Johann Wilhelm Wolf
Die deutsche Götterlehre
Johann Wilhelm Wolf

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Donar.♦ Myth. p. 151 ff. Wolf Beiträge I. p. 63 ff. Dess. Rodenstein und Schnellerts. Darmstadt. 1848. Finn Magnusen s. v. L. Uhland Sagenforschungen I. Thor.

Wuotan umarmte die Erde, da gebar sie den kraftvollsten und erhabensten seiner Söhne, den über Regen und Wolken gebietenden, sich durch Wetterstrahl und rollende Donner ankündigenden, den Menschen aber freundlichen, väterlichen Gott, Donar den Thôr des Nordens. Er ist seines Vaters rechte Hand, Göttern und Menschen stets schirmend und mit thätiger Hülfe nahe, besonders aber der immer unverdrossene Schützer der Erde, seiner Mutter, und derer die sie bebauen. Wie Wuotan vor allem der Gott der Helden und der kriegerischen Begeisterung, so ist Donar vorzugsweise der Gott des Landmannes und der friedlichen Pflege des Ackerbaues.

Sein Name bereits sagt aus, dass er der Donnerer ist. Nur zürnend rollt der rothbärtigeWenn er im Zorn in den rothen Bart bläst, entsteht dem nordischen Mythus zufolge der Blitz. Gott in seinem Wagen daher, dessen Bockgespann seine Linke lenkt, während er in der Rechten den allzerschmetternden HammerMiölnir hiess er im Norden und durch ihn war der Gott der Riesen furchtbar, die er mit demselben erschlug, wo er sie fand. führt, der nach jedem Wurfe wieder von selbst in seine Hand zurückkehrt. So gewaltig ist sein Zorn in seinen Folgen, dass ›kein Würmlein so klein ist, das beim Donnern nicht erbebt‹ und dass der Mensch ehrfurchtsvoll jede Arbeit, selbst das Mahl ruhen lässt. Auch schleudert er im Blitze niederfahrende Steine in keilförmiger Gestalt, unsere Donnerkeile, die als der Hand des Gottes entstammend heilig gehalten werden und noch heute zu mancherlei Aberglauben dienen. Ebenso heilig galt Alles, was vom Blitze überhaupt getroffen wurde, besonders Bäume, deren Holz man als besondere Kräfte besitzend ansah und benutzte.

Wie Wuotan der Gott der Ernte war, so galt Donar besonders im westlichen Deutschland vorzugsweise als Gott der Saat und des dieselbe zum höheren Wachsthum treibenden Frühlings. Wie jener den belebenden Sonnenstrahl niedersandte, so schenkte Donar dem Landmanne den befruchtenden Regen, der beim Gewitter niederströmt, welches die Luft reinigt.Schön ist folgendes Gebet der Esthen zu dem Donnergott: Lieber Donner, wir opfern dir einen Ochsen, der zwei Hörner und vier Klauen hat und wollen dich bitten um unser Pflügen und Säen, dass unser Stroh kupferroth, unser Getreide goldgelb werde. Stoss anders wohin alle schwarzen, dicken Wolken über grosse Sümpfe, hohe Wälder und breite Wüsten. Uns Pflügern und Säern gib aber fruchtbare Zeit und süssen Regen. Heiliger Donner, bewahre unsern Acker, dass er trage gut Stroh unterwärts, gute Aehren überwärts und gut Korn innenwärts.♦ Siehe Myth. p. 160.

Ueber Thôr haben sich im Norden die meisten Mythen erhalten, unter denen in weitern Kreisen nur derjenige von seinem Zug in das Riesenland bekannt ist.

In einigen Gegenden hat er zwar auch seinen Antheil an der Ernte, meistens aber flammt sein Opferfeuer im Frühjahre, wenn es angeht, auf Hügeln und Bergen. Man jagte Eichhörnchen, die ihrer rothen Farbe wegen dem Donar heilig waren und warf sie oder auch Kräuter in die Glut, tanzte unter Gesang und Jubel herum und nahm Kohlen davon nach Hause mit, um sich vor dem einschlagenden Blitze zu schützen, oder trug sie auf die Felder, um dem Hagelschlag zu wehren und Fruchtbarkeit für den Boden zu erlangen. Wir kennen diese Feuer noch heute, nur wurden, als ihre ursprüngliche Bedeutung erlosch, aus dem einen Frühlingsfeuer nach und nach vier verschiedene Feuer, die Peters-,In christlicher Zeit finden wir Donar meistens durch den heil. Petrus ersetzt, dem gleich er oft fischend erscheint; so wie er die Schleusen des Himmels öffnet, ist Petrus in der Legende Pförtner des Himmels. Die Petersberge sind meistens alte Donarsberge. Judas-Seitdem der Gott in den Verräther Jesu überging, wurde diesem auch der rothe Bart gegeben, und hat das Volk überhaupt Abneigung gegen rothes Haar. Daher: rother Bart, Teufels Art – roth Haar und ein Elsenstumpf wachsen selten auf gutem Grund u. a. m. oder Oster- und Maifeuer.

Die auf Erden seine Freunde waren, denen er dort seinen Schutz angedeihen liess, die nimmt Donar nach dem Tode väterlich in seine göttliche Wohnung auf, welche nordischer Ansicht nach der grösste unter allen Götterpallästen ist und nicht weniger denn 540 Räume hat.

Das Alterthum liebte es, auch dem Donar Berge zu weihen, wie die Griechen deren dem Jupiter weihten, den ältere Schriftsteller oft an Donars Stelle setzen. Zu diesen gehört der Donnersberg in der Rheinpfalz, auf dessen Spitze eins seiner Heiligthümer war, wie der noch vorhandene germanische Ringwall lehrt; ferner ausser andern Bergen desselben Namens am Rhein, in Westphalen, Belgien u. s. w. der Rodenstein, wo der bekannte GeistEr ist streng von dem nur bei bevorstehendem Kriege umfahrenden Schnellertsgeiste zu scheiden, welcher Wuotan ist. wohnt, dessen noch zuweilen gehörter Umzug stets zu Wagen geschieht; den Weg des Wagens durch die Luft erkennt man an der Erde auf den Fruchtfeldern daran, dass die Aehren höher und reicher gefüllt sind. Gleich dem Jupiter war auch dem Donar die Eiche heilig, so u. a. die Donnereiche, welche der heilige Bonifacius bei Geismar fällte und aus deren Holz er eine dem heil. Petrus geweihte Kapelle baute. Gewöhnlich lagen die dem Gotte geweihten Orte in der Nähe solcher, welche dem Wuotan heilig waren. Der ihm heilige Wochentag ist, wie schon aus dem Namen hervorgeht, der Donnerstag.


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