Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Die Urstoffe, welche der Schöpfung aller andern Dinge vorausgingen, die alles durchdringen und alles in sich aufnehmen, müssen als solche, auch ohne dass sie in nähere Beziehung zu göttlichen Wesen gesetzt werden, heilig sein, sie sind dies bei allen Völkern und stehen darum in eigenthümlicher Verehrung. Wasser, Feuer, Luft und Erde sieht der Mensch in unablässig reger Thätigkeit und Kraft auf die gesamte Natur einwirken und so weiht er ihnen einen Cultus, auch ohne das Walten eines Gottes in ihnen zu erkennen, noch mehr und mit grösserm Recht, wenn dieses noch dazutritt.
Auf dieser Heiligkeit beruht die reinigende, heilende, sühnende Kraft der Elemente. Sie wird um so grösser sein, je mehr dieselben noch ihre ursprüngliche Reinheit haben, je weniger sie noch mit dem Menschen oder andern Dingen in Berührung kamen, oder gar zum Dienst des Menschen verwendet wurden, ebenfalls je günstiger oder heiliger die Zeit ist, zu welcher wir uns in ihren Besitz setzen, oder ihre Kraft verwenden wollen.
Wir wenden uns zuerst zur Betrachtung des Wassers. Quellen und Flüsse standen bei unsern Vorfahren in hoher Verehrung; an ihnen betete, ihnen opferte man, vorzugsweise den Quellen, welche unsere alte Sprache Ursprinc nannte. An der Quelle ist das Element rein, unentweiht, sein ewig frisches, lebendiges Hervorsprudeln, die Oeffnung des Bodens verdankt es selbst häufig göttlicher Einwirkung, wie wir dies u. a. von den Quellen wissen, welche der Lanzenschaft Wuotans und Balders oder der Hufschlag ihrer Rosse der Erde entlockten.
Soll das Wasser aber seine volle Heiligkeit haben, dann muss es in heiligen Augenblicken geschöpft werden, wie in der tiefen Stille der Mitternacht, oder vor Sonnenaufgang, ehe der Tag beginnt. Wie die Zwerge nur während der Nacht auf der Erde schalten und walten und der erste Sonnenstrahl ihrem Leben ein Ende macht, so scheint auch das Licht entkräftend auf die heiligen Wasser zu wirken. Heilawâc, heilwâc, heilwaege, vom ahd. wâc, unserm Woge, Fluth nannte unsere alte Sprache solches Wasser und es gilt bis heute noch als ein kräftiges Heilmittel; so jenes welches in der heiligen Weihnacht, so lang die Glocke zwölf schlägt, geschöpft wird. Damit steht auch der Volksglaube in Verbindung, dass sich in diesem Augenblick alles Wasser in Wein verwandle. Solches Wasser verdirbt nicht, so wenig wie des, welches man am ersten Ostertage früh vor Sonnenaufgang, stillschweigend (unberufen) stromabwärts schöpft; es verjüngt, heilt Ausschläge und kräftigt das junge Vieh. Andere Wasser schöpft man Sonntags vor Tagesanbruch an drei fliessenden Brunnen, sammelt sie in ein Glas und entzündet eine Kerze davor, wie vor einem göttlichen Wesen. In Hessen ziehen Jünglinge und Jungfrauen am Morgen des zweiten Ostertages zum hohlen Stein im Gebirg, schöpfen Wasser und werfen Blumen zum Opfer in die Quelle.
Nicht nur heilend auch weissagend sind die Quellen. Wenn ein Kind oder auch ein Erwachsener krank ist, legt man eins seiner Kleidungsstücke, welches jedoch von Leinwand sein muss, auf den Spiegel des Brunnens, opfert erbettelte Nadeln, Zwirn und etwas Korn, welches man in die Quelle wirft, und sieht zu, ob das Kleidungsstück untersinkt oder schwimmt. Im ersten Falle stirbt der Kranke, wenigstens wird er nicht genesen, im andern Falle zieht man das meistens dazu benutzte Hemd schnell heraus und dem Kranken nass an, dann ist er gerettet. Auch Hungersnoth, Sterbefälle und anderes Unheil verkünden die Quellen voraus und zwar die erste solche, welche nur wenn sie bevorsteht erscheinen: dieser Hungerquellen, Hungerbrunnen ist Deutschland voll. Auch ohne Rücksicht auf bestimmte Brunnen wird aus dem blossen Wassermessen theure oder wohlfeile Zeit, Abnahme oder Zunahme der Güter erforscht, je nachdem das in ein Gefäss gegossene Wasser steigt oder fällt. Wenn des Landesfürsten Tod bevorsteht, hält der Fluss wie trauernd in seinem Laufe ein, die bis dahin reich sprudelnde Quelle versiegt, wenn der Herr des Geschlechtes bald stirbt.
Ueberwallen der Quelle, ihr stärkeres und Gefahr bringendes Hervorsprudeln gilt als ihr Zorn und man sucht sie durch Opfer und Gebet zu besänftigen. Als noch im Jahr 1641 der für unergründlich gehaltene Blautopf in Württemberg so mächtig sprang, dass die Stadt Blaubeuern in Gefahr gerieth, warf man zwei vergoldete Becher hinein, worauf die Quelle sich zurückzog und ihr Toben nachliess.
Eine Heiligung des neugebornen Kindes durch Wasser bestand schon vor dem Christenthum und vor Einführung der Taufe bei den nordischen Heiden. Ebenso badete man zu heiliger Zeit, gewöhnlich am Abend vor Johannis. So sah Petrarca, als er Cöln besuchte, das ganze Ufer mit Frauen bedeckt, welche mit köstlich riechenden Kräutern umgürtet, unter Hersagung geheimnisvoller Sprüche die entblösten Arme und Hände in der Flut wuschen, und er vernahm auf seine Frage, was dies bedeute, es sei ein uralter Gebrauch, welcher jedes Jahr an diesem Tage stattfinde und die Frauen glaubten, dadurch sich vor allem während des Jahres drohenden Unheil zu sichern und zu schützen.
Bei den Flüssen standen Strudel und Wasserfälle in besonderer Verehrung. Die Flüsse selbst und die Bäche dachte man sich ursprünglich von Göttern und andern höhern Wesen aus Schalen und Urnen ausgegossen, wie man denn auch den Regen aus Schalen der Himmlischen entsendet glaubte. Trat lange Dürre ein, so flehte man zwar zu den Göttern um Gewährung desselben, bediente sich jedoch auch eines eigenthümlichen Zaubers zu dessen Erlangung, der auch unter vielen andern Völkern im Gebrauch war. Ein junges Mädchen wurde ganz entkleidet, man band ihm mit dem kleinen Finger der rechten Hand ausgerissenes Bilsenkraut an die kleine Zehe seines rechten Fusses, worauf es von den andern Jungfrauen feierlich zum nächsten Fluss geführt und mit der heiligen Fluth besprengt wurde. Bei den Serben umwand man es dergestalt mit Gras, Kräutern und Blumen, dass von der Haut und selbst dem Gesicht nichts zu sehen war. Vor jedem Hause tanzte es in der Mitte eines Reigens der andern Jungfrauen, worauf die Hausfrau vortrat und eine Mulde Wasser über das Mädchen ausgoss. Bei dem Tanze wurden Regenlieder gesungen, deren eines u. a. heisst:
Zu Gott fleht unsre Doda, oj dodo oj dodo he!
Dass Thauregen sich ergiesse, oj dodo oj dodo he!
Dass nass werden alle Ackrer, oj dodo oj dodo he!
Alle Ackrer, alle Graber, oj dodo oj dodo he!
Selbst im Hause alle Knechte, oj dodo oj dodo he!
Man war sicher, dass der Regen bald erfolge. Sinn der ganzen Handlung ist, wie das Wasser über die Doda ausgegossen wird, die eine Personification des grünen aber dürstenden Feldes scheint, so möge sich Regen und Thau über die Fluren und Felder ergiessen: es ist die geheimnisvolle echtsymbolische Beziehung des Mittels auf den Zweck, der wir in unseren Aberglauben tausend- und aber tausendmal begegnen. Eine ähnliche uralte Feier ist in Oesterreich jetzt in eine derbe Pfingstlustbarkeit ausgeartet: Die Jungen im Dorfe wählen sich einen Pfingstkönig, kleiden ihn mit grünen Zweigen, schwärzen ihm das Angesicht und werfen ihn in den Bach.
Auch das Feuer galt gleich dem Wasser für ein lebendiges Wesen. Wie die Quelle aus der Erde Schooss in endloser Thätigkeit hervorquillt, über die Steine springt und nach der Vereinigung mit ihres Gleichen strebend den Strömen und endlich dem Meere zueilt, so züngelt die Flamme in steter Beweglichkeit, verschlingt was von leichteren Stoffen in ihre Nähe kommt und wird entfesselt zur furchtbaren Zerstörerin. Der Edda nach ist das Feuer des Windes (d. i. der Luft) und des Meeres (d. i. des Wassers) Bruder und allen ältern Völkern galt es als ein gieriges, unersättliches, stets gefrässiges Wesen. Eben dieser Eigenschaften wegen hält man es in möglichst engen Grenzen, entringt es sich denselben, dann sagen wir heute noch, es sei ›ausgebrochen‹ oder ›ausgekommen‹, in Niederdeutschland, es sei ›los geworden‹, den Riesen gleich welche die Helden in Fesseln legten. Aus der Erde geschlagenes Feuer dämpften nach Tacitus Bericht die Ubier, indem sie es gleich einem wilden Thier schlugen und durch längern Gebrauch beschmutzte Kleidungsstücke in die Flamme warfen.
Wie das Wasser nur in seinem reinsten Zustande, so wie es eben der Erde entquillt, zu Heiligen Geschäften diensam galt, so auch nur das Feuer, welches eben erst erzeugt worden war. Wie das Rind oder Pferd, welches bereits in menschlichem Dienst gearbeitet hatte, der Göttin Wagen nicht mehr ziehen durfte und zum Dienst eines Gottes nicht mehr würdig schien, so auch die Flamme, welche bereits den Menschen zu profanen Verrichtungen gedient, die sich von Brand zu Brand fortgepflanzt hatte. Jene war gleichsam gezähmt, erschöpft, abgenutzt, nur die neue frische Flamme hatte eigentliche Heiligkeit und im Gegensatz zu jener zahmen hiess sie dies wilde Feuer. Es durfte dies aber wiederum nicht auf gewöhnliche Art erzeugt werden, nämlich durch Zusammenschlagen zweier Steine, sondern es musste aus dem lebendigeren Holze gewonnen werden und zwar durch Reibung. Solche Feuer nannte man, wie wir bereits früher gesehen haben, Nothfeuer. Die Art und Weise der Erzeugung dieses Feuers mag verschieden gewesen sein. Das einemal finden wir, dass ein Pfahl aus einer Hecke gerissen und mit einem Strick umwunden wird, den man so lange hin und her zieht, bis er Feuer fängt; ein anderesmal wird eine hölzerne Winde in einem in der Erde befestigten Eichenpfahl so lange umgedreht,Auf ähnliche Weise wurde das erloschene Feuer der Vesta bei den Römern wieder entzündet. bis sie Feuer gibt, welches mit Stroh oder aber mit neunerlei Holz aufgefangen wird. Wieder anderemale wird ein neues Wagenrad zu diesem Behuf umgedreht, oder das Feuer wird aus dem Holze gesägt. Bedeutsam und alt ist, dass in Norddeutschland die Pfähle vor Sonnenaufgang und unter feierlichem Schweigen eingegraben werden müssen, so wie dass im Halberstädtischen zwei keusche Knaben die Stricke ziehen. An vielen Orten muss vorher jeder Bürger alles Feuer in seinem Hause löschen und zur Entzündung des neuen Feuers einen Brand aus dem Nothfeuer mit nach Hause tragen. Wir wissen bereits, dass alles Vieh durch die reinigende, heilige Flamme getrieben und dadurch vor der Seuche bewahrt wird. Auch nahm man abgelöschte Brände mit sich und legte sie in die Krippen.
Neben diesem nur zeitweise und unregelmässig wiederkehrenden Feuer gab es aber auch andere, deren regelmässige Wiederkehr wir bereits kennen, so das Herbstfeuer oder Martinsfeuer, welches wir auf Wuotan, das Frühlings- Peters- oder Osterfeuer, welches wir auf Donar bezogen. Beide flammten vorzugsweise auf Bergen oder Hügeln, dagegen liebte man es, das gleich ihnen fast in ganz Europa jährlich entzündete Johannisfeuer in den Strassen der Dörfer und Städte,In Augsburg zündete 1497 in Kaiser Maximilians Gegenwart die schöne Susanna Neithard das Johannisfeuer mit einer Fackel und machte dann zuerst den Reigen um die Flamme an Philipps Hand. oder ähnlich dem Nothfeuer in der Nähe der Wohnungen der Menschen lodern zu lassen.Leider hat fast überall die trostlos öde Bureaucratenwirthschaft, dieser Drache, zu dessen Vernichtung sich noch kein Georg fand, dem Volke diese wie so viele andern Freuden verkümmert. Wann werden wir diese Landplage endlich los werden! Dies Letztere heisst mit einem ältern auch jetzt noch hin und wieder üblichen Namen Sunwentfeuer, weil um Johannis die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hat und sich nun wieder wendet zu niedrigerm Stande, dessen unterste Stufe sie in der winterlichen Sonnenwende, um Weihnachten erreicht. Dem Alterthum war diese Zeit eine hochheilige, in welcher wie am Pfingsten grosse Volks- und Reichsversammlungen gehalten wurden. Welchem der Götter das Johannisfeuer flammte, ist noch nicht ausgemacht, sein heidnischer Ursprung jedoch über alle Zweifel erhaben. Wie in das Osterfeuer Eichhörnchen und Kränze geworfen werden, so wirft man in das Johannisfeuer ein Pferdehaupt, hier und da auch Blumen und Kränze. Unter Gesang werden die Scheiter und anderes dazu gesammelt, singend und bekränzt mit Beifuss und Eisenkraut tanzt man um die Flamme, springt auch wohl darüber, oder lauft durch die noch glimmenden Kohlen; dadurch glaubt man Gesundheit fürs ganze Jahr zu erhalten, man lässt gleichsam alles Uebel in dem Feuer, welches dasselbe vertilgt, wie das Wasser des Flusses zu derselben Zeit alles Unheil abwascht. Auch trug man Brände aus dem Feuer mit heim oder steckte sie auf die Felder; jene schützten das Haus, diese die Saat. Ebenso kochte man Erbsen in der Flamme, die als Heilmittel bei Quetschungen und Wunden galten und das ganze Jahr hindurch aufbewahrt wurden.
Neben diesen Feuern findet sich die Sitte, ein mit Stroh umflochtenes Rad von einem Berge herab rollen zu lassen. Sie kommt mitunter am Johannistage, öfterer in den Fasten vor.
Ein in den Märchen vorkommender Zug, dass Unglückliche und Verfolgte vor dem Ofen knieen, um ihn anzubeten, oder ihm ihr Leid zu klagen, beruht gleichfalls auf dem alten Feuercultus; man setze nur an des Ofens Stelle das in demselben lodernde Feuer und der alte Gebrauch ist hergestellt.
Gleich beweglich und darum gleich lebendig stellt sich dem kindlichen Glauben die Luft dar, d. h. weniger die ruhende, stille, als vielmehr die wogende, dem Wasser gleich Wellen schlagende Luft, der Wind, oder die in wechselnden Gestalt sich zeigende Luft, das Wetter. Gleich Wuotan ist sie die alldurchdringende, und Geist, welches wir auf Genien angewendet finden, ist Athem, Hauch.
In der Edda erscheinen die Winde der vier Hauptseiten als Zwerge, im deutschen Märchen finden wir sie als gefrässige Riesen und Söhne einer Mutter, als Brüder, und darin zeigen sie Verwandtschaft mit dem Feuer, welches wir auch als ein nimmersattes Wesen erkannten.Diese Verwandtschaft bricht auch darin durch, dass das Feuer der rothe Wind genannt wird. Daher suchte man, wenn der Wind allzusehr wüthete und tobte, ihn durch in die Luft geschüttetes Mehl zu beschwichtigen. Einer schwedischen Sage zufolge nahm der Nordwind einem Manne dreimal das Mehl und gab ihm später kostbare Geschenke dafür. Noch heute heisst es von scharf die Felder überstreichendem trocknem Winde, er fresse das Korn.
Die Gutmüthigkeit, welche er gegen jenen Mann beweist, finden wir ihm und seinen Brüdern auch in Deutschland beigelegt. Hat Jemand ein ihm theures Wesen verloren, so wendet er sich an die Mutter der alle Himmel und Länder durchstreifenden Winde.Daher, dass in Märchen noch der Wind das himmlische Kind heisst. Sie fragt ihre Söhne nach dem Verlorenen aus und diese tragen den Suchenden auf breiten Schultern an Ort und Stelle.
An einer Stelle der Edda wird erzählt, wie ein Riese in Adlergestalt an des Himmels Ende sitzt, von dessen Flügeln aller Wind komme. Auch diese Vorstellung war in deutschen Landen bekannt und zwar besonders in Niederdeutschland, während jene andere, welche drei oder vier Riesenbrüder in den Winden sieht, mehr im mittlern und südlichen Deutschland auftaucht. So glaubte man in Belgien, dass der Sturm ein gewaltiger, mit mächtigen Flügelschlägen die Lüfte durchsegelnder Vogel sei, der seine Freunde auf seinem Schwanze dahin trage.
Eine Art des Sturmwindes ist der Wirbelwind, den wir mit einem sehr bedeutsamen Namen » Windsbraut« nennen. Alle Sagen stimmen darin überein, dass sie ein unglückliches Weib sei, welches verwünscht sei, ewig also dahinzufahren. Man könnte in ihr die nach dem verlornen Gatten rastlos suchende Frouwa sehen, da überhaupt bei dem Wirbelwind die höchsten Götter ins Spiel kommen.
Mit dein Sturm steht Hagel, Regen und Schnee in engster Verbindung. Sie entströmen oder entfallen der die Luft durchziehenden Wolke (in welcher das Alterthum ein Schiff, ein Nebelschiff sah), aus welcher die Götter, oder deren Diener den zerschmetternden Hagel entsandten, oder den die dürre Erde tränkenden Regen, während das Volk noch heute, wie einst die Scythen, in den fliegenden Schneeflocken Bettfedern einer Göttin sieht und zwar der gütigen Holda, die mit denselben die Felder bedeckt und vor dem Frost schützt.
Heilig war unseres Alten die Erde, die nährende Mutter, aus deren Schooss die reiche Frucht entspriesst und der mit Obst beladene Baum, die in grünes Gewand sich kleidende, wenn der Frühling beginnt, in deren Schooss der aus dem Leben Geschiedene versenkt wird, dass er in Staub und Asche zurückkehre, der, wie die Kirche am Aschermittwoch sagt, aus Staub und Asche genommen ist. Sterben hiess darum der Vorzeit sehr schön, die Erde in der Mutter Schoss sinken. Ihr galt des Heimkehrenden erster Kuss, ihr vertraute der Unglückliche sein Leid und sein Geheimnis.
Besonders hatte die mit Gras bewachsene Erde, der Rasen, eine heilige Kraft. Der Schwörende legte die Hand auf grünen Soden, und der Kämpfende schwur, indem er sein Schwert an ein Rasenstück setzte oder dasselbe in die Erde steckte, wie Siegfried als er die drei Eide schwur. In Skandinavien wurde der feierliche Eid der Bundesbrüder unter grünem Rasen geleistet, woher die Ceremonie auch hiess: unter den Rasen gehn. Sie schnitten einen langen Streif grasbewachsener Erde auf, doch so dass er an beiden Enden am Grunde hängen blieb. In der Mitte wurde durch einen untergestellten Spies der Wasen in die Höhe gehoben. Unter diesen Wasen traten sie, jeder stach oder schnitt sich in die Fusssohle oder inwendige Hand, das herauslaufende und zusammenfliessende Blut mischte sich mit der Erde. Dann fielen sie auf die Kniee nieder und riefen die Götter als Zeugen an, dass sie einer des andern Tod wie Brüder rächen wollten. Aehnlich legte sich bei Völkern der Schwörende Erde oder Rasen auf das Haupt.
Die Uebergabe eines Gutes erfolgte, bei den Alten dadurch, dass man dem neuen Besitzer ein Stück Rasen oder eine Erdscholle überreichte und der Besiegte bot zum Zeichen seiner Unterwerfung Erde und Wasser dar. Noch in später christlicher Zeit nahm man vor dem Beginn der Schlacht oder bei unversehens nahendem Tode, wenn kein Priester da war, den Leib des Herrn zu spenden, Erdbrosamen statt der heil. Wegzehrung, ohne allen Zweifel ein altheidnischer Gebrauch, von dem die Kirche nie nur die geringste Notiz nahm. Ursprünglich gab man sich dadurch, dass man also die heilige Erde in sich aufnahm, der Mutter Erde gleichsam zu eigen. Uebersetzung der genommenen Erde in des Herren Leib lag einem eben bekehrten Volke sehr nahe, da einestheils der Augenblick, worin man die heilige Communion empfing, übereinstimmte, anderntheils man in der Erde den alten Riesenleib sah, wie im Abendmahl den Leib des menschgewordenen Gottes.