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Von der Betrachtung der als göttlich verehrten Wesen wenden wir uns zu der des Himmels, den die Götter und die ihnen näher stehenden Geister bewohnen (die sich mit den Sternen vermengen), in den nach ihrem Tode irdische Wesen erhoben werden, an dem ausgezeichnete Helden und Riesen als Gestirne leuchten. Vom Himmel steigen die Götter herab zur Erde nieder, am Himmel fahren sie her und durch den Himmel beschauen sie unsichtbare das Treiben der Menschen. Wie sich alle Pflanzen nach dem himmlischen Licht kehren, alle Seelen zum Himmel wenden, so steigt der Rauch des Opfers und das Gebet der Menschen in die Höhe.
Das Wort Himmel stammt aus der Wurzel hima, decken, einhüllen, kleiden; der Himmel deckt die Erde, er umschlingt und umarmt sie, wie der liebende Mann das geliebte Weib. Einige deutschen Stämme kennen das Wort nicht, sie haben statt dessen das Wort, Heven, Häwen, engl. heaven, d. i. der Fassende, Allumfassende.
Allen Gestirnen werden bestimmte Stätten, Plätze und Stühle beigelegt, auf denen sie Sitz und Wohnung nehmen; sie haben ihr Gestell und Gerüste. Das gilt vor Allem von der Sonne, die täglich aufsteigt und zu ihrem Sitz oder Sessel zurückkehrt, aber auch von den Sternen, denen noch im Märchen jedem ein besonderes Stühlchen zugeschrieben wird. Aus dem Capitel über Wuotan wissen wir, dass einzelne Gestirne am Himmel fahrende Wagen sind, und gleich andern Göttern und Göttinnen hat auch die Sonne ihren eigenen Wagen.
Von allen Sternen treten besonders zwei hervor, die den Tag erleuchtende Sonne und der die Nacht erhellende Mond. Sie sind in allen deutschen Sprachen ursprünglich jene weiblichen, dieser männlichen Geschlechts. Beide werden mitunter einem Rad verglichen (besonders die Sonne heisst in der Edda das schöne lichte Rad) wegen ihrer runden Gestalt bei rasch dahinrollender Bewegung.
Das kriegerische Alterthum sah in den Hauptgöttern Schützer des Krieges, daher dachte es sich auch den Himmel kriegerisch gebaut und zwar als eine mit goldnen Schilden gedeckte Burg. Ebenso sah es auch in der Sonne einen runden leuchtenden Schild, der golden erglänzte in göttlichem Licht.
Die älteste und verbreitetste Vorstellung, welche man mit der Sonne und den Gestirnen verband, war aber wohl die des Auges; die Sonne war das Auge des Wuotan, wie sie den Griechen Auge des Zeus, den Parsen des Ormuzd, den Aegyptern des Demiurgen war. Mit ihm überschaute der alldurchdringende Gott die ganze Welt und so konnte nichts vor ihm verborgen bleiben. Ebenso sind Mond und Sterne des Himmels Augen, mit denen sie auf die Menschen niederblicken.nach niederländischem Kinderglauben Löcher ins Boden des Himmels, durch welche die Engel schauen.
Nach der jüngern Edda sind Sonne und Mond Geschwister und eines Mannes Kinder, der Mundilföri heisst. Beide waren hold und schön, aber so stolz, dass sie den Zorn der Götter erregten, welche sie an den Himmel setzten. Da muss Sonne die Hengste des Sonnenwagens führen, Mond des Gestirnes der Nacht Gang leiten. Ob dieser Mythus auch in Deutschland bekannt war, ist noch nicht ausgemacht.
Das Volk pflegte sich bis auf die spätere Zeit von Sonne und Mond redend gern auszudrücken: Frau Sonne, Herr Mond; jene nannte man die Frohe, Liebe und Gnädige, die heilige Herrin und Frau, dieser wird in einem alten Spruche begrüsst:
Bis Gottwillkommen, neuer Mond, holder Herr!
Mach mir meines Geldes mehr!
Unablässig rollen beide Gestirne ihre Bahn, sie scheinen gleichsam zu fliehen vor einem sie bedrohenden Verfolger. Diese Vorstellung war fast allen Völkern des Alterthums und ist noch den meisten wilden Völkern gemein. Dem nordischen Mythus zufolge sind es zwei dem Geschlecht der Riesen entstammende Wölfe, welche ihnen nachstellen um sie zu verschlingen. Oft wähnte man dieselben den Gestirnen nah, als hätten sie bereits einen Theil derselben in den Rachen gefasst: das war zur Zeit der Verfinsterung der Sonne oder des Mondes und dann glaubte man die Zerstörung aller Dinge, selbst den Weltuntergang nahe; darum suchte man die Ungeheuer durch Geschrei zu schrecken, damit sie ihren Raub fahren liessen.
Schon in frühester Zeit war den Deutschen eine bestimmte Zeitabtheilung bekannt und zwar wie es scheint eine doppelte, ein Sonnenjahr mit zwölf und ein Mondjahr mit dreizehn Monaten. Die letztern schlossen jeder vier Siebentagwochen, also achtundzwanzig Tage in sich und tragen ihren Namen nach dem Mond, mânôd von mâno. Daher war es natürlich, nicht nach Tagen zu zählen, denn am Tage bietet sich der Mond der Beobachtung nicht dar, sondern nach Nächten, gerade wie man das Jahr nach dem Winter nannte, der sich zum Sommer verhält, wie die Nacht zum Tag. Alle Fristen wurden nach sieben Nächten, vierzehn Nächten, Monaten und Wintern anberaumt. Hiervon hängt weiter ab, dass die Erscheinungen des Mondes entschiedenen Einfluss auf bedeutende Unternehmungen hatten. Zwar waren alle Arbeiten und Verrichtungen der Krieger, der Knechte, der Gerichte durch Tag und Sonnenzeit bedingt, aber wenn etwas neues und wichtiges gepflogen werden sollte, so richtete man sich nach dem Mond, d. h. es geschah an Tagen, deren Nächte günstiges Mondlicht hatten, entweder beim Neumond oder beim Vollmond; jener regte durch seine Frische, dieser durch seine Fülle an. Der Neumond ist für eigentliche Beginne eine heilbringende Zeit, was dann angefangen wird, das wächst mit und gleich ihm; darum schliesst man im Neumond Ehen, baut Häuser, schneidet was wieder wachsen soll, sammelt heilsame, kräftigende Kräuter, und zu Ariovists Zeit thaten weise Frauen den Ausspruch, dass die Germanen nicht vor dem Neumond kämpfen sollten. Mit dem Augenblick der Fülle tritt dagegen für den Mond auch die Zeit der Abnahme ein, darum nahm man alsdann Geschäfte vor, die Trennung oder Auflösung, Fällen oder Erlegen beabsichtigten. Man warf Gräben auf, mähte das Gras, haute Holz u. a. m. Des Hausvaters Tod im abnehmenden Mond galt für ein Unheil, denn man hielt dafür, dass nun das ganze Geschlecht abnehme.
Wie die Vorstellungen über die Ursachen der Verfinsterung des Mondes und der Sonne bei allen Völkern einander ähnlich sind, so auch diejenigen über die Flecken und schattigen Vertiefungen im Licht des Vollmonds. Den Indern erscheinen sie als der Gott des Mondes, der einen Haken auf der Schulter trägt; dem Norden waren sie zwei Kinder, welche der Mond von der Erde weggenommen hat und die an einer Stange einen Eimer auf ihren Achseln tragen. Die deutsche verchristlichte Ueberlieferung sagt es sei ein Mann, der den Sonntag dadurch entweihte, dass er Holz oder anderes stahl und zur Strafe dafür in den Mond versetzt wurde;In der Grafschaft Mark erzählt man sich: Ein Mann wollte stehlen, aber der Mond schien und war ihm im Wege. Da verfluchte er den Mond und rief: Willst da weg gehn! Als Gott das hörte, gab er dem Mann die Wahl, entweder in der Sonne zu verbrennen, oder im Mond zu erfrieren. Da liess der Mann sich in den Mond setzen. eine schöne geistliche Deutung, welche wir dem Bruder Berthold verdanken sagt, der Mond sei Maria Magdalena, die Flecken seien ihre reuig vergossenen Zähren.
Auch die Sonne hat wohl Einfluss auf abergläubische Vorstellungen, doch ist derselbe unbedeutend. Die Götter walten, die Geister schaffen gern in dem stillen geheimen Dunkel der Nacht, ungesehen von Menschenaugen; dem Zwerg, den die Sonne noch auf Erden überrascht, bringt sie augenblicklichen Tod. Darum sind die Kräuter, sobald der Sonne Strahl sie trifft, aller Heilkraft beraubt und das von ihm berührte Wasser ist untüchtig zu heiligem Gebrauch.
Zweimal im Jahr wendet die Sonne ihren Lauf, im Sommer um zu sinken, im Winter um zu steigen. Beide Zeiten beging das Heidenthum feierlich, es sind die Sonnewenden, bei denen wohl Feuer angezündet wurden; das Johannisfeuer ist eins derselben.
Auch die andern Sterne waren dem Alterthum nicht leblos, sie galten ihm in Beziehung auf den Menschen für hold oder feindlich; welche Constellation ihm bei seiner Geburt leuchtete, die nimmt ihn sein ganzes Leben hindurch unter ihren Schutz; er ist dann unter einem guten, glücklichen Stern geboren. Ein Ueberrest der Verehrung der Sterne liegt noch darin, dass man sie Abends beim Schlafengehen grüsst, gleichsam wie Engel, die während wir ruhen, über unserem Haupte wachen. Auch verbietet man den Kindern, mit den Fingern nach den Sternen zu deuten, weil das heisse, den Englein in die Augen stechen.Auch der h. Thomas a Kempis vergleicht die Engel mit den Sternen, wo er über den Fall jener spricht und sagt: Hast du an den Engeln Sünde bemerkt, was wird mit mir geschehen? Sterne sind vom Himmel gefallen und was soll ich Staub mich vermessen? De imitat. Chr. III, 14, 1.
Wenn die Sterne sich reinigen, so fallen die Sternschnuppen nieder; daher sagt man noch, die Sterne putzen, schneutzen sich. Sie sind vorbedeutsam: was man in dem Augenblick wünscht, geht in Erfüllung; es soll auch wer eine Sternschnuppe erblickt, ein Gebet sprechen. Jeder Mensch hat seinen eignen Stern, wenn er stirbt, erbleicht derselbe, das drückt ein litthauischer Mythus sehr schön also aus: Die Spinnerin des Schicksals, die Werpeja, beginnt den Faden der Neugebornen am Himmel zu spinnen und jeder Faden endet in einen Stern. Naht nun des Menschen Tod, so reisst sein Faden und der Stern fällt erbleichend nieder.
Leider scheinen die Ueberlieferungen unserer Vorzeit von einzelnen Gestirnen fast ganz verschollen, ihre Namen durch gelehrte Benennungen verdrängt, doch wird sich der eine oder andere gewiss noch erhalten haben. Bisher haben sich nur die Namen der drei Sternbilder wiedergefunden, welche in der Anschauung des Volkes am meisten hervortreten und die wir undeutsch mit den Namen des grossen Bären, Orion und der Plejaden bezeichnen.
Der grosse Bär hiess unsern Vorfahren so wie den mit ihnen urverwandten Völkern der Wagen, weil man an dem Gestirn deutlich vier Räder und eine abstehende Deichsel unterschied; von der letzten wurde es bei den Angelsachsen auch bloss die Deichsel genannt. Dieser Wagen gehörte den obersten Göttern, dem Wuotan bei uns und in den Niederlanden, dem Donar im Norden, und noch erzählt sich das Volk, er drehe sich um Mitternacht mit grossem Geräusch um, wie auch die Sonne rauschend verschwindet. In der Schweiz gilt sein Stand für ein Zeichen theurer oder wohlfeiler Zeit: fährt er hoch daher, dann ist der Gott den Menschen gram und hält seinen Segen zurück, es erfolgt Theurung, steht er aber nieder, dann neigt sich der Gott gerne zu den Menschen herab und spendet seines Segens Fülle, dann gibt es Ueberfluss an Allem.
Ueber dem mittelsten Stern in der Deichsel des Wagens steht ein ganz kleiner Stern, an den sich noch besondere Sagen knüpfen. Das Volk nennt ihn Däumchen, Hans Däumchen und erzählt eine zweifelsohne aus heidnischer Zeit stammende und verchristlichte Ueberlieferung von ihm: Ein Fuhrmann fuhr einst unsern Heiland, der versprach ihm zum Lohn das Himmelreich. Der Fuhrmann aber sagte, er wolle lieber in Ewigkeit fahren von Aufgang bis zu Niedergang. Sein Begehren wurde erfüllt, der Wagen steht am Himmel und der oberste von den Deichselsternen ist jener Fuhrmann, das Reiterlein.
Der Gürtel des Orion hiess dem Norden Frikkas Rocken, den Dänen noch heute Mariärock. In Oberdeutschland nennt man die drei Sterne, welche den Gürtel, bilden die drei Mader, weil sie drei auf der Wiese neben einander stehenden Mädern gleichen: eine einfache Benennung, wie die des Wagens, in der kindlichen Phantasie eines Hirtenvolkes entsprungen. Altdeutsch heisst der Orion oft der Pflug, am Rhein nennt man ihn den Rechen, beides Geräthe der Ackerer und Mäder. Die Angelsachsen sahen in der Constellation einen Trupp wilder Eber. Das spätere Mittelalter verwandelte einen andern altheidnischen Namen, den wir nicht mehr kennen, in den christlichen des Petersstabs, oder Jacobsstabs; wahrscheinlich sah man ursprünglich in dem Gestirn einen Gott, der mit seinem Stab die himmlische Bahn einherschritt.
In dem Siebengestirn sieht man noch heutzutage eine Glucke mit sieben Küchlein. Auch von ihm geht eine Sage, deren Ursprung offenbar in die heidnische Zeit hinaufreicht. Christus ging an einem Beckerladen vorüber, wo frisches Brod duftete und sandte seine Jünger hin, ein Brod zu erbitten. Der Becker schlug es ab, doch von ferne stand die Beckersfrau mit ihren sechs Töchtern und gab das Brod heimlich. Dafür sind sie als Siebengestirn an den Himmel versetzt, der Becker aber ist zum KukukIn einem Kinderreim wird noch der Kukuk Beckerknecht genannt. geworden, und so lange er Frühjahrs ruft, von Tiburtii bis Johannis, ist das Siebengestirn am Himmel sichtbar.
In dem Regenbogen sah unser Alterthum eine himmlische Brücke, über welche die Götter wandeln, welche einer der Götter bewacht, damit die Reif- und Bergriesen nicht über dieselbe in den Himmel dringen. Wie das Wandeln der Götter fast stets segenströmend ist, so auch hier: von dem Regenbogen fallen, noch bestehendem Volksglauben zufolge goldne Münzen nieder und wo er aufsteht, liegt eine goldne Schüssel, oder findet man verborgene Schätze. In Baiern nennt man den Regenbogen Himmelring oder Sonnenring, jene Münzen Himmelringschüsseln; und in Oesterreich weiss man noch, dass die Engel die Seelen der Verstorbenen über den Regenbogen in den Himmel führen.