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4. Erzählung von Bödhwar und seinen Brüdern.

König Hring herschte über Uppdalir im nördlichen Norwegen; sein Sohn hiess Biörn. Nun geschah es, dass die Königin starb, und das dünkte den König und auch viele Andere ein grosser Verlust. Seine Landmannen und Rathgenossen baten ihn, sich wieder zu vermählen, und so geschah es, dass er Männer südwärts in die Länder sandte, um für ihn um ein Weib zu werben. Aber ein mächtiger Gegenwind und heftige Stürme nöthigten sie das Schiff zu wenden und mit dem Winde zu gehn, und dieser trieb sie nordwärts nach Finnmark. Hier blieben sie den Winter hindurch. Eines Tages giengen sie an das Land und kamen da zu einem Hause, worinnen zwo Frauen sassen, schön von Antlitz. Diese begrüssten die Männer freundlich und fragten sie, von wannen sie kämen? Sie gaben Bescheid über ihre Fahrt und ihren Auftrag und fragten sodann, was für Frauen sie wären, und weshalb sie in die Einsamkeit so weit von anderen Menschen gegangen seien, so schöne und anmuthige Frauen. Die ältere erwiderte hierauf: »Jedes Ding hat seine Ursache, ihr Männer! Wir leben hier, weil ein mächtiger König um diese meine Tochter warb, aber sie wollte ihn nicht haben. Darauf häufte er Bedrängnisse aller Art auf sie, und darum habe ich sie hier verborgen; denn ihr Vater ist nicht daheim, sondern weilt auf einer Heerfahrt.« Sie fragten darauf, wer der Maid Vater wäre, und ihre Mutter sagte, sie wäre die Tochter des Königes der Finnen. Hierauf fragten sie nach den Namen der Frauen, und da sagte die ältere: »Ich heisse Ingibiörg, aber Hwît heisset meine Tochter. Ich bin die Geliebte des Finnenköniges.« Sie hatten ein Mädchen da, ihnen zu dienen. Sie gefielen den Boten des Königes wohl, und sie wurden zu Rathe danach zu forschen, ob Hwît mit ihnen fahren und mit Hring dem Könige sich vermählen wolle. Der Vornehmste der Boten trug die Werbung ihr vor, sie jedoch antwortete darauf nicht schnell, wich aber endlich doch dem Zureden ihrer Mutter. »Es ist, sagte diese, wie man sagt: aus jeder Bedrängniss erwächst ein Vortheil; aber übel ist es, dass ihr Vater darüber nicht befragt werden kann, und doch muss man etwas daran setzen, wenn sie zu etwas gelangen soll.« Hierauf rüstete sich die Jungfrau zur Fahrt mit den Boten. Sie fuhren ihres Weges, kamen zu König Hring und fragten ihn sogleich, ob er diese Jungfrau haben wolle oder ob sie wieder heim ziehen solle. Dem Könige gefiel die Maid wohl, und er hielt sogleich Brautlauft mit ihr. Er beachtete es nicht, dass sie nicht reich war; aber der König war etwas zu alt, und das merkte man bald an der Königin.

Ein Bauer wohnte nicht weit vom Könige. Er hatte mit seinem Weibe nur eine Tochter, die Bera hiess. Sie war jung und schön von Antlitz. Biörn, der Sohn des Königes, und Bera, die Tochter des Bauern, spielten als Kinder zusammen, und sie vertrugen sich wohl Biörn bedeutet Bär, Bera Bärin. Bei den Angelsachsen bezeichnet Biorn den Gemeinfreien, die Kraft der Kriegsheere, eorl (russisch: orol, Adler) den Edlen.; der Bauer war reich, er hatte lange Zeit von Jugend auf Heerfahrten obgelegen und war ein gewaltiger Kämpe. Biörn und Bera liebten einander sehr und fanden sich immer zusammen. Lange Zeit hindurch gab es darüber nichts zu reden. Biörn, der Königssohn, wuchs rasch empor und ward Beides, gross und stark; auch war er in allen Künsten wohl geübt. König Hring war oft lange ausser Landes auf Heerfahrten, aber Hwît war daheim und verwaltete das Land. Sie war meist unhold gegen die Leute; aber gegen Biörn war sie stets freundlich; er jedoch achtete das wenig. Als nun der König einmal wieder die Heimat verlassen wollte, sagte die Königin zu ihm, dass Biörn, sein Sohn, daheim bleiben und mit ihr das Land verwalten solle. Den König däuchte das ganz angemessen; die Königin aber ward nun herschsüchtig und hochmüthig. König Hring sagte also seinem Sohne, der ihn begleitete, als er auszog, dass er daheim bleiben und mit der Königin das Land verwalten solle. Biörn erwiderte darauf, daran liege ihm wenig, und er sei auf die Königin höchst aufgebracht. Der König jedoch beharrte auf seiner Weisung und zog nun mit einem grossen Heere aus dem Lande. Biörn gieng wieder heim nach dieser Unterredung mit seinem Vater, und es däuchte jeden von Beiden sein Weg beschwerlich. Er gieng sogleich in sein Gemach und war sehr missgestimmt; auch war er roth wie Blut. Die Königin suchte nun mit ihm zu einer Unterhaltung zu kommen, denn sie wünschte ihn zu erheitern, und sprach viel von Freundschaft zu ihm. Er bat sie jedoch von dannen zu gehn, und sie that ihm diess Mal den Willen. Oft jedoch kam sie zu ihm Gespräches halben, und da sagte sie einmal, es wäre wohl schicklich, dass sie zusammen in Einem Bette schliefen, so lange der König nicht daheim wäre, und sie nannte ihr Zusammenleben um vieles besser als das ihre mit einem so alten Manne, wie König Hring wäre. Biörn nahm diese Rede übel auf und schlug ihr einen schweren Backenstreich, ersuchte sie ihres Weges zu gehn und stiess sie von sich. Dergleichen sei sie nicht gewohn, sagte sie da, dass sie weggestossen oder geschlagen würde. »Aber es dünkt dich besser, Biörn, des Bauern Tochter zu umfangen, und es ist dir das anständig, wie es den Anschein hat, aber dein unwürdig meiner Liebe und Gunst zu geniessen; doch bald wird etwas deinem Verlangen und deiner Thorheit entgegen treten.« Sie schlug nun hierauf mit einem Wolfshandschuh nach ihm und sagte, dass er zu einem wilden und grimmen Lagerbären werden solle, »und du sollst doch keine andere Nahrung nehmen als das Vieh deines Vaters. Das sollst du dir zum Frasse tödten, und mehr als bisher umkam, und niemals sollst du aus diesem Geschicke dich lösen, und es soll dir diese Erinnerung schlimmer sein als jede andere.« die Erinnerung an den Vorfall, der ihm diess Geschick zuzog.

Hierauf gieng Biörn hinweg, und Niemand wusste, was aus ihm ward. Und als man Biörn vermisste, gieng man ihn zu suchen, aber man fand ihn nirgends, wie zu erwarten stund. Ferner ist nun zu berichten, dass das Vieh des Königes auf einmal niedergeworfen ward, und dass ein grimmer und grosser Graubär dasselbe angriff. Eines Abends trug es sich nun zu, dass die Tochter des Bauern diesen grimmen Bären erblickte; er lief zu ihr und gebärdete sich überaus freundlich gegen sie. Nun glaubte sie an diesem Bären die Augen Biörn's, des Königssohnes, zu erkennen, und sie scheuete ihn wenig. Das Thier gieng von ihr fort und sie gieng ihm nach, bis dasselbe zu einer Höle kam. Als sie nun auch in die Höle gieng^ fand sie daselbst einen Mann, und er grüsste Bera. Sie erkannte sofort, dass es Biörn, Hring's Sohn, wäre, und ihre Zusammenkunft ward reich an Freuden. Sie blieben eine Zeit lang beisammen in der Höle, denn sie wollte sich nicht von ihm trennen, so lange ihr bei ihm zu bleiben vergönnt war; endlich aber sagte er ihr, es wäre für sie nicht schicklich da bei ihm zu sein, denn er sei währendes Tages Thier, und nur währender Nacht Mensch.

König Hring kam nun heim von seiner Heerfahrt, und man sagte ihm alsbald, was sich zugetragen hatte, während er abwesend war: zuerst das Verschwinden seines Sohnes und dann von dem starken Thiere, das in das Land gekommen sei und das vorzüglich sein Vieh schädige. Die Königin reizte ihn eifrig an, das Thier tödten zu lassen, und doch verzögerte sich diess eine Zeit lang, denn der König zeigte sich dazu wenig geneigt, und glaubte, dass etwas Wunderbares dahinter stecke.

In einer Nacht, als Biörn und Bera in ihrem Bette lagen, sagte Biörn: »Mir ahnet, dass morgen der Tag meines Todes sein wird, denn sie werden mich jagen. Wahrlich, ich habe keine Freude am Leben, wegen der Verwünschung, die auf mir liegt. Nur das Eine freuet mich, dass wir beisammen sind; aber damit ist es nun auch vorbei. Einen Ring, der mir unter dem linken Arme liegt, den sollst du an dich nehmen. Du wirst morgen Volk sehen, das auf mich eindringt, und wenn ich todt bin, so gehe zum Könige und bitte ihn dir das zu geben, was unter des Thieres linkem Vorderbuge liege, und er wird dir das bewilligen. Die Königin aber wird Argwahn auf dich werfen, sobald du heim zu gehn gedenkest, und sie wird dich nöthigen von dem Fleische des erlegten Thieres zu essen; des jedoch weigere dich, denn du bist schwanger, wie du weisst. Du wirst drei Knaben gebären, und an denen wird es sich zeigen, wenn du von des Thieres Fleische issest; aber die Königin ist der grösseste Unhold. Geh du sodann heim zu deinem Vater; dort wirst du die Knaben auferziehen, doch wird einer dich sehr hässlich dünken. Und magst du sie daheim nicht beschützen vor den Verfolgungen jener und ihren Nachstellungen, so führe sie hinweg und zeuch mit ihnen hieher in diese Höle. Hier wirst du eine Kiste mit drei Boden finden; Runen, die daran stehn, werden kund thun, was jeder der Knaben daraus empfangen soll. Drei Waffen liegen im Berge, und jeder soll diejenige haben, die ihm bestimmt ist. Der uns zuerst geborene Sohn soll Thôrir heissen, der andere Elgfrôdhi, der dritte Bödhwar, und ich glaube, dass sie sich auszeichnen und ihre Namen lange leben werden.« Er sagte ihr noch manche Dinge voraus und nahm sodann das Bärfell über sich und gieng als Bär hinaus. Sie folgte ihm, und als sie sich umschaute, sah sie von den Vorbergen her eine grosse Schaar Leute kommen, und viele und grosse Hunde streiften vor ihr her. Der Bär lief nun dem Gebirge entlang hin, und da kamen ihm die Mannen des Königes und die Hunde entgegen, aber er war ihnen schwer angreifbar. Er verstümmelte viele von ihnen, bevor es ihnen gelang ihn zu stellen, und alle Hunde tödtete er. Endlich umringten sie ihn, und er lief nun im Ringe umher und sah, dass er nicht entkommen könnte. Da wandte er sich dahin, wo der König stund, erfasste den Mann, der diesem am nächsten war, und zerriss ihn. Nun aber war der Bär so müde, dass er sich flach niederlegte, und sie sprangen nun schnell heran und tödteten ihn.

Als diess die Tochter des Bauern sah, gieng sie zum Könige und sagte: »Herr, wollet ihr mir das geben, was unter dem linken Bug des Thieres liegt?« Der König gewährte, sagte aber, dass wohl kaum etwas dort sein würde, was ihr zu schenken ihm gebühren könne. Inzwischen hatten die Mannen des Königes den Bären enthäutet; Bera gieng hinzu, nahm den Ring hinweg und verbarg ihn, aber die Männer sahen nicht, was sie nahm, und man forschte nicht weiter danach. Der König fragte sie, wer sie wäre, und sie gab ihm Bescheid, wie es sie gut däuchte; wie die Sache wirklich sich verhielt, sagte sie nicht.

Der König fuhr nun heim und nahm Bera mit sich. Die Königin war überaus lustig, nahm sie wohl auf und fragte sie, wer sie wäre. Sie sagte, was sie früher gesagt hatte, aber nicht die Wahrheit. Die Königin rüstete nun ein grosses Gastmahl und liess das Fleisch des Bären den Männern zur Freude zurichten. Die Bauerntochter war im Gemache der Königin und sie konnte nicht von dannen gehn, denn es ahnete der Königin, wer sie wohl sein möchte. Und da kam sie schneller, als man glauben sollte, mit einem Teller, und es lag darauf Bärenfleisch, und sie forderte Bera auf zuzulangen; aber sie wollte nicht essen. »Das ist ein grosses Wunder, sagte da die Königin, dass du dieses Gericht verschmähest, obgleich die Königin selbst sich herablässt, dir es darzureichen. Lange schnell zu, sonst soll dir ein Schlimmerer––!« Sie schnitt das Fleisch nun in Stücke und zwang sie ein Stück zu essen. Hierauf schnitt sie ein zweites Stück herunter und steckte es ihr in den Mund; aber sie brachte nur einen kleinen Brocken hinunter, warf das Andere aus dem Munde und sagte, sie würde nichts mehr essen, und wenn sie sie folterte oder tödtete; die Königin aber sagte: »Vielleicht hilft es doch etwas!« und sie lachte dazu.

Hierauf gieng Bera heim zu ihrem Vater und sie hatte schwere Angst zum Geleite. Sie theilte nun ihrem Vater den ganzen Sachverhalt mit in Bezug auf ihre Verbindung mit Biörn, und bald darauf gebar sie drei Knaben, darunter zween von wundersamer Art: der eine war bis zum Nabel ein Mensch, doch von da niedwärts ein Elg Alce mas, Ellenthier., und deshalb bekam er den Namen Elgfrôdhi; der andere hatte vom Rist an Hundefüsse und ward Thôrir genannt mit dem Beinamen Hundesfuss; im Uebrigen war er ein Knabe schön von Ansehen. Der dritte Knabe aber war der schönste von allen; er ward Bödhwar genannt, und er hatte keinen Fehler an sich. Er war der Liebling der Mutter. Die Knaben wuchsen nun auf wie das Gras, und wenn sie mit anderen Knaben spielten, waren sie grimm und ganz wild. Es war ein hartes Spiel mit ihnen; Frôdhi verstümmelte viele vor des Königs Augen und tödtete einige geradezu.

So gieng es fort, bis sie zwölf Winter alt waren: da waren sie so stark, dass keiner von den Mannen des Königes es mit ihnen aufnahm, und Niemand wollte bei den Kampfspielen mit ihnen zu thun haben. Da sagte Frôdhi zu seiner Mutter, dass er von dannen ziehen wolle, »und ich mag nicht mit den Menschen verkehren, denn sie sind alle Schwächlinge und zerbrechen gleich, wenn man sie anrührt.« Sie gab ihm darauf den Bescheid, dass er seiner Wildheit wegen nicht zu den gewöhnlichen Menschen tauge. Die Mutter gieng nun mit ihm zu der Höle und zeigte ihm das Gut, das sein Vater ihm bestimmt hatte; denn Biörn hatte deutlich bezeichnet, was jeder Knabe erhalten sollte. Frôdhi wollte mehr an sich nehmen, denn das ihm beschiedene Gut war das mindeste, aber er vermochte es nicht. Nun sah er die Waffen, deren eine er hier aus dem Berge herausziehen sollte, und er griff zuerst nach dem Schwertgriffe; aber das Schwert blieb fest, so dass er es nicht sich aneignen konnte. Da erfasste er die Handhabe der Axt; aber die Axt war nicht loser. Da sagte Elgfrôdhi: »Es mag sein, dass der über die Waffen bestimmt hat, der sie einst hieher brachte, und dass es um die Vertheilung der Waffen eben so steht, wie um die Vertheilung des anderen Gutes.« dass er nämlich das am mindest Werthvolle erhalten solle. Hierauf griff er nach dem letzten Hefte, und das ward sogleich los, und es folgte dem Hefte, als er daran zog, ein Streitsachs. Er betrachtete eine Weile lang die Waffe und sagte dann: »Gehässig war der, der diese Kleinode zu vertheilen hatte!« Er schlug nun mit beiden Händen den Sachs wider den Fels und wollte ihn zertrümmern; aber der Sachs drang in den Fels ein bis an das Heft, brach jedoch ganz und gar nicht. Da sagte Elgfrôdhi: »Was wird es helfen, wie ich auch verfahre mit diesem Kleinode des Uebelwillens Der Uebelwille seines Vaters habe es ihm zugetheilt, meinet er., denn man sieht, dass es beissen kann!« Hierauf nahm er zu seiner Mutter Urlaub und sie trennten sich. Frôdhi gieng nun an einen Kielweg Fluss oder Meer?, ward ein Räuber, tödtete Menschen um Beute zu machen, und baute sich ein Haus und wohnte daselbst.

König Hring glaubte nun zu wissen, durch welche Kunststücke sich Alles ereignet hatte, aber er brachte es nicht unter die Leute und liess es auf sich beruhen wie früher. Einige Zeit darauf verlangte Thôrir Hundesfuss von dannen zu ziehen, und die Mutter führte ihn zu der Höle, gab ihm seinen Theil des Gutes und bat ihn die Streitaxt zu nehmen, indem sie sagte, dass sein Vater diess so bestimmt habe. Auch er jedoch griff zuerst nach dem Schwerte, aber da er es nicht aus dem Felsen herauszuziehen vermochte, so fasste er nun die Axt, und die folgte ihm, denn sie war ihm bestimmt. Hierauf fuhr Thôrir von dannen und wünschte seiner Mutter alles Wohlergehn. Er nahm nun zuerst seinen Weg so, das er zu seinem Bruder Elgfrôdhi kam. Er zog den Hut hernieder, dass man ihn nicht erkennen konnte, gieng in das Haus und setzte sich auf einen Sessel. Bald darauf kam Frôdhi heim und er gebärdete sich gar nicht freundlich gegen seinen Gast, er schwang vielmehr seinen Sachs und sagte dazu:

Es singet der Sachs, saust aus der Scheide,
die Hand sich hebt zu Heermanns Werken;

zugleich schlug er an einen Balken neben sich und gebärdete sich sehr wild und grimmig. Thôrir erwiderte da;

An anderem Orte ich, traun, lasse
meiner Streitaxt Stimme hören.

Und da verbarg sich Thôrir nicht länger und Frôdhi erkannte da seinen Bruder und bot ihm von allem, was er zusammen gebracht hatte, die Hälfte an; denn es fehlte da nicht an grossem Gute.

Thôrir verweigerte jedoch die Annahme, blieb eine Zeit lang da und gieng dann weiter. Elgfrôdhi rieth ihm nach Gautland zu gehn und sagte ihm, dass der König der Gauten vor Kurzem gestorben wäre, und noch über manche andere Dinge gab er ihm Auskunft. »Es ist Gesetz bei den Gauten, dass man zur Wahl eines Königes das ganze Volk zusammen ruft. Ein grosser Stuhl wird in die Mitte des Kreisses gestellt, worauf bequem zween Männer sitzen können; aber der Mann soll König sein, der den Raum allein ausfüllet. Nun meine ich, du werdest den Raum gehörig ausfüllen.« Hierauf schieden sie mit freundlichen Worten von einander, und Thôrir gieng seines Weges, bis er nach Gautland kam, wo ihn ein Iarl freundlich aufnahm und ihm ein Nachtlager gewährte. Jedermann sagte da, dass Thôrir wohl nach seiner Grösse König über die Gauten sein könnte; nur wenige solcher Männer wären im Lande. Als man nun auf die Thingstätte kam, da gieng es gerade so, wie sein Bruder Frôdhi ihm vorher gesagt hatte. Einem Manne war die Messung übertragen, und er hatte das Maass auf das zuverlässigste anzumerken. Viele setzten sich auf den Stuhl; aber der Schiedsrichter erklärte, dass Keiner zum Könige gebühre. Thôrir nahm zuletzt auf dem Stuhle Platz; aber sobald er sass, sagte der Schiedsrichter: »Du füllest den Stuhl am besten aus und du bist somit zum Herscher erwählt.« Hierauf gab ihm das Volk den Königsnamen, und er ward fortan genannt König Thôrir Hundesfuss, und es giebt grosse Sagen von ihm. Er war reich an Freunden und kämpfte viele Kämpfe und erfreute sich sehr oft des Sieges.

Bödhwar war noch daheim bei seiner Mutter, und sie liebte ihn sehr. Er war aller Männer mannhaftester und der schönste von Antlitz, nur wenig jedoch den Männern bekannt. Er fragte eines Tages seine Mutter, wer sein Vater wäre. Sie sagte ihm von dessen Tode und alles, was sich zugetragen hatte, und wie er durch seine Stiefmutter verwandelt ward. »Wir haben also, erwiderte er, diesem Unholde Arges zu lohnen!« Darauf sagte sie ihm, wie sie von der Königin gezwungen ward, von dem Fleische des Bären zu essen, »und die Folge davon siehst du nun an deinen Brüdern, Elgfrôdhi und Thôrir.« Da sagte Bödhwar: »Frôdhi, dünkt mich, sollte lieber darauf denken, unsern Vater an dieser schnöden Unholdin zu rächen, als schuldlose Männer der Beute wegen zu tödten und andere Uebelthaten zu vollbringen; und eben so, meine ich, ist es wundersam, dass Thôrir fortgegangen ist ohne dieser Zauberin ein Angedenken zu hinterlassen, und ich denke, es wird der beste Rath sein, ihr eine Erinnerung an meine Hände beizubringen.« «Aber, sagte Bera, richte es so ein, dass sie nicht mit Zauber dagegen ankommen und dich beschädigen kann.« Diess sagte ihr Bödhwar zu. Hierauf giengen beide, Bera und Bödhwar, zu dem Könige und sie sagte nun demselben auf den Rath Bödhwar's alles, was sich ereignet hatte; zugleich zeigte sie ihm den Ring, den sie einst unter dem Buge des Thieres hervorgezogen und den einst Biörn sein Sohn besessen hatte. Der König erwiderte, er erkenne den Ring wohl. »Es hat mir längst geahnet, dass alles von ihr angestiftet ward, und dass ihre Künste alles, was sich zutrug, zuwegegebracht haben; aber aus Liebe zur Königin habe ich es auf sich beruhen lassen.« Darauf sagte Bödhwar; »Jage sie nun fort, oder wir werden uns an ihr rächen«; der König aber versprach ihm Güter zur Busse, wenn er sie nehmen wolle; er solle sich nur beruhigen, er gebe ihm Antheil an der Herschaft und sogleich den Iarlsnamen, nach seinem Tode jedoch das Königthum, auf dass ihr nur kein Schade zugefügt würde. Bödhwar entgegnete: er wolle nicht König sein; lieber wolle er bei ihm bleiben und ihm dienen. »Du bist so eingenommen von diesem Ungethüme, dass du kaum deines Verstandes waltest noch rechten Königthumes, aber sie soll sich hier nicht mehr länger herumtreiben.« Bödhwar zeigte sich da so ergrimmet, dass der König nicht wagte mit ihm anzubinden. Er trat sofort in das Gemach der Königin und hielt einen Beutel in der Hand. Der König und seine Mutter eilten ihm nach; aber als Bödhwar in das Gemach kam, trat er sogleich auf Hwît die Königin zu, stülpte ihr den Beutel über das Haupt, zog ihn zum Halse nieder, gab ihr dann Backenstreiche, schlug sie endlich todt und schleifte sie dann auf allen Strassen umher. Vielen und den Meisten in der Halle schien diess nicht schlimmer als halbgenossen d. h, sie hätte noch einmal so viel »geniessen« sollen., aber den König däuchte es sehr übel, allein er vermochte nichts auszurichten. So liess die Königin Hwît ihr schnödes Leben, und Bödhwar war da achtzehn Winter alt, als diess sich zutrug. Bald darauf ward König Hring krank und starb. Nun unterwand sich Bödhwar des Reiches, aber behielt es nur kurze Zeit. Er berief das Volk zu einer Versammlung und verkündete da, dass er fort wolle; zuvor jedoch vermählte er seine Mutter mit dem Iarl Walsleit, den Andere Ulfleit und noch Andere Walgaut nennen, und er richtete die Brautlauft aus, bevor er von dannen ritt.

Einsam ritt er von dannen und er führte mit sich weder viel Gold noch Silber noch andere Werthsachen; doch war er wohlversehen mit Waffen und Kleidern. Zuerst ritt er nun auf seinem guten Hengste zu der Höle nach der Weisung seiner Mutter, und das Schwert löste sich, sobald er den Griff erfasste. Das Schwert aber hatte die Eigenschaft, dass es allemal, wenn man es schwang, der Tödter eines Mannes ward; auch sollte man es nie unter das Haupt legen und nicht auf den Griff stellen die Spitze nach oben. Nur drei Mal sollte er in seinem ganzen Leben die Schneiden desselben schärfen. Zu keiner anderen Zeit mochte er es schwingen; es war schwer zu behandeln und hiess Laufi. Dieses höchste Kleinod wollten, wie wir sahen, alle drei Brüder haben. Bödhwar ritt nun zu seinem Bruder Elgfrôdhi und machte für das Schwert eine Scheide aus Birkenrinde Davon erhielt Bödhwar den Beinamen Biarki, und sein Kampflied heisset deshalb Biarkamâl.. Es begegnete ihm nichts auf seiner Fahrt, bis er Abends zu einem grossen Gehöfte kam, welches dem Elgfrôdhi gehörte. Bödhwar führte seinen Hengst hinein und er meinte, es stünde ihm alles zu Gebote, wessen er bedürfte. Als es Nacht ward, kam Frôdhi heim und blickte ihn grimmig an. Bödhwar achtete nicht darauf und trat ihm entgegen; auch die Hengste gebärdeten übel wider einander und jeder wollte den anderen aus dem Stalle treiben. Frôdhi hub da an und sagte: »Der ist ein sehr übermüthiger Mann, der es waget sich hier ohne meine Erlaubniss zu setzen.« Bödhwar erwiderte nichts und drückte seinen Hut in das Gesicht. Elgfrôdhi sprang auf und schwang sein Kurzschwert, dass es bis an das Heft erklang. Zwei Mal that er so, Bödhwar jedoch erhub sich nicht. Da schwang er zum dritten Male das Kurzschwert und zielte nun nach ihm; da merkte er, dass der Ankömmling sich nicht fürchte, und nun wollte er ihn unter sich bringen. Als Bödhwar sah, in welche Lage er gekommen sei, wollte er nicht länger zaudern; er erhub sich und unterlief seine Hand. Elgfrôdhi war aber stärker, und sie hatten da grosses Geringe. Da fuhr jedoch Bödhwar's Hut in die Höhe, und jetzt erkannte Frôdhi seinen Bruder. »Willkommen, Freund!« rief er da; »nun haben wir doch lange mit einander gerungen!« »Nun, das schadet nichts«, entgegnete Bödhwar. »Es würde dir doch noch schwer fallen, Freund, sagte Frôdhi, es mit mir aufzunehmen, wenn wir ringen sollten, und du würdest den Unterschied der Kräfte hier noch kennen lernen, sollten wir uns messen ohne alle Schonung.« Darauf bat er ihn dazubleiben; Alles sollte zur Hälfte ihm gehören; Bödhwar jedoch wollte das nicht, und es däuchte ihn übel, Männer der Beute wegen zu tödten, und so ritt er denn wieder von dannen. Frôdhi begleitete ihn und sagte ihm, dass er manchem Manne Friede gegeben habe, wenn er schwächer als er gewesen sei. Darüber freute sich Bödhwar und sagte, dass er daran wohl thäte, und er sollte die Meisten in Frieden ziehen lassen, obgleich er etwas wider sie habe. Elgfrôdhi erwiderte darauf: »Mein Looss ist übel, aber dir ist auferlegt zum Könige Hrôlf zu fahren, denn alle die besten Kämpen wollen bei ihm sein, weil seine Freigebigkeit, seine Pracht und Grossmuth die aller anderen Könige übertrifft.« Darauf stiess er ihn mit seinem Stabe und sagte: »Du bist nicht so stark, Freund, wie du es sein solltest«, nahm Blut aus seiner Wade und hiess ihn dasselbe trinken. Bödhwar that so, und darauf stiess er ihn wiederum, und da stund Bödhwar fest auf derselben Stelle. »Nun bist du stark genug, Freund, sagte da Elgfrôdhi, und ich glaube, dass dir dieser Trunk zum Nutzen gereichet habe. Ueber Bluttrünke vgl. man die Sage von Hadding, S. 17, 18. Du wirst der mächtigste Häuptling werden in Bezug auf Kraft und Tapferkeit, Kühnheit und Mannhaftigkeit, und das gönne ich dir wohl.« Hierauf trat Elgfrôdhi tief in den Felsen, so dass seine Klauen bedeckt waren, und sagte: »Zu dieser Spur werde ich jeden Tag kommen und schauen, was darin sein wird: Erde wird darin sein, starbst du an einer Krankheit, Wasser, wenn du in der See ertrankest, Blut, wenn du im Kampfe fielest, und da will ich dich rächen, denn ich liebe dich unter allen Männern am meisten.«

Sie trennten sich nun und Bödhwar ritt seines Weges, bis dass er nach Gautland kam. König Thôrir Hundesfuss war nicht daheim. Beide Brüder waren nun einander so ähnlich, dass man den einen für den anderen nehmen mochte, und die Landleute glaubten, Thôrir wäre heimgekommen. So ward der Ankömmling auf den Hochsitz gesetzt, und man diente ihm in allen Dingen, als ob er der König wäre; auch ward er neben der Königin zu Bette gebracht, denn Thôrir war vermählt. Bödhwar wollte jedoch nicht unter derselben Decke mit ihr liegen, und das däuchte sie seltsam, denn sie hielt ihn für ihren Gatten gleich den Anderen; aber Bödhwar sagte ihr alles, wie es beschaffen war. Sie theilte die erhaltene Auskunft an Niemand mit, und so schliefen sie jede Nacht bei einander, bis dass Thôrir heim kam. Die Männer wussten da nicht, was sie denken sollten; aber die Brüder wurden sehr erfreuet, als sie einander sahen. Thôrir sagte da, keinem Anderen würde er gestatten, so nahe bei seiner Königin zu ruhen. Thôrir bat ihn nun dazubleiben, und verhiess ihm die Hälfte aller seiner fahrenden Güter, aber Bödhwar lehnte diess ab. Da erbot sich Thôrir mit ihm zu ziehen, wohin er wolle, oder ihm Volk zu geben; Bödhwar jedoch wollte auch das nicht annehmen. So ritt er von dannen und Thôrir geleitete ihn, und so trennten sich die Brüder in Freundschaft. Von Bödhwar's Fahrten, bis dass er nach Danmark kam, giebt es keine Nachrichten, und er brauchte nur kurze Zeit um Hleidhragardh die Burg der Dänenkönige auf Sælund (Seeland). zu erreichen.

Ein Tag war sehr regnerisch und Bödhwar ward sehr nass. Auch sein Hengst ward sehr müde, denn er ritt strenge, so dass er kaum sich fortbewegen konnte. Als es nachtete, ward es überaus finster und das Wasser strömte herab; Bödhwar jedoch merkte des Rosses Müde nicht früher, als bis es mit den Füssen an einen Felsstein stiess: da stieg er ab und suchte so vorwärts zu kommen, und er merkte bald, dass da wohl ein Haus sein werde, und er fand auch bald den Eingang. Er schlug an die Thüre, und sogleich trat ein Mann heraus. Bödhwar bat um Nachtherberge, und der Hauswirt sagte, dass er ihn nicht in die Nacht hinaus weisen werde, denn er dürfte wohl des Weges unkundig sein. Der Fremdling däuchte ihn, so viel er sehen konnte, ein hochgesinnter Mann zu sein. Bödhwar fand also freundliche Aufnahme für die Nacht und er suchte über so Manches Auskunft zu erhalten: über die Kriegsthaten Hrôlf's des Königes und seiner Kämpen, und ob es weit bis dahin wäre. »Nein, sagte der Bauer, dahin ist der Weg kurz; aber willst du dahin?« »Ja, sagte Bödhwar, das ist in der That mein Wille.« Der Hauswirt meinte, das wäre für ihn sehr schicklich; denn er wäre ein grosser und starker Mann, und sie dort hielten sich alle für sehr tüchtige Kämpen. Bei dieser Rede, da sie Hrôlf's und seiner Kämpen zu Hleidhragardh gedachten, begann die Hausfrau laut zu weinen. »Was weinest du, thöricht Weib?« fragte da Bödhwar, und die Bäuerin sagte darauf: »Ich und mein Mann wir hatten einen Sohn, der Hött hiess. Eines Tages gieng er zur Burg um sich zu belustigen, aber des Königes Mannen neckten ihn, und das ertrug er übel. Darauf nahmen sie ihn und setzten ihn in einen Haufen Knochen; aber das ist ihr Brauch bei jeder Mahlzeit: sobald ein Bein abgenaget ist, da werfen sie es nach ihm hin, und dadurch empfängt er zuweilen grosse Schädigung, und ich weiss nicht, ob er noch lebet oder todt ist. Aber den Lohn will ich von dir haben für meine Bewirtung, dass du nach ihm werfest lieber kleine Knochen als grosse, wenn er davon noch nicht todt ist.« Bödhwar erwiderte: »Ich werde so thun, wie du verlangest; das aber scheint mir nicht sehr mannhaft, Menschen mit Knochen zu bewerfen oder Knaben und schwache Leute zu verfolgen.« »Da thust du wohl, sagte die Bäuerin; denn deine Hand däucht mich stark, und ich weiss es sicher, er hält nicht Stand deinen Würfen, wenn du sein nicht schonen willst.«

Hierauf ritt Bödhwar seines Weges gen Hleidhragardh und er kam bald zur Burg des Königes. Er führte seinen Hengst in den Stall zu den besten Rossen des Königes und fragte bei Niemand darum an. Darauf gieng er zu der Halle, wo gerade nur wenige Männer waren. Er setzte sich draussen nieder, und als er da eine kurze Zeit geruhet hatte, hörte er ein Geräusch in einem Winkel. Er blickte dahin und sah, dass eines Mannes Hand aus einem grossen Beinhaufen hervor kam, und sie war sehr schwarz. Er gieng dahin und fragte, wer da in dem Beinhaufen stecke. Da ward ihm und zwar sehr furchtsam geantwortet: »Hött heisse ich, guter Häuptling.« »Weshalb bist du hier und was machest du?« fragte Bödhwar weiter. »Ich mache mir eine Schirmburg, guter Häuptling,« war die Antwort. »Ein Narr bist du mit deiner Schirmburg!« sagte da Bödhwar, trat an ihn heran und riss ihn heraus aus dem Beinhaufen. Hött schrie laut dagegen und sagte: »Nun willst du mich tödten, thu das nicht! Ich hatte mich früher so wohl umwallet, aber du hast nun meine Schirmburg zerbrochen, und ich hatte sie doch so um mich herum aufgeführt, dass sie mich wider alle eure Würfe schützte, so dass seit Langem kein Wurf mich traf; doch war sie noch nicht so hergestellt, wie ich wollte, dass sie werden sollte.« Bödhwar sagte: »Du wirst deine Schirmburg nicht länger bedürfen!« Hött sagte da weinend: »So willst du mich nun tödten, Häuptling?« Bödhwar bat ihn keine Furcht zu haben, nahm ihn auf und trug ihn von der Halle zu einem Wasser, das in der Nähe war, ohne dass es Jemand beachtete, und wusch ihn gänzlich. Darauf gieng er an den Ort zurück, den er früher eingenommen hatte, zog Hött nach sich und setzte ihn an seine Seite; aber er war so in Furcht, dass jedes Glied an ihm zitterte, doch schien er wohl zu merken, dass dieser Mann ihm helfen wolle. Es ward nun Abend, und die Männer giengen in die Halle. Da sahen die Kämpen Hrôlf's, dass Hött auf einer Bank sass, und sie meinten, der Mann, der dieser That sich erkühnte, habe sich sehr verwegen gezeiget. Hött richtete sich erschrocken auf, als er seine Bekannten sah, denn er hatte nur Uebeles von ihnen erfahren, und aus Liebe zum Leben wollte er wieder in seihen Beinhaufen kriechen; aber Bödhwar hielt ihn, so dass er nicht hinweg konnte, denn er glaubte, er wäre hier ihren Würfen nicht eben so ausgesetzt, als wenn es ihm gelänge von dannen zu kommen. Die Männer des Gefolges bleiben aber bei ihrer Gewohnheit, und sie werfen zuerst mit kleinen Knochen quer über den Boden nach Bödhwar und Hött; Bödhwar aber thut, als ob er es nicht sehe, Hött jedoch ist so voll Furcht, dass er weder isst noch trinket, und es kommt ihm jeden Augenblick vor, als sei er getroffen. Und nun sagte Hött zu Bödhwar: »Guter Häuptling, jetzt fährt wider dich ein grosser Knochen, und man treibet das uns zu nöthen.« Bödhwar hiess ihn schweigen, fieng mit der holen Hand den Knochen auf und warf ihn zurück auf den, der ihn geschleudert hatte, und der Knochen traf ihn vorn mit so starkem Pralle, dass er ihn tödtete. Da kam grosse Furcht über die Saalmänner. Diese Nachricht kam nun vor König Hrôlf und seine Kämpen, die auf dem Thurme der Burg weilten, dass ein übermüthiger Mann zur Halle gekommen sei, dass er einen Mann seines Gefolges getödtet habe, und dass man ihm deshalb an das Leben wolle. König Hrôlf fragte, ob der Mann schuldlos getödtet worden sei, und sie sagten, dass es sich beinahe so verhalte, und gaben ihm alle Zeugniss dafür. König Hrôlf aber sagte, es sei fern von ihm den Mann tödten zu lassen. »Ihr habet, hier die schlechte Gewohnheit angenommen, unschuldige Leute mit Knochen zu bewerfen: das ist für mich eine Entwürdigung, für euch aber eine grosse Schande, Ich habe mich früher schon ebenso darüber ausgesprochen, aber ihr habet es nicht beachtet; und ich glaube, der Mann, den ihr reiztet, werde wohl einigen Gehalt haben; aber rufet ihn her zu mir, dass ich erfahre, wer er sei.« Bödhwar gieng sogleich vor den König und grüsste ihn anständig, und Hrôlf fragte ihn nach seinem Namen. »Hött's Beschirmer nennen mich eure Dienstmannen, aber Bödhwar heisse ich.« Da sagte der König; »Welche Bussen willst du mir bieten für meinen Hofmann?« Bödhwar erwiderte, in dieser Beziehung würde er bieten, was er empfangen habe. Darauf fragte ihn der König, ob er sein Mann werden und jenes Stelle einnehmen wolle. Bödhwar sagte: »Ich lehne es nicht ab, euer Mann zu werden, aber unter der Bedingung, dass wir uns nicht trennen, ich und Hött, und wir werden beide bei dir bleiben und dir treuer sein als jener, den der Knochen tödtete; sonst aber werden wir beide von dannen ziehen.« Der König erwiderte hierauf, er sehe zwar nichts Rühmliches an Hött, aber er möge ihm die Nahrung wohl gönnen. Bödhwar gieng nun an die Stelle, die ihm gefiel Der König weiset sonst, um Streit zu verhindern, jedem nach seinem Werthe seinen Sitz an. Diess war feste Sitte im Norden., und wollte nicht da sitzen, wo er früher sass; er schob von einer Stelle drei Männer hinweg und sass da samt Hött nieder, und zwar mehr in der Mitte der Halle, als es ihm beschieden war. Die Hofmänner hielten Bödhwar für streitsüchtig und waren ihm sehr abgeneiget.

Als es auf die Jôltage Die Jôltage begannen mit dem 23. December. zugieng, verloren alle Hofmänner ihre Heiterkeit. Bödhwar fragte Hött, was das bedeute, und erhielt zur Antwort, dass ein Thier schon zween Winter hergekommen sei, gross und furchtbar, und es habe Flügel am Rücken und fliege gleichfalls. »Zween Herbste hat es uns nun heimgesucht und grossen Schaden gethan, denn keine Waffen verletzen dasselbe, aber die Kämpen des Königes, die besten von allen, kommen nicht heim.« Da sagte Bödhwar: »So ist denn die Halle nicht so wohl besetzt, wie ich wähnte, wenn ein Thier das Reich hier veröden und das Vieh des Königes erwürgen kann.« »Es ist kein Thier, erwiderte darauf Hött, vielmehr das grösseste Ungeheuer.« Nun kam der Jôlabend, da sagte der König: »Nun will ich, dass die Mannen ruhig und in der Nacht schweigsam seien, und ich verbiete allen meinen Mannen sich an das Thier zu wagen; dem Viehe mag es ergehn, wie's bestimmt ist, meine Mannen will ich nicht missen.« Alle gelobten zu thun, wie der König gebot, Bödhwar jedoch stahl sich in der Nacht hinweg und nahm den Hött mit sich. Nur gezwungen folgte dieser und er schrie, er werde in den Tod geführt; Bödhwar aber sagte, dass es sich wohl besser machen werde. So verliessen sie die Halle und Bödhwar musste ihn tragen, so verzaget war er. Nun erblickten sie das Thier, und sofort schrie Hött, so laut er konnte, das Thier wolle ihn verschlingen. Bödhwar hiess ihn schweigen und warf ihn nieder an das Moos, und da lag er denn voller Angst und wagte nicht zur Halle zurück zu kehren. Bödhwar gieng nun dem Thiere entgegen, und sein Schwert war fest in der Scheide; aber nun zog er es und stiess es dem Thiere sofort unter den Bug und zwar mit solcher Kraft, dass es sein Herz durchdrang, und das Thier fiel todt zur Erde nieder. Hierauf schritt er hin wo Hött lag, nahm ihn auf und trug ihn hin zum todten Thiere, wie sehr er auch zitterte und bebte. »Nun sollst du, sagte er, des Thieres Blut trinken!« Er zögerte zwar lange, doch wagte er nicht sich zu widersetzen. Bödhwar liess ihn zween grosse Schlucke trinken und auch etwas von dem Herzen des Thieres essen; hierauf griff er ihn an, und sie rangen lange mit einander. »Nun bist du stark geworden, sagte Bödhwar, und ich denke nicht, dass du nun des Königes Hofmänner fürchtest.« »Die werde ich nicht fürchten, entgegnete Hött, und dazu auch dich nicht!« »So ist es gut, sagte Bödhwar; ehn wir nun, Freund Hött, und richten wir das Thier auf und stellen wir es so hin, dass Andere wähnen, es lebe.« Sie thaten so und giengen dann ruhig heim, und Niemand wusste, was sie vollführt hatten.

Am Morgen fragte der König, ob man etwas von dem Thiere wisse und ob es in der Nacht sich hier gezeiget habe. Man sagte ihm, alles Vieh wäre unverletzt in den Hagen. Der König befahl, dass man sich erkundige, ob keine Spur seiner Anwesenheit da sei. Die Ausgesandten kamen bald zurück und meldeten, das Thier käme eben daher und sehr eilig gerade auf die Burg zu. Der König forderte seine Mannen auf sich wacker zu erweisen; jeder solle zeigen, dass er Muth habe, und diesen Unhold beseitigen. Sie thaten also, wie der König begehrte, und rüsteten sich zur Abwehr. Der König blickte nach dem Thiere hin und sagte dann: »Ich sehe keine Bewegung an dem Thiere; aber wer will es nun wagen und zu ihm hin gehn?« Bödhwar erwiderte darauf: »Da könnte freilich ein kühner Mann seine Neugierde stillen. Freund Hött, weise jetzt zurück die üble Rede derer, die da sagen, es sei weder Kraft noch Muth in dir. Lauf nun und tödte du das Thier! Du siehest ja, dass keiner der Anderen dazu Lust hat.« »Ja, sagte Hött, das will ich schon thun.« »Ich weiss nicht, sagte der König, woher solcher Muth in dich gekommen ist, Hött; sehr hast du dich in kurzer Zeit verändert.« Hött erwiderte darauf: »Gieb mir das Schwert Gullinhialti, das du da hältst, so will ich das Thier fällen oder umkommen.« Da sagte König Hrôlf: »Diess Schwert ist für keinen Amlôdhi Amlôdhi ist der altnordische Name für Hamlet. Hier bezeichnet Amlôdhi also einen unentschlossenen, muthlosen Menschen. Man vgl. übrigens die Sage von Amleth, oben S. 99. Der Ausdruck mag jedoch nicht allgemein verständlich gewesen sein, denn einige Handschriften setzen dafür: »Das Schwert ist nur führbar einem Manne, der Beides ist, ein guter und kühner Mann.« Hött nimmt dann in seiner Antwort nur auf Amlôdhi's Schlauheit Bezug. führbar.« Hött entgegnete: »Du magst immer glauben, dass es um mich also bestellt sei.« »Was mag ich wissen, sagte Hrôlf, ausgenommen, es habe sich mehr an dir geändert, als ich sehen kann; aber die wenigsten Männer werden glauben, dass du noch der Gleiche bist. Nun nimm das Schwert, und du sollst mir ein wackerer Mann sein, wenn diess wohl vollbracht ist.« Hierauf schritt Hött trotziglich auf das Thier los und schlug nach ihm, sobald er in Schlagnähe kam, und das Thier fiel nieder. »Sehet nun, Herr, sagte Bödhwar, was er gethan hat! « »Wahrlich, sagte der König, er hat sich sehr verändert; aber Hött allein hat das Thier nicht getödtet, eher hast du das gethan.« »Es mag wohl sein, dass es so ist«, antwortete ihm Bödhwar. »Ich wusste es schon, als du hierher kamst, sagte da der König, dass nur Wenige sich dir würden an die Seite stellen können; aber das dünket mich doch deine grösseste That, dass du hier aus Hött, von dem man sich kein grosses Glück versprechen konnte, einen Kämpen gemachet hast. Aber nun will ich ihn auch nicht länger Hött heissen; er soll von heute an Hialti genannt werden nach dem Schwerte Gullinhialti.«


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