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Glaubwürdige Leute haben mir oft eine recht hübsche Geschichte erzählt, die ich in Gestalt einer kleinen Novelle beitragen will, ohne davon irgend etwas zu verschweigen oder etwas, was nicht dazugehört, hinzuzufügen. Unter den Rittern von Burgund gab es jüngst einen, der gegen Sitte und Brauch des Landes ein schönes, schmuckes Mädchen in seinem Schloß, das ich nicht nennen will, unterhielt. Sein junger und frischer Kaplan vermochte, als er diese Schöne sah, nicht seine Standhaftigkeit zu behaupten, ward oft von ihr in Versuchung geführt und verliebte sich leidenschaftlich in sie. Als es so weit mit ihm gekommen war, erzählte er der Demoiselle, die schlauer als ein Fuchs war, von seinem Zustande; sie hatte Gott sei Dank die Welt gründlich kennengelernt und wußte, wie es in ihr zuging.
Sie dachte sich, wenn sie dem Priester willführe, würde ihr Geliebter, der ein kluger Mann war, wohl bemerken, was sie auch immer täte, und sie so der größten Vorteile verlustig gehen. Daher beschloß sie, das Ansuchen ihrem Gebieter kundzutun; er lachte nur darüber, denn er hatte es wohl vorausgesehen, zumal er das Augenspiel zwischen den beiden und ihre vertraute Unterhaltung beobachtet hatte. Nun befahl er seinem Weibchen, es solle sein Spiel mit dem Priester fortsetzen, doch ohne in sein Begehren zu willigen. Und das tat es so trefflich, daß unser Herr Priester seine größte Freude daran hatte. Unser guter Ritter sagte oft zum Kaplan: »Ei, ei, Herr, Ihr seid mit meinem Kammermädchen allzu vertraut. Ich weiß nicht, was ihr beide miteinander habt, doch wüßte ich, daß ihr Dinge vorhabt, die mir zuwider sind, so würde ich, bei der Mutter Gottes, euch tüchtig strafen.«
»Wahr und wahrhaftig«, entgegnete der Kaplan, »ich verlange und begehre von ihr nichts. Ich vertreibe mir nur die Zeit und unterhalte mich mit ihr, wie die andern Leute hier im Haus. Niemals in meinem Leben habe ich ihr von Liebe oder dergleichen Dingen gesprochen.«
»Das will ich auch hoffen«, erklärte der Herr. »Wäre es anders, so wäre es mir nicht recht.«
Hatte unser Kaplan schon vor diesem Gespräch eifrig sein Unternehmen verfolgt, so tat er es jetzt noch viel mehr und mit aller Kraft; denn wo er dem Weibchen begegnete, hielt er sich dicht an es, so daß es, mochte es wollen oder nicht, sein Ohr seiner freundlichen Bitte zu leihen gezwungen war. Sie, die für Sporn und Lanze geschaffen war, wußte unsern Priester zu betören und zu fesseln und bestärkte ihn in seiner Liebe so sehr, daß er für sie einen Oger bekämpft hätte. Sobald sie sich von ihm losgemacht hatte, erzählte sie die ganze Verhandlung zwischen ihr und dem Kaplan ihrem Gebieter, der daran seine große Freude hatte. Um den Scherz noch weiter zu treiben und dem Kaplan einen ordentlichen Streich zu spielen, befahl er seinem Weibchen, es solle ihm ein Stelldichein geben zwischen Wand und Bett, wo sie schliefen. Es solle ihm sagen: »Sobald der gnädige Herr eingeschlafen ist, werde ich alles, was Ihr wollt, tun. Kommt also ganz sacht zwischen Bett und Wand.« - »Und du mußt«, erklärte der Herr, »ihn machen lassen, und ich will es auch. Ich bin sicher, daß er, wenn er mich schlafend glaubt, gegen dich vorgehen wird, und ich will gerade vor dein Vorderes die hübsche Schlinge legen, in der er sich fangen soll.«
Das Weibchen war damit einverstanden und richtete seine Botschaft unserm Kaplan aus, der noch nie in seinem Leben so vergnügt wie an diesem Tag gewesen war und gar nicht auf den Gedanken kam, es könnten ihm Gefahr und Unheil drohen, wenn er in das Zimmer seines Herrn schliche, an das Bett und zu dem Weibchen seines Gebieters, das sich natürlich an die Wandseite legen wollte. Er dachte nur einzig daran, sein tolles Gelüst, obschon es natürlich und vielen Leuten zur Gewohnheit geworden ist, zu stillen.
Ich will nicht viele Worte machen. Der Herr Priester kam, weiß Gott, zur festgesetzten Stunde in den Raum zwischen Bett und Wand, und seine Geliebte sagte ihm ganz leise: »Sprecht kein Wort; wenn der gnädige Herr schläft, will ich Euch mit der Hand berühren, und dann kommt nahe heran zu mir.«
»Gesegnet sei die Stunde!« sagte er darauf.
Der gute Ritter, der ganz wach war, konnte kaum das Lachen verbeißen, doch nahm er sich, um den Scherz weiter zu treiben, zusammen und hielt, wie er sich vorgenommen und gesagt hatte, sein Netz oder seine Schlinge - wie man will - gerade an der Stelle, an der der Priester anzuklopfen die größte Lust hatte.
Nun ist alles bereit. Unser Herr Kaplan wird herbeigerufen und steigt, so sacht er kann, ins Bett und ohne Zögern auf die Höhe, um weiter sehen zu können. Sobald er sich einquartiert hatte, zog der gute Ritter die Schlinge fest zu und rief ganz laut: »Ha, du schurkischer Priester, bist du solch ein Kerl!« Nun wollte der gute Priester zurück, doch er kam nicht weit, denn das Instrument, auf dem er dem Weibchen vorspielen wollte, hatte sich so gut in der Schlinge gefangen, daß er es nicht daraus lösen konnte. Darüber war er sehr bekümmert, kam ganz aus der Fassung und konnte sich das Abenteuer nicht erklären. Und sein Herr zog die Schlinge immer fester zu, und hätten dem Kaplan nicht Furcht und Staunen jegliches Gefühl geraubt, so hätte er sicherlich große Schmerzen verspürt. Nach einer Weile kam er zu sich, fühlte diese Schmerzen sehr wohl und bat kläglich seinen Herrn um Gnade, den eine solche Lachlust packte, daß er kaum sprechen konnte. Trotzdem sagte er zu ihm, nachdem er ihn tüchtig durch das Zimmer gehetzt hatte: »Macht Euch jetzt fort, Herr Kaplan, und laßt Euch so etwas nicht wieder einfallen! Diesmal soll Euch verziehen sein, doch beim zweitenmal gibt's keine Gnade.«
»Ach, gnädiger Herr, ich werde es auch niemals wieder tun«, antwortete er. »Sie nur hat mich so weit gebracht.« Damit ging er, und der gnädige Herr legte sich wieder im Bett zurecht und vollendete vielleicht, was der andere begonnen. Ihr könnt euch denken, daß der Priester mit Wissen seines Herrn sich niemals mehr zu ihr gesellte. Vielleicht aber hatte nachher das Weibchen mit ihm Mitleid und überließ sich ihm als Entschädigung für die Leiden, die er ausgestanden, und um sein Gewissen zu beruhigen, und sie schlossen einen derartigen Vertrag, daß der Gebieter an Gut wie an Ehre recht schlecht dabei wegkam; und mehr brauche ich nicht zu sagen.