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(24. September 1563.)
Doctor Sebastianus Brant Schrieb eine Fabel mit Verstand, Wie daß auf einem Dorfe saß Ein fauler Bauer und Vielfraß, Welchem sein Vater war gestorben, Von dem er seinen Hof erworben. Auf diesem viel Getreid' er hatt', Das er zum Markt bracht' in die Stadt, Und schnell verkaufte an dem Tag. Mit dem Gelde in der Stadt er lag Stets in dem Wirthshaus bei dem Weine, Hatt' keine Achtung auf das Seine Und sagte oft: »Was soll ich sorgen! Ich hab' genug, sterb' ich heut' oder morgen, Denn ich weiß ganz gewiß fürwahr, Daß, wenn ich lebte hundert Jahr, Ich hundert Jahre hätt' zu essen.« Solch' Reden trieb er unvermessen, Stets fauler und heilloser ward, Macht' nach dem Acker keine Fahrt Den ganzen Herbst und sät' auch nit. Und als nun kam die Zeit zum Schnitt, Allda im Dorf die Nachbarn sein Getreide schnitten und führten ein Und sammelten die Kasten voll, Zu zehren ordentlich und wohl. Jedoch der faule Bauersmann, Der hatt' im Sommer nichts gethan, Als nur vergeudet Gut und Geld, Und hatte nicht gebaut sein Feld. Als darnach kam des Winters Noth, Hatt' er kein Korn, zu backen Brot. Als nun der Hunger ihn' packt an, Da faßt' er einen losen Plan, Stach nieder all das Weidvieh sein, Schaf und Bock, Rind, Geiß und Schwein, Eins nach dem andern solchermaß, Briet und sott sie, darnach sie fraß. Nach dem er auch darnieder schlug Die Ochsen, so zuvor den Pflug Ihm zogen, salzte sie dann ein, Fraß nach einander sie hinein. Als das vermerkten seine Hund', Hielten sie ein Gespräch gar rund: »Seht, unser fauler Bauersmann, Nachdem sein Erbtheil er verthan, Hat er sein Weidvieh abgestochen Und läßt es sieden, braten, kochen; Hat die gefressen aus dem Salz, Die ihm gebracht Milch, Käse, Schmalz, Die ihm viel Nutzen sonst getragen: Hat alles in den Wind geschlagen. Dann er die Ochsen niederschlug, Die ihm gezogen seinen Pflug, Darmit er bauen konnte Korn; Ihr treuer Dienst, er ist verlor'n, Er frißt sie auch in seinen Hals; Wenn er gefressen sie nachmals, So hat er nichts mehr in dem Haus Zu fressen, dann wird er voraus Auch uns zwei arme Hunde fressen, Wo wir nicht fliehen unterdessen Und suchen einen andern Herrn. Drum woll'n wir laufen in die Fern', Daß wir vom faulen Bauern vermessen Nicht werden gemetzelt und gefressen.« So liefen beide Hund' hindann, Verließen den faulen Bauersmann. |
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Der Beschluß.Die angehängte Moral ist gekürzt. | |
Aus dieser Fabel lernen kann Noch heutzutag' ein junger Mann, Dem auch ein Erbe zustehn thut, Das Unterhalt ihm bietet gut, Ehrlich zu leben spat und fruh, Jedoch daß er auch darzu thu' Sein' Arbeit oder seinen Handel Und führe ehrbarlichen Wandel Als Biedermann nach seinem Stand; Wenn er sich aber zugewandt, Der Faulheit, lästerlichem Leben, Darin er sich ganz thut ergeben, Dem Huren, Völlerei und Spiel, Hält darin weder Maß und Ziel, Wart't seines Handels nicht darbei, Dem schwindet aus den Händen frei Sein Gütlein und thut von ihm wandern, Denn er verkauft eins nach dem andern. Dann kommt erst Armuth in sein Haus Gleich wie ein Mann, stark überaus; Dann bald am Hungertuch er nagt, Und ihn verlassen Knecht und Magd, Weil Mangel ist an Speis' und Brot; Im Haus ist nichts als Angst und Noth. Das hat der junge faule Mann Sich selbst muthwillig angethan, Daß Uebermaß des Ungemachs Stets bei ihm weilet, spricht Hans Sachs. |