Augen kommen, so lange du in solcher Thorheit verharrest.« Ref erwiderte: »Da du mich denn fortjagest, so halte ich es für billig, dass der Schatz mir folge, den du für den besten hältst und den zu lassen dir am schwersten fällt.« Renni sagte darauf: »Kein Schatz ist in meiner Gewalt, des ich nicht gerne entriethe, wenn ich dich nicht mehr sehen müsste, denn du bist unserm ganzen Geschlechte zum Gespötte.« Hiemit nahm ihre Unterredung ein Ende, und nicht lange darauf, an einem schönen Wintertage stund Ref auf und bereitete sich zum Fortgange. Er nahm auch den guten Ochsen und führte ihn mit sich zu dem Strande, zog ein Schiff hinab in das Meer und trachtete hinüber an das Festland. Er fragte nichts darnach, wenn auch der Ochse etwas nass ward. Er band den Ochsen an das Schiff, setzte sich an das Ruder und ruderte nach dem Lande hin. Er trug einen kurzen Pelzrock und Hosen bis an die Knöchel, und als er an das Land kam, zog er den Ochsen nach sich. Er gieng zuerst ostwärts nach Iadhar den Weg, der nach den Upplanden führet, und machte keinen Halt, bis er zu dem Gehöfte des Iarls Neri kam. Dessen Dienstmänner sagten denn ihm auch, dass Ref, Renni's Tölpel, daher käme und einen schönen Ochsen nach sich zöge. Der Iarl befahl ihn nicht zu verspotten. Als nun Ref an die Thüre der Halle kam, worin der Iarl zu sitzen pflegte, verlangte er von den Thorwärtern, dass sie den Iarl zu ihm herausriefen, auf dass er mit ihm reden könnte; sie erwiderten jedoch, er wäre und bliebe ein Narr, und der Iarl wäre nicht gewohnt zur Unterhaltung mit Tölpeln herbeizueilen. Ref sagte da: »Kommet ihr nur meinen Worten nach, und er möge auf seine Antwort Bedacht nehmen.« Hierauf giengen sie denn zum Iarl und sagten ihm, dass Ref der Tölpel verlange, er solle hinauskommen. Der Iarl entgegnete: »Saget, ich würde kommen mit Ref zu sprechen. Niemand weiss, zu welchem Heile irgend einer kommt oder: mit welchem guten Vorzeichen irgend einer kommt. Eine Handschrift hat; welches Glück irgend wer hat..« Der Iarl gieng also hinaus und Ref begrüsste ihn mit Anstand. »Weshalb bist du hieher gekommen?« fragte ihn der Iarl. Ref antwortete: »Mein Vater hat mich fortgejagt; aber hier habe ich einen Ochsen, den will ich dir geben.« »Hast du nicht vernommen, sagte der Iarl, dass ich keine Gaben annehme, weil ich keinem Manne vergelten will?« »Jawohl, ich habe von deinem Geize gehöret, erwiderte Ref, und dass Niemand ein Gegengeschenk erwarten darf, der dir etwas darbringet; dennoch wünsche ich, dass du meine Gabe annehmest, denn es kann ja sein, dass deine Worte mir Gewinn bringen, der mehr als Geld werth ist.« »Auf diese Bedingung hin, sagte Neri, will ich den Ochsen annehmen; du aber geh nun hinein in die Halle und bleib für einmal hier über Nacht.«

Ref liess da den Ochsen los und gieng hinein; der Iarl aber liess ihm Kleider reichen, dass er ohne Scham hier sitzen konnte. Hierauf wusch sich lief und da ward er der stattlichste Mann. Eine Zeit lang blieb er nun hier.

Des Iarles Halle war über und über mit Schilden geschmückt, so dass immer einer an den anderen reichte, da wo sie befestigt waren. Eines Abends nahm der Iarl einen dieser Schilde, der ganz mit Golde überzogen war, und gab ihn Refe. Aber als am Morgen darauf der Iarl zum Morgentrunke in die Halle kam, blickte er nach der nun leeren Stelle hin, wo der Schild früher hieng, und sagte da:

Schön fürwahr dort schien einst
Schildes Rand am Wandzelt;
Aerger fasst mich, ärger,
acht' ich dort der Nacht nun der finsteren nicht durch Gold hellen Stelle.!
Bald ich bin des Goldes
bar, wenn mir gefahrlos
Gaben beut der Gauten
Gild' Gilde, Verein, Vereinigung. Diese Strophe ist in der, weil schwierigen, den Skalden besonders beliebten Weise, dem thîottkvædhi, gedichtet. Je zwo Zeilen haben immer gemeinsam: a) Allitteration, b) Halbreim, c) Reim, z. B. Allitteration: Schön, schien, Schild; Halbreim: Schön, schien; Reim: Rand, Wand. Man begreift, dass es schwer ist in solcher Weise zu dichten, noch schwerer aber zu übersetzen. um meine Schilde!

Der Iarl liess auch wirklich seinen Hochsitz anders stellen, so sehr bedrückte es ihn, dass der Schild fort war. Als Ref jedoch diess merkte, trat er vor den Iarl, hielt den Schild in der Hand und sagte: »Sei fröhlich, Herr, denn hier ist der Schild, den du mir gabst! Ich will ihn dir zurück geben, denn er gereichet mir nicht zum Schutze, da ich nicht auch andere Waffen habe.« Freudig sagte der Iarl: »Gieb her, bester aller Knaben, gieb her! Denn das ist der grösseste Schmuck für meine Halle, wenn er wieder da hanget, wo er früher hieng. Aber hier ist ein Kleinod, das ich dir geben will, und es mag leicht sein, dass es dir zum Nutzen gereichet, nämlich wenn du meinem Rathe folgest.« Hierauf gab ihm der Iarl einen Wetzstein in die Hand und sagte: »Aber diese Gabe wird dir wohl werthlos scheinen?« »Ich weiss nicht, erwiderte Ref, wozu mir das soll dienlich sein.« Der Iarl sagte darauf: »Nun aber steht es doch so, dass ich keinen müssigen Mann füttern will, wenn er nicht etwas leistet, und so will ich dich zu König Gautrek senden, und dem gieb du diesen Wetzstein.«

»Ja, sagte Ref, aber ich bin nicht gewohnt mit vornehmen Männern umzugehn, und ich weiss nicht, was dieser Wetzstein dem Könige soll.« »Nun, sagte der Iarl, man hätte nicht Ursache mich klug zu nennen, wenn ich nicht weiter voraussähe als du; aber die Zusammenkunft mit dem Könige wird dir keinen Vortheil bringen, denn du sollst gar nicht mit ihm reden. Allein ich habe gehört, dass der König oft auf dem Grabhügel der Königin sitze und von dort aus seinen Habicht beize beizen, den Vogel auf- und niedersteigen machen, ein Ausdruck der Falknerei., und oft verliert sich der Habicht, wenn der Tag sich neiget. Da greife dann der König mit der Hand an dem Stuhle umher und suche etwas zu finden, was er nach dem Vogel werfen könne. Wenn nun der Fall eintritt, dass der König nirgends etwas findet, um es nach dem Habichte zu werfen, dann stecke du ihm den Wetzstein in die Hand, nimm, was er dir dagegen reichet, und komm dann wieder zu mir her.«

So gieng denn Ref nach der Anweisung des Iarls zum Könige Gautrek, und als er dahin kam, sass der König auf dem Hauge, und es ergieng alles so, wie Iarl Neri gesagt hatte: der König warf nach dem Habichte mit allem, was er erlangen konnte. Ref setzte sich da an den Stuhl hin im Rücken des Königes und er nahm der Gelegenheit wohl wahr. Als nun der König mit der Hand rückwärts fuhr, gab ihm Ref den Wetzstein in die Hand. Er warf ihn sogleich nach dem Habichte und dieser flog schnell auf, sobald der Stein wider ihn kam. Der König war damit wohl zufrieden und wollte nicht, dass derjenige das Seinige einbüsse, der ihm geholfen hatte. So reichte er einen Goldring rückwärts und sah nicht hin als Ref ihn nahm. Hierauf gieng Ref zurück zum Iarl. Dieser fragte sogleich, wie es ergangen sei, und Ref sagte es ihm und zeigte ihm den Goldring. »Das ist ein gutes Kleinod, sagte da der Iarl; das lasse ich mir gefallen, wenn man durch ein Niedersitzen so etwas erlangen kann.«

Ref war den Winter hindurch bei ihm, als aber der Lenz kam, sagte der Iarl: »Was willst du nun beginnen?« Ref antwortete: »Das lässt sich nicht so leicht sagen; ich kann den Ring ja zu Gelde machen.« »Ich will mich nochmals dein annehmen, sagte da Neri; geh nach Engelland zu König Ella, und gieb ihm den Ring, das wird dir am meisten eintragen, und mit dem Herbste kommst du wieder zu mir. Speise und Rath will ich an dir nicht sparen; anderer Lohn jedoch wird dir nicht für den Ochsen.« »Denke doch nicht immer daran«, sagte Ref und fuhr nach Engelland, trat vor König Ella, begrüsste ihn, wie es sich gebührt und ward da wohl aufgenommen, denn er war mit Waffen und Kleidern auf das beste ausgestattet. Der König fragte, wer dieser Mann sei. Er sagte sogleich: »Ich heisse Ref, und ich wünschte, dass du diesen Goldring von mir annähmest«, und er legte ihn auf den Tisch vor den König. Ella blickte ihn an und sagte: »Diess ist ein schönes Kleinod; aber wer gab es dir?« Ref erwiderte, dass König Gautrek ihm den Ring gegeben habe. »Und was gabst du ihm?« fragte der König. »Einen kleinen Wetzstein«, antwortete Ref. Da sagte König Ella: »Es ist etwas Grosses um die Freigebigkeit König Gautrek's, da er Gold für Stein giebt. Nun, ich will den Ring annehmen und ich gebiete dir hier zu bleiben.« »Habt Dank, Herr, für euer Anerbieten, sagte darauf Ref, aber ich muss zurück zu meinem Ziehvater, dem Iarl Neri.« »Eine Zeit lang musst du wohl hier bleiben«, sagte der König. Ella liess hierauf ein Schiff bauen und eines Tages bat er Ref ihn zu begleiten. »Hier diess Schiff, sagte er, will ich dir geben, und mit aller der Fracht, die für dich am besten dienet, auch geb' ich dir so viel Männer als du bedarfst. Ich will nicht, dass du länger Anderer Fahrtgenoss seiest; du kannst nun fahren, wohin es dir beliebt; und doch ist alles diess wenig, wenn ich erwäge, wie König Gautrek dir den Wetzstein vergalt.« »Ei, sagte Ref, das ist grossartig vergolten.« So belud denn Ref sein Schiff mit allerhand Dingen und dankte dem Könige mit vielen schönen Worten. Als sie sich trennen wollten, sagte König Ella noch: »Diese beiden Hunde hier will ich dir auch geben.« Sie waren sehr klein und schön, und Ref hatte noch nie dergleichen gesehen. Die Fesseln waren von Golde, und jeder trug einen Goldring um den Hals, und sieben kleinere Ringe waren an der Fessel zwischen ihnen; Niemand glaubte Kleinode dieser Art jemals erblickt zu haben. Hierauf fuhr Ref ab und gelangte bald in das Reich Neri's. Dieser gieng ihm entgegen, hiess ihn willkommen sein und verhiess ihm und allen seinen Mannen freundliche Aufnahme. Ref sagte da: »Ich habe nun ja genug des Geldes, um für uns zu bezahlen.« »Wohl! sagte der Iarl, aber dein Geld soll sich dadurch nicht mindern, denn an meinem Tische sollst du essen, obgleich diess noch keine grosse Vergeltung für den Ochsen ist.« »Das eben verdriesst mich, sagte Ref, dass du immer dessen erwähnest.«

So blieb Ref den Winter über bei dem Iarle und er gewann viele Freunde und es schlossen sich an ihn viele Begleiter an. Als es nun Frühling ward, sagte Iarl Neri zu ihm: »Was willst du nun beginnen, Ref?« Ref erwiderte: »Das ist nicht leicht zu sagen, denn an Gelde fehlt es mir nicht; entweder Wîkingsfahrt oder Kaufmannschaft.« »Das mag so sein, sagte der Iarl; aber ich will mich dein noch einmal annehmen. Nun sollst du südwärts nach Dänemark fahren zu König Hrôlf Kraki und ihm die Hunde bringen, denn die gebühren nur einem angesehenen Manne, und du wirst nicht geringen Nutzen davon haben, wenn er sie annimmt.« »Du magst über mich bestimmen, sagte Ref; aber Mangel an Gelde habe ich jetzt keines Weges.«

Nun rüstete sich Ref und fuhr nach Dänemark. Er fand König Hrôlf, trat vor ihn und grüsste ihn. Der König fragte ihn, wer er wäre, und er sagte, dass er Ref heisse. »Bist du der, den man Gebe-Ref nennet?« fragte da der König. »Ich habe, erwiderte er, Gaben empfangen von Männern, aber doch auch zuweilen gegeben; und diese kleinen Hunde, Herr, gebe ich euch mit allem ihrem Schmucke.« Der König betrachtete sie und sagte dann: »Das sind grosse Kleinode; aber wer gab sie dir?« Ref antwortete: »König Ella.« »Und was gabst du ihm ?« fragte darauf der König Hrôlf. »Einen Goldring«, erwiderte Ref. »Und wer gab dir den?« fragte Hrôlf. »König Gautrek«, entgegnete Ref. »Aber was gabst du ihm?« fragte der König. »Einen Wetzstein«, war Ref's Antwort. »Gross ist wahrlich die Freigebigkeit König Gautrek's, da er Gold für einen Stein gab. Ich will die Hunde annehmen, und du bleib bei uns.« »Ja, entgegnete Ref, aber im Herbste muss ich zurück zu Iarl Neri, meinem Pflegevater.« »Das kann wohl geschehen«, sagte schliesslich König Hrôlf. So blieb er denn eine Zeit lang bei dem Könige.

Als nun der Herbst kam, rüstete Ref sein Schiff, der König aber sagte zu ihm: »Auch ich habe dir Lohn zugedacht, und zwar sollst du ein Schiff von mir empfangen, wie von dem Könige der Angeln, und es soll wohl ausgerüstet sein mit Ladung und Männern. Und hier sind zwei Kleinode, Ref, die du von mir haben sollst, ein Helm und eine Brünne.« Ref nahm Schiff und Kleinode freudig an und dankte sehr für die so grossartigen Gaben; Helm und Brünne aber waren beide von rothem Golde. Nun beurlaubte sich Ref bei König Hrôlf, und er fuhr freudig heim zu Iarl Neri, und er steuerte jetzt zwei Schiffe. Der Iarl nahm ihn wohl auf und meinte, sein Vermögen habe schön zugenommen »Ihr sollt alle den Winter über bei mir bleiben. Zwar ist das nur ein geringer Lohn für den Ochsen; aber es ziemt mir nicht meine Worte zu sparen, wenn sie dir Vortheil zu bringen geeignet sind.« »Deiner Fürsorge geniesse ich in dem allen«, antwortete Ref, und er hatte hier den Winter hindurch gute Verpflegung und ward schon ein genannter Mann.

Als der Frühling kam, fragte der Iarl ihn, was er nun im Sommer zu beginnen gedenke? Ref antwortete: »Das sollt ihr bestimmen, Herr; aber Geldmangel habe ich nicht.« Der Iarl sagte: »Du redest die Wahrheit, denke ich. Nun, so will ich dir eine Fahrt auflegen: König Ôlaf ist auf einem Heerzuge und er hat achtzig Schiffe, mit welchen er Sommer und Winter die See hält. Er ist der berühmteste Heerkönig, und ihm sollst du Helm und Brünne bringen. Nimmt er sie an, so weiss ich, dass er dich heissen wird einen Lohn zu wählen, und da sollst du den Oberbefehl über seine ganze Heermacht für einen halben Monat verlangen und das Zugeständniss mit den Schiffen, wohin du willst, zu fahren. Aber ein Mann ist bei dem Könige, der Refnef Fuchsnase. heisset, der grösseste Schurke zwar, aber dennoch sein Rathgebe; und ich weiss nicht, was da mehr vermögen wird, dein Glück oder seine Zauberkunst. Dennoch muss man es wagen, welchen Weg es. auch gehe. Du sollst dann aber mit dem ganzen Heere hieher schiffen, und so mag es wohl geschehen, dass ich dir den guten Ochsen dann gelohnt habe.« »Dessen gedenkest du, wie es scheinet, allzuoft«, erwiderte Ref.

Hierauf schieden sie von einander, und Ref fuhr den König Ôlaf aufzusuchen. Er fand ihn nebst seiner Flotte und legte sogleich an dem Schiffe des Königes an, bestieg das Schiff und begrüsste den König. König Ôlaf fragte, wer er sei, und Ref nannte sich. Da fragte der König: »Bist du der, den man Gebe-Ref nennet?« Er antwortete: »Zuweilen haben vornehme Männer mich begabet, und ich habe immer etwas dagegen gegeben; aber hier sind zwei Kleinode, die ich dir geben will, Helm und Brünne; denn dir mögen diese Schätze ganz wohl geziemen.« »Wer gab dir diese Kleinode? fragte der König; niemals sah ich dergleichen, und nicht einmal Kunde habe ich davon gehabt, und ich bin doch weit umher gefahren.« Ref entgegnete darauf: »König Hrôlf Kraki gab mir diese Kleinode.« »Und was gabst du ihm?« fragte der König. Ref erwiderte: »Zween Hunde mit Goldfesseln, die mir Ella, der König der Angeln, gab.« »Aber was gabst du dem Könige Ella?« fragte König Ôlaf. »Einen Goldring, den mir König Gautrek gab zum Lohne für einen Wetzstein.« »Gross ist die Freigebigkeit dieser Könige, sagte König Ôlaf, doch übertrifft Gautrek alle. Aber was, soll ich diese Kleinode annehmen oder nicht, Refnef ?« »Nicht dünket es mich rathsam, sagte dieser, sie anzunehmen, wenn du nicht weisst, womit du lohnen sollst«, und in demselben Augenblicke ergriff er die Kleinode und sprang damit bordentlang nach dem Hintergransen. Ref fand, dass man ihm übel mitspiele, sprang ihm nach und es entstund ein harter Kampf. Er schloss so, dass Ref die Brünne, Refnef aber den Helm behielt. Mit diesem stürzte er sich in das Meer und verwandelte sich und ihn unten auf dem Grunde; Ref jedoch, der ihm nachgestürzt war, kam sehr ermüdet wieder herauf. Da sagte er:

Mich kaum Refnef's Räthe dünken
klug, noch wie er kund sich gab Er gab sich durch sein Benehmen in dieser Sache kund, er verrieth sich als schlechten Mann und Zauberer.;
in die See nicht warf er seine Habe,
sondern Gautrek's, der mir den Goldring schenkte Ref erwähnt den Goldring, weil diess erste Geschenk ihm die anderen verschaffte. Gesucht ist diess freilich, zu helfen ist jedoch nicht, man müsste die letzte Zeile:
Gautreks konungs, er gaf gullhring Refi
geradezu streichen und dafür setzen:

Hrôlfs er Refi gaf hiálm ok brynju,
was allerdings nicht erlaubt sein dürfte.
.

Da sagte König Ôlaf: »Du bist ein sehr ausgezeichneter Mann!« »So wollte ich denn, erwiderte Ref, dass du das Kleinod annaehmest, das noch übrig ist.« Ôlaf sagte: »Ich will also die Strophe annehmen Ôlaf spricht zu Ref, als ob er ein Skalde wäre; denn diese brachten den Königen Gedichte dar, zuweilen auch wohl mit kleinen Gaben., und will ich dir nun das eine nicht geringer lohnen als früher beide; es war ein Versehen von mir, dass ich nicht gleich zuerst beide annahm, aber man darf darüber sich nicht wundern, da ich auf eines so schlechten Mannes Rath hörte; aber wähle dir nun selbst den Lohn.« Ref entgegnete: »So will ich denn über deine Schiffe einen halben Monat lang zu gebieten haben und sie führen wohin ich will.« »Das ist eine seltsame Wahl, sagte der König, aber die Schiffe sollen dir zu Gebote stehn.«

Hierauf segelten sie nach Gautland, um mit dem Iarl Neri zusammen zu treffen, und sie kamen spät am Tage dahin. Ref sandte heimlich Boten an den Iarl und entbot ihn zu einer Zusammenkunft. Neri stellte sich ein, und Ref theilte ihm mit, welchen Erfolg seine Fahrt gehabt habe. »Nun ist es an der Zeit, Pflegesohn, sagte der Iarl, dass wir sehen, wie man dir eine Frau verschafft; denn ich will dich mit König Gautrek verschwiegern und du sollst seine Tochter erhalten.« Ref bat ihn da allein Fürsorge zu treffen. Der Iarl sagte: »So magst du, wenn wir uns treffen, dich stellen, als ob du mit allem, was ich sage, bekannt wärest, und die Bedingungen stellen, wie ich sie dir an die Hand gebe.« Hierauf ritt der Iarl von dannen und hielt nicht eher an, als bis er zu König Gautrek kam. Er kam gegen Mitternacht dahin und sagte ihm, dass ein unüberwindliches Heer in sein Land gekommen sei; »diese Männer, sagte er, haben die Absicht dich zu tödten und dein Reich sich zu unterwerfen.« Der König fragte, wer das Heer führe. Der Iarl erwiderte: »Der führt es, von dem man nicht glauben sollte, dass mein Rath ihm nichts gelte, Ref, mein Pflegesohn.« »Du musst ihn in noch strengerer Zucht halten, Iarl, sagte der König; oder wäre es nicht rathsamer, ein Heer wider ihn zu sammeln!« Der Iarl erwiderte: »Wenn du sie nicht abfindest, so fürchte ich, werden sie hier alles verheeren, bevor du das Volk um dich hast. Ich will ihnen lieber schickliche Anerbietungen machen und zusehen, ob sie nicht zu einem Verkommniss mit dir zu bringen seien, denn mein Gebiet liegt zu äusserst und ist ihren Anfällen zumeist ausgesetzet.« Der König sagte, er habe schon lange auf seinen Rath gehöret, und auch jetzt wolle er ihm folgen. »Aber ich wünsche, König, sagte Neri, dass du selbst bei unserer Unterredung zugegen seiest.« Auch das bewilligte der König.

Darauf ritten sie in Begleitung einiger Männer dahin, wo die Schiffe vor Anker lagen. Der König sah, dass eine grosse Menge Krieger darauf waren, und er hielt es für schwierig Widerstand zu leisten. Der Iarl rief vom Lande her die Männer auf den Schiffen an und fragte: »Ist mein Ziehsohn Häuptling dieses Heeres? « »So ist es wirklich«, antwortete Ref. »Ich hätte nicht geglaubt, Ziehsohn, sagte da der Iarl, dass du mein Gebiet mit Kriege belästigen würdest, noch das Reich König Gautrek's. Mag uns etwas Erlösung verschaffen, dass wir in Friede bleiben, so will ich alles thun, dass dein Rang höher werde, als er bisher war, und ich glaube zu wissen, dass auch der König in seiner Lage dasselbe wünschet. Ich möchte vorschlagen, dass du von dem Könige Würden annähmest und sein Reich in Ruhe liessest. Aber ich weiss, dass man dich sehr gern auszeichnen wird, denn dein Muttervater war ein mächtiger Iarl, und dein Vater ein unerschrockener Kämpe.« Ref erwiderte: »Gute Anerbietungen will ich annehmen, wenn sie mir geboten werden.« »Ich weiss wohl, sagte der Iarl, dass man mit Wenigem dich nicht wird befriedigen können; ich sehe schon, worauf dein Sinn jetzt gerichtet ist: du wirst das Iarlthum haben wollen, das König Gautrek mir übertragen hat, und zugleich wirst du begehren, dass der König dir seine Tochter gebe.« Ref erwiderte: »Du hast es getroffen, Iarl, und will der König diess genehmigen, so stimme ich zu.« Der Iarl sagte hierauf zum Könige: »Mir will es scheinen, es sei rathsamer, diesen Vertrag anzunehmen, als unser Leben wider diess Höllenvolk zu wagen, und es steht zu vermuthen, dass sie erst dein Reich sich unterwerfen und dann deine Tochter zur Heergefangenen machen. Es ist in der That das angemessenste, deine Tochter diesem jarlbürtigen Manne zu vermählen; ich aber will mit Ref darauf denken, dass alles gehörig besorget werde, wenn er Verwalter deines Reiches sein wird, und so gieb uns denn jetzt deinen Willen zu erkennen, König!« König Gautrek erwiderte: »Dein Rath, Iarl, hat uns immer wohl gefrommt, und sowill ich denn deine Fürsorge annehmen. Es scheinet mir wirklich, dass wir es mit diesem Heere nicht aufnehmen können.« Da sagte der Iarl: »So ist denn mein bester Rath, dass du den Ref dein Reich verwalten lassest und ihn zum Rathgeben erhebest.«

Hierauf ward diess alles mit Eiden bestätiget, der Iarl verbürgte ihren ganzen Vertrag, und König Gautrek ritt heim. Da wandte sich Ref gegen König Ôlaf und sagte: »Nun hast du, König Ôlaf, mir einen grossen Dienst geleistet; du magst nun deines Weges fahren, wohin es dir gefällt.« König Ôlaf erwiderte darauf: »Kluge Männer haben an dieser Sache sich betheiliget, ihr Schlauköpfe!« und segelte mit seiner Flotte von dannen. Und als die Flotte fort war, da sagte König Gautrek: »Ich habe es hier mit schlauen Männern zu thun gehabt, aber meine Eide will ich nicht brechen.« Da sagte der Iarl zu Ref: »Nun sind deine Männer allein zurück, und du kannst sehen, welche Hülfe ich dir geleistet habe. Diese Heirath, meine ich, ist für dich vortheilhaft, und es mag sein, dass ich dir den Ochsen nun vergolten habe; und doch habe ich dir weniger gegeben, als du mir gabst, denn du gabst mir all dein Eigenthum, ich aber bin noch reich an Gütern.«

Hierauf liess König Gautrek ein Gastmahl zubereiten, wobei Ref sich mit des Königes Tochter Helga vermählte. König Gautrek gab ihm die Iarlswürde, und er ward sehr berühmt durch kühne Thaten.


Anmerkung.

Zu dieser Sage bildet den Gegensatz unser Märchen »Hans im Glücke«. Der träge dumme Hans hat einen Klumpen Gold; er lässt sich ihn ablisten und bekommt dafür ein Ross, für das Ross dann einen Ochsen (oder auch eine Kuh), für den Ochsen ein Schwein, für das Schwein eine Gans, für die Gans einen Wetzstein, der ihm schliesslich in einen Brunnen fällt, worauf er heiter und wohlgemuth heim geht.



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