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Der Tag war schon weit vorgeschritten, als am 8. Februar der Zug, der abermals einen Wagen verloren hatte, zu uns stieß und mit uns vereinigt die Weiterreise antrat. Wieder öffnete sich das Thal zu beiden Seiten, so daß wir weithin über steiniges, wellenförmiges Land zu blicken vermochten; vor uns aber, in der Entfernung von wenigen Meilen erstreckte sich von Norden nach Süden eine Hügelkette von schwarzen Eruptivfelsen, durch welche wir an der Stelle, wo die Bill Williams Fork dieselbe durchbrochen hatte, wie durch ein Thor sehen konnten. Eine kurze Strecke vor diesem Felsenthor, unter Gestrüpp von Mezquit-Büschen, welches so dicht stand, daß wir nur mit Mühe bis an den Fluß durchdrangen, errichteten wir unsere Zelte. Nur sehr kurze Märsche legten wir in dieser Zeit zurück; die Straße war zu schwierig und zu sehr gewunden; wir hatten daher nur wenige Meilen in gerader Linie von einem Lager bis zum anderen zurückgelegt, obgleich wir mindestens die Hälfte des Tages und gewöhnlich darüber unterwegs waren. Am 9, Februar zogen wir durch das Felsenthor und fanden auf der anderen Seite desselben ebenfalls eine kleine Ebene, in welcher der Fluß einen großen Bogen gegen Norden beschrieb; seine Ufer waren hier ziemlich dicht mit Weiden und Cottonwood-Bäumen bewachsen, so daß es Doctor Kennerly und mir, die wir den Lauf des Flusses verfolgten, vielfach gelang, Enten und Schnepfen anzuschleichen und zu erlegen. Auch eine Art von Erdschwalbe trafen wir hier an; diese kreisten in großer Anzahl über dem Thale, in dessen steilen Lehmufern sie an unerreichbaren Stellen ihre Höhlen tief hineingescharrt hatten. Die Wagen hatten unterdessen die gerade Richtung beibehalten; sie befanden sich bald auf der südlichen, bald auf der nördlichen Seite des Flusses, mitunter auch im Flußbette selbst, je nachdem das Terrain zur Straße geeignet schien. Wir näherten uns auf diese Weise einer neuen Felsenkette, die uns das weitere Fortschreiten verwehren zu wollen schien, doch da, wo der Fluß sich seine Bahn gebrochen, entdeckten wir eine ganz enge, äußerst unbequeme Durchfahrt für unsere Expedition.
Wir unternahmen es an diesem Tage nicht mehr, weiter in der wilden Schlucht vorzudringen, sondern nahe dem Wasser, welches hier tiefer war, als wir sonst an der Bill Williams Fort gewohnt waren, errichteten wir unsere Lager. Die klaren, schnell dahineilenden Fluthen waren von unzähligen Forellen belebt, und kaum war dies im Lager kund geworden, als auch eine Menge Angler sich einstellten, die Fisch auf Fisch an's Ufer zogen. Doctor Kennerly und ich nahmen unser kleines Netz zur Hand und wateten, dasselbe nachschleppend, stromaufwärts; unsere Mühe ward auch reich belohnt durch den Fang einer Unmasse von Fischen und einiger sehr interessanter Exemplare von Fröschen, welche letztere in Gesellschaft der kleineren Fische in die Spiritusbehälter wanderten, wogegen die großen ein äußerst schmackhaftes Gericht auf unserem so sehr bescheiden besetzten Tische bildeten.
Kurz vor dem Dunkelwerden stießen Doctor Bigelow und einige Mexikaner mit Nachrichten von Lieutenant Whipple zu uns. So weit derselbe auch schon vorgedrungen war, so hatte doch noch nichts die Nähe des Colorado verkündet, und nur durch das Ausgehen der Lebensmittel war er veranlaßt worden, die Wagen zu erwarten, Doctor Bigelow und seine Begleiter hatten ihn des Morgens verlassen und waren zurückgeritten, während Lieutenant Whipple in seinem Lager blieb und nur gelegentlich einen kleinen Ausflug in's Gebirge zu machen beabsichtigte. Wir waren also gar nicht so weit von einander entfernt, denn Doctor Bigelow hatte die ganze Entfernung in einem Tage zurücklegen können, doch mußten wir drei Tage mit unseren Wagen reisen, ehe wir an der bezeichneten Stelle ankamen. Doctor Bigelow hatte sich selbst zur Reise angeboten, denn er war durch den Anblick der prachtvollen Cereus und anderer zahlreichen Cacteen, besonders aber der Yucca oder des spanischen Bayonets, so erregt, daß er zu mir zurückeilte, um mir alle diejenigen Exemplare auszusuchen, die er abgezeichnet zu haben wünschte. Er beschäftigte mich auf diese Weise während des größten Theils der folgenden Tage, und wenn ich dann dem alten Herrn die Skizze eines Skeletts von einer Cereuspflanze entworfen hatte, und wir es verließen, dann sah ich dem eifrigen Botaniker die Wehmuth an, mit der er sich von so vielen Schätzen trennte, und wie nah es seinem Herzen ging, zu den kleinen Cactuspflänzchen, die er in großer Anzahl sammelte, nicht auch einige vollausgewachsene Petahayas und Cactodendrons fügen und mitschleppen zu können.
Am 10. Februar des Morgens regnete es ziemlich heftig; es war der erste Regen, den wir seit unserem Abschied von Zuni erlebten. Er hinderte uns indessen nicht an der Weiterreise, und mühsam bahnten wir uns unseren Weg durch die enge Schlucht. Etwas ebenes Terrain befand sich freilich zu beiden Seiten des Flusses, doch beschrieb dieser, uns gleichsam neckend, bald dicht unter den nördlichen, bald unter den südlichen Abhängen dahin fließend, so kurze Windungen, daß wir nicht nur fortwährend herabgestürztes Gestein und Gerölle zu vermeiden hatten, sondern auch häufig das wenn gleich schmale, doch ziemlich tiefe Bett des Flusses überschreiten mußten. Wir kamen indessen langsam vorwärts und schlugen in der Nähe eines hohen, abgesondert dastehenden vulkanischen Kegels unser Lager auf. Der Regen hatte schon gegen Mittag innegehalten, und war auch die Nacht noch trübe und dunkel, so folgte doch ein klarer, sonniger Morgen; der ausgebrannte Vulkan, welchem aus einer unbedeutenden Ursache der Name Artillerie Pic beigelegt wurde, erhielt ein majestätisches Aussehen durch die schöne Beleuchtung der aufgehenden Sonne; das röthliche Gestein des südlichen Abhanges schien in purpurnem Feuer zu glühen, während die alten Lavabäche und Spalten in dunklen Schatten dalagen und den prächtigsten Farbencontrast vervollständigten. Etwas später als gewöhnlich begaben wir uns am 1l. Februar auf den Weg, der uns südlich am Fuße des Artillerie Pic vorbeiführte. Breiter war das Thal von dem Pic ab, und niedriger die dasselbe einfassenden Hügel und Berge, die mit zahlreichen Cacteen mancher Art, Mezquit-Büschen und einzelnen Yuccas bedeckt waren. Im Thale selbst befand sich nur selten diese Art von Vegetation, doch deutete zerstreut stehendes Laubholz auf das Vorhandensein von fruchtbarem Boden. Größtentheils bestand der Boden des Thales aus Sand, in welchem das Wasser sich mehr und mehr verlor, bis wir uns zuletzt in einem ganz trockenen Bette befanden. Da, wo das Wasser sich verlief, entdeckten wir am Fuße eines steil aufstrebenden Felsens eine Hütte oder vielmehr einfache Bedachung von Pfahlwerk, welche Arbeit wir anfänglich den Händen einsamer Biberjäger zuschrieben, doch wurden wir später am Colorado eines Anderen belehrt, als wir die auf ähnliche Weise errichteten Hütten der Mohave-Indianer erblickten. Was hätte auch wohl einen weißen Pelzjäger dazu veranlassen können, an einer Stelle, wo weder Biber noch sonstiges Wild ihm einigen Ersatz in seiner Abgeschiedenheit boten, länger zu verweilen und sogar ein Obdach zu gründen?
Wir erreichten an diesem Tage kein Wasser mehr und lagerten auf einer kleinen Ebene, die so sandig war, daß wir kaum unsere Zelte im Boden zu befestigen vermochten. Wieder langten an diesem Abend Einige von Lieutenant Whipple's Gesellschaft bei uns an, durch welche wir erfuhren, daß derselbe nur wenige Meilen unterhalb auf uns warte. Wir waren deshalb am 12. Februar schon frühzeitig unterwegs und befanden uns nach kurzer Zeit da, wo zwischen dicht stehendem Rohr und Schilf gutes Wasser im Ueberfluß aus dem Boden quoll und einen Bach bildend, gegen Westen unter Buschwerk und kleinen Baumgruppen dahineilte. Auf dem Ufer des Flusses trafen wir mit Lieutenant Whipple zusammen, der schon die letzten mitgenommenen Lebensmittel an seine Leute vertheilt hatte, und gleich nach unserer Vereinigung anordnete, daß von dort ab die Expedition nicht mehr getrennt reisen solle. Denn da auf dem nun einmal eingeschlagenen Wege unter jeder Bedingung durchgedrungen werden mußte, selbst wenn es den letzten unserer Wagen kosten sollte, so konnte das Recognosciren nicht mehr von so großer Wichtigkeit für uns sein, besonders da es nur einen einzigen Weg für uns gab, nämlich das Bette der Bill Williams Fork.
Es war ein großer Uebelstand für uns, daß die Fußbekleidung bei der ganzen Expedition durchweg in den schlechtesten Zustand gerieth, denn der scharfe, steinige Boden, über welchen wir oft wanderten, ließ das Leder der Schuhe und Stiefeln nicht lange vorhalten, so daß das Schuhzeug uns förmlich von den Füßen zu fallen begann. Um also den Leuten Zeit zum Ausbessern desselben zu lassen, wurde am 13. Februar Ruhetag gehalten. Von den Häuten der gefallenen oder erschossenen Maulthiere hatten namentlich die Packknechte Stücke mitgenommen, die uns zu statten kamen, indem die Mexikaner, welche mit dieser Art von Arbeit vortrefflich umzugehen wußten, von dem rohen Leder Sohlen unter unsere Mokkasins und Stiefeln näheten, und zwar so, daß die Haare nach außen kamen; erhielten unsere Füße dadurch auch ein eigenthümliches plumpes Aussehen, so wurde uns Allen auf diese Weise doch wieder auf einige Tage geholfen, und frischen Muthes setzten wir am 14. Februar unsere Reise im Thale der Bill Williams Fork fort. Vor der Ankunft unserer Expedition hatte Lieutenant Whipple einen Ausflug auf das Hochland des nördlichen Flußufers gemacht, und von einem Pfade geleitet in einer Schlucht eine Quelle entdeckt, die ringsum von indianischen Malereien der verschiedensten Art umgeben war; er forderte mich daher auf, in Begleitung vom Ingenieur Campbell, Doctor Bigelow und Mr. Leroux ihm abermals nach der Stelle zu folgen und die eigenthümlichen Malereien copiren zu helfen. Während der Wagenzug also seine Reise im Thale des Flusses fortsetzte, bogen wir nördlich in eine kahle Schlucht, wo wir bald auf dem steinigen Boden die schwachen Merkmale eines indianischen Pfades entdeckten, dem wir nachfolgten. Die uns umgebenden Höhen waren nur unbedeutend, die Schluchten eng und anscheinend allmälig vom Wasser gebildet, so daß das Terrain mehr einer zerrissenen Ebene als gedrängt liegenden Hügeln glich. Aus der ersten Schlucht ritten wir in eine andere und kamen allmälig auf die Höhe, welche uneben und bergig, mit dem festen, kiesigen Boden einer gänzlich ausgestorbenen Wüste geglichen hätte, wenn nicht einige Mezquit-Büsche und die stolz emporragenden Cacteen etwas Veränderung in diese trostlose Naturumgebung gebracht hätten. Bald über kleine Anhöhen, bald durch Risse und Schluchten führte uns der Pfad. Spuren eines neueren Verkehrs waren aus demselben nicht zu entdecken, nur daß wir hin und wieder eine zurückgelassene, lange, dünne Stange fanden, die von den Indianern benutzt worden war, die Früchte von den Gipfeln der Petahaya herunter zu stoßen; auch sahen wir einige dieser riesenhaften Cacteen hervorragen, in deren höchsten Spitzen zahlreiche lange Pfeile den dortigen Eingebornen steckten. Diese mochten vielleicht aus Uebermuth oder zum Zeitvertreib dort hinauf und in das Fleisch der Pflanzen hineingeschossen worden sein; da wir aber mehrfach bei plötzlichen Biegungen des Pfades solche untrügliche Spuren vorbeigereister Indianer entdeckten, so kamen wir auf die Vermuthung, daß dieses Verfahren von den verschiedenen Banden wohl dazu angewendet würde, um sich gegenseitig zu benachrichtigen, welche Richtung die vorangezogene Abtheilung eingeschlagen, oder welche die nachfolgende einzuschlagen habe. Das Land vor uns wurde immer bergiger, immer tiefer und rauher die dasselbe durchschneidenden Schluchten. Wir gelangten in eine solche hinab, die anscheinend der Bill Williams Fort zuführte, doch folgten wir derselben nur bis dahin, wo eine aus Nordwest kommende Schlucht in sie mündete. In diese nun bogen wir ein, und allmälig in derselben steigend fanden wir bald kleine Wasserlachen, welche aus die Nähe der Quelle deuteten. Um die Mittagszeit erreichten wir endlich die Quelle, die in einer Erweiterung der Schlucht unter einer überhängenden Felswand versteckt lag. Einzelne starke Gehörne von Bergschafen lagen nahe derselben umher und ließen uns vermuthen, daß die Quelle vielfach von diesen Thieren besucht, aber auch manches derselben den hinter Felsblöcken lauernden indianischen Jägern zur Beute würde. Die Malereien nun, die überall die glatten Stellen der Felswände bedeckten, waren der allerrohesten Art; sie bestanden hauptsächlich in Sternen, Sonnen und Strichen und bildeten Figuren, welchen auch nicht die geringste Ähnlichkeit mit irgend einem Gegenstande unter der Sonne zugeschrieben werden konnte. Einzelne Hände, vorher mit Farbe beschmiert, waren auf die Steine gepreßt worden, jedoch die Versuche, das Bildniß eines Menschen wiederzugeben, gänzlich mißlungen, und fast gar nichts zu erkennen. Auf der Felswand, an deren Fuß sich der kleine Wasserspiegel befand, war ein großer bogenförmiger Strich mit weißer und rother Farbe gezogen, der gleichsam das Gebiet der Quelle begrenzte und von den trockenen Felsen trennte. In allen diesen künstlerischen Versuchen fanden wir nur den kindischen Zeitvertreib der dortigen tiefstehenden Wilden, und ich glaube nicht, daß den verschiedenen Zeichen irgend eine Bedeutung zugeschrieben werden kann. Nur kurze Zeit rasteten wir an der Quelle, denn wenn auch gutes Wasser daselbst unseren Thieren geboten wurde, so war doch nicht die geringste Spur von Nahrung für dieselben auf dem steinigen, dürren Boden zu finden. Wir kehrten daher zurück, bogen, an der Schlucht angelangt, die wir auf der Hinreise verlassen hatten, in dieselbe ein und zogen gegen Süden der Bill Williams Fort zu, Oftmals mußten wir die Schlucht, die an manchen Stellen von mächtigen Felsstücken verschüttet war, verlassen und uns nach den Höhen hinaufarbeiten, wo kleines glattes Gestein den Boden so dicht bedeckte und so fest mit demselben verbunden war, daß dadurch eine entfernte Aehnlichkeit mit einem rohen Mosaikfelde entstand. So wie wir nun an der Quelle formlose Bildwerke indianischer Phantasie an den Felswänden gesehen hatten, so fanden wir auf diesem steinigen Boden ähnliche Figuren, die durch Wegscharren der Steinchen hergestellt waren,
Endlich gegen Abend gelangten wir hinab in eine kleine Niederung und am Ende derselben an die Bill Williams Fork, An der Stelle, wo wir den Fluß berührten, verlief sich derselbe im Sande, und da wir die Spuren unserer Expedition daselbst nicht fanden, so wußten wir, daß wir dieselbe weiter oberhalb zu suchen hatten und schlugen deshalb die Richtung gegen Osten ein. Kaum waren wir nach einem Ritt von 1/2 Meile um einen Felsvorsprung gebogen, als wir die ruhig werdende Maulthierheerde und nicht weit davon hinter Weidengestrüpp an dem dort noch reichlich fließenden Bache unsere Zelte und den Rauch der Lagerfeuer erblickten.
Am 15, Februar hatten wir nur mit wenigen Hindernissen zu kämpfen, und ein verhältnißmäßig guter Weg führte uns über eine Strecke von mehreren Meilen, auf welcher das Wasser unter der Oberfläche des Bodens fortrieselte und dann wieder als kräftiger Fluß sich aus dem Erdreich drängte und zwischen mit einiger Vegetation geschmückten Ufern dahin eilte. Oftmals war an solchen Stellen das Thal auch theilweise überschwemmt, wo alsdann Tausende von Vögeln den Wasserspiegel bedeckten und ungestört ihre Spiele trieben; bei der Annäherung unserer Wagen flogen sie kaum auf, und Schuß auf Schuß krachte nach allen Richtungen, fortwährend das Echo in den nahen Felsen und Hügeln wach haltend. Ich war dem Zuge vorausgeeilt und hatte dadurch Gelegenheit, eine reiche Ernte unter den verschiedensten Arten von Enten zu halten, von denen manche im prachtvollsten Gefieder prangten und eine besondere Zierde unserer schönen Sammlung von Vogelbälgen wurden. Die Zahl unserer Wagen betrug nur noch sechs, so weit hatten wir einen nach dem anderen zurücklassen müssen; alle nur irgend entbehrlichen Gegenstände wurden nach und nach weggeworfen; weder Tische noch Stühle waren mehr im Lager zu finden, selbst von unseren Zelten hatten wir nur so viel Leinwand behalten, daß wir uns einen nothdürftigen Schutz gegen fallenden Thau oder Regen verschaffen konnten. Trotz der Verminderung des Gepäckes schwanden die Kräfte unserer Lastthiere dennoch mehr und mehr, so daß wir uns aus Vorsicht nur in ganz kleinen Märschen fortschleppten.
Am 16. Februar begleitete uns eine Strecke lang das fließende Wasser der Bill Williams Fork, doch zogen wir, nachdem wir 2 Meilen an derselben zurückgelegt hatten, schon wieder auf ganz trockenem, sandigem Boden weiter. Hochauf thürmten sich dort zu beiden Seiten die Felsen, die bald aus Granit, bald aus metamorphosirtem Conglomerat bestanden. Als wir am Nachmittage das Ende der Schlucht vor uns sahen und wie durch ein weit geöffnetes Thor auf eine Ebene zu schauen vermochten, die in der Ferne wieder von blauen Gebirgsmassen begrenzt wurde, glaubten wir schon den Colorado, nach dessen erstem Anblick wir uns so sehr sehnten, erreicht zu haben; doch als wir dorthin gelangten, hatten wir nur eine dürre, unfruchtbare Fläche vor uns und wurden gewahr, daß das trockene Flußbett, in welchem wir während des ganzen Tages fortgezogen waren, eine mehr südliche Richtung nahm, und sich einer dunklen Felsenreihe zu erstreckte. Es mochten noch 3 oder 4 Meilen bis zu diesem Punkte sein, wo wir hoffen durften wieder Wasser zu finden, um so mehr als einzelne Baumgruppen in der Ferne zu erkennen waren. Wir mußten es indessen aufgeben, an diesem Tage noch bis dorthin zu gelangen; unsere armen Thiere waren zu sehr ermattet, dann aber auch brach ein Regenwetter, welches uns während des ganzen Nachmittags gedroht hatte, los, wodurch wir uns doppelt bewogen fühlten, mit unseren Sachen, die auf den Rücken der Lastthiere dem Regen zu sehr ausgesetzt waren, etwas Schutz zu suchen. An diesem Abend wurde uns der Mangel des Wassers besonders fühlbar; denn weil Niemand vermuthet hatte, daß der Fluß so lange unter der Oberfläche des Bodens bleiben würde und weil die Lasten nicht unnöthig vergrößert werden sollten, war nur wenig Wasser in den Trinkflaschen mitgenommen worden. Es regnete fast die ganze Nacht, die uns Allen dadurch auf die unbequemste Weise verging, weil obenein außer der Mangelhaftigkeit unseres Obdaches es uns noch fast gänzlich an Holz zu einem wärmenden Feuer gebrach. Mit dem Frühesten waren wir daher am folgenden Morgen in Bewegung und eilten in gewohnter Ordnung den Baumgruppen an der Felsenkette zu.
Als wir näher kamen, erkannten wir leicht die Schlucht in den vulkanischen Felsen, durch welche sich der Fluß seinen Weg gebahnt hatte; sie war ziemlich dicht mit Cottonwood-Bäumen und Weiden bewachsen, auch fanden wir daselbst Wasser, und zwar so reichlich, daß es den Boden zwischen den Felsen ganz aufgeweicht hatte und dadurch unsere Weiterreise gar sehr erschwerte. Mehrere, darunter ich selbst waren zu Pferde weit in die Schlucht eingedrungen, doch das Unbequeme eines Nachtlagers auf dem moorigen Boden in derselben erkennend, kehrten wir zurück, um unseren Train zum Halten vor derselben zu veranlassen, wo außer Wasser auch nahrhaftes Gras für die Heerde zu finden war, und auf feuchtem Boden sogar frische Brunnenkresse wucherte, von welcher wir uns seit langer Zeit zum ersten Male wieder ein gutes Gemüse versprachen. Obschon uns diese Pflanze frisch und grün anlachte, wagte doch Niemand dieselbe anzurühren, bevor nicht unser Doctor und Botaniker durch Verspeisen eines solchen Gerichtes den Beweis geliefert hatte, daß es wirklich eine nicht nur unschädliche, sondern auch äußerst zuträgliche Speise zu einer Zeit sei, in welcher man wegen Mangels an vegetabilischen Nahrungsstoffen dem Ausbruch des Skorbuts täglich entgegensehen konnte. Wir ließen uns daher das Gemüse vortrefflich schmecken, wenn auch die Art und Weise der Zubereitung nicht unerheblich gegen die Regeln der Kochkunst verstoßen mochte.
Ich hatte hier Gelegenheit, das Vorhandensein vieler großer, hellgrüner Scorpione zu bemerken, die sich besonders bei uns in unseren Betten zu gefallen schienen, denn mehrfach wurden des Morgens diese widerlichen Thiere beim Zusammenrollen der Decken aus denselben herausgeschüttelt.
Einer der schwersten Tage, die wir auf der Reise an der Bill Williams Fort zubrachten, war der 18. Februar, denn bald hielten uns die kurz auf einander folgenden Windungen des nunmehr tiefen und viel Wasser führenden Flusses, bald die durch das Austreten desselben entstandenen Moorgründe auf, bald bildete das dichte Holz und das verworrene Gestrüpp, bald das fast undurchdringliche Rohr Zeit und Mühe erfordernde Hindernisse auf unserem Wege. Seltener verursachten uns näher zusammenrückende Felsmassen Aufenthalt; überhaupt wurde, mit Ausnahme einiger weniger Stellen, das nördliche Ufer flacher, während aus dem südlichen sich ungeheure Felsen erhoben, eine fast regelmäßige Gestalt annahmen und dem Thale einen eigenthümlichen Reiz verliehen. Langsam zogen wir durch die von unzähligen Wasservögeln bedeckten Moorgründe, langsamer noch über Strecken hin, wo jeder Fuß breit unseres Weges vorher mit der Axt gesäubert werden mußte. So gelangten wir denn gegen Abend bis dahin, wo imposante Felsmassen sich wie riesenhafte Wälle steil aufthürmten und hoch über das Thal und die benachbarten Hügelreihen emporragten. Schon während des Tages hatten wir das vielfache Echo bewundert, welches laut und donnernd aus den Schluchten auf jeden Schuß antwortete; doch nun, als wir dicht unter den Felsenmassen lagerten, konnten wir nach Herzenslust die schöne Formation dieses Naturbauwerkes bewundern. Ungeheure Massen von Trappfelsen lagen übereinander geschichtet und ruhten weiter nach unten auf flachen Schichten von Kalkstein, die mit ihrer gelblichweißen Farbe eigenthümlich gegen das andere schwarze Gestein contrastirten.
Den 19. Februar hat gewiß Niemand, der zur Expedition gehörte, vergessen. Seit 4 Wochen hatten wir vergeblich nach dem Colorado, dem großen Colorado des Westens ausgeschaut; seit 4 Wochen hatten wir uns darauf gefreut, endlich die Vortheile genießen zu können, welche in dem breiten Thale eines Stromes ersten Ranges geboten werden, und am 20. Februar erst gelangten wir an dieses unser nächstes Ziel. Seit langer Zeit schon daran gewöhnt, von den Höhen aus nichts als die endlose Wildniß zu erblicken, vermutheten wir nicht, daß die Felsenreihe vor uns sich schon auf dem westlichen Ufer des Colorado befände, und um so unerwarteter war es daher für uns, als wir bei einer plötzlichen Biegung des Thales den majestätischen breiten Strom dicht vor uns erblickten. Auf der Strecke von einigen Meilen vor ihrer Mündung bewässert die Bill Williams Fork ein reizendes Thal, in welchem Wiesen, Gehölz und kleine Teiche oder Seen mit einander abwechselten; an rauhen Gebirgsmassen vorbei suchten die klaren Wasser des Flüßchens sich ihren Weg zu den Fluthen des Colorado, der an dieser Stelle sich mit aller Gewalt zwischen grauen Felsen hindurchdrängte. Es war eine wildromantische Naturscene: der breite Strom und die dunklen kahlen Felsen gewährten einen erhabenen Anblick, wenn auch keinen freundlichen; denn da, wo die Vegetation mangelt, glaubt man eine kranke Stelle der Natur vor sich zu haben, man wundert sich, man freut sich, doch ist die Freude anders, wenn man tausendfaches Leben dem Boden entsprießen und denselben mit einem lieblichen Mantel der üppigsten Vegetation bedeckt sieht.
Mit einem kräftigen Hurrah begrüßten die Amerikaner, mit Schüssen die Mexikaner den langersehnten Strom, und obschon wir erst wenige Meilen zurückgelegt hatten, so wurden doch sogleich nach unserer Ankunft Anstalten getroffen, Angesichts des Colorado eine gute Ruhestunde zu halten, und dann stromaufwärts die Reise mit erneuten Kräften fortzusetzen.
An der Mündung der Bill Williams Fork in den Colorado befanden wir uns 34° 17' nördlicher Breite, 114° 06' Länge westlich von Greenwich und 208 Fuß über dem Meeresspiegel; wir waren also seit Ueberschreitung des Azteken-Passes 6073 Fuß abwärts gezogen, die sich auf die Entfernung von 154 Meilen ziemlich unregelmäßig vertheilten. Von Fort Smith waren wir nunmehr 1522 Meilen und von Albuquerque 668 Meilen entfernt.