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Es ist etwas ganz Gewöhnliches und nichts Neues, daß Frauen ihre Männer eifersüchtig, ja sogar zu Hahnreien gemacht haben. So geschah es jüngst in Antwerpen, daß eine verheiratete Frau, die nicht zu den standhaftesten gehörte, von einem schmucken Gesellen um das, was ihr euch schon denken könnt, gebeten ward. Und freundlich und höflich, wie sie war, wies sie den ihr angebotenen Dienst nicht zurück, sondern ließ sich gutwillig erweichen und führte dies Leben eine lange Zeit.
Schließlich geschah es nach dem Willen des auf ihr Wohlergehen eifersüchtigen und neidischen Schicksals, daß der Mann das Pärchen auf frischer Tat ertappte, so daß es nun manches erstaunte Gesicht gab. Ich weiß nicht, wer sich am meisten verwunderte, der Liebhaber, seine Freundin oder ihr Mann. Der Liebhaber aber rettete sich mit Hilfe eines guten Zweihänders, dessen er sich bemächtigt hatte, ohne daß ihm ein Leid geschah, und ward von keinem Menschen verfolgt.
Also blieben der Mann und die Frau zurück; wovon sie sprachen, kann man sich leicht denken. Nach mannigfachen, von beiden Seiten gefallenen Worten bedachte der Mann, es sei schwer, sie von ihrem einmal eingeschlagenen Irrweg zurückzubringen, und wenn sie es weiter so triebe, wäre er, wenn es ruchbar würde, um seine Ehre gebracht; er glaubte auch, sie zu schlagen und zu schelten sei verlorene Mühe, und kam schließlich auf den Gedanken, sie von sich zu jagen, damit künftighin wenigstens sein Haus von ihr nicht beschmutzt werde.
Daher sagte er ziemlich sanft zu seiner Frau: »Ich sehe wohl, daß Ihr Euch mir gegenüber nicht, wie es Eure Pflicht gewesen wäre, betragen habt; doch hoffe ich, daß es niemals mehr vorkommen wird, und will deshalb von dem, was geschehen, nicht mehr sprechen. Wir wollen von etwas anderm reden. Es handelt sich um eine Angelegenheit, die sowohl Euch als auch mich nahe angeht. Ihr müßt alle unsere Wertsachen zusammentragen, und wenn Ihr irgendwo einen heimlichen Schatz habt, müßt Ihr ihn vorbringen, denn die Sache verlangt es.«
»Ich will es wahrhaftig gern und mit freudigem Herzen tun, doch vergebt mir, daß ich Euch Verdruß bereitet habe.«
»Sprecht mir nicht mehr davon!« sagte er. »Kein Wörtchen mehr.«
Sie glaubte von allen ihren Sünden losgesprochen zu sein und volle Verzeihung erlangt zu haben und brachte, um sich ihrem Mann nach dem obenerwähnten Ärger gefällig zu erweisen, all ihr Geld, ihre Ringe, ihre gewebten Stoffe, einige reichgestickte Taschen, eine große Menge der feinsten Münzen, viele ganze und sehr kostbare Federn, kurz alles, was sie hatte und was ihr Mann haben wollte, herbei und gab es ihm, um ihn sich geneigt zu stimmen.
»Teufel«, rief er, »ich habe noch nicht genug!«
Als er alles bis auf den Rock und den Unterrock, den sie trug, hatte, sagte er: »Ich muß diesen Rock haben.«
»Wie?« versetzte sie. »Ich habe doch nichts anderes anzuziehen. Soll ich denn nackt gehen?«
»Ihr müßt ihn mir geben«, erklärte er, »und den Unterrock auch, und macht schnell, denn gutwillig oder mit Gewalt, ich muß ihn haben.«
Da sie sah, daß sie ihm nicht Widerstand leisten konnte, entledigte sie sich ihres Rocks und Unterrocks und stand im Hemde da: »Tue ich nicht«, fragte sie, »alles nach Eurem Wunsch?«
»Ihr habt es nicht immer getan. Wenn Ihr mir jetzt gehorcht, weiß Gott, ob Ihr's von Herzen tut. Doch lassen wir das, und sprechen wir von etwas anderm. Als ich Euch in einer unglücklichen Stunde heiratete, brachtet Ihr nicht viel mit Euch, und das wenige habt Ihr verwirkt und verscherzt. Von Eurer Aufführung brauche ich Euch nicht noch einmal zu sprechen. Ihr wißt besser als jeder andere, wie ihr seid, und deshalb verabschiede ich Euch jetzt und sage Euch für immer Lebewohl. Da ist die Tür, macht, daß Ihr fortkommt, und wenn Ihr klug seid, laßt Ihr Euch nicht mehr vor mir sehen!«
Das arme Weibchen, erschrockener als je, wagte nach diesen grausamen Worten und dieser schrecklichen Verbannung nicht mehr zu bleiben, verließ das Haus und ging, wie ich glaube, für die erste Nacht in das Haus ihres Geliebten und suchte durch viele Gesandte ihre Wertsachen und Kleider wiederzubekommen. Doch umsonst, denn ihr Mann blieb fest und hartnäckig bei seinem Vorsatz, wollte niemals davon etwas hören und noch weniger sie wiedernehmen. Lange Zeit ward er sowohl von seinen Freunden als auch von denen der Frau darum angegangen. Nun mußte seine gute Frau, so gut sie es vermochte, sich andere Kleider verschaffen und sich anstatt an ihren Mann an ihren Liebhaber halten und abwarten, bis ihr Mann ruhiger geworden wäre, der zur Stunde, wo ich dies erzähle, noch sehr ärgerlich über seine Frau ist und sie um keinen Preis wiedersehen will.