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Balder vor dem Tode zu sichern nahm seine Mutter allen Wesen, den Thieren sowohl wie den uns leblos scheinenden Pflanzen, Steinen u. a. Eide ab, dass sie dem liebsten ihrer Söhne nicht schaden wollten; und als er der Falschheit Lokis erlegen war und Hellia verlangte, dass alle Wesen um ihn weinen sollten, da trauerten sie alle, Thiere wie Pflanzen, Wasser und Erde, Feuer und Steine. Wir sehen daraus wie das Alterthum alle Wesen nicht nur für belebt hielt, sondern ihnen auch Sinn und Empfindung zuschrieb. Besonders war dies der Fall mit den Thieren, die wir vielfach in der Fabel wie im Märchen gleich Menschen redend, denkend und handelnd erblicken, mit den Bäumen und andern Pflanzen. In beides, in Thiere und Pflanzen verwandelten sich Menschen und Götter, denn das Fluggewand z. B., welches wir Göttern, Helden und weisen Frauen zugeschrieben sehen, ist nichts, als die Verwandlung in einen Schwan; auch die Geister, die Elemente selbst nahmen häufig Thierformen an. Die Verehrung, welche man diesen Wesen zollte, galt also ursprünglich nicht ihnen selbst, sondern den höhern Wesen, von denen sie belebt oder bewohnt gedacht wurden. Später mag dieses höhere Wesen hinter der von ihm angenommenen Form verschwunden sein.
Ausser diesen göttlich verehrten Bäumen, Pflanzen und Thieren gib es andere Wesen, die einer einfachen Art von Verehrung genossen und zwar, weil sie als den Göttern besonders angenehm galten, bei den Opfern verwendet wurden und als Attribute der Götter, in deren Geleit erschienen. Diese fallen mit jenen oft zusammen, es ist oft kaum zu unterscheiden, zu welcher Klasse man einzelne solcher Wesen zählen soll.
Von heiligen Wäldern und Bäumen war schon mehremal die Rede, einzelne der letzten wurden bereits genannt. Die Vernichtung solcher Bäume machte den Bekehrern viel zu schaffen, denn trotz alles Eiferns gegen deren Cultus fuhr das Volk fort, denselben zu opfern, Lichter unter ihnen anzuzünden, sie zu schmücken und andern Aberglauben zu treiben, und bis heute dauern noch viele dahin gehörende Gebräuche unter uns fort.
Einer der am höchsten verehrten Bäume war die Eiche, nächst ihr kam die Linde, die wie eine schützende Macht in jedem Dorfe, bei jeder Burg gefunden wird. Glück und Heil der Bewohner ist an sie geknüpft, wächst und schwindet mit ihr; als die Linde im Schlosshofe der Burg Schellenberg verdorrte, da stürzte das Schloss nach und nach zusammen, und als nichts mehr von diesem übrig war, warf der Sturm auch den dürren Stamm zu Boden. Die Esche war heilig, denn der Weltbaum ist eine Esche und aus zwei Eschen wurden die ersten Menschen geschaffen. Mit der Frau Hasel führen unsere Volkslieder Gespräche, und bevor man von dem Hollunder Holz schnitt, bat man ihn mit gebogenen Knieen, entblösstem Haupt und gefaltenen Händen zuvor um Erlaubnis. Dem Holzhauenden ruft aus dem Baum eine Stimme entgegen: Wer Haspelholz haut, der stirbt, und wenn einer die Erle haut, so blutet und weint sie und hebt zu reden an, gerade wie Blut aus der Goldwurz floss, die ein Hirtenknabe schneiden wollte. Für besonders heilig galt unter den Kräutern der Rosmarin, dessen Namen halbgöttliche Jungfrauen tragen, in dem nach unserm heutigen Kinderglauben die Kinder gefunden werden und den die Braut beim Kirchengang nothwendig tragen muss. Den nordwestlichen Deutschen, namentlich Friesen und Seeländern war das Seeblatt ein Gegenstand besonderer Verehrung; die Holländer nennen seine weissen, inwendig goldgelben, duftenden Blumen Swanneblommen, d. i. Schwanblumen, wie wir die Wasserlilie Nixblume nennen. Es ist dieselbe Blume, die unter dem Namen Lotus in Aegypten und Indien verehrt wurde, vor der sich Tibetaner und Nepalesen neigen, auf deren Blatt Brahma und Vischnu einst schwammen. Fast alle solche Gewächse haben Kraft zu heilen oder zu schaden und wurden gleich schützenden heiligen Thieren in die Wappen der Helden, Städte und Länder gesetzt.
Die Pflanzen leben ein mehr stilles Leben, dessen Aeusserungen kaum merkbar sind; an den Ort gebunden, ohne menschliches Zuthun wachsend, können sie ihren Einfluss auf seine Lebensverhältnisse nur seltner und weniger entscheidend eingreifend kund geben. Ein anderes ist es mit den Thieren, die frei und fessellos herumschweifend, grösseres Bewusstsein des Lebens zeigen, die an Kraft den Menschen gleich, an andern Eigenschaften ihm gar überlegen sind, sich ihm inniger anschliessen können und durch die Pflege, welche er ihnen weiht, ihm theurer werden. Ihr Cultus war darum ein ausgedehnterer und ungleich wichtigerer, als der der Pflanzen, und zwar liegen ihm folgende Hauptursachen zu Grunde. Die Thiere standen in der menschlich gedachten Götter Dienst oder die Götter hatten einst sich in eine Thiergestalt verwandelt, wodurch alle Thiere, derselben Gattung fortan höherer Ehre genossen; es sind dabei vielleicht alte Incarnationen vorauszusetzen, wie wir sie bei andern Völkern des Alterthums finden, deren Kenntnis für uns jedoch kaum mehr zu erlangen ist. Eine geringere Art der Verehrung gewisser Thiere mag in der Lehre von der Seelenwanderung begründet sein, von der wir in unserm Alterthum unzweideutige Spuren antreffen: in der als Strafe erfolgenden Versetzung des Menschengeistes aus der edlern Menschen- in die unedlere Thierform. Dabei ist natürlich an einen eigentlichen Cultus nicht mehr zu denken, sondern nur an rücksichtsvollere, mit einer Art von frommer Scheu durchdrungene Behandlung der Thiere.
Wir sahen, wie das Alterthum nächst dem Menschenopfer kein höheres Opfer kannte als das des Pferdes. Alle Götter, der Donnerer einzig ausgenommen, besassen Pferde und der Held kannte nichts theureres als sein Ross, mit dem er sich freundlich unterredete, das all seine Freuden, wie seinen Kummer, seine Gefahren und Mühen theilte. Zwei edle Sachsenhelden Hengest und Hors trugen gar des Pferdes Namen und den Menschen gleich erhält auch das Ross seinen festen Namen, wie das Odhins Sleipnir, das des Riesen Hrûngnir Gullfaxi, das Goldmähnige, das Ross des Tages das Glanzmähnige, das der Nacht das Thaumähnige genannt wurde. Einzelne Pferde genossen göttlicher Verehrung und zwar besonders solche, die den Göttern geweiht waren und in der Nähe ihrer Heiligthümer unterhalten wurden. Besonders dem Fro finden wir solche heiligen Rosse gehegt, in der Nähe einer seiner alten Cultusstätten in Süddeutschland liegt der noch heute bekannte Rossberg; ein anderer Berg gleichen Namens in Württemberg hat einen platten Gipfel, der das Rossfeld heisst. Solche Rosse zu besteigen, wurde für ein todeswürdiges Verbrechen gehalten; nur der Gott ritt sie, nur seinen heiligen Wagen zogen sie, und sie bluteten ihm als Opfer. Sie wurden sorgfältig gepflegt und genährt, besonders hielt man viel darauf, ihre Mähnen zu hegen und schmückte dieselben, indem man Gold, Silber und Bänder hineinflocht. Da sie als Opferthiere galten, so mussten sie weiss sein, wie denn auch die Rosse der Könige noch in späterer Zeit nur weiss sein durften. Sie waren nach Tacitus für Mitwisser der Götter angesehen (Könige Edle und Priester waren nur der Götter Diener) und darum wurde fleissig auf ihr Wiehern geachtet; keinem andern Orakel schenkte man solchen Glauben und vertraute man so sehr. Wenn das Ross vor der Schlacht seine muthweckende Stimme erhob, dann war an keine Niederlage zu denken, senkte es aber das Haupt und war es still, dann war sie gewiss. Heiliger noch und edler als das Ross galt das Fohlen; die Stute war wie es scheint wenig oder nicht geachtet.
Selbst in dem abgeschnittenen Pferdehaupt lebte noch eine geheimnisvolle Kraft fort und man bediente sich desselben zu manchen Zaubereien. Im Märchen ist der Zug bewahrt, wie der Kopf des treuen Falada über das Thor genagelt wird und mit der scheinbaren Gänsemagd redend, sie dem König als eine Königstochter ankündet. Wenn man im Norden einem Feinde schaden, ihn vernichten wollte, dann errichtete man die furchtbar wirkende Neidstange, indem man ein Pferdehaupt mit gähnendem Rachen, den man durch Hölzer aufsperrte, auf einer Stange erhob und es der Gegend zuwandte, woher der Feind kommen musste. Andere schnitzten ein Menschenhaupt aus Holz, befestigten es auf einer Stange und steckten dieselbe in die Brust eines geschlachteten Pferdes, welches man wahrscheinlich den Göttern unter Verwünschungen gegen den Feind geopfert hatte.
Wie Hengste vor den Wagen nordischer und deutscher Könige gespannt wurden, so zogen Stiere den fränkischen Königswagen; sie waren dem Fro gleichfalls heilig. Nach Plutarch schwuren die Cimbern bei einem ehernen Stier. Doch kommt im ganzen der Stier seltner vor, (vielleicht weil wir weniger davon übrig haben) häufiger die Kuh, und das Rind. Wir fanden heilige Kühe an dem Wagen der Nerthus und auch im Norden standen sie in hohem Ansehen; die Rinder aber wurden häufig geopfert. Der Eber und der Bock galten gleichfalls wie als Thiere Fros und Donars, so auch als Hausthiere für opferbar und darum für heilig. Nur der Hund war vom Opfer ausgeschlossen, obgleich er dem Pferde in manchen Eigenschaften, namentlich an Treue und Klugheit ähnlich ist; es liegt etwas unedles, unreines in ihm, so dass sein Name selbst als Schelte dienen kann. Aber er genoss darum doch gewisser Verehrung, da er Göttern und Göttinnen als Geleiter diente und dafür galt, dass er ihre Nähe wisse, die unsichtbar Kommenden schaue.
Unter den Thieren des Waldes gab es besonders drei, welche der Mensch mit einer Art von ehrfurchtsvoller Scheu betrachtete, es waren Bär, Wolf und Fuchs. Die Stelle, welche in unsern Thiermärchen der Löwe einnimmt, gebührt in Deutschland dem Bären, der unserer Vorzeit König der Thiere war. Er ist das stärkste und grösste aller eingebornen Thiere, sein Gebrüll der mächtigste Ton, der in unsern Wäldern erschallt. Wie das Alterthum scheute, den Namen des höchsten Wesens zu oft oder an unpassender Stelle zu nennen, so vermied es gleichfalls, den Namen des Unheimlichen, Zauberhaften laut auszusprechen, weil es dadurch augenblicklich herbeigerufen wird, so mied es besonders auch, die Namen jener drei Thiere zu nennen, sondern gebrauchte statt dessen schmeichelnde und freundliche Beinamen, um sich der Thiere Freundschaft zu versichern. So nannte es den Bären den Alten, den alten Grossvater, Schwarzzahn, Süssfuss; den Wolf Hölzing, Goldfuss, Goldbein oder auch Graubein, Goldzahn; den Fuchs Blaufuss, d. i. Schwarzfuss, Waldgänger. Bär und Wolf finden wir oft in Wappen aufgenommen und eine Menge von menschlichen Eigennamen ist mit ihrem Namen zusammengesetzt, so Bernhart, Bernwin, Adalbern, Reginbern, Hruodbern, Wolfgang, Wolfbrant, Wolfhelm, Heriwolf, Sigiwolf, Hiltiwolf; keiner aber mit Fuchs. Dem letztern fehlt die Seele aller Heldennamen, männliche Kühnheit; es kann auch keine Verwandlung der Menschen in Füchse statt finden, wohl aber in Bären oder Wölfe, am häufigsten ist die in Werwölfe. Der alten Thierfabel sind die drei Thiere wesentlich, alles andere untergeordnet; das allein würde schon für ihre uralte Heiligkeit zeugen; ebenso finden wir sie in vielen Märchen zusammen auftretend, mit menschlicher Sprache und übermenschlichem Wissen begabt.
Die Katze galt als Thier der Frouwa, deren Wagen sie zog, für heilig, und in ihre Gestalt verwandelten sich besonders Frauen; auch das Wiesel, das rasch dahin fährt und aus klugen Augen schaut, wurde für zauberkundig gehalten und Fräuchen angeredet.
Wie den Göttern heilige Pferde unterhalten und gefüttert wurden, so geschah dies auch mit andern Thieren. Dieser Gebrauch erhielt sich selbst noch bis in spätere christliche Zeiten und wir sehen noch einen Ueberrest davon in Bern, welches dem Bären, der in der Stadt Wappen steht, zu Ehren auf öffentliche Kosten zwei Bären unterhält, welche gleichsam die Schutzmächte der Stadt sind.
Ebenso fütterte man die wilden Vögel. Wie man in Norwegen Julabends den Sperlingen Kornbüschel aussetzte, so gibt man in Hessen zwei Gescheit von der Wintersaat den Vögeln; und wenn die Ernte eingethan ist, wirft man Nachts um zwölf Uhr eine Garbe aus der Scheuer, dass »die Englein im Himmel davon zehren.« Es sind das alte Opfer, welche man den Vögeln um die Herbstzeit darbrachte. Mit den Vögeln lebte das Alterthum überhaupt sehr vertraut; wegen ihrer grösseren Behendigkeit scheinen sie geisterhafter als die vierfüssigen Thiere. Wir fanden schon wiederholt, wie Götter, Göttinnen, Helden und weise Frauen sich in ihre Gestalt verwandeln; die nordischen Götter und Riesen legen ein Adlerkleid an, die Göttinnen ein Falkenkleid, halbgöttliche Wesen der Deutschen und Skandinavier schlüpften in ein Schwanhemd. Das Feuer erschien als rother Hahn, der Flamme Prasseln in dem Dach des Hauses ist sein Krat; wahrscheinlich ist der Hahn auf unsern Kirchthürmen noch heidnischer Abkunft.
Zu den erhabenen Göttern passt das Aargewand, dessen selbst Allvater sich einmal bediente, denn wie der Bär an der Spitze der wilden Waldthiere, so steht der Aar an der Spitze der wilden Vögel. Bei aller Schönheit und Kraft, die er zeigt, steht er an Klugheit doch dem gleichfalls sehr heilig gehaltenen Raben nach. Wie in den Mythen, so erscheint in den Märchen der Rabe als weise, ja allwissend und der geheimen Naturkräfte kundig. Die rasch die Luft nach allen Richtungen durchschiessende Schwalbe gilt noch heute für so heilig, dass das von ihr gebaute Nest dem Hause Glück, sie zu tödten aber Unheil bringt. Gleich der Schwalbe ist der Storch Bote des Frühlings, aber er ist auch Kinderbringer, und als solcher muss er dem Alterthum ein Götterbote gewesen sein; auch sein Gewand ziehen Menschen und wohl auch höhere Wesen oft an. Als weissagend erscheint besonders der Kukuk, dessen Ruf man zählt, um zu erfahren, wie lange man leben, oder noch unverehlicht bleiben werde; ruft er den das Letztere fragenden Mädchen in Schweden öfter als zehnmal, dann sprechen sie, er sitze auf einem närrischen d. i. verzauberten Zweig und achten nicht weiter auf seine Prophezeiung. Hört man ihn zuerst von Norden, dann bringt das Jahr Trauer, von Osten und Westen bedeutet sein Ruf Glück. Ihn ohne Ursache zu tödten, bringt Gefahr. Das hohe Ansehn, in welchem er stand, hatte so wie sein oft zum Nachtheil der Seele täuschender Ruf, zur Folge, dass er im Christenthum als ein Vogel des Teufels galt und noch gebrauchen wir seinen Namen statt dem des Teufels.Des Kukuks werden, der Kukuk hat ihn hergebracht u. a. m. In gleicher wenn nicht höherer Verehrung wie der Kukuk standen das Rothkehlchen und die Meise. Das Rothkehlchen kündigt sich durch seine Farbe als ein dem Donnerer heiliger Vogel an, darum schlägt der Blitz in das Haus, wenn man sein Nest stört, und wenn es einen Erschlagenen im Walde findet, trägt es Blumen und Blätter auf sein Gesicht. In welchem Ansehn die Meise stand, sehen wir aus den Weisthümern; wer eine im Walde fing, war der höchsten Busse verfallen, er war »um Leib und Gut und in des Herren Ungnade.«
Schlangen scheinen durch die Schönheit ihrer Form, die Gefahr ihres Bisses vor andern Thieren Scheu und Ehrfurcht zu gebieten; viele Sagen erzählen von Vertauschung der Gestalt zwischen Menschen und Schlangen; darin liegt fast untriegliches Zeichen des Cultus. Wesen, die aus menschlicher Art in thierische Bildung übergegangen sind und den Umständen nach in jene zurückkehren können, ist das Heidenthum heilig zu halten geneigt. Die Longobarden beteten selbst nachdem sie zum Christenthum übergetreten waren, noch eine goldne Schlange an, der heil. Barbatus benützte ihres Königes Romuald Abwesenheit, sich das Bild von dessen Gemalin zu verschaffen und liess einen Kelch und eine Patene daraus schmieden, aus denen er dem König bei dessen Rückkehr das heil. Abendmahl reichte. Ueberall in Deutschland weiss man, dass Schlangen zu tödten Unglück bringt. An das Leben der Schlangen ist nicht selten das Leben der Menschen gebunden, sie sind gleichsam seine Schutzgeister und wenn sie sterben, welkt auch der Mensch dahin. Schützend halten sie an des Kindes Wiege Wacht, grösseren Kindern weisen sie Schätze, Kranken und Verwundeten retten sie das Leben. Oft kommen sie zu einsamen Kindern ins Zimmer, auf Wiesen und Weiden oder in die Häuser und trinken mit ihnen Milch aus dem Schüsselchen; sie tragen eine goldene Krone auf dem Haupte, welche sie dabei ablegen, mitunter auch beim Weggehen vergessen und lohnen dem Kinde mit Perlen, glänzenden Steinen und goldenen Spielsachen. Oft finden sie sich auch in ganzen Scharen ein und haben dann einen König, der eine schimmernde Krone trägt. Lässt man sie ruhig gewähren, so bringen sie dem Hause Glück und Segen, tödtet man aber den König, dann folgt ein Unglück dem andern. Wer solch eine Schlangenkrone trägt, der ist unsichtbar und wird steinreich. In einigen Gegenden erzählt man noch, jedes Haus habe zwei Schlangen, ein Männchen und ein Weibchen, die sich aber nicht eher sehen lassen, als bis der Hausvater oder die Hausmutter stirbt, dann sterben sie auch.
Die geflügelte Schlange nennen wir mit einem undeutschen Wort Drache, der deutsche Ausdruck ist Wurm, Lintwurm, d. i. der glänzende, leuchtende Wurm von dem Gold, worauf die Drachen liegen, welches sie hüten. Sie sind ganz im Gegensatz zu den Schlangen geizig, neidisch, giftig; dem nahenden Menschen werfen sie Rauch, Flamme und Wind aus dem Rachen entgegen. Gefrässig berauben sie die Heerden, sie fordern selbst Menschen als Opfer. Der gewöhnliche Mensch erliegt ihnen, nur die Helden vermögen den Kampf mit ihnen zu bestehen und der Sagen von ihren Drachensiegen sind alle Länder voll. Der Genuss ihres Herzens bringt den Siegern Kunde der Thiersprache zuwege, das Bestreichen mit ihrem Blut härtet die Haut gegen alle Verletzungen,
Die Käfer waren wie den Aegyptern, so auch den alten Deutschen heilig. Feierlich holte man noch im siebenzehnten Jahrhundert den ersten Maikäfer aus dem Walde, gleichsam wie einen Boten der Gottheit des Frühlings. In oberdeutschen Sagen erscheinen die Käfer als heilige, das Gold bewachende, selbst goldene Thiere. Den schwedischen Mädchen sagt der auf ihrer Hand umkriechende kleine Goldkäfer, von welcher Seite der Bräutigam komme. Fast in all unsern Dialecten trägt dies hübsche Thierchen noch mythisch klingende Namen: wie man ihn in Schweden Jungfrau Mariens Schlüsselmagd heisst, so nennen wir ihn Marienvöglein, Liebfrauenthierchen, Marienkälbchen, Herrgottsthierchen, Herrgottsvöglein, Gotteskühlein, Sonnenküchlein.
Heilig war endlich die Biene, die wir sorgsam hegen, die uns zum Dank dafür den Honig schenkt, einen Hauptbestandtheil des alten Göttertrankes. Sie ist emsig und still geschäftig, gleich den Zwergen und Elben, die gleich ihr einer Königin gehorchen. Sie nimmt regen Antheil an Vorsput und Unheil, welches ihren Herrn trifft; wenn er stirbt, so muss man dem Bienenstock den Todesfall melden und bitten, dass er dem neuen Hausherrn getreu und gewogen bleibe, auch als Zeichen der Trauer ihn auf eine gewisse Zeit schwarz verhüllen; geschieht das nicht, dann fliegt der Schwarm fort. Goldene Bienen begleiteten selbst die Leiche des fränkischen Königs Childerich ins Grab.