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Hrôdhulf, der Sohn Hêlgi's, war durch Gaben des Leibes und des Geistes ausgezeichnet. Er hatte gleiche Grösse des Geistes und des Leibes. Da zu seiner Zeit die Dänen über Schweden gewaltig waren, so trachtete Athisil, der Sohn Hödhbrodd's, auf eine schlaue Weise darnach, sein Vaterland zu befreien. Er vermählte sich mit Yrsa, der Mutter Hrôdhulf's, indem er zunächst hoffte, die durch diese Ehe erlangte Verwandtschaft werde seine Bitten um Ermässigung der jährlichen Steuer bei seinem Stiefsohne unterstützen. Diesen Zweck erreichte er denn auch. Schon als Knabe hasste er alle Freigebigkeit, und später ward er so geizig, dass er jeden Freigebigen für einen Schuft erklärte. Als ihn nun Yrsa mit dem Schmutze eines solchen Geizes bedeckt sah, und sich deshalb von ihm loszumachen suchte, nahm sie ihre Zuflucht zur List. Sie ermahnte ihren Gemahl sein Land zu befreien, rieth ihm zur Empörung und lockte zugleich ihren Sohn durch Verheissung reicher Geschenke nach Schweden. Sie war der Ansicht, dass sie ihr Ziel am besten erreiche, wenn sie den Sohn durch das Gold des Stiefvaters gewänne, den Hort des Königes vor ihrer Flucht raube, und ihn so nicht nur um die Hausfrau sondern auch um sein Gold bringe. Ihre Hinterlist war nicht leicht zu durchschauen, weil sie ihren Eifer für die Trennung ihrer Ehe unter der Heuchelei, sie wünsche das Land zu befreien, versteckte. Als nun Hrôdhulf, durch die Grösse der Versprechungen angezogen, in das Haus seines Stiefvaters kam und wegen der Länge seiner Abwesendheit und der Entwöhnung seines Umganges von der Mutter nicht gleich erkannt ward, so begann er zum Scherze um Brot zur Stillung seines Hungers zu betteln. Als sie ihn aufforderte, von dem Könige eine Mahlzeit zu fordern, streckte er ihr den zerrissenen Theil seines Gewandes dar und verlangte, dass sie den Riss zunähe. Als seiner Mutter Ohren ihm verschlossen blieben, sagte er: »Es ist schwer, wahre und zuverlässige Freunde zu finden, da dem Sohne die Mutter Nahrung, dem Bruder die Schwester eine Nath versagt.« Indem er so der Mutter Irrthum, weil sie ihn für einen Fremden hielt, bestrafte, bewirkte er, dass sie sich ihrer Unfreundlichkeit sehr schämte. Als Athisil ihn in vertraulichster Gemeinschaft mit der Mutter essen sah, beschuldigte er beide der Frechheit, indem er es schamlos nannte, wenn der Bruder also neben der Schwester sitze; worauf ihm Hrôdhulf erwiderte: den Sohn ehre die Umarmung der liebenden Mutter. Als die Tischgenossen ihn fragten, welche Gattung der Mannhaftigkeit den anderen er vorzöge, nannte er die Ertragung von Mühsalen. Als sie darauf den Athisil fragten, welcher Tugend er den Vorzug gäbe, entschied er sich für die Freigebigkeit. Man verlangte nun, dass Hrôdhulf den Beweis seiner Herzhaftigkeit, der König den seiner Freigebigkeit leiste, und Hrôdhulf solle diess zuerst thun. Als er nun rings mit Feuer umgeben ward, hielt er einen kleinen Schild vor den Theil des Leibes, den das Feuer am meisten bedrängte; aber indem er so die eine Seite beschützte, hatte er für die andere keinen Schutz, und bewährte also die Stärke seiner Ertragfähigkeit. Da eine Magd, welche hart am Brandherde stund, sah, wie seine Rippen durch die unerträgliche Gluth gedorret wurden, leerte sie die Wasseruhr in ein Fass, leschte mit dem Wasser das Feuer und linderte ihm den Schmerz des Brandes durch zeitgemässe Anwendung des Wassers Das Benehmen Hrôdhulf's, der das Haus seines Stiefvaters aus List verkleidet betritt, ist in den nordischen Sagen keineswegs ungewöhnlich. Ich erinnere nur an den Besuch Fridthiow's bei König Hring, der ohne Zweifel Allen bekannt ist. Es war überhaupt im Norden Brauch, Fremde bei ihrem Eintritte in ein fremdes Haus zu fragen, was sie verstünden. Je nach der Antwort richtete sich Empfang und Behandlung. Auch Prüfungen des Muthes durch Setzen zwischen Feuer kommen sonst noch vor. So ergieng es sogar Ôdhin, als er, unter dem Namen Grimnir, seinen Pflegesohn Geirröd heimsuchte, um sich selbst von dessen Schlechtigkeit zu überzeugen. Die Wasseruhr, deren Saxo erwähnt, ist wohl eine Zugabe von ihm. Zu seiner Zeit fand man allerdings in den Klöstern und vielleicht auch in Häusern reicher Männer dergleichen Uhren; das frühere nordische Alterthum hat sie jedoch schwerlich gekannt..– Jetzt wurden von Athisil die Geschenke gefordert. Man erzählt, er habe seinen Stiefsohn mit Gaben überhäuft und zuletzt noch einen goldenen Halsring von grossem Gewichte, damit er das Geschenk recht vollkommen mache, hinzugefügt.
Yrsa aber sah sich am dritten Tage des Gelages im Stande ihren Trug auszuführen. Ohne dass ihr Gemahl etwas davon merkte, belud sie Wagen mit dem Horte des Königes, verliess ihr Haus und begab sich in einer halbdunklen Nacht mit ihrem Sohne auf die Flucht. Durch die Furcht, der König werde sie verfolgen, erregt, befahl sie, an fernerer Flucht verzweifelnd, ihren Begleitern, das Gold fortzuwerfen; denn man müsse entweder des Lebens oder der Güter sich entschlagen; die einzige Hoffnung auf Rettung beruhe auf dem Hinwegwerfen des Goldes. Man müsse das Beispiel befolgen, das Frôdhi in Britannien gegeben habe Man sehe oben die Sage von Frôdhi.. Sie fügte hinzu, es sei nicht hoch anzuschlagen, wenn man den Schweden ihr Eigenthum zum einsammeln hinstreue, da das Gleiche ihnen den erwünschten Fortgang der Flucht verheisse, was jenen den Eifer der Verfolgung benehme. Ohne Verzug wurden die Befehle der Königin vollzogen. Das Gold ward aus den Beuteln genommen und alles den Feinden zum Raube hinterlassen. Einige behaupten jedoch, Yrsa habe das Gold behalten, Erz mit Gold überzogen und dieses auf die Strasse ihrer Flucht verstreuet. Und in der That, man kann glauben, dass ein Weib, das sich gewaltiger Thaten vermass, auch das zum Wegwerfen bestimmte Erz mit dem Glanze des Goldes auszurüsten verstanden habe Die Meinung dieser Einigen ist sehr unglaubhaft. Sie ist vielleicht nur eine Erfindung Saxo's.. Als Athisil, der den Flüchtlingen in der That nacheilte, den dem Hrôdhulf geschenkten Halsring unter anderen Kleinoden erblickte, so trieb ihn seine Habsucht sogleich dazu, dass er, um sich dieses Ringes zu bemächtigen, kein Bedenken trug, seine königlichen Knie mit dem Erdboden in Berührung zu bringen. Als Hrôdhulf ihn in dieser Stellung vor dem Golde und vor seinen eigenen Geschenken niedergeworfen sah, lachte er laut auf, weil der König das Gold ebenso gierig wieder aufnahm, als er selbst es schlau dargeboten hatte. Da die Schweden mit der Beute sich begnügten, so zog er sich um so schneller auf die Schiffe zurück und beförderte die Flucht durch kräftiges Rudern. Er machte sich jedoch zum Gesetze, um auch darin dem Könige Athisil das Widerspiel zu halten, was auch von ihm erbeten würde, sofort es der ersten Bitte freigebig zu gewähren und niemals eine zweite Bitte zu erwarten. Lieber wollte er der Wiederholung der Bitte durch die Schnelligkeit der Gewährung zuvorkommen, als die Wohlthat durch Langsamkeit entwerthen. Dieser Brauch hat ihm eine sehr grosse Anzahl der besten Kämpen in seinen Dienst gezogen; denn die Tapferkeit wird sehr oft sowohl durch Belohnungen erhalten, als auch durch Lob angeregt.
Um diese Zeit bewarb sich Agnar, der Sohn Ingeld's, um Ruta, die Schwester Hrôdhulf s, und er wollte das Beilager durch ein grosses Gastmahl feiern. Da bei dieser Gelegenheit die Faustkämpfer allerhand Uebermuth trieben und einen gewissen Hialti mit harten Knochen bewarfen, geschah es, dass Biarki, der neben ihm sass, durch Irrthum des Werfers einen heftigen Wurf an das Haupt empfieng. Durch den Schmerz zugleich und durch das Gelächter gereizt, warf er den Knochen gegen den Werfer zurück, und zwar so gewaltig, dass die Stirne ihm im Nacken stund, und bestrafte so den verkehrten Sinn des Menschen durch die Verkehrung seines Gesichtes. Dieser Vorfall mässigte die schnöde Frechheit des Scherzes und nöthigte die Faustkämpfer die Halle des Königes zu verlassen. Der Bräutigam aber beschloss, gereizet durch die Störung des Gelages, die Sache wider Biarki mit dem Schwerte auszufechten und durch Zweikampf für die verletzte Heiterkeit sich zu rächen. Bei dem Beginne desselben ward heftig gestritten, wer den ersten Schlag führen sollte. Denn vor Alters strebte man nicht in den Kämpfen nach häufigem Wechsel der Schläge, sondern es war mit dem Zwischenraume der Zeit auch die Aufeinanderfolge der Schläge bestimmt, und die Kämpfe wurden mit seltenen aber wuchtigen Streichen gekämpft, so dass der Ruhm mehr der Grösse der Wunden als der Zahl derselben zugestanden ward. Als man dem Agnar wegen des Adels seines Geschlechtes den ersten Schlag eingeräumt hatte, schlug er mit solcher Kraft, dass sein Schwert den oberen Theil des Helmes durchschnitt, die Haut des Hauptes verletzte und mitten in der Spalte des Helmes stecken blieb. Nun war die Reihe zu schlagen an Biarki. Dass er nun sein Waffen um so voller schwänge, stemmte er seinen Fuss an einen Baumstamm und schlug mit seinem Schwerte von ausgezeichneter Schärfe den Leib Agnar's mitten durch. Einige haben behauptet, dass der sterbende Agnar, den Mund zum Lachen verziehend, mit willensstarker Verbergung des Schmerzgefühles den Athem ausgehaucht habe Lachend zu sterben ehrte den nordischen Helden. So lacht Högni nach der Edda, als man ihm, dem lebenden, das Herz ausschneidet, und Ragnar Lodbrok schliesst seinen berühmten Todesgesang mit den Worten : »Lachend will ich sterben«. Die Beispiele solcher Todesverachtung liessen sich leicht vermehren.). Die nach Rache für ihn dürstenden Faustkämpfer erschlug Biarki auf ähnliche Weise. Das Schwert, das er in seinen Kämpfen führte, und das ungewöhnlich lang und scharf war, nannte er Lovi lovi scheint verderbt; logi, liómi, lotti sind Schwertnamen; Hlôi Riesenname. Im unten folgenden Gedichte heisst das Schwert snyrtir.. Dem durch solche Thaten ausgezeichneten Manne verschaffte ein wildes Thier des Waldes einen neuen Sieg. Er stiess im Gebüsche auf einen Bären von ungewöhnlicher Grösse und erlegte ihn mit seinem Wurfgeere. Hierauf rief er seinen Begleiter Hialti herbei und hiess ihn das Blut des Thieres trinken, auf dass er stärker werde. Man glaubte nämlich, dass ein solcher Trank die Kräfte vermehre Vergleiche oben die Sage von Hadding.. Durch solche Thaten erwarb sich Biarki grosse Gunst bei den Häuptlingen, und auch dem Könige war er so werth, dass er ihm seine Schwester Ruta zum Weibe gab. So ward die Braut des Besiegten der Lohn des Siegers. An Athisil rächte er die Beleidigung Hrôdhulf s mit den Waffen, besiegte ihn im Kriege und tödtete ihn. Damals vermählte Hrôdhulf den Hiarthwar, einen Jüngling von grosser Tapferkeit, mit seiner Schwester Skuld und machte ihn unter Auflegung einer jährlichen Abgabe zum Beherscher der Schweden, den Verlust der Freiheit durch die Ehre der Verwandtschaft lindernd.
Hier möge ein spasshafter Vorfall in die Geschichte eingefügt werden. Ein Jüngling, Wögg geheissen, der die hervorragende Gestalt Hrôdhulf's einst genauer betrachtete, ward von Bewunderung erfüllt, fragte im Scherze: ›wer ist denn dieser Krage, der zu so gewaltiger Höhe empor gewachsen ist?‹ und brach darüber in ein lautes Gelächter aus. In dänischer Sprache nämlich bezeichnet Krage einen Baumstamm, der mit halbgeschnittenen Aesten in die Höhe steigt, so dass der Fuss eines Menschen, indem er den gekippten Aesten folgt, gleichsam wie auf einer Leiter nach und nach in die Höhe kommt. Diesen Ausruf des Wögg empfieng Hrödhulf gleichsam als einen rühmlichen Beinamen In der altnordischen Sage heisst der König deshalb Hrôlfr kraki. und belohnte ihn durch das Geschenk eines gewichtigen goldenen Armringes. Wögg streckte den damit geschmückten rechten Arm aus und verbarg den linken, als ob er sich schäme, hinter dem Rücken. Als er nun so hin und her gieng, erregte er durch die Haltung seiner Arme Lachen. Auf die Frage, warum er also sich gebärde, antwortete er: der Arm, den kein Ring schmücke, schäme sich, wenn er den andern erblicke, seiner Armuth. Durch die Schlauheit dieses Wortes erwarb er sich den anderen Ring; denn Hrôdhulf wollte, dass er den Arm, den er verbarg, gleich dem andern zeige. Aber auch Wögg entschlug sich nicht der Sorge, das Geschenk zu vergelten; er verband sich durch den heiligsten Eid, wenn Hrôdhulf durch das Schwert umkomme, so werde er ihn an dem Tödter rächen. Es darf hiebei nicht verschwiegen bleiben, dass einst die Häuptlinge, wenn sie in das Gesinde eines Fürsten eintraten, beim Beginne des Dienstes dem Fürsten gegenüber durch das Gelübde einer grossen That sich verpflichteten, ihren Waffendienst mit Tapferkeit beginnend.
Inzwischen ertrug Skuld die Verpflichtung zum Zinse mit Unwillen. Sie wälzte grimmige Anschläge in ihrem Herzen, warf ihrem Gatten den Schimpf seines Verhältnisses vor und reizte ihn auf, die Knechtschaft abzuwerfen. Sie erfüllte ihn mit den trotzigsten Mahnungen zum Aufruhr, da jeder, wie sie sagte, mehr der Freiheit als der Verwandtschaft schuldig sei. So rieth sie denn, dass Hiarthwar eine grosse Menge Waffen, mit Decken verschiedener Art bedeckt, als wäre es der Zins, nach Danland hinüber führe; die würden das Mittel bieten, den König bei Nacht zu tödten. Nachdem er also die Schiffe mit der Last des trügerischen Zinses beladen hatte, segelte er nach Leithra hinüber. Diese Stadt hatte Hrôdhulf erbaut, mit den Schätzen des Reiches ausgeschmückt, so dass sie alle Städte der benachbarten Gaue als Sitz des Königes überragte. Der König feierte Hiarthwar's Ankunft durch ein grosses Trinkgelage, wobei er sich durch gewaltige Trünke berauschte, während die Gäste wider die Sitte vor Berauschung sich hüteten. Da nun alle Anderen in tiefem Schlafe lagen, begannen die Schweden, die die Begierde ihres verbrecherischen Vorsatzes wach erhielt, heimlich von ihrem Lager hinab zu gleiten. Flugs werden die Waffen bergenden Bündel aufgelöset, und jeder umgürtet sich schweigsam mit seinem Schwerte. Darauf stürzen sie in die Halle und stossen den Stahl in den Leib der Schläfer. Einige erwachten, aber der Schreck des plötzlichen Mordes betäubte sie nicht minder als der Rausch und Schlaf. Sie sind in Ungewissheit, ob ihnen Freunde oder Feinde entgegentreten; die Nacht macht alles unsicher. Zufällig war in dieser Nacht Hialti, der unter den Gesinden des Königes durch Tapferkeit sich auszeichnete, zu einem Mädchen auf das Land gegangen. Als dieser den Lärm des Kampfes von ferne hörte, staunte er. Er fasste jedoch bald seinen Entschluss: er verliess sein Liebchen und hub sich auf den Weg nach der Burg des Königes. Die Dirne suchte den Eiligen aufzuhalten, und fragte, wen sie heirathen solle, wenn er umkäme? Hialti hiess sie, gleichsam als wollte er ihr heimlich etwas sagen, näher zu ihm herantreten, und erzürnt, dass sie nach einem Ersatzmann in der Liebe fragte, schnitt er ihr die Nase ab. Auch deshalb bestrafte er sie durch solche Entstellung, weil er es nicht ertragen konnte, dass sie ihn unter diesen Umständen zurückzuhalten suchte. Die Nase, sagte er, solle für den Mund büssen. Er überlasse es ihr nun, jeden zu heirathen, der sie wolle. -- Hierauf eilte er in die Stadt zurück, stürzte sich in den dichtesten Haufen und warf ganze Reihen der Feinde verwundet zu Boden. Als er am Schlafgemache Biarki's vorübergieng, weckte er ihn auf und trieb ihn durch folgende Worte zur Abwehr der Feinde an:
Hurtig sich vom Lager hebe, wer des Herschers Freund sich nennt,
wer der Tüchtigkeit sich rühmet, sich zur Tapferkeit bekennt!
Brecht den Schlaf, ihr Brünnenträger, macht die Brust vom Brodem frei,
wacht, erwacht, ihr Waffenfrohen ! Hört ihr nicht der Wuth Geschrei?
Seine Rechte weiht dem Ruhme jeden, oder rauher Schmach;
auf! die Nacht ist Aller Ende, seht ihr offnem Frevel nach!
Nicht mit Jungfraun euch zum Scherze lad' ich, nicht zu Junkerlust,
nicht zum Streicheln zarter Wangen, nein, zum Streite Brust an Brust!
Nicht zum Kusse rother Lippen, nicht zu Kurzweil, Schäkerspiel,
nicht zum Zarten, nicht zum Zänzeln: nein, ich zeig' euch andres Spiel.
Nicht zu Becherklang entbiet' ich euch und nicht zu Bieres Kraft,
nicht zu Weidmanns Lust im Walde, wo das Wild erlegt der Schaft:
Nein! zu Ziewes
Ziu (gen. Ziwes, Ziewes) der deutsche Kriegsgott, altnord. Tyr. Daher Ziewestag, Ziestag, Tiestag, verderbt Dienstag, dies Martis. Werken ruf ich euch auf und zu Zornes That:
rüstet euch zur Rache, Mannen, rächen sollt ihr den Verrath!
Wer dem Herscher hold in Treuen ist, der hebe Hand und Schwert:
zahlt er mit dem Leben, steiget jedes Kriegers Lob an Werth.
Keine Furcht der Mann denn fühle! jedes Faust erfasse kühn
Geer und Goldrand
Schild.; nicht für Niedres soll des Guten Herz erglühn.
Kämpferruhm jetzt steht zu Kaufe: seinen Preis der Kühne zahlt,
der um Ehre weiss zu werben, der in eignem Glanze strahlt.
Seinen Werth bestimmt heut selber jeder, der die Waffen trägt,
der im Mordgewühle mannhaft wider diese Mörder schlägt.
Fernt drum alle Furcht, Genossen, zeiget kühnen Fehdemuth,
auf! den kalten Kampfstahl röthe dieser frechen Kämpen Blut!
Durch solchen Zuruf erwachte Biarki; er rüttelte seinen Zimmerknaben Skalk, und rief ihm zu:
Auf du, Skalk, und öffne
deiner Augen Thüren !
kehre rasch die Kohlen
auf den Kamp zusammen!
Hell das Feur sich hebe
durch den Hauch des Mundes;
fauche, dass der Funken
Gluth an Fülle wachse!
Holz dann gieb dem Herde
dass er Hitze biete ;
leuchten soll sein Licht hier,
dass die Leute sehen.
Weichen seiner Wärme
soll die Wuth des Frostes,
Hand mir warm und Herz sei,
nahn sich holde Freunde!
Hialti sprang darauf wider die Feinde. Als er im Gewoge des Streites zu Biarki's Wohnung zurück kam, und er ihn noch nicht sah, rief er:
Süss ist es uns, dem Siegbelohner
die reichen Gaben reich zu gelten;
bei Schwertes Geschwirr' im Schwall des Kampfes
an lichtes Lob das Leben zu setzen.
Seine Tugend jeden Tapferen mahnet
dem wohlverdienten Wehrvolkleiter
treu zu folgen, getrosten Muthes
das Leben zu schützen des Landgebieters.
Schwerter und Helme, schwergoldne Ringe,
die Kettelbrünnen, die der König reichte,
Hrôdhulf den Helden,– zu hartem Kampfe
der Männer Muth sie mächtig reizen.
Die Zeit nun kam, und es ziemt uns, denk' ich,
wes im Frieden froh wir wurden,
zu verdienen es nun im Dienst der Waffen,
für heiteren Scherz Herbes zu kiesen!
Denn Helden gebührt, hochgemuthen,
nach beiden Loossen mit Lust zu fassen,
mit gleichem Blicke nach Glückes Laune
Herbes und Heiteres hinzunehmen.
Wes am Kessel wir uns kühn vermassen
vor dem Gebieter Bieres trunken,
alle tugendlichen Thatgelübde
lasst erfüllen uns nun festen Muthes
Auf dem Kessel, worin das Bier von der Hausfrau gebraut ward, legten die Helden ihre Gelübde, rühmliche Thaten zu vollbringen, festverbindlich ab. Solche Gelübde hiessen Kesselgelübde. Ursprünglich waren es wohl Kessel, die zu gottesdienstlichem Gebrauche bestimmt waren, Blutkessel, Opferkessel, unter deren Berührung geschworen ward..
Leisten wir nun das Gelöbniss muthig,
das auf Ebers Haupte wir angelobten,
bei Ull und Thor, Ôdhin und Bragi,
und bei allen den Âsensöhnen!
Der Eber (aus Erz), auf dem ebenfalls Gelübde abgelegt wurden, war eine bildliche Darstellung des dem Gotte Frey heiligen Ebers. Besonders am Julabende (23. Dec.) wurden die Ebergelübde gegeben. Man verpflichtigte sich dadurch gleichsam dem Gotte selbst gegenüber. Auch sonst erscheint das Eberbildniss, zumal auf den Helmen der Verehrer des Gottes. Schon Tacitus erwähnt dieser Eber, von denen man Beschützung im Kampfe erwartete. Auch in dem angelsächsischen Gedichte Beówulf, wird oft ihrer gedacht.– Ull ist der Sohn der Sif, folglich der Stiefsohn Thôr's. Er ist der rüstige Bogenschütze und Schneeschuhläufer, schön von Antlitz und kriegerisch. Sein Wohnsitz heisst Ydalir (Eibenthal, aus dem Holze der Eiben wurden die besten Bogen gemacht, ŷbogi, Eibenboge). Dem altnord. Ullr, gen. Ullar, Dat. acc. Ull, würde ein altdeutsches Wuldh, goth. Vulths entsprechen; aber das goth. Vulthr, angelsächsische Vuldor beweisen, dass in den anderen Mundarten das Wort -ar-Ableitung hatte, also hochdeutsch Woldar lautete. Die Bedeutung des gothischen und angelsächsischen Wortes ist Glanz, Herlichkeit, majestas. Die erste Strophe eines westfälischen Ernteliedes, die vor Jahren im Bragur, glaub' ich, mitgetheilt ward, scheint ihn noch zu kennen, obgleich man nicht begreift, was dieser Gott mit der Ernte zu thun hat, da er ein Gott des Winters ist und als solcher Balder's Gegensatz. Die Strophe lautet:
Wold, Wold, Wold!
hewenhüne weit wat schüt,
jim hei dal van hewen süt,
fülle kruken un sangen heft hei,
up dem holte wässt mengerlei;
hei is nicht born, hei wird nicht old,
Wold, Wold, Wold!
Allein da hier Wold mit old (alt) reimt, könnte gar wohl ein Wald = Bald = Baldar darin stecken, der ein Gott des Sommers war, aber freilich, so viel man noch jetzt von ihm weiss, mit der Ernte nichts zu thun hatte.– Bragi war der Gott der Dichtkunst und Beredtsamkeit. Die letzten genannten Götter, Thôr und Ôdhin, diese wenigstens sind so ziemlich, wenn auch nur den Namen nach, allgemein bekannt. Uebrigens nennt Saxo hier nur summum Jovem superosque potentes.
Mein Heerfürst ragt der Helden bester,
der Dänen erster und aller Männer;
um den Werthen sich denn die Wackeren schaaren,
nur der Furchtbleiche fern ihm bleibe!
Nur Kühner bedarf der König der Männer
und strenger Streiter im Streitgetümmel,
nicht Rückenwender noch Rasenhocker,
noch die vor Schwertes Schwung erbleichen.
Des Königes Kampfmuth in den Kämpfern oftmals
den wackern wurzelt. In's Waffengetümmel
um so froher er tritt, je freudiger ihn
die muthigen Männer in Macht umringen.
Mit fester Faust der in Fehden kühne,
wackre Wehrmann die Waffen ergreife;
an der Hilze
Schwertgriff. die Hand, den Heerschild tragend,
die Streiche verachtend zum Streit' er dringe!
Den Rücken zum Schlage kein Recke zeige
der Faust des Feindes, noch fang' er zaghaft
mit den Herten
Schulterblätter. auf des Heerstahls Schneide;
die breite Brust er dem Bruche biete!
In erster Reihe die Aare kämpfen,
mit rauhem Rachen die raschen dringen
zu vorderst an: diesen Vögeln gleicht euch,
bietend den Bissen die Burg des Herzens
Der Skandinavier sagt: das Schwert beisset. Burg des Herzens ist die Brust..
Ha! die Frechen in frevlem Muthe,
behelmtes Hauptes, den Heerrand hoch,
erzumgürtet den Ansturm wagen,
mächtig in der Männer Mitte brechend!
Des Sieges sicher sich der Saalgast wähnet,
träge zur Flucht er trotzvoll andringt;
als wär er allen unbezwinglich,
verachtet der Schwede das Schwert der Dänen.
Goldbehelmet ihre Geere werfen
die grimmen Gauten
Die schwedischen Götar sind keine Gothen, sondern Gauten., Groll im Blicke;
in Dänenblute die düsteren röthen
Beil' und Barten
Streitwaffe mit zwei grösseren Beilen versehen; die Halbbarte hat stets nur ein Beil und einen Stachel statt des anderen an längerem oder kürzerem Stabe., uns busslos fällend.
Was sinnest du, Hiarthwar, den mit Hass' erfüllte,
mit wirrer Wuth des Weibes Tücke?
Mit schädlichem Rathe in Schuld sie stürzte
dich, argen Unheils üblen Stifter.
Wortbrüchig du wardst dem werthen Fürsten,
heisse Herschgier das Herz dir reizte;
die frevelgiere Frechheit deines
Weibes dir rieth solch Weh zu stiften.
War's Dummheit, die dich zu der Dänen Feinde
und ihres Herschers Höhner machte?
Zu solcher Schmach was schmeidigte dich,
was hiess treulos diesen Trug dich schürzen?
Was zaudr' ich noch? was zögr' ich immer?
Die letzte Nahrung uns labte, denk' ich!
Der Fürst, er fällt
Dass Hrôdhulf mit allen seinen Mannen in diesem Kampfe fiel, sagt uns das Ende der Sage., und das Volk verkommt,
die Stadt das Geschick der Zerstörung hingab.
Der Endetag für alle nahte,
die nicht Weichlinge sind, Waffenscheue,
und feige des Fürsten Fall ertragen,
der eigenen Ehren übel wahrend.
Auf, Ruta! Du dich gerüstet zeige,
das lockichte Haupt, das lichte, erhebe,
aus deiner Kammer in Kühnheit eile,
zum Streite komm und zu strenger Rache.
Dich Muthige ruft der Mordkampf draussen
her zum Heerstreit; das Haus erdröhnet
vom strammen Sträuben des Streitgetümmels,
die Thüren zugleich vom Tosen des Kampfes.
Die Brünnen durchbricht der braune Kampfstahl,
die Ringe reissen, sie rieseln nieder;
der Wurfgeer weite Wunden öffnet,
sein Biss durchbohrt die Burg des Muthes.
Zerschroten ist schon der Schild des Fürsten;
laut dröhnt das Langschwert; den Leib der Männer
durchschlägt das breite Schlachtbeil knirschend;
die Brächse durchbricht die Brüste Rippen
Brächse, Streitaxt; heute heisst noch so das Beil der Fleischhauer..
Was zagt der Muth? was zittern die Herzen?
wes ermatten so die müden Schwerter?
Offen ja das Thor steht unseren Leuten,
aussen nur umdröhnt von irrem Kampflärm.
Hialti warf sich nun abermals auf die Feinde und schlug sie reihenweise zu Boden, so dass das Blut weit hin den Boden röthete. Als er zum dritten Male zur Wohnung Biarkis gekommen war, und nun wähnte, dass er aus Furcht sich so schlaftrunken und ruhebedürftig stelle, rief er ihm tadelnd also zu:
Wes so schlaff nun, Biarki? Hält dich Schlaf gefesselt?
Welchen Brauch befolgst du? Komm, sonst Brand umfasst dich.
Wähle was du willst nun: nein doch, Waffen fasse!
Braune Bären also mag der Brand bedrängen.
Heizen wir das Haus denn! Von der Hitze mögen
diese Balken bersten! Gluth den Bau belecke!
Dach und Decke sollen in dem Dunste qualmen:
für des Warges
Warg, Wolf, dann der gesetzlich Verbannte, der aus dem Verbande der Bürger nach dem Rechte Ausgeschlossene und nun in Wäldern Hausende.; Wohnung ziemt die Wuth der Lohen
Wer gegen die Landgesetze verbrochen hatte, ward, wenn er nicht nach Rechte büsste, verbannt; wenn er dann nicht freiwillig aus seinem Hause wich, ward er durch Feuers Brand ausgetrieben. Aehnliches sagen noch spät die friesischen Gesetze, und Karl der Grosse in Capitul. Saxon. de anno 797, art. 8. verordnet das Gleiche. Hier wird Biarki mit Brande bedroht, weil er, wie Hialti glaubt, sich dem Waffendienste, wozu er pflichtig ist, sich entziehen will..
Aber nein! Dir niemals soll sich nahn die Brandgluth,
nein! die Waffen tragend für so werthen König
lass uns Keile bilden
keilförmige Schlachtordnung., fest zum Kampfe dringen,
und die Fechter führen, wo der Fürst uns hinruft.
Weist du, wie einst Hrôdhulf Hrôk, des Geizers Sprössling
Saxo lässt Hrôdhulfen den Sohn Hrôkes, den er Rôrik, d. i. Hrôdhrik, nennt, besiegen; aber da der Besiegte später als alt, als Sammler der Schätze und als geizig bezeichnet wird, so ist sonder Zweifel Hrôk selbst von Hrôdhulf besiegt worden. Der Name Hrôdhrik, Ruhmes König, passt auch nicht für den Geizigen, wohl aber Hrôk.,
fällt' in jener Fehde, diesen Feind, den schlauen?
Reich an Habe war er, seine Hand doch wusste
nicht das Gold zu brauchen, da der Geiz ihn zwängte.
Würde hatt' er wenig, aber Wuchers kundig
hielt das Gold er werther als des Geervolks Achtung;
dem Gewinne weichen musste Weiser Mahnung;
Goldes war er gierig, doch nicht guter Freunde.
Als nun Hrôdhulf's Schiffe nahten Hrôkes Lande,
rief der Knauser eiligst seine Knecht' und Mägde;
alle Schrein' und Schränke hiess im Schreck er leeren,
alles thöricht werfen vor das Thor der Feste.
Auf Begabung dacht' er, auf den Geerkampf minder,
ohne Kämpfer wähnt' er so den Kampf zu führen,
nicht mit Geer und Schwerte, nein, mit Gold' er kämpfte,
mit Geschenken hofft' er Leibes Schutz zu kaufen.
Rothes Armgold nahm er aus der Eichentruhe
zum Verderben aber es ihm dienen sollte,
da zu Feindes Beute seine Feigheit machte,
was ihm Kampfgenossen wohl erkaufen mochte.
Der nie Ringe reichte, nie die Recken ehrte,
der das Geben hasste, niemals Gold vertheilte,
widerwillig jetzo gab er Wucht des Goldes,
seinen Hort, den alten, recht in Hast vergeudend.
Doch der König wollt' ihm nicht den Kampf erlassen
seines Goldes wegen, das nicht Gunst ihm theilte:
zu dem Erze nahm er, dass es Alle sahen,
Leib ihm auch und Leben zu der Leute Freude.
Nach dem Siege Hrôdhulf unter seine Mannen
all das Gold vertheilte, seines Geeres Beute;
was seit hundert Jahren Geizes Hand erraffte,
ward der Kämpfer besten zu der Kühnheit Lohne.
Hrôkes Stadt dann, die mehr reich als stark sich zeigte,
sonder Blut gewonnen von dem blöden Fürsten,
seinen Mannen gab er ihrem Muth, zur Beute.
Also galt er immer: das war guter König.
Nichts so schön ihn dünkte, dass er's schonen wollte,
nichts so theuer war ihm, stets den Tapfern gab er's;
Erz galt ihm als Asche; nach der Ehre mass er,
nach Gewinn das Jahr nicht, noch mit Wuchrers Maasse.
Kühner Männer kühnster wollt' im Kampf er immer sein,
so lang er lebte. Seines Leibes Stärke
Macht ihm bot und Mittel jeden Mann zu beugen.
Alles war ihm eigen, und ihn ehrte jeder.
Stets zum Streit' er stürzte, wie der Strom zum Meere
unaufhaltsam eilet, allem übermächtig;
rasch die Rechte hub er zu der Rache Schlägen,
wie der Hirsch den Hunden zeigt der Hörner Spitzen.
Hände dort und Häupter, sieh, zu Haufen liegen,
bleiche, blutbespritzte, dicht auf blassem Sande;
rauchend fliesst das rothe Blut, so reich vergossen,
dampft empor in Dümpeln aus der Dänen Adern.
Heergrimm wirft sich Hiarthwar auf das Hausgesinde,
kampfgewaltig kommt er; je den kühnsten ruft sein
Geerstoss zur Vergeltung: doch vergilt ihm keiner,
denn sein Stoss ihn stürzet, der zu stehn ihm wagte.
Froh des Streites, freudig seh' ich Frôdhi's Enkel
lachen, wenn die langen Schwerter laut erklingen
und der Gauten Geere seinen Goldrand schrammen:
Helm und Haupt zerschlägt er dem, der Hass ihm zeiget.
Frisch wie Frôdhi streut er, der mit freien Händen
einst auf Sirtwalls Sandflur goldnes Saatkorn streute;
ähnlich seinem Ahnen ist auch Er ein Sämann,
doch behelmte Häupter seine Hände säen.
Siehe oben die mitgetheilte Sage von Frôdhi.
Heiter unserm Herscher lasst denn heut' uns folgen,
nicht zu sichrem Siege, doch zu süssem Tode!
Stolz den Streitruf wollen wir im Sturm' erheben,
tapfre Thaten sollen unsre Tugend künden!
Die zu stolzem Wort' oft wir die Stimm' erhuben,
auf! mit tapfren Thaten jetzt den Tod wir suchen!
Fern die Furcht uns bleibe und der Feigen Zittern:
Kühne wenig kümmert, ob im Kampf sie fallen!
Wehr und Waffen sollen unsern Werth bestimmen!
Ruhm der Recken dauert, nicht wie Rauch er schwindet.
Um der Helden Hügel rauscht der hohen Thaten
lautes Lob, es lebt noch, wenn der Leib auch modert.
Was im Zimmer zauderst du noch zage, Biarki,
hinter Schloss und Riegel? Oeffne schleunigst, öffne!
Dreimal schon erdröhnte meinem Drang die Thüre,
meine Stimme dreimal rief zum Streit dich, komm doch!
Da trat denn Biarki mit Ruta unter die Thüre und Biarki sprach also:
Mich du, Hrôdhulf's Schwager, mahnest du zum Mordgewühle, mich,
mit so herber Rede, Hialti? Weist du, kühner Held, denn nicht,
dass, wer, grosse Worte greifend, andre ruft in grausen Streit,
selbst es wagen muss, die Worte zu bewähren durch die That!
Stolze That will stolzer Anspruch. Aber still! ich stelle mich,
warte nur noch kurze Weile: schon ich nahm das Waffenhemd
Helm und Heerschild, um die Hüfte gürt' ich, was den Helden ziert,
diess mein Schwert; nun will ich's schwingen, bis die letzte Kraft mir schwand.
Will im Rauch nicht hinter Riegeln röcheln; rauh das Feur mich dünkt.
Grüne Bucht des Eilands barg mich, seit ich mich vom Busen riss
meiner Mutter; Wassers Milde darum mein Gemüth erfreut.
Eng' ist meiner Heimat Aue; doch der edle König gab
zwölf der Höfe mir, und zweimal zwölf ist meiner Knechte Zahl;
ihre Kinder mir auch fröhnen. Jetzt, ihr Kühnen, höret mich:
Auf die Herten
Schulterblätter. werft den Heerschild, kämpft mit hingebotner Brust,
ringt das Erz um eure Arme, dass ihr, wie's den Edlen ziemt,
geht zum Streit' und um so strenger Streich ihr dann mit Streiche zahlt.
Weite Wunden sollt ihr hauen, keiner weich' um Fusses Tritt,
fechtet unter Feindes Schwertern, dass den Fürsten rächen wir,
der uns lieb und werth im Leben war, und lösen unser Wort.
Einen Raubes gierigen Raben schlug ich einst mit rascher Hand,
als mein deutsches Schwert ich, Snyrti, wider ihn in Schwunge schwang;
Agnar war es, Ingeld's Sprössling: von dem Einzelkampfe seit
hiess der Kühnen Volk mich Kämpe, weil ich kämpfte diesen Kampf.
Mir im Haupte brach sein Hödhing (also hiess sein hartes Schwert);
wirser hätt' es mich verwundet, war das Waffen schärfer noch.
Ich die Link' ihm schlug vom Leibe, durch des Leibes linken Theil
fuhr mein Schwert, den rechten Fuss ab schlug es ihm: so fiel mein Feind,
rasch mein Stahl sich durch der Rippen Reihen hatte Raum gemacht.
Nimmer fand ich kühnren Kämpfer, wie viel Kämpfer auch ich sah!
Halb schon Leiche, lehnt er auf die Rechte sich und lachte laut,
lachend schied er aus dem Leben, höhnte lachend noch den Tod,
wohlgemuth nach Walhall fuhr er, wo die Wunschmaid
Walkyrie. ihn empfieng,
wo ihn Bragi's Mund begrüsste, Göndul ihm den Becher bot.
Bragi, der Gott der durch Lieder Ruhm verleiht; er empfängt die Helden in Walhall, und Göndul, eine Walkyrie, bietet ihnen den Becher.
Nicht der Kettelschurz ihm konnte schirmen seinen kühnen Leib,
nicht die Stärke seines Streitdachs
Schild., alles diess mein Stahl durchdrang.
Wo nun sind der Gauten Führer, Hiarthwar's geerbewehrte Schaar?
Kommt heran, die Kraft zu messen! Kühne bieten jetzt euch Kampf!
Beste sind schon Todes Beute, liegen auf dem Boden hier,
ja, mein Hrôdhulf, deine Holden
Dienstleute. sanken hier des Feindes Hand;
nicht geringes Volk nur raffte Hel als ihren Raub hinab,
nein! die Besten sind entboten in der bleichen Göttin Haus.
Hierauf stürzen sich Biarki, Ruta und Hialti in das Kampfgetümmel. Nachdem Biarki eine Menge Feinde getödtet und erlegt hat, tritt er zurück, um sich durch kurze Rast zu stärken. Er spricht dabei also:
Nie sah grimmern Graus im Kampf ich, grösser nie der Streiter Groll,
Schlag vergelten sie mit Schlage: schlage denn wer schlagen darf! --
Nun, was treibt er, der mich trotzig unter die Zertrümmrer rief,
mancher Reckenthat sich rühmend, Andrer Ruhe rügte streng?
Grosser Dinge sich vermass er, Andre grollend er beschalt,
gleich als hätt' er hundert Hände, hundert Leben; hieher sieh!
schau den Berg, erbaut aus Leichen! also mein Erbot ich hielt,
nicht zur Hel ich einsam wandre, Heervolk zieht in Haufen mit!
Da kamen Hialti und Ruta auch herbei und Hialti erwiderte:
Mag ich auch nur Halbes leisten, ich bin hier, und Hülf ist auch,
wo wir stehn, dir stark von Nöthen. Nimmer stolzern Feind ich traf!
Schau nur meinen Schild, zerschalmet
schalenweis abgespalten. ist er, ganz und ganz zerschellt,
Trümmer kaum am Arme trag' ich, auch der Buckel Erz mich trog.
Jetzt nun bist du munter, Biarki, wenn auch minder, als des Noth,
deine Säumniss du zu sühnen suchest, wie das sehn ich kann.
Darauf antwortete Biarki:
Kannst du nicht dein Reizen lassen, deiner Rüge rauhes Wort?
Wunde zwinget mich zu weilen: eines Schweden Wurfgeer drang
in die Brust mir; meine Brünne widerstund dem Bruche nicht,
alles Ringgeflecht zerriss er, gleich als wär' es Raiteltuch
Nesseltuch, wodurch man siebt (schwäbisch: raitelt).,
keinen Schutz der Schurz gewährte, keinen Schirm das Eisen bot.–
Wo nun Ôdhin sei, der Ueble, denn nur Er, nur Er mich traf,
der nur eines braucht der Augen, dieser arglistvolle Gott,
das nun, Ruta, rasch mir künde, siehst du hier im Raum' ihn gehn!
Es war Glaube des nordischen Alterthums, dass Ôdhin selbst an Kämpfen sich betheiligte, wenn ein Held, den kein Sterblicher fällen konnte, fallen sollte. So tödtete er selbst Sigmunden, dem er einst selbst ein Siegschwert gegeben hatte, und ebenso tritt er entscheidend auf im Kampfe Hamdi's und Sörli's wider Jörmunrek, und räth die beiden Helden, die kein Schwert verwunden konnte, mit Steinwürfen zu tödten..
Ruta sagte darauf:
Nah' dein Auge meinem Arme, durch des Kreisses Oeffnung schau
Sie stemmte den Arm in die Seite. Noch heute behauptet der Aberglaube, dass man auf diese Weise Geister sehen könne.,
doch zuvor des Sieges Rune setz' auf deine Sehe hin
Den Runen wurden die verschiedenartigsten Kräfte zugeschrieben. Oben in der Sage von Hadding sahen wir, dass sie Todte zu erwecken vermögen. In Sigurdrîfa's Liede werden Str. 6--19 eine Menge Runen nebst ihren Kräften aufgezählt. Saxo bezeichnet hier die das Auge schärfende Rune durch victrix signum, die Rune soll bewirken, dass das Auge den Widerstand besiege und dasjenige sehe, was sonst nicht sichtbar ist.,
und dein Auge wird erblicken Ôdhin sonder Ungemach;
er ist hier, der Heerstreit ist ihm Lust, wo Helden heim er ruft.
Da sprach Biarki, nachdem er durch den Arm der Ruta geblickt hatte:
Wenn der Frigg
Deutsch hiess sie Frija. Gemahl ich fassen könnt' in frevler Feinde Schaar,
ob den Düstern auch bedeckte weissgefärbten Schildes Dach
Weisser Schild war Zeichen friedlichen, rother feindlichen Kommens.,
lenkt' er auch sein Ross, das lichte
Ôdhin's achtfüssiger Schimmel, Sleipnir ist gemeint., Leithra, traun verliess er nicht,
denn den Fehdegott zu fällen ist des Fehdemannes Recht
Dieser stolze Muth, selbst mit dem obersten Gotte den Kampf bestehen zu wollen, ist für den nordischen Helden bezeichnend. Er lehrt aber zugleich, dass die alten Lieder, die Saxo benutzte, in einer Zeit entstanden sein müssen, da der Glaube an die Macht der Götter schon tief gesunken war. Es werden bekanntlich Helden in den letzten Zeiten des Heidenthums genannt, die nicht mehr an die Götter, nur noch an sich selbst glaubten. Als einst ein solcher Mann Olaf dem Heiligen seine Dienste anbot, fragte ihn der König, an wen er glaube. Bis heute, erwiderte jener, habe ich nur an mich selbst geglaubt; fortan werde ich an Dich glauben. Wenn Du an mich glaubst, sagte da der König, so musst Du auch an den glauben, an den ich glaube, und so bekehrte Olaf jenen zum Christenthume..–
Vor des Königes Augen
Ôdhin's, des Königs der Götter. kiese Beute nun der kalte Tod!
Alldieweil wir leben, lasst uns lauter handeln und im Licht,
dass mit Ehren auch wir enden dieses irdischen Lebens Lauf;
hoch sich unser Hügel hebe, kühner Thaten hohes Maal.
Zu des todten Herschers Haupte bin zur Hinfahrt ich bereit,
seine Füsse sterbend fasse du: wir folgen ihm getreu.
Wer uns sieht in solcher Einung, sicherlich dann laut er sagt,
dass wir gar vergolten haben all das Gold, das er uns gab.
Sein wir Raub auch wilder Raben, oder rauher Aare Raub,
füttr' auch unser Leib die Vögel
Es war in Norden, wie Lieder und Sagen erwähnen, nicht gerade ungewöhnlich, dass man erschlagene Feinde unbestattet, eine Beute der Vögel und Wölfe, liegen liess. Zuweilen liess freilich auch ein Sieger den im Kampfe gefallenen Gegner auf das Feierlichste bestatten. Was mit ihren Leibern geschehen würde, wusste Biarki nicht, so konnte er wohl das Schlimmste in Aussicht stellen.: so zu fallen, traun, geziemt
allen wackern Waffenträgern, denen werth ihr Herscher war.
Saxo fügt seinen Versen folgende Worte bei: Diese Ermahnung habe ich deshalb metrisch bearbeitet, weil ihr Inhalt, den ein dänisches Gedicht enthält, von sehr vielen des Alterthums kundigen Männern im Gedächtnisse bewahrt wird.
Die Gauten also hatten den Sieg und das ganze Heergefolge Hrôdhulf's war gefallen; nur Wögg lebte noch von all der Jugend. Die dänischen Hofmänner weiheten den grossen Verdiensten ihres Königes solche Anerkennung, dass sein Tod sie alle bewog, gleichfalls den Tod zu suchen, und dass es ihnen süsser war, sich mit ihm durch den Tod wieder zu vereinigen, denn zu leben.
Hiartwar Der Name schwankt zwischen Hiarthwar, Bewahrer der Herde, und Hiartwar, Bewahrer des Herzens. In der altnordischen Sage von Hrôlf heisst er Hiörvard (Schwertbewahrer)., der über den Sieg sehr erfreut war, wollte diesen durch ein Gastmahl feiern, und hiess die Tische dazu rüsten. Beim fröhlichen Trinkgelage äusserte er sich, es wundere ihn, dass von dem so grossen Gefolge Hrôdhulf's Niemand durch Flucht oder Ergebung das Leben retten gewollt habe. Daraus könne man abnehmen, wie theuer ihnen ihr König gewesen sein müsse, da ihn Niemand habe überleben wollen. Zugleich sagte er, dass er solche Männer sehr gern in seine Dienste genommen haben würde. Da ward ihm Wögg gebracht. Er beschenkte ihn sofort reichlichst und fragte ihn, ob er nicht geneigt wäre, in seine Dienste zu treten. Als Wögg seine Geneigtheit aussprach, bot er ihm ein nacktes Schwert. Wögg wies die Spitze zurück und verlangte den Griff Da Wögg bereits beschenkt ward, so kann er keine Arglist bei dem Könige voraussetzen, und nicht, um sich vor Verwundung zu schützen, wie Hadubrand, als ihm Hildebrand Goldringe auf der Spitze des Geeres darbietet (Siehe meine Herbstabende und Winternächte, Bd. I, S. 42.), weigert er sich die Klinge des Schwertes zu erfassen, sondern er verlangt den Griff, um sogleich zum tödlichen Stosse bereit zu sein., denn so habe es Hrôdhulf gehalten, wenn er Kriegern ein Schwert dargereicht habe. Als Hiartwar nun das Schwert umwandte und ihm den Griff entgegen bot, ergriff Wögg diesen sogleich und stiess das Schwert durch das Herz des Gebers. So rächte er Hrôdhulf und löste sein Wort, das er ihm gab, als er in seinen Dienst trat. Er rühmte sich laut seiner That, und als das Gefolge Hiartwar's sich auf ihn stürzte, bot er ihnen willig seinen Leib dar, indem er ausrief, der Tod des Zwingherren mache ihm mehr Freude als sein eigner Schmerz. So ward das Lustgelage in ein Todtenmahl umgewandelt und auf die Freude an dem Siege folgte das Leid um den Todten. Wögg scheuete nicht die Hände der Rächer, da er den Sitz Hrôdhulf's von dem Blute seines Besiegers bespritzt sah. So hat derselbe Tag die Herschaft Hiartwar's begründet und beendet. Was durch Trug erworben ward, wird durch Trug entrissen. Kein Gewinn hat Dauer, der durch Verrath und Frevelthat erlangt ward. So kam es, dass die Schweden, eben erst noch Herren Danlands, nicht einmal ihr Leben zu erhalten vermochten: sie wurden von den Bewohnern Seelands erschlagen und büssten so die Ermordung Hrôdhulfs. Das Geschick unterlässt es selten durch Trug und Verrath gemachten Erwerb zu bestrafen Eine viel reichere, aber auch viel jüngere und in Einzelnem von unserer sehr abweichende Sage ist die altnordische von Hrôlf Kraki, die wir später mitzutheilen gedenken. Allein auch diese Sage übergeht noch manches, was ältere Gestaltungen derselben bieten mochten. Unbekannt ist z. B. allen diesen nordischen Sagen das Verhältniss Hrôdhulf's zu Hrôdhgeir, welches im Beówulf als ein jetzt noch friedliches (was auf spätere Zwietracht hindeutet) bezeichnet wird; nichts wissen sie von seiner in dürftigen und bedrängten Verhältnissen verlebten Jugend, deren das Gedicht von Beówulf gleichfalls gedenkt; nicht kennen sie endlich den Kampf, den Hrôdhgâr und Hrôdhulf gemeinschaftlich wider die Hadubarden (ein Nebenzweig der Langobarden; ihre Hauptstadt war Bardowik, d. i. Bardenstadt), der Bardi bellicosissimi, wie sie Helmold nennt, bei Heorot, der Burg Hrôdhgâr's kämpften, an welchen Widsith's Wanderlied erinnert. Die Sage war also im siebenten und achten Jahrhunderte reicher, als sie das zwölfte und vierzehnte darbietet..
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