Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

2. Drôtt und ihre Söhne Hildigêr und Halfdan.

Mit Sigar's Söhnen war das Herschergeschlecht der Dänen vernichtet. Das Volk übergab also die Verwaltung des Reiches fünf Häuptlingen, welche die fünf Reichsverweser genannt werden. Ôstmâr erhielt Skâne, Hunding Seeland, Hani Fiun (Fünen), Rhôdhrîk und Hadher Jütland. Allein die Ereignisse beriefen bald ein neues Geschlecht zur Herschaft über das gesammte Volk. Gunnar nehmlich, ein schwedischer Häuptling und als der tapferste derselben bekannt, war aus verschiedenen Gründen ein Feind der Nordmannen, und auf seine Bitten ward ihm gestattet, Norwegen mit Kriege zu überziehen. Aber die Gefahren, denen er zu begegnen hatte, vermehrten seinen Grimm. Zuerst überzog er den Gau Jadhar und verwüstete ihn mit Schwert und Feuer. Unbekümmert um Beute erlabte er sein Herz nur an mit Leichen bedeckten Wegen und mit Lust schritt er auf den mit Blute bespritzten Pfaden dahin. Sein Grimm brachte die Bewohner des Landes bald dazu, dass sie, um der nahenden Gefahr zu entgehn, sich ihm unterwarfen. Aber der greise König der Nordmannen, Regnwald, schloss, als er von des Wütherichs Grimme Kunde erhielt, seine Tochter Drôtt in eine zu diesem Zwecke zubereitete Höhle ein, gab ihr schickliche Dienerschaft und sorgte auf lange Zeit hin für die nöthigen Lebensmittel. In derselben Höhle verbarg er aber auch seine kostbaren Schwerter, das Werk kunstreicher Schmiede, mit anderen Kleinoden des königlichen Hauses, auf dass dieselben nicht, da er sie nicht mehr führen konnte, dem Feinde in die Hände fielen. Und dass nicht eine Erderhöhung die Höhle verriethe, ebnete er alles sorgfältig. Darauf zog er zum Kampfe. Da er jedoch mit seinen greisen Beinen nicht rasch genug sich fortbewegen konnte, so stützte er sich auf die Schultern zweier Diener und schritt so dem Feinde entgegen. Der von ihm mit Eifer gesuchte Kampf nahm einen für ihn unglücklichen Ausgang: er fiel und hinterliess seinem Volke triftigen Grund sich zu schämen.

Der siegreiche Gunnar nun gab dem besiegten Volke, um dasselbe für seine Schlaffheit auf eine ungewöhnliche Weise zu bestrafen, einen Hund zum Beherscher, und auf dass die Schmach vollständig sei, befahl er, dass die dem Hunde zugegebenen Häuptlinge unter dessen Namen alle Staatsgeschäfte besorgten. Zur beständigen Aufrechthaltung dieser Herschaft setzte er verschiedene Arten von Häuptlingen ein; zugleich bestimmte er, dass, wenn einer der Höflinge an der gebührenden Achtung gegen seinen Gebieter es fehlen liesse oder den Herumstreifenden demüthig zu grüssen versäumte, er diess Verbrechen durch den Verlust gewisser Glieder büssen sollte. Auch legte er dem Volke zwiefache Steuer auf, deren eine im Frühlinge, die andere im Herbst zu leisten war. So ward den Nordmannen ihr Hochmuth gelegt, und dadurch erreicht, dass sie das Verderbliche ihres Stolzes williger anerkannten, da sie denselben zu hündischer Unterwerfung niedergebeugt sahen.

Als Gunnar vernahm, dass die Tochter des Königes in einem fernen Verstecke eingeschlossen sei, strengte er alle Kräfte seines Geistes an sie aufzuspüren. Da ereignete es sich, dass er selbst, indem er mit Andern nachspürte, mit sicherem Ohre den Klang eines unterirdischen Gemurmels vernahm. Er schritt behutsam vor und erkannte bald, dass es menschliche Stimmen seien. Sofort befahl er den Boden aufzugraben, und bald lag die Höhle mit ihren gewundenen Gängen offen vor seinen Augen. Die Mägde, die die entdeckten Zugänge zur Höhle zu vertheidigen suchten, wurden umgebracht, die Jungfrau nebst allen daselbst niedergelegten Kleinoden an das Licht gezogen; nur die Schwerter ihres Vaters hatte sie mit grosser Vorsicht in einem sicheren Verstecke geborgen. Gunnar machte sie zu seiner Kebse und zeugte mit ihr einen Sohn, den er Hildigêr nannte. Dieser jedoch wetteiferte bald so sehr mit seinem Vater in der Grausamkeit, dass er an nichts als am Morde Vergnügen fand und stets nach Blute dürstete. Zuletzt ward er deshalb sogar von seinem Vater verbannt, bald jedoch von Alfher zum Beherscher eines Gaues ernannt. Nun überzog er alle Nachbarn mit Krieg und Mord, brachte alle seine Zeit unter den Waffen zu, blieb seinem Wesen trotz der Verbannung treu und änderte aus gewohnter Lust an der Grausamkeit nicht im geringsten seine Gesinnung.

Inzwischen hatte Borkar vernommen, dass Gunnar Regnwald's Tochter Drôtt mit Gewalt zu seiner Kebse gemacht hatte. Deshalb nahm er ihm Weib und Leben und vermählte sich mit Drôtt. Nicht ungern trat sie in diese Ehe, weil es nur billig schien, dass sie dem Rächer ihres Vaters ihre Hand reiche; denn eine den Vater betrauernde Tochter konnte unmöglich dessen Tödter in Liebe zugethan sein. Ihr und Borkar's Sohn war Halfdan, der in seiner Jugend für blödsinnig galt, später jedoch durch die glänzendsten Thaten sich berühmt machte. Noch als Jüngling erlegte er einen der berühmtesten Kämpen mit dem Stocke, den er gerade in der Hand trug, weil er ihn, der mit einem Knabenspiele beschäftigt war, auf den Mund geschlagen hatte. Durch diese That, die den Ruhm seiner künftigen Leistungen gleichsam vorausverkündete, verwandelte er die Verachtung seines vergangenen Lebens in die strahlendste Anerkennung seiner Zukunft. Sie war gleichsam ein Herold seiner künftigen Kriegsthaten.

Der erste Kampf, in welchem Halfdan mitkämpfte, war die Schlacht, die sein Vater Borkar mit dem ruthenischen Wîking Rodhi schlug, in welcher beide Führer ihren Tod fanden. Rodhi belästigte schon seit Langem Danland, durch räuberische Einfälle, wobei er die grösste Grausamkeit an den Tag legte. So befestigte er z. B. den rechten Fuss Gefangener an der Erde und band sodann den linken an herabgebeugte Baumäste, so dass die Unglücklichen, wenn die Aeste aufschnellten, zerrissen wurden. Schon Hani, der Verwalter von Fiun, hatte gesucht ihm Einhalt zu thun, war jedoch geschlagen und zur Flucht genöthiget worden, weshalb später das Sprichwort sich bildete: »Hani (der Hahn) ist nur in seinem Hofe der stärkere.« In dem angegebenen Kampfe erhielt auch Halfdan viele Wunden. Eine von ihnen verunstaltete seinen Mund, indem die Narbe derselben stets sichtbar blieb. Der zerquetschte Theil der Lippe vereiterte nämlich so, dass die Narbe nie verwachsen konnte. Dieser Umstand zog ihm einen spöttischen Beinamen zu, obgleich sonst vorn empfangene Wunden nur Ruhm einbringen. Aber der Witz des Volkes ist oft ein schlimmer Belohner der Tapferkeit.

Inzwischen hatte Guridh, die Tochter Alf's und die Enkelin Sigar's, der letzte Zweig des alten königlichen Stammes, da sie keinen ihr an Adel Gleichen kannte, mit dem sie sich hätte vermählen können, das Gelübde gethan, lieber unvermählt zu bleiben als aus dem Volke einen Gatten zu wählen. Um aber alle Angriffe auf sich abzuwehren, umgab sie ihre Wohnung mit einer auserwählten Schaar von Kämpfern. Als durch Zufall Halfdan einmal zu ihr kam und ihre Kämpfer abwesend waren, deren Bruder er, ein Knabe noch, erschlagen hatte, verlangte er, sie solle den Gürtel der Jungfräulichkeit lösen und die Strenge der Keuschheit mit den Werken der Liebe vertauschen, und sie solle nicht ihrem Gelübde der Keuschheit so weit huldigen, dass sie es verschmähe, die Herschaft des Reiches durch eine Vermählung mit ihr wiederherzustellen. Sie möge demnach sich mit ihm, der durch den Glanz edler Geburt hervorrage, ehelich verbinden. Guridh jedoch antwortete hierauf, nichts könne sie bewegen, sich als die Letzte des königlichen Stammes mit einem Manne niedrigeren Standes zu verbinden. Und nicht damit zufrieden, ihm seine dunkle Herkunft vorzuwerfen, verspottete sie ihn auch wegen der Hässlichkeit seines Mundes. Er hatte nämlich in dem Kampfe, welchen Borkar gegen den Ruthenen Rodhi führte, schwere Wunden empfangen, von denen eine seinen Mund sehr entstellte. Halfdan sah nun wohl ein, dass sie an ihm zweierlei Dinge zu rügen finde, das eine, er glänze nicht durch hohe Abkunft, das andere, die Narbe seines gespaltenen Mundes sei nur wenig verwachsen; deshalb schwur er, er werde nicht früher zurückkehren, um sie zur Gattin zu verlangen, als bis er beide Flecken durch, rühmliche Waffenthaten getilgt habe. Zugleich beschwur er sie, mit keinem Manne sich zu vermählen, bevor sie sichere Kunde von seiner Rückkehr oder seinem Tode erhalten hätte. Die Kämpfer, deren Bruder er früher getödtet hatte, nannten sein Gespräch mit der Guridh eine Beleidigung und bemühten sich, den Fortgegangenen zu Rosse einzuholen. Als er sie bemerkte, befahl er seinen Begleitern sich zu verstecken, und sagte, er allein wolle es mit den Kämpfern aufnehmen. Seine Begleiter zögerten, indem sie es für schimpflich hielten, seinem Befehle nachzukommen; er aber jagte sie durch Drohungen fort und sagte, Guridh solle nie vernehmen, dass er jemals einen Kampf aus Furcht vermieden habe. Sogleich riss er eine Eiche aus dem Boden, machte sich eine Keule daraus, kämpfte allein mit den zwölf Kämpfern und beraubte sie ihres Lebens. Nicht zufrieden mit dieser rühmlichen That und entschlossen grössere zu vollbringen, forderte er von seiner Mutter die beiden Schwerter seines Grossvaters, von denen das eine Liusing (das leuchtende), das andere Hwîting (das weisse) wegen des Glanzes der Klinge geheissen ward. Als er aber hörte, dass zwischen Alfher, dem Könige der Schweden, und den Ruthenen ein Krieg ausgebrochen sei, gieng er sogleich nach Russland, um den Bewohnern zu helfen, und ward mit der grössten Achtung von Allen aufgenommen. Aber nicht fern zog Alfher, so dass nur ein geringer Zwischenraum sie trennte; ein Krieger desselben, Hildigêr, der Sohn Gunnar's, hatte die Kämpen der Ruthenen zum Kampfe herausgefordert; da er aber bemerkte, dass Halfdan ihm entgegengestellt würde, und er wohl wusste, dass er dessen Bruder sei, so verweigerte er, berühmt durch die Besiegung von siebenzig Kämpen, mit einem wenig bekannten Menschen zu kämpfen. Er befahl ihm daher, dass er sich ihm nach der Beschaffenheit der Leistungen unterordne und unternähme, was seinen Kräften angemessen sei. Diess aber forderte er nicht, weil er seine Tapferkeit bezweifelte, sondern weil er ihn unverletzt erhalten wollte, weil er nicht nur überaus tapfer war, sondern auch die Kunst besass, durch Zaubersprüche den Stahl zu stumpfen. Denn da er sich erinnerte, dass dessen Vater seinen erschlagen hatte, und er zwiefaches Verlangen trug, auf der einen Seite nämlich den Vater zu rächen, auf der andern brüderliche Liebe zu beweisen, so hielt er es für besser, die Herausforderung zurückzuweisen, als sich durch das schwerste Verbrechen zu beflecken. Halfdan forderte nun statt desselben einen andern Kämpen heraus und tödtete den sich Stellenden. So ward ihm mit Zustimmung der Feinde der Ruhm der Tapferkeit zugestanden und er durch öffentlichen Ausruf für den Tapfersten Aller erklärt. Am folgenden Tage forderte er Zweie heraus und tödtete Beide. Am dritten Morgen besiegte er Drei, am vierten Vier, am fünften aber forderte er Fünfe heraus. Er tödtete alle, und da er am achten Tage Achte auf einmal im Kampfe besiegte, so traten ihm zuletzt Elf entgegen; aber keiner kam mit dem Leben davon. Nun konnte ihm Hildigêr, da er den Ruhm der eigenen Thaten durch die Grösse der Tapferkeit Halfdans ausgeglichen sah, den Kampf nicht länger verweigern. Sie kämpften also. Als Hildigêr aber fühlte, dass er von Halfdan eine tödtliche Wunde empfangen habe, da dieser sein Schwert mit Tuchlappen umhüllt hatte Mittel gegen die zauberische Abstumpfung der Schwerter durch den blossen Blick., so warf er seine Waffen zu Boden, fiel auf seine Kniee und rief dem Bruder folgende Worte zu:

Rasten uns lass' und der Ruhe Frist,
da die Waffen schweigen, wechselseitig
mit biederer Treue, auf dem Boden sitzend,
unsere Geschicke zur Schau uns stellen.
Es ergetzet den Geist, und gern vernimmt man
Ertragenes, traun, in traulicher Rede,
wenn die Zeit es vergönnt; denn Zweier Schicksal
nicht das nehmliche ist nach der Nornen Rathschluss.
Mit der harten Hand den herben Tod
dem Einen es sendet; den Andern es hebt
in reiferen Jahren zu Ruhm und Ehre,
der Thaten Frucht. So theilt die Norne
dem Einen diess zu, dem Andern jenes Hiermit verkündet er als Sterbender dem Bruder den künftigen Ruhm..
Mich der Schweden Volk den Seinen nennet,
ein Däne du bist; Drôtt dir reichte,
die auch mich gebar, die Mutterbrust einst. --
Das edle Geschlecht soll nun schleunig enden,
da Bruder des Bruders Brust bedrohet
mit starrem Stahle; es stürzt uns beide,
des edelsten Blutes echte Sprossen,
die Gier nach Kampfruhm. Den Gipfel erstrebend,
ermangeln der Zeit wir; es zieht uns nieder
eitle Ehrsucht; an einem Tage
werden wir gehn über Gella's Brücke Gella (altnord. Giöll), ein Strom der Unterwelt..–
Der schwedische Schild an der Schulter mir ragt,
den blinkend Gebild auf blankem Erze
schimmernd verschönt, das zur Schau sich beut,
in Feldern und Fächern fernhin leuchtet.

Gefällte Fürsten, gefallene Kämpen,
was die Hand mir vollbracht' in hartem Streite,
mag erschau'n man da in schönen Gebilden,
in bunter Farben vollem Glanze.
Im Mittelfelde (so Manche sahen's)
strahlt silberhell meines Sohnes Bild,
des einzigen Erben, den vor Allem liebte
des Vaters Herz, den zu Freud' und Troste
der Mutter schenkten milde Götter:
ihm diese Hand das Herz durchbohrte.
Neidische Norne die Noth mir fügte,
die heiteren Jahren herbe nachschickt
und die laute Lust in Leid verwandelt Hier haben wir die Spur einer nordischen Rustem- und Suhrabsage, die aus dem Schahnameh bekannt ist, das Widerspiel der deutschen Sage von Hildibrand und Hadubrand, wo der Sohn den Vater tödtet. Man sehe meine Herbstabende und Winternächte, I, 40 ff..–
Traurig ist, traun, getrübtes Leben,
und der Tage Länge oft lästig wird.
Doch was auch uns nesteln der Nornen Hände,
und was die Götter geben den Menschen,
wir Irdischen nimmer es ändern mögen!

Als er nach diesen Worten von Halfdan wegen des so späten Eingeständnisses des brüderlichen Bandes der beabsichtigten Verleugnung bezichtigt wurde, so sagte er, er habe deshalb davon geschwiegen, auf dass er nicht entweder durch die Verweigerung des Kampfes der Feigheit, oder dann durch Leistung desselben eines Verbrechens beschuldigt werden könne. Kaum jedoch hatte er sich mit solchen Worten entschuldigt, so starb er. Aber unter den Danen hatte sich das Gerücht verbreitet, Halfdan sei von Hildegêr erschlagen worden, und als hierauf Guridh von Sigwar, dem Edelsten des sächsischen Volkes, zur Gattin begehrt ward, sie jedoch im Geheimen ihm den Halfdan vorzog, so verlangte sie von dem Freier, er solle nicht eher ihre Hand fordern, als bis er das Reich der Dänen, das in verschiedene Theile zerrissen war, wieder zu einem Staate gemacht, und das ihr mit Unrecht Entrissene durch die Waffen ihr wieder zugestellt hätte. Obgleich nun Sigwar vergeblich darnach strebte, so ward sie ihm doch endlich verlobt, da er alle, die darüber zu entscheiden hatten, mit Gelde bestochen hatte. Als Halfdan in Russland davon durch Kaufleute Kunde erhielt, betrieb er so eifrig die Ausrüstung seiner Schiffe, dass er vor der Vermählungsfeier anlangte. Am ersten Tage derselben gieng er in die königliche Burg, befahl jedoch, dass seine Begleiter nicht früher den ihnen angewiesenen Ort verlassen sollten, als bis sie den Klang der Schwerter in der Ferne gehört hätten. Indem er nun als ein den Zechgenossen wenig Bekannter vor die Jungfrau sich hinstellte, so fügte er folgendes Gedicht aus dunklen Worten zusammen, auf dass er nicht durch gewöhnliche Rede etwas vorbringe, was Viele verstehen könnten.

Des Vaters Haus verlassend
nicht fürchtet' ich, auf Treue,
weiblicher List Gewebe,
den Wankelmuth der Argen.
Als Einen, Zween und Dreie
des Athems ich beraubte;
als Viere bald, dann Fünfe
ich fällte mit dem Schwerte;
drauf Sechse, später Sieben
den Sand ich küssen lehrte,
mit Achten dann, mit Eilfen
ich Einer drauf es wagte
und All' als Sieger sandte
zum Sitze jener Düstern der Hel.:
nicht wähnt' ich da in Wahrheit,
dass Weibes Trug mich decken
mit Schmach und Schmähung würde
durch Wank und schnöden Wortbruch,
durch weltverhassten Ehbund.

Guridh antwortete darauf:

Mein weicher Geist, wie wagt' er
zu walten solcher Dinge,
da schwach er war und schwankte ?

Was hier von dir man hörte,
klang heiter bald, bald düster:
in Zweifel mich es zwängte.

Es füllte Furcht das Herz mir,
dein Fall erschien mir sicher,
da jung du noch von Jahren.

So Widerstand nicht wagt' ich,
da Weise ja mir riethen
Vermählung mit dem Manne.

Doch lebt noch meine Liebe,
und lautern Herzens mag ich
als Gattin dir mich geben.

Noch bevor die Jungfrau ihre Rede vollendete, hatte Halfdan den Bräutigam mit dem Schwerte durchbohrt und, nicht befriedigt durch den Tod des Einen, erschlug er den grösseren Theil der Tischgenossen. Als die Sachsen mit vor Trunkenheit rückwärts gleitenden Schritten sich ihm entgegendrängten, wurden sie von seinen herbeieilenden Kriegern erschlagen. Hierauf ward Guridh seine Gemahlin. Als er nun gern einen Sohn gehabt hätte, aber sah, dass seine Gattin unfruchtbar sei, gieng er nach Uppsala, um sich dort dieses Umstandes wegen Rathes zu erholen. Er empfieng die Antwort: »Willst du einen Sohn, so bringe dem Schatten deines Bruders dem von ihm erschlagenen Hildigêr. das gebührende Todtenopfer.« Als er diesem Befehle des Gottes nachgekommen war, sah er bald seinen Wunsch erfüllt, indem ihm Guridh einen Sohn gebar, dem er den Namen Harald beilegte. Als er das Reich der Dänen, das durch den Uebermuth der Häuptlinge zerrissen war, zum alten Glanze zurückführen wollte, fiel er im Kampfe gegen Weset, den er auf Seeland angegriffen hatte.


 << zurück weiter >>