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Schon waren einige freundliche Wochen des Sommers den beiden Reisenden unter manchen angenehmen Unterhaltungen verschwunden; schon hatten sie die schönsten Gegenden von Andalusien und Granada angestaunt, und über die Fülle der Schöpfungen in der romantischen Natur gegenseitig ihre Empfindungen gewechselt – da fuhren sie an einem thaureichen, duftenden Morgen in das Thal von Almeria ein. –
Sie waren während der Zeit ihrer Reise ganz brüderlich mit einander geworden. »Laß uns,« sagte der edle Graf von Kreuz zu Don Carlos, nachdem sie ihre Dienerschaft und Gepäcke in einer Herberge untergebracht hatten: »laß uns den herrlichen Sommermorgen in diesem einsamen Thale im Anblick der majestätischen Gebirge von Alpujarras recht mit gefeiertem Herzen zubringen. Es wird mir so innerlich wohl zu Muthe, wenn ich, frei von den mühseligen Geschäften des Staates, in der jungen Natur die Luft des Friedens einathmen kann. Und so wird es auch dir, mein lieber Bruder, wie ich schon oft während unserer Reise zu bemerken Gelegenheit hatte.« –
»Ja, du hast Recht, mein edler Kreuz,« erwiderte Don Carlos, »nur dürfen deine Empfindungen immer reiner und glücklicher sein, weil sie nicht von der Schwermuth unterbrochen werden, die hie und da mein Gemüth belasten muß. Wenn ich auch so freundlich als möglich in die blühende Natur hinausschaue, um ihre unschuldigen Freuden zu genießen, wenn ich an deinem Arme und an deinem Herzen durch die üppigen Fluren des Sommers wandle, und mich in den schattigen Hainen an dem Gesang der Nachtigallen ergötzte – so fehlt mir doch meine Schwester Valeria, und Fernando, mein Freund, und das Kind ihrer glücklichen Ehe; so fährt doch der marternde Gedanke wie ein Blitzstrahl durch meine Seele: »Du bist's, der das Leben und Glück dieser drei Herzen zernichtet hat.« –
»Laß dieß, Carlos,« gab der Graf von Kreuz zur Antwort, und schloß ihn inniger an seine Brust: »Wir reißen durch solches Gespräch die Wunde deines Gemüthes wieder auf, da es mir kaum geglückt, durch freundschaftlichen Umgang mit dir und der Natur sie zu vernarben. Komm, wir wollen lieber einen Spaziergang durch das Thal auf das Gebirge vornehmen.«
»Wie du willst, mein Freund,« sagte Carlos: »mir ist auch nirgends so wohl, wie in einem stillen einsamen Thale oder unter schweigenden Felsen. Die Rückerinnerungen in die Vergangenheit, wenn sie irgend anderswo noch so traurig sich gestalteten, gehen hier in eine zartere Wehmuth über, und das Herz findet mitten in seinem Schmerz einen Ruhepunkt, wo es der Thränen ungestört sich entlasten kann.« –
»Ja,« versetzte der Graf von Kreuz, »es ist aber auch so ein stilles einsames Thal, oder so ein schweigendes Gebirge vor allen andern der passendste Ort, wo der Geist sich so gerne beschäftiget mit frohen Ahnungen in die Zukunft, und wo diese frohen Ahnungen am liebsten in Erfüllung gehen.« –
Hier schwiegen sie Beide, und traten ihren Spaziergang an. –.
Das Thal von Almeria wird durch einen gewaltigen Strom, der sich durch die Felsen von Alpujarras mit Riesenkraft seinen Weg bahnt, in zwei Hälften getheilt. Die eine Hälfte, vom linken Ufer aus, ist felsig und rauh, und bildet den Eingang in das Hochgebirge. Doch finden sich hie und da kleine fruchtbare Ebenen, die den Gebirgsbewohnern gestatten, ihre Ziegen und Schafe zur Weide zu treiben. Die Hügel ringsum sind mit Gebirgspflanzen aller Art, besonders aber mit vielen vortrefflichen Heilkräutern umwachsen. Die andere Hälfte des Thales, vom rechten Ufer aus, dehnt sich in eine lange, blumenreiche Landschaft auseinander, die mit ihren romantischen Abwechselungen das Auge und Herz eines gefühlvollen Wanderers wunderbar anspricht. Am blumenreichen Ufer hin wechseln Akazien, Ulmen, Erlen, und alle Arten von Weiden, unter deren Schatten die Strohhütten der friedlichen Thalbewohner zerstreut umherliegen. –
Die beiden Grafen befanden sich am linken Ufer des Stromes, und verfolgten den Weg über die Felsen, um auf einer mäßigen Anhöhe die Aussicht über das ganze freundliche Thal zu gewinnen. Sie waren unter verschiedenen traulichen Gesprächen schon eine ziemlich weite Strecke aufwärts gestiegen, und dabei, ohne daß sie es früh genug einsahen, von dem betretenen Fußsteig auf einen einsamen Felsenpfad gekommen, der sie durch verschiedene Krümmungen von einer Anhöhe auf die andere führte, ohne sie den Ruhepunkt finden zu lassen, den sie sich schon von der Tiefe des Thales aus als die schönste Stelle zu einer malerischen Aussicht in die Ferne auserkoren hatten.
Auf ein Mal, wie sie um einen Felsenvorsprung herumbogen, standen sie im Anblicke eines großen Gebäudes, das mitten im Gebirge von einer steilen Felsenmasse in die verschiedenen Schluchten und Abgründe unter ihm mit Ruhe und Majestät hinunterschaute. Das Gebäude hatte zwei Thürme, die, ausgezeichnet durch ihre Höhe und Bauart, den äußern Glanz und die Ehrwürdigkeit desselben noch mehr erhöhten. Es war umkränzt von einer hohen Mauer, in der ein einziges großes Portal auf der Vorderseite angebracht war, durch dessen hohe Wölbung der Wallfahrer eingelassen wurde, wenn er dreihundert Felsenstufen, die dahinführen, mühsam erstiegen hatte. –
Der Graf von Kreuz und Don Carlos blieben stehen, überrascht durch den unerwarteten Anblick und staunten lange das Gebäude an. »Möcht' ich doch wissen,« sagte endlich der Graf von Kreuz: »wer in den gewaltigen Mauern dort oben, so fern von der wogenden Welt, seinen einsamen Wohnsitz gewählt hat.« –
»Es will mir fast scheinen,« fiel Don Carlos ihm in die Rede, »als sei es ein Gebäude für Menschen, die zurückgezogen und müde des geräuschvollen Treibens in der Welt, hier in Stille und Gebet ihr letztes Stündlein erwarten.«
»Ihr habt es errathen,« tönte eine weiche, junge Stimme von der Seite her: »es ist ein Kloster der barmherzigen Brüder.«
Die Grafen, die nichts weniger, als die Gegenwart eines Menschen vermuthet hatten, wandten sich aufgeschreckt aus ihrer Beschauung alsobald um, und erblickten vor sich auf einem kleinen Felsenvorsprung einen Knaben von ungefähr zwölf Jahren, der einen Korb voll der mannigfaltigsten Kräuter am Arme trug. »Ihr habt,« rief er lächelnd hernieder, ohne die Ueberraschung, die er bei den Fremden verursacht hatte, bemerken zu wollen: »ihr habt wider Wissen den nächsten Weg nach dem Kloster da oben eingeschlagen. Mühsamer zwar führt der steilere Felsenpfad da hinauf, als dort auf der linken Seite der betretene Wallfahrerweg durch die dunklen Schluchten; aber es ist doch schöner, wenn man frei von Felsen zu Felsen klettert, und immer Neues und Neues schaut; so wird einem die Mühe tausendfach vergolten.« –
»Ei, komm doch ein wenig zu uns herab, du kleiner freundlicher Gebirgsknabe!« riefen die gräflichen Wanderer mit einladender Stimme zu ihm hinauf. Der Knabe ließ sich auch nicht zweimal rufen; ehe es jene vermutheten, war er von der Rückseite des Felsens mit der Behendigkeit einer Gemse herabgeklettert, und stand, den Strohhut unter dem Arme, mit der ganzen sorgenlosen Heiterkeit, die vorzüglich der unschuldigen Gebirgsjugend eigen ist, vor den Grafen. –
»Wer bist du denn, kleiner Gebirgsbewohner?« fragte der Graf von Kreuz, indem er ihn freundlich bei der Hand nahm: »oder wer sind deine Eltern? und wo hast du den Muth und die Entschlossenheit her, so ganz allein unter den gewaltigen Felsen herumzuklettern, die tausend Gefahren des Bergsteigens nicht scheuend?« –
»Meine Eltern,« erwiederte langsam und weinend der Knabe: »ach, die sind schon lange gestorben. Damals brachte man mich in das Haus meines Nachbars im Dorfe. Aber ich verließ es in kurzer Zeit, und machte mich heimlich in der Nacht davon, weil ich dort hart, recht hart gehalten worden. Lange irrt' ich umher, und suchte an den Thüren barmherziger Leute mein kärgliches Almosen, und habe so manchen Tag hungernd, und manche Nacht schlaflos weinend und betend auf dem Felde zugebracht. Endlich hat sich der liebe Gott meiner erbarmt, und mich einen recht guten Herrn finden lassen. Es sind erst einige Monate darüber verflossen, daß er mich am Eingange in dieses Thal an einem Felsen kraftlos hingestreckt gefunden. O, er ist gar ein lieber, guter Herr! – Freilich, wenn man ihn ansieht, so möchte man meinen, er sei mürrisch und lieblos, weil er von Angesicht bleich und hager, und weil seine Brust von tiefer Schwermuth belagert ist; doch wer ihn einmal kennt, der neigt sich zu ihm, wie zu einem Freund und Vater. – Aber ihr habt mich ja auch um meinen Namen gefragt. – Ich heiße Alexis.« –
»Gut, mein lieber Alexis,« sagte der Graf von Kreuz: »jetzt sage mir nur noch, wo dein Herr wohnt. Ist er vielleicht Einer von den barmherzigen Brüdern dort oben im Kloster?«
»Das eben nicht,« antwortete Alexis: »er hat seine eigene Wohnung, eine ärmliche kleine Strohhütte, dem dießseitigen Ufer des Stromes entlang, den ihr dort unten durch die Felsen seine Bahn brechen seht. Ich bin gerade auf dem Wege nach Hause. Mein Korb ist mit Kräutern gefüllt. Wenn ihr wollt, so könnt ihr mir folgen, und Alles selbst mit ansehen, was ich euch gesagt, und noch mehr, viel mehr, als ich kleiner Knabe euch sagen kann. In einer halben Stunde sind wir auf dem nächsten Felsenpfad am Ufer unten, wenn ihr je ordentlich abwärts zu klettern versteht.« –
Der Graf von Kreuz zeigte eine große Lust, dem Knaben zu folgen. Don Carlos aber, den das Schwermüthige des Klosters mehr anzog, als die Erzählung des Knaben, konnte seinen Wunsch unmöglich aufgeben, den ohnehin nur mehr kurzen Weg dahin zu verfolgen. Nur kam jetzt die Rede, wo sich Beide wieder finden könnten, wenn jeder von seinem Spaziergange zurückgekehrt wäre.
»O, da ist sogleich abgeholfen,« sagte Alexis mit lächelnder Miene, und langte eine kleine Pfeife aus der Tasche seines Wamses: »Da nimm, lieber Herr; (hier wandte er sich zu Don Carlos), und wenn du vom Kloster wieder herabsteigst, und den Weg zum Ufer nicht finden kannst, so brauchst du nur mit ein paar Tönen dieser Pfeife zu rufen, und augenblicklich werd' ich bei dir sein, und dich abholen. So macht es mein Herr mit mir an den Tagen, wo er mir erlaubt, höher an den Felsen hinaufzuklettern, als gewöhnlich. Erst neulich hab' ich mich zu weit gewagt, und wurde, ich weiß selbst nicht wie, rings von einem Abgrund eingeschlossen. Da hätt' ich verschmachten und sterben müssen, wenn ich die Pfeife nicht gehabt hätte; aber die hat ihn gerufen, und er hat mich wieder heimgeholt. –
Die beiden Freunde nahmen nun von einander, Abschied für die kurze Zeit ihrer Trennung, nachdem sie sich versprochen hatten, bei ihrer Wiederkehr gegenseitig treu zu berichten, was sie währenddem Merkwürdiges gesehen und erfahren hätten. Der Graf von Kreuz stieg dem muntern Knaben voraus, der sich oft nach ihm umsah, ob er seinem gewandten Klettern nachkommen könne, tiefer von Felsen zu Felsen, zwischen Gesträuchern und Berggräsern dem Ufer zu. –
Don Carlos aber wandelte langsam und nachdenkend den einsamen Pfad nach dem Kloster. Er hatte sich seit jenem Tage des Unglücks, da er sich hatte verführen lassen, gegen den Gatten seiner Schwester, der zugleich ehedem der Freund seines Herzens und sein Retter gewesen, Oviedo's meuchelmörderische Waffen zu ergreifen, so an das Schwermüthige und Tiefsinnige gewöhnt, daß er auf seiner ganzen Reise die verborgensten Mönchszellen und einsamsten Klöster aufsuchte, um von den frommen Vätern sich Trost erholen, und reiche Stiftungen zur Hülfe für Arme und Bedrängte niederlegen zu können. – Er wollte auf solchen Wallfahrten immer am liebsten nur allein sein: daher er es auch dießmal nicht ungerne sah, daß der Graf von Kreuz die ihm dargebotene Gelegenheit, nach dem Ufer hinabzusteigen, um einen vielleicht merkwürdigen Mann kennen zu lernen, bereitwillig annahm.–
Unter verschiedenen schwermüthigen Gedanken in die Vergangenheit zurück hatte er nach einer Viertelstunde den Fuß der Felsenmasse erreicht, auf der das Kloster sich erhob, und schickte sich nun an, die dreihundert steinernen Stufen zu erklimmen. Als er oben ankam, fand er die Pforte verschlossen. Ein Glockenzug, den er in Bewegung setzte, benachrichtigte jedoch alsobald die Brüder im Kloster drinnen, daß ein Wanderer vor der Pforte stehe, der eingelassen zu werden wünsche. Es waren auch kaum zwei Minuten verstrichen, so vernahm er das Geräusch von Fußtritten innerhalb des Klosterganges; der Riegel wurde weggeschoben, und eine ehrwürdige Stimme grüßte ihn beim Eröffnen der Thüre mit dem gewöhnlichen frommen Klostergruße: »Lobet den Herrn, ihr seine Geschöpfe, lobet und preiset ihn von Ewigkeit zu Ewigkeit!« –
»Dank sei Gott! Amen!« erwiederte Don Carlos, indem er, das Sammetbarett in der Rechten, sich ehrerbietig verneigte. »Wenn es mir vergönnt ist,« fuhr er fort, »über die Schwelle eures frommen Klosters zu treten, o so fleh' ich zu euch, mein Gemüth aufzurichten mit Worten der Salbung und des Trostes, so wie ihr die Leiden und Beschwerden des Körpers zu heilen und wegzunehmen versieht.« –
Seid uns herzlich willkommen, wer ihr auch immer seid,« versetzte der Mönch: »Aber wie, was seh' ich? welche Züge? ist es möglich? Graf de Vellamare? seid ihr es nicht? – Ja ihr seid es!« –
»Nun, und wenn ich es bin,« sagte Don Carlos mit verlegener Stimme: »wenn ihr mich kennt, warum erzittert ihr nicht vor mir? Wißt ihr nicht, daß ich ein Mörder bin? Mörder meines eigenen Freundes?« –
»Redet nicht von dem, was geschehen ist,« entgegnete der Mönch: »wollte Gott, es wäre eine ewige Nacht ausgegossen über das Unglück der Vergangenheit. Ihr habt ja schon lange bereut und gebüßt. Die größere Schuld liegt auf dem Hause Oviedo. Ich weiß Alles. Kennt ihr mich denn nicht mehr? Freilich mag mich der lange Bart und das graue Haar unkenntlich gemacht haben. Seht mich nur recht an! Wißt ihr nicht mehr, wo wir das Letztemal beisammen waren? Erinnert euch nur an den Trauungstag auf dem Landgut vor Sevilla!« –
»Bei Gott! ihr seid's! Franzesko! wackerer, ehrwürdiger Mann!« rief Don Carlos, indem er den Mönch an sein Herz drückte: »nun, so sei dem Himmel gedankt, daß ich endlich eine Seele gefunden, die mit mir jene Tage der Vergangenheit in die Erinnerung zurückruft, die mit mir Alles fühlen kann, was ich so oft allein fühlen mußte, was ich selbst einem Freunde, den mir der Himmel in meiner Verlassenheit sandte, nicht genug sagen konnte. Aber erklärt mir doch, guter Franzesko, wie ihr in dieses Kloster gekommen.«
»Ich will euch Alles erzählen,« erwiederte Franzesko, »wenn ihr euch zuvor in unserm Kloster mit Speisen und Trank erquickt habt. Kommt mit mir herein! – Vor Allem wollen wir in unserer heiligen Kapelle dem Himmel Dank sagen, daß wir uns nach vielen Jahren wieder gefunden haben, und wollen den allgütigen Gott bitten, daß er uns Valeria und ihr Kind noch einmal sehen lasse auf dieser Welt. Fernando werden wir erst jenseits wieder sehen.« –
Eine Thräne quoll über seinen langen grauen Bart, die beiderseits ein tiefes Schweigen verursachte, während welchem sie in der Klosterkapelle eingetreten, und ihr Dankgebet verrichtet hatten. Darauf führte Franzesko den Grafen Carlos in den Speisesaal, damit er sich für das mühsame Bergsteigen durch einen Becher stärkenden Weines entschädigen möchte. –
Aber Don Carlos war es dießmal gar bald zu enge innerhalb der Klostermauern. »Ich sehne mich recht,« sagte er, »meinem Freunde, dem edlen Grafen von Kreuz, der unten am Ufer des Stromes wandelt und auf mich wartet, meine frohe Entdeckung mittheilen zu können. Kommt, ehrwürdiger Franzesko, und begleitet mich. Ihr werdet in meinem Freunde einen Mann finden, der alle Tugenden in sich bewahret, und durch seinen Edelmuth ausstrahlen läßt unter die Menschen, der es im höchsten Grade Werth ist, den Freund meines Freundes und meiner Schwester kennen zu lernen.«
»Ja, ich will euch begleiten,« entgegnete Franzesko, »auch darum schon, weil ich euch den einsamen Fußsteig nach dem Stromesufer, der an mehreren Stellen nicht ohne Gefahr ist, so allein nicht gerne hinabsteigen lasse.« –
Der fromme Franzesko besorgte noch in aller Eile einige kleine Geschäfte im Kloster. Nach Verlauf einer Viertelstunde kam er mit Stock und Gürtel um die Lenden zu Don Carlos zurück, und sagte ihm: er sei reisefertig. Carlos beschenkte das Kloster mit reichlichen Gaben zur Unterstützung der Bedrängten, die da Hilfe und Labsal suchen würden – und trat mit seinem Begleiter aus der Pforte. –
Alsobald lenkte Franzesko von dem betretenen Mittelpfade ab auf einen kleinen mühsameren Felsensteig. »Dieser Weg,« sagte er, »ist wohl für einen unerfahrnen Bergsteiger beschwerlicher, doch wir erreichen das Ufer, ehe die Sonne dort um das vorhängende Haupt des Riesenberges herumgeht. Kommt, folgt mir mit Muth und Kraft! Wir müssen uns durch jenes dichte Gebüsche durchkämpfen, das den Eingang in eine tiefe Bergschlucht verbirgt. Haben wir diese im Rücken, so sind wir auch bald in einem freundlichen Thale, und haben das Ufer vor uns.« –
Bei diesen Worten drängte er rechts und links das Dickicht auseinander; sie krochen hinein und verschwanden unter dem Gesträuche.