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oder
Klagred' ob der Leiche Doctor Martini Lutheri.
(1546.)
Als man zählt' fünfzehnhundert Jahr' Und sechsundvierzig, grad' als war Im Hornung der siebzehnte Tag, Schwermuth mir auf dem Herzen lag, Und wußt' doch selbst nicht, was mir wâs, Betrübt in mich gekehret saß; Ich legt' mich in Gedanken tief Und gleich in Unmuth groß entschlief. Mich däucht', ich wär' in einem Tempel, Erbaut nach sächsischem Exempel, Mit Räucherwerk durchduftet gar, Erhellt mit Kerzen hell und klar; In der Mitte stand bedecket gar Mit schwarzem Tuche eine Bahr'. Ob dieser Bahre hing ein Schild, Darinnen war der Rose Bild, Durch ihre Mitte ging ein Kreuz.Eine Rose mit durchgehendem Kreuz ist das Wappen Luthers. Ich dacht' mir: »Ach Gott. was bedeut't's?« Erseufzte darob traurig gleich Und dacht': »Wie, wenn die Todtenleich' Doctor Martinus Luther wär'?« Indem trat aus dem Chor daher Ein Weib in schneeweißem Gewand, Theologia hoch genannt, Die stand hin zu der Todtenbahr', Sie rang die Hände, rauft' das Haar, Hervor die Thräne kläglich brach, Mit Seufzen fing sie an und sprach: »Ach, daß es müss' erbarmen Gott! Liegst du denn hier jetzt und bist todt, Du treuer und vielkühner Held, Von Gott, dem Herren, selbst erwählt, Für mich so ritterlich zu kämpfen, Mit Gottes Wort meine Feind' zu dämpfen, Mit Disputieren, Schreiben, Predigen, Womit du mich denn thät'st erledigen Aus großer Trübsal und Bedrängniß, Dem babylonischen Gefängniß, Darin ich lag so lange Zeit Fast bis in die Vergessenheit Durch meine Feind' in Herzeleid, Von denen mir mein schneeweiß Kleid Geschwärzet ward, beschmutzt, besudelt, Zerrissen und scheußlich zerhudelt, Die mich noch hin und wieder zogen, Zerkrüppelten, zerkrümmten, bogen? Ich ward geradebrecht, gezwickt, gezwackt, Verwund't, gemartert und geplackt Durch ihre gottlose Menschenlehr', Daß man mich kaum konnt' kennen mehr. Nicht galt bei ihnen schließlich ich, Bis ich erledigt bin durch dich, Du theurer Held von Gottes Gnaden, Da du mich waschen thät'st und baden, Daß rein mein Kleid ich wieder trug Von ihrem Unflath, ihrem Lug. Auch thät'st du heilen mich und salben, Daß ich gesund steh', allenthalben Ganz hell und rein, wie im Anfange; Darmit hast du gemüht dich lange, Mit schwerer Arbeit hart geplagt, Dein Leben oft darob gewagt, Weil Papst, Bischöf' und auch Gefürstete Gar sehr nach deinem Blute dürstete, Und sie dir tückisch nachgestellt. Auch bist du als ein Gottesheld Geblieben wahrhaft, treu, beständig. Du wardst nicht durch Gefahr abwendig Von Gott, dem Herrn, und auch von mir. Wer wird mein Schützer nun hinfür, Weil du genommen hast dein End'? Wie werd' ich werden so elend, Verlassen in der Feinde Mitt'!« Ich sprach zu ihr: »O fürcht' dich nit, Du Heilige; sei wohlgemuth, Gott hat dich selbst in seiner Hut, Der dir in Ueberfluß gegeben Viel wackre Männer, so noch leben; Die werden dich handhaben fein, Mitsammt der christlichen Gemein', Der du bist worden klar bekannt Schier durch das ganze deutsche Land. Die werden nimmer dich verlassen, Dich rein erhalten allermaßen Ohn' Menschenlehr', wie du jetzt bist, Dawider hilft nicht Gewalt noch List; Es sollen dich die Pforten der Höllen Nicht überwältigen noch fällen. Darum so laß dein Trauern sein, Daß Doctor Martinus allein Als Ueberwinder und ein Sieger, Ein recht apostolischer Krieger, Der seinen Kampf hier hat vollbracht Und brochen deiner Feinde Macht, Jetzund aus aller Angst und Noth Durch den barmherz'gen Herrn und Gott Gefordert ist zur ew'gen Ruh'.« Da helf' uns Christus allen zu, Daß ew'ge Freud' uns auferwachs' Nach dem Elend, das wünscht Hans Sachs. |