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Als weißer Schein im Osten das Herannahen des Tages verkündete, war Jeder wieder auf den Füßen, um den Aufbruch beschleunigen zu helfen. Die kühle Morgenluft mahnte zu frischer Arbeit beim Abbrechen der Zelte und Packen der Wagen, wobei mancher zufriedene Blick sich nach den lodernden Kochfeuern stahl, um mit Sehnsucht auf dem brodelnden Kaffee, dem sich bräunenden Mehlkuchen und dem zischenden Wildbraten zu ruhen. Die Maulthiere, die sich in der fetten Wiese die ganze Nacht gütlich gethan, zeigten sich schon ganz gefügig, ließen sich gern das kalte Gebiß auf die heiße Zunge legen und willig in langer Reihe vor die schweren Wagen spannen. Johnson bestieg sein kleines Pferd, setzte sich an die Spitze der den Zug eröffnenden Reitertruppe, warf noch einen Blick rückwärts und bog dann in die alte, kaum erkennbare Straße ein, die in südwestlicher Richtung weiter führte. Mit rüstigem Schritte wird an solch einem thauigen und doch sonnigen Morgen die Reise angetreten, die schweren, polternden Wagen rollen so leicht auf der ebenen Bahn, die übermüthigen Zugthiere fühlen die nachfolgende Last nicht und spähen nach fetten Bissen im hohen Grase, um dieselben im Vorbeigehen gewandt abzurupfen.
Bis zur Mittagsstunde war fortwährend ein allmähliges Steigen der Ebene bemerkbar gewesen; eine Hügelkette hatte die Aussicht gegen Westen gesperrt und über diese Anhöhen führte der Weg. Von dort aus konnte das Auge über eine große Fläche schweifen, die in weiter Ferne von bläulichen Baummassen begrenzt war. Am westlichen Ende dieses Grasmeeres erhob sich, kaum erkennbar, das alte Fort Arbuckle, um welches sich mehrere Delawaren angesiedelt haben, die außer ihrer Hauptbeschäftigung, der Jagd, etwas Ackerbau und Viehzucht treiben. Einzelne Rindviehheerden lagen zerstreut im hohen Grase umher oder folgten in gemessenem Schritte einem alten Büffelpfade, der sie in den gewünschten Schatten führte. Neues Leben und frischer Muth erwachte wieder bei diesem Anblick in dem langsam schleichenden Zuge; Jeder sehnte sich, den Schwarzen Biber zu begrüßen und gelegentlich nach erquickenden Melonen und Pfirsichen herum zu stöbern. Das nahe Ziel vor Augen, wurde den ersten Büffelpfaden, welche die Straße auf der letzten Strecke häufig durchkreuzten, nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt und nur derjenige, welcher den zottigen Bison schon näher kannte, ihm jemals mit der Büchse in der Hand nachgeschlichen war, oder im wilden Wettlauf vom Pferde herab dem geängstigten Riesen die Pistole auf die Rippen gehalten, nur der konnte es sich nicht versagen, die tief ausgetretenen Bahnen näher zu untersuchen, und nach frischen Spuren in morastigen Wälzpfuhlen ( buffalo wallows) zu forschen.
Das alte Fort, auch wohl Camp Arbuckle genannt, hatte nur kurze Zeit einer Besatzung zum Aufenthalte gedient, die nach dem 30 Meilen weiter südlich neu errichteten Fort Arbuckle verlegt wurde.
Dem Delawaren Si-ki-to-ma-ker (Schwarzer Biber), der den Vereinigten Staaten im mexikanischen Kriege als Jäger und Führer Dienste geleistet hatte, wurde der verlassene Posten übergeben, der ganz seinen Wünschen zu entsprechen scheint. Andere seines Stammes haben sich in seiner Nähe niedergelassen und leben glücklich unter dem Schutze des schlauen, erfahrenen Bibers. Die Befestigung selbst hat ein Ansehen, so wie man es in solch wilden Gegenden nicht anders erwarten kann. Sechs in einem Rechteck gebaute Blockhäuser am Rande des Waldes, eine Meile vom Canadian entfernt, waren früher die Wohnungen der Soldaten, so wie ein abgesonderter Hof, mit hohen Palisaden umgeben, als Zufluchtsort der Heerden und zur Vertheidigung bei etwaigen Ueberfällen gedient hatte. Mehrere Familien der Delawaren sind in die verlassenen Baracken gezogen und die Kultur der früher angelegten Maisfelder wird von den jetzigen Bewohnern fortgesetzt. Hausthiere jeglicher Art vermehren sich schnell ohne weitere Pflege, und der räuberische Pawnee oder Comanche, der sich auf das Gebiet dieser wenigen Delawaren wagt, um zu stehlen, mag sicher sein, daß seine Kopfhaut vor der Thür des Schwarzen Bibers in einem Pfirsichbaume trocknen wird. Denn, wenn auch nur noch wenige Abkömmlinge von dem großen, mächtigen Stamme geblieben sind, so lebt doch in jedem einzelnen Mitgliede das Blut und der Geist seiner muthigen Vorältern, wodurch er noch jetzt zum Schrecken seiner Feinde, und zum treuen, aufopfernden Begleiter seiner Freunde wird.
Die Delawaren, jetzt nur noch 800 Köpfe zählend, bewohnten ursprünglich, in einer Stärke von über 15,000 Seelen, den östlichen Theil der Staaten Pensylvania, New-Jersey und Delaware. Wie das der Shawnees, so war es auch ihr Loos, neue Jagdgründe zu erkämpfen, um dieselben wieder an die Gouvernements abzutreten. Immer weiter westlich wurden sie getrieben, und auf der Scholle Landes, auf der sie rasteten, mußten sie die Waffen zur Selbstvertheidigung gegen mächtige Feinde gebrauchen, ehe sie dieselben gegen das Wild kehren durften, um sich mit Nahrung und Kleidung zu versehen. Viel Mühe wurde verschwendet, um das Christenthum in diesem Stamme einzuführen, doch stets vergebens. Von den Christen wurden sie betrogen und verrathen, wie wilde Thiere von den Gräbern ihrer Väter gejagt und niedergemacht, weshalb sie auch mit Mißmuth und Verachtung die Missionaire von sich wiesen, die als erste Vorboten der Civilisation das Verderben für die rechtmäßigen Besitzer des großen Continents im Gefolge hatten. An der äußersten Grenze der Civilisation und am Rande der unendlichen Urwildnisse können die wenigen Delawaren nun nach Herzenslust ihren abenteuerlichen Neigungen nachhängen. Ihre Jagdzüge dehnen sie bis zum stillen Ocean aus, und lassen sich dann Jahre lang nicht in ihren Niederlassungen blicken. Die lange Kette der Rocky Mountains hat keinen heimlichen Paß, durch welchen nicht schon ein kleiner Trupp dieser kühnen Abenteurer gezogen, und keine Quelle, deren Wasser sie nicht gekostet. Der Delaware kämpft mit dem grauen Bären in Kalifornien und jagt den Büffel in den Steppen am Nebraska, er verfolgt das Elennthier an den Quellen des Yellowstone River und wirft in Texas den Lasso über das mähnige Haupt des Mustangs; doch Skalpe erbeutet er, wo es ihm gelegen, sei es aus der Mitte eines sorglosen Dorfes oder von dem einzeln jagenden Feinde in der Wüste.
Bei der Lebensweise dieser Leute ist es leicht erklärlich, daß man gewöhnlich nur wenige Männer auf ihrer Ansiedelung findet, und Reisende können sich besonders glücklich schätzen, denen es gelingt, einige dieses Stammes als Kundschafter und Jäger anzuwerben. Eine hervorragende Stelle des Landes, welche der Delaware nur einmal in seinem Leben gesehen, wird er nach Jahren wiedererkennen, er mag sich derselben nähern, von welcher Seite er wolle. Und Landstriche, die er zum ersten Male betritt, braucht er nur einmal zu überblicken, um dann angeben zu können, auf welcher Stelle mit Erfolg Wasser zu suchen sei.
Wenn die so unentbehrlichen Lastthiere sich während der Nacht entfernt haben und von Allen verloren und aufgegeben sind, weil die Spur nicht aufzufinden ist, oder feindliche Indianer das Nachsetzen Einzelner gefährlich machen, so wird der Delaware die Spur nicht verfehlen und derselben Tage, ja Wochen lang folgen, bis er mit den Flüchtlingen zurückkehren kann. Solche Eigenschaften machen diese Leute zu den gesuchtesten Führern, und ihre Dienste, von denen so oft die Existenz einer ganzen Gesellschaft abhängt, können nie zu hoch bezahlt werden.
Si-ki-to-ma-ker, der Schwarze Biber, und John Bushman, sein Nachbar, haben sich als Führer weit und breit Ruf erworben, und es hatte sich daher unsere in Fort Arbuckle einkehrende Expedition vorgenommen, alles Mögliche aufzubieten, um wenigstens einen derselben zur Mitreise zu bewegen.
Als die unserem Zuge Vorausgeeilten über den geräumigen Hof schritten und bei den in der Sonne lagernden Weibern und Kindern nach dem Biber fragten, wurden sie nach dem kleinsten Blockhause gewiesen, wo unter einem einfachen Corridor ein Indianer mit untergeschlagenen Beinen auf einem rohgezimmerten Ruhebette saß und, ruhig seine Pfeife rauchend, den Besuch erwartete. Er war ein hagerer Mann von mittlerer Größe, seine langen schwarzen Haare faßten ein kluges Gesicht ein, welches einen trüben Ausdruck von Krankheit und Leiden trug, obgleich noch nicht mehr als vierzig Winter darüber hingezogen waren.
Die Ankunft von Fremden unterbrach seine äußere Ruhe nicht im mindesten; doch die Leichtigkeit und Unbefangenheit, mit der er sich benahm, bewiesen genugsam, daß er vielfach im Verkehr mit den Weißen gewesen sein mußte. Er sprach geläufig englisch, spanisch, französisch und vielleicht noch an acht verschiedene indianische Sprachen. Nach den ersten Bewillkommnungen und Begrüßungen wurde also dem Biber der verlockende Vorschlag gemacht, mit an den stillen Ocean zu reisen. Die Augen des Indianers leuchteten einen Augenblick in ihrem gewohnten Feuer, nahmen aber gleich wieder den trüben Ausdruck an, als er antwortete:
»Siebenmal bin ich an sieben verschiedenen Stellen am stillen Meer gewesen; ich habe die Amerikaner in drei Kriegen begleitet, und habe von meinen Jagdzügen mehr Skalpe mit heimgebracht, als einer von Euch mit einem Male zu heben vermag; ich möchte das große Salzwasser zum achten Male wiedersehen, aber ich bin krank, Ihr bietet mir mehr Geld, als man mir jemals angeboten, doch kann ich nicht fort, ich bin krank; ich leide keine Noth, denn mein Neger muß die Tauschgeschäfte besorgen und meine Verwandten helfen ihm; ziehe ich mit Euch, so sterbe ich, und wenn ich sterben soll, will ich von den Meinigen bestattet werden.«
Da half kein Zureden, es halfen keine Anerbietungen; der Indianer blieb bei seinem Vorsatz, der aus der Idee entsprang, daß diese Reise die Ursache zu seinem Tode sein würde. Dieser Gedanke schien von seiner Frau herzurühren, die abwechselnd mit ihrem einzigen Sohne und einem jungen schwarzen Bären spielte, nebenbei auch ihre für uns unverständlichen Worte an ihren kranken Gatten richtete. Es lag am Tage, daß sie ihn nicht wollte ziehen lassen, wohl voraussehend, daß, wenn derselbe erst unterweges, er auch in langer Zeit nicht zurückkehren würde. Seine Kränklichkeit schlau benutzend, hatte sie ihm so viel von bösen Ahnungen und Träumen erzählt, daß zuletzt aller Frohsinn und Lebensmuth den erprobten Krieger verlassen hatte, der jetzt seine Waffen nur noch gebrauchte, um seinen Bedarf an Hausthieren damit zu schlachten. Drei Tage gingen vergebens mit den Bemühungen hin, den Schwarzen Biber dem Einfluß der Seinigen zu entziehen. War er am Abend überzeugt, daß, einmal zurückgekehrt in sein Element, er wieder genesen und in den vollen Besitz seiner Kräfte gelangen würde, und war er dann halb entschlossen, uns durch die Steppen zu begleiten, so fand man ihn am nächsten Morgen wieder in seinen Starrsinn zurückgesunken, und es blieb zuletzt nichts weiter übrig, als die wenige Zeit zu benutzen, den Rathschlägen des klugen Indianers zu lauschen, um dieselben späterhin in Anwendung bringen zu können. Auch John Bushman machte mit seiner schönen SquawSquaw, indianische Benennung für Weib. und einem kleinen Sohne seine Aufwartung im Lager, doch nur um zu beweisen, wie unmöglich es sei, zu der jetzigen Zeit sein kleines Eigenthum zu verlassen, Johnson, der Shawnee, kehrte zu seinem Stamme zurück, und es blieb uns also überlassen, nach besten Kräften einen Weg von Holz zu Holz, von Wasser zu Wasser, durch die trostlosen, an vielen Orten schon brennenden Grasebenen zu suchen. Nur dem Zufall konnten wir es verdanken, daß es uns gelang, einen Dollmetscher in der Person eines kleinen mexikanischen Burschen aufzutreiben, wodurch wenigstens eine Verständigung mit den zu begegnenden Indianerstämmen bewerkstelligt werden konnte. Vincenti (echt spanisch: Vincente), ein schöner, wohlaussehender junger Mexikaner, mit einem verschmitzten Ausdruck in seinen Zügen, befand sich seit einigen Jahren im Dienste bei einem Creek-Indianer Namens Shiasem. Von diesem war er mit einem Pferde belohnt worden, und es war ihm zu gleicher Zeit anheimgestellt worden, sich in sein Vaterland zurückzubegeben.
Er war der Sprache der Comanches und Kaddos vollkommen mächtig, und war diese Reisegelegenheit erwünscht für den kleinen, verwilderten Burschen, so war er durch seine Sprachkenntniß doppelt bei der Expedition willkommen. Erst vierzehn Jahre alt, hatte Vincenti von seiner frühesten Kindheit an fortwährend den merkwürdigsten Wechsel des Schicksals kennen gelernt. Seiner Eltern und seiner Heimath konnte er sich nur dunkel erinnern. Er hatte in einem Hause gelebt, wo gekleidete, freundliche Menschen ihn umgaben, die ihn Vincenti nannten; bei dem Hause waren Bäume mit Obst, viel Kühe und Pferde, auch konnte er sich mit den Leuten unterhalten, und noch waren die spanischen Worte nicht ganz seinem Gedächtnisse entschwunden; des Nachts schlief er in Decken gehüllt an der Seite seiner Mutter. In der letzten Nacht, welche er dort zubrachte, wurde er durch furchtbares Geheul geweckt; er hörte den Schrei seiner Mutter, doch war diese von seiner Seite verschwunden, die Stube war voll wilder, bemalter Männer, welche das Hausgeräthe in's Kaminfeuer warfen, um die Räumlichkeit zu erhellen. Einer der Wilden wurde daraus des kleinen, vierjährigen Vincenti ansichtig und hob ihn schnell auf seinen Arm. Ein Ruf von außen wurde aus der Stube durch lautes Heulen beantwortet, und Alle stürzten in's Freie zu ihren Pferden. Ein Gewirr folgte darauf in der Dunkelheit. Vincenti fühlte sich auf ein Pferd von einem Reiter gehoben, die Flammen schlugen aus der brennenden Wohnung, und bei der Beleuchtung waren die Indianer zu erkennen, wie sie eine Heerde Vieh tobend und schreiend vor sich hertrieben.
Die ganze Nacht ritten sie; am nächsten Morgen wurde eine kurze Zeit gerastet, und Vincenti erhielt zum Frühmahl etwas getrocknetes Fleisch und Wasser. So schnell als die Heerde nur fortzubringen war, wurde die Reise fortgesetzt; den Tag verbrachte der kleine Mexikaner auf dem Sattel vor seinem Räuber und die Nacht schlief er mit ihm unter einer Decke.
Viele Tage zogen sie so fort, bis endlich das Dorf der Wilden, die sich als Comanches auswiesen, erreicht war, Vincenti wurde darauf jeder Spur von Kleidung beraubt, und der Fürsorge eines schrecklich aussehenden Weibes übergeben. Diese wieder brachte ihn in die Mitte eines Rudels junger indianischer Sprößlinge, und hier war es, wo Vincenti seine erste Schule durchgemacht hatte, aus welcher er für ein ruhiges, civilisirtes Leben verdorben hervorging. Acht oder neun Jahre mochten ihm auf diese Weise verflossen sein, als er im Tauschhandel von seinem Comanche-Gebieter an Shiasem abgetreten wurde, der ihn mit sich in die Ansiedelungen nahm und zu leichten Dienstleistungen gebrauchte. Der klare, offene Verstand des Burschen brachte ihn bald auf die Stufe der Civilisation der Creeks, und sein wohlwollender Herr gab ihm jetzt Gelegenheit, sich als Dollmetscher nützlich zu machen und zu gleicher Zeit sich nach seinen Verwandten in Mexiko zu erkundigen. Vincenti freute sich aber mehr, seine alten Peiniger wieder zu sehen, als den heimathlichen Boden zu betreten. Wie weit sein Charakter durch die indianische Erziehung gediehen war, mag aus folgendem Gespräch entnommen werden.
»Vincenti, wenn die Comanches Dich wieder fangen, was wirst Du thun?« Ohne Zögern gab er zur Antwort: »Ich werde sie als alte, liebe Bekannte begrüßen und mir in kurzer Zeit durch meine Freundlichkeit ihr Vertrauen gewinnen und sie dann auf ihren Raubzügen begleiten. Ich werde mit offenen Augen und Ohren schlafen, und die günstige Gelegenheit nicht entschlüpfen lassen, Einige von ihnen zu vergiften oder im Schlafe zu erstechen und mit ihren besten Pferden davon zu gehen.«
Bei solchen Grundsätzen war es natürlich, daß der unverbesserliche, kleine Bösewicht überwacht wurde, denn es war anzunehmen, daß er nach derselben Theorie und mit derselben Gemüthsruhe bei passender Gelegenheit eine ganze Gesellschaft weißer Reisender an die Indianer verrathen würde, um sich in den wilden Melodien derselben als einen Krieger besingen zu lassen.
Die Zeit der Rast bei Camp Arbuckle ging uns allen wie im Fluge dahin; Einige machten Ausflüge zu den benachbarten Delawaren und an den Canadian, den sie bald auf lange Zeit verlassen sollten, um ihn hinter den Antelope Hills erst wieder zu begrüßen; Andere botanisirten auf seinen öden, nur noch mit Weiden bewachsenen Ufern, oder spähten in seinem breiten, sandigen Bette nach tieferen Canälen, um sich darin im Bade abzukühlen, oder mit kleinen Netzen zu fischen. Wieder Andere saßen in den Zelten und schrieben Briefe, um die letzte Gelegenheit zu benutzen, Nachrichten nach der fernen Heimath zu senden: denn einige Patienten oder muthlos Gewordene zogen es vor, von hier aus mit dem zurückreisenden Kornlieferanten der lieben Heimath und den vollen Töpfen wieder zuzueilen. An Jagd war, so nahe den Indianern, gar nicht zu denken, es sei denn auf Hornfrösche und kleine Eidechsen mit stahlblauen Schwänzen, die in dieser Gegend sich zu zeigen anfingen. Die Leute wurden im Gebrauch der Büchse und des Revolvers geübt, eine Beschäftigung, welcher der kleine Vincenti vom frühen Morgen bis zum späten Abend mit Eifer oblag, denn auch er war jetzt vollständig bewaffnet worden, und zeigte sich bald als einer der besten Schützen der Gesellschaft, obgleich es ihm noch schwer wurde, die Büchse ohne Stütze zu handhaben. Wenn nun unter solchen Beschäftigungen die Abenddämmerung fast unbemerkt sich eingestellt hatte, und die Astronomen zu ihren Beobachtungen des neuentdeckten Kometen Ruhe im Lager verlangten, dann versammelten sich die übrigen Mitglieder der Gesellschaft beim Schwarzen Biber, um denselben durch künstlich gestellte Fragen zu veranlassen, einzelne Erlebnisse aus früheren Zeiten mitzutheilen; und seinen einfachen Erzählungen, mit einem gewissen Stempel von Wahrheit vorgetragen, schenkte gewiß Jeder gern die gespannteste Aufmerksamkeit.
(Anmerkung 4) Der mit bloßen Augen sehr deutlich erkennbare Komet wurde zum ersten Mal am 18. August 1853 von unseren Astronomen im Lager beim Schwarzen Biber in den Abendstunden wahrgenommen, und längere Zeit hindurch allabendlich beobachtet. – Ueber ihn giebt in einem Briefe an Herrn Alexander von Humboldt, der Adjunct Herr Bruhns, von der königlichen Sternwarte in Berlin, folgende Nachrichten. »Dieser Komet ist der, den Dr. Klinkersues in Göttingen am 10. Juni 1853 entdeckte, dessen Bahn hier zuerst aus drei Beobachtungen berechnet wurde und dessen Sichtbarkeit mit bloßen Augen in den astronomischen Nachrichten Nr. 864 und 869 (Band 36 und 37) vorhergesagt ist. Es ist dies der große Komet, von dem Julius Schmidt unter seinem Olmützer Himmel so schöne Tagbeobachtungen (in etwa 10º Entfernung von der Sonne) machte. Ich habe denselben hier zuerst am 8. August mit bloßen Augen wahrgenommen. Besonders hell war er Ende August und Anfang September, als er sein Perihel erreichte. Mehrere Abende zeigte er sich am Westhimmel mit einem 5 Grad langen Schweife und ist dieser Schweif bis zu 12 Grad Länge in den mehr begünstigten Gegenden Süd-Europas gesehen worden. Auf der südlichen Halbkugel und besonders am Kap der guten Hoffnung ist er mit Fernröhren noch bis Anfang Januar 1854 beobachtet worden.«
»Biber,« redete ihn also einer an, »wäret Ihr nicht in der Nähe, als der amerikanische Capitain von den Indianern dort oben in den Felsengebirgen ermordet wurde?«
»Allerdings,« antwortete Si-ki-to-ma-ker, »und der Capitain würde heute noch leben, wenn er damals meinem Rathe Folge geleistet hätte; er war aber zu leidenschaftlicher Jäger, wodurch er zum Narren wurde und endlich sein eigenes Verderben herbeiführte. Er war zuletzt auf einem Fort weit im Norden in den Felsengebirgen, auf der Grenze von Canada, da wo die Blackfoot-Indianer vorbeistreifen. Ich hielt mich zur selben Zeit dort auf, jagte den grauen Bären, stellte meine Biberfallen, und wenn ich einen Blackfoot erwischen konnte, so nahm ich seine Kopfhaut herzlich gern mit. Gewöhnlich leistete mir der Capitain Gesellschaft auf meinen Ausflügen; konnte er indessen keines Begleiters habhaft werden, so streifte er auch wohl allein umher, um den Elkhirsch zu schießen, deren es dort noch sehr viele giebt. Mehrfach hatte ich ihn gewarnt, sich nicht unvorsichtiger Weise allein zu weit zu entfernen, um so mehr, da ich frische Blackfoot-Spuren entdeckt hatte; doch er antwortete stets, daß er alle Indianer der Welt nicht fürchte, und nach wie vor lief er wie toll umher. Eines Morgens, noch ehe sich die übrigen Bewohner des Forts von ihren Lagern erhoben hatten, war er wieder hinausgegangen, einem schwarzen Bären am Wasser aufzulauern, der sich regelmäßig dort einstellte, um seinen Frühtrunk zu nehmen. Der Capitain hatte die Absicht ausgesprochen, er wolle zum Mittagessen wieder zurück sein. Es wurde Mittag, doch kam er nicht. Sein Nichterscheinen beunruhigte indessen noch nicht, weil Jeder an die Unzuverlässigkeit solcher Versprechen gewöhnt war. Doch als der Abend näher rückte und er immer noch ausblieb, wurden Alle besorgt, und Patrouillen wurden nach ihm ausgesendet, die erst spät in der finstern Nacht heimkehrten, ohne irgend eine Spur aufgefunden zu haben. Als beim nächsten Tagesanbruch die Nachforschungen erneuert werden sollten und die Patrouillen sich dazu rüsteten, war ich schon weit vom Fort entfernt. Die Lieblingswege des Capitains kennend, hatte ich dennoch viel Mühe, seinen Spuren, die an einem Bache entlang führten, zu folgen. Plötzlich bemerkte ich, daß seine Fußtapfen von Blackfoot-Mokkasins ausgetreten waren. Ich wußte jetzt, daß der Capitain nicht mehr am Leben war, und es blieb mir nur noch übrig nachzuforschen, auf welche Weise er sein Ende gefunden. Auf einer langen Strecke waren die Mörder dem ohne Argwohn dahin Schreitenden geräuschlos gefolgt, und als er dann auf eine kleine Lichtung getreten, so daß die Blackfoot-Hunde seine ganze Figur vor sich hatten, war er das Ziel für ihre scharfen Pfeile geworden, die ihn wie ein Hagel trafen und zu Boden warfen. Ehe er nach seinen Waffen hatte greifen können, waren ihm dieselben entrissen, und obgleich er schon tödtlich verwundet war, waren seine Hände mit Ranken gefesselt worden; der Stiefeln hatten ihn die Mörder gleich beraubt, und ihn dann noch über zwei Meilen weit barfuß mit fortgeschleppt. Dort nun mußte er kraftlos zusammengesunken sein, denn ich fand den Capitain entkleidet auf dem Rücken liegen; seine Brust war von einer Kugel durchbohrt, die abgebrochenen Pfeile steckten noch hin und wieder in seinem Körper und die Kopfhaut war vom Schädel getrennt, doch merkwürdiger Weise nicht mitgenommen worden, sondern lag dicht bei dem blutigen Leichnam. Die Blackfoot-Hunde hatten ihre Sache gut gemacht; sie mußten einen Vorsprung von 24 Stunden haben, eine Verfolgung wäre also fruchtlos, ja gefährlich gewesen, und die kleine Garnison konnte jetzt also weiter nichts mehr unternehmen, als den Capitain begraben. Ich verließ bald den Militairposten, habe aber noch manchem Blackfoot den Skalp abgezogen; sie hängen bemalt und geordnet im Wigwam des Delawaren-Häuptlings am Kansas. Die Kopfhäute dort am Baume sind von den Pawnees, die hierher gekommen waren, um Pferde zu stehlen; sie hängen ganz gut da, die Vögel können mit denselben spielen.« Bei diesen Worten ließ der Schwarze Biber den Tabaksdampf durch die Nase ziehen, mit einer Miene, als wenn er von ganz alltäglichen Sachen gesprochen hätte, während einzelne der Zuhörer verwunderungsvoll bald den kranken Indianer, bald die Siegestrophäen anschauten. »Welche Art von Jagd wird sich in den großen Ebenen uns bieten?« fragte ein Anderer den Schwarzen Biber nach einer Pause. »Manches Thier durchstreift die Prairie,« erwiederte der Indianer, »manches Thier, auf welches Ihr Jagd machen könnt, und besonders ist es der Büffel, der in zahllosen Heerden dort umher wandert; doch nur wenige derselben werden Euch zu dieser Jahreszeit zu einer guten Hetzjagd Gelegenheit geben; sie sind jetzt alle nach dem Norden gezogen, die Sonne scheint ihnen hier zu warm auf den zottigen Pelz, und wenn sie im Herbst zurückkehren, um den nordischen Schneestürmen auszuweichen, dann werdet Ihr die Felsengebirge schon überschritten haben und mithin in Landstrichen reisen, wo noch nie ein Büffel gegraset hat. Sie haben Scheu vor dieser Gebirgskette, und nur an zwei Stellen, in der Nähe von Pässen, fand ich untrügliche Spuren, daß in früheren Jahren die Büffel sich auf die andere Seite der Rocky Mountains gewagt hatten. Einzelnen, vor Alter grau gewordenen, werdet Ihr vielleicht begegnen, doch ist es dann nicht der Mühe werth, ein Pferd hinter denselben anzuspornen, ihr Fleisch ist zähe und ohne Kraft, und höchstens ihre Zunge noch zu gebrauchen. Truthühner und weißschwänzige Hirsche ( Cervus virginianus) sind zahlreich an jedem guten Wasser und am Rande jedes Gehölzes, mit welchem an niedrigen Stellen die Ufer der Nebenflüsse des Canadian eingefaßt sind. Ihr solltet es nur verstehen, den Hirsch zu locken, so wie ein Delaware. Wenn wir nämlich an einer Waldung hinreiten, dann ahmen wir mittelst einer kleinen Pfeife den Klageruf des Hirschkalbes nach; das alte Thier, welches sich schon von seinen Jungen getrennt hat, stürzt dann blindlings in vollem Lauf nach der Stelle hin, wo es den falschen Ruf vernommen, und wird eine leichte Beute für den lauernden Jäger. Wenn nun der Eine oder Andere von Euch den Versuch machen sollte, auf diese Weise den Hirsch zu jagen, so mag er seine Augen gut offen halten, denn der beutesuchende Panther ( Conguar oder Felis concolor L.) und der grimmige Jaguar ( Felis onca) lassen sich ebenfalls durch die Lockpfeife täuschen und eilen in langen Sprüngen nach der Stelle hin. Bei ihren raschen Bewegungen ist es schwierig, ihnen die Kugel mit todbringender Sicherheit in den Schädel oder durch's Herz zu senden, und verwundet werden diese Thiere dem Jäger manchmal gefährlich, Antilopen ( Antilope (Dieranoceros) furcifer Ham. Smith) nun endlich findet Ihr überall, zwischen hier und dem stillen Ocean, manchmal einzeln, manchmal in großen Heerden. Sie sind sehr scheu und geschwind, aber auch eben so neugierig, und weiß man letztere Eigenschaft zu benutzen, so ist die Antilopenjagd die allerbequemste. Tage lang umkreisen diese unermüdlichen Thiere den Reisenden in den buntesten Schlangenlinien, doch nähern sie sich äußerst selten nur auf Schußweite. Findet sich nun ein Strauch, ein Grasbusch oder einige Steine, wodurch es dem Jäger möglich wird, sich in der kahlen Ebene zu verbergen, und er steckt auf sichere Schußweite einen Stab in den Boden, von dessen Ende ein Stückchen Zeug oder Leder flattert, so ist seine Geduld in dem Versteck keiner gar so langen Probe unterworfen. Die Antilopen, deren Neugierde durch solch ungewohnten Anblick auf's Aeußerste gesteigert ist, werden sich nähern, indem sie bald springen, bald langsam schreiten und mit den Vorderfüßen herausfordernd den Boden stampfen, bis es dem Schützen gelingt, durch einen wohlgezielten Schuß eine zu Boden zu strecken. Gedankenschnell fliehen die übrigen erschrocken davon; doch der Schuß hat ihre Neugierde doppelt rege gemacht, und kaum ist der Jäger wieder zu ihrem Empfange bereit, so sind alle wieder da, um von Neuem eine aus ihrer Mitte zu verlieren; dreimal, sogar viermal kehren sie zurück, ehe sie sich gänzlich von der Unglücksstelle trennen können.
Gelingt es Euch, den schwarzen Bären ( Ursus americanus) in seinem Versteck am Canadian ausfindig zu machen und Ihr könnt ihn verwunden, so, daß er sich kampfbereit vor Euch hinstellt, dann werdet Ihr eine genußreiche Jagd haben, Euch über seine Tapferkeit freuen und über seine komischen Stellungen lachen; doch nehmt Euch in Acht, daß er Euch nicht zu nahe kommt: er verkauft Euch sonst seinen Pelz und sein schönes Fleisch zu theuer. Zieht der verfolgte Bär sich aber in seine Höhle zurück, dann macht von dürrem Grase oder Holz oder sonstigen brennbaren Stoffen eine Fackel, und folgt ihm nur dreist bis in sein Lager nach. Trifft der leuchtende Schein das Auge des unwirschen Patrons, so setzt er sich aufrecht hin und bedeckt seine Augen mit seinen ungeschickten Tatzen. Nährt dann nur den Feuerbrand, daß er hell aufflackert, und Ihr werdet einen Wirbel in den Haaren auf der Brust des Bären entdecken, und wenn Ihr dahinein die Kugel mit Sicherheit schickt, so wird er zusammenbrechen wie ein Pawnee-Zelt, an dem die Stützen gebrochen. Ihn durch Rauch aus seiner Höhle an's Tageslicht zu bringen, gelingt nicht immer; auch kommt es vor, daß das so belästigte Thier nach der Oeffnung seines Hauses eilt, das Feuer mit den Tatzen auseinander scharrt, und eben so geheimnißvoll, wie es gekommen, sich wieder zurückzieht.
Die Goldmountains in Neu-Mexiko, an denen Eure Straße vorbeiführt, sind noch voller grauer Bären (Ursus ferox Lewis-Clark); vermeidet aber denselben anzugreifen, wenn Ihr nicht zu Zweien oder Mehreren seid. Wem der Anblick eines solchen riesenhaften Burschen neu ist, der kann leicht etwas von der nöthigen Ruhe verlieren: er wird sein Ziel verfehlen und eine leichte Berührung von den Krallen seines wüthenden Feindes reicht hin, um ihm jede Jagdlust auf ewig zu vertreiben. Der Bär, wenn er wüthend, verliert ganz und gar sein ehrliches Aeußere, die Ohren verschwinden, die kleinen Augen sprühen Feuer, und man glaubt nichts zu sehen, als lauter Blitze und Zähne, und seine Geschwindigkeit übertrifft die eines Pferdes.
Als ich vor einigen Jahren mit mehreren Weißen durch die Felsengebirge zog, hatte ich einen solchen unerfahrenen Jäger bei mir, der sich hoch und theuer verschwor, den ersten grauen Bären, den er sehen würde, anzugreifen. Er hat Wort gehalten, aber kann nicht genug von Glück sagen, daß er mit dem Leben davon gekommen ist, und ich bin überzeugt, daß er bei der nächsten Gelegenheit Bedenken tragen wird, so rasch und unbesonnen einer solchen Bestie entgegenzutreten. Wir hatten nämlich unserer Pferde wegen unser Nachtquartier auf einer grünen Wiese nahe dem Fuße eines Berges aufgeschlagen, so daß wir wohl tausend Schritte gehen mußten, um an eine Quelle zu gelangen, von welcher wir in Schläuchen den Bedarf an Wasser zu unserer einfachen Küche heranholen mußten. Zu diesem Zwecke nun war ich mit dem jungen oder vielmehr grünen Jäger an den Bach gewandert. Im Begriff, von dem klar rieselnden Bache zu schöpfen, bemerkten wir plötzlich einen dieser silbergrauen Bären, der, wahrscheinlich durch unsere Pferde angelockt, dem Lager zutrabte. Ich trug nur eine lange Dragoner-Pistole im Gürtel, während mein junger Kamerad seine Büchse mitgenommen hatte. Trotz meiner Gegenrede stellte er sich so hin, daß der riesige Geselle, der sich mit dem Winde näherte, auf sichere Schußweite an ihm vorüber mußte. Ich beobachtete beide aus der Nähe. Der Schuß fiel, der Bär krümmte sich zusammen, stürzte aber augenblicklich dem unglücklichen, fliehenden Schützen nach; wenige Schritte von mir erreichte er sein Opfer, warf es zu Boden und riß ihm mit den Zähnen die halbe Schulter fort. Als er zum zweiten Male zufassen wollte, sprang ich hinter ihn, setzte ihm die Mündung der Pistole auf das Genick, und auf die Gefahr hin, den am Boden Liegenden mit zu verwunden, gab ich Feuer; der Bär stürzte todt zusammen, mein Kamerad war gerettet, befand sich aber in einem so elenden Zustande, daß wir mehrere Wochen warten mußten, ehe er wieder sein Pferd besteigen konnte.« – »Capitain Biber,« unterbrach jetzt einer der Zuhörer den Erzähler, »ich habe es aber erlebt, daß selbst der erfahrenste Trapper im Kampfe mit solchen ungehobelten Feinden den Kürzern gezogen hat; Ihr werdet gewiß den Canadier Villandrie kennen. Er ist der beste weiße Jäger am Yellowstone, er ist Freitrapper und bleibt Freitrapper, obschon die Pelzcompagnie in St. Louis ihm die glänzendsten Anerbietungen gemacht hat, um sich seine Dienste zu sichern. Villandrie lebt gewöhnlich bei den Sioux-Indianern, in deren Stamm er sich verheirathet hat. Als er eines Morgens ausritt, um nach seinen Biberfallen zu sehen, hatte er auf dem hohen Ufer eines Flüßchens sich seinen Weg durch dichtes Gestrüpp zu bahnen. Mit dem Laufe seiner Büchse die Ranken abwehrend und das nahe abschüssige Ufer stets im Auge behaltend, war er unverhofft in die Nähe einer alten, grauen Bärenmutter gekommen, die sich aus ihrem verdeckten Lager plötzlich erhob und blitzschnell mit rasender Wuth sich auf das mit Ranken und Gestrüpp kämpfende Pferd warf. Ein Schlag der kolossalen Tatze genügte, dem bäumenden Pferde das Kreuz zu brechen, und Villandrie bis an's Ufer, seine Büchse aber hinab in's Wasser zu schleudern. Drei halberwachsene Junge beschäftigten sich sogleich auf die gelehrigste Weise mit dem ohnmächtig ringenden Pferde, während ihre wüthende Mutter dem sich erhebenden Villandrie zueilte. Kaum hatte dieser nun sein langes Messer gezogen, als die Bärin ihre Krallen in seine Schultern und Oberarme schlug; seinen rechten Arm konnte er noch frei bewegen, und Stich auf Stich versetzte er der grimmigen Feindin in den Hals, die mit den Zähnen das Messer aufzufangen versuchte, und deshalb noch mit dem tödtlichen Griffe nach des Trappers Kehle zögerte. Bei jeder Bewegung faßte sie aber von Neuem mit den langen Krallen und riß ihm jedesmal tiefe Furchen in die Schultern und Lenden.
Keine Minute mochte dieser Kampf gedauert haben, als der sandige Uferrand nachgab und beide die Höhe hinab ins Wasser stürzten. Das kalte Bad trennte die Kämpfenden, die Bärin kehrte zu ihren Jungen zurück und gestattete dem zerfleischten Villandrie, sich ebenfalls seinen Weg an's Ufer und heimwärts zu suchen. Vom Blutverluste geschwächt, erreichte er am andern Tage erst das Dorf der Sioux, wo ihm seine Wunden leidlich verbunden und geheilt wurden, und noch heutigen Tages ist der Canadier Villandrie der beste weiße Trapper am Yellowstone.« – »Ich kenne diesen Mann sehr genau,« erwiederte der Schwarze Biber, »sein Körper sieht aus, als wenn er Bekanntschaft mit den Blattern gemacht hätte, und doch ist er noch nie in seinem Leben ernstlich krank gewesen.« Unter solchen Gesprächen wurden die schönen Sommerabende während des Aufenthaltes in Camp Arbuckle beim Schwarzen Biber verbracht, und immer mehr bedauerten wir, den erfahrenen Indianer zurücklassen zu müssen.
Am 22. August verließ unsere Gesellschaft Camp Arbuckle. Der Kornlieferant nebst einigen Kleinmüthigen zogen gegen Sonnenaufgang, während die Uebrigen rüstig und mit frohem Muthe dem Wege folgten, den ihnen die Sonne selbst angab.
Der Schwarze Biber gab am ersten Tage das Geleite und brachte den Zug bald an die Stelle, wo noch Spuren von alten Wagengeleisen bei genauer Untersuchung zu entdecken waren. Es war die Straße, auf welcher vor Jahren derselbe Delaware den Capitain Marcy geführt hatte.
»Geht nur immer dieser Straße nach,« sprach scheidend der Schwarze Biber, »und Ihr werdet den Rio Grande erreichen.« Doch nur ein Indianer konnte hier von einer Straße sprechen, wo das Auge nichts entdeckte, und man nur mit Mokkasins vom weichsten Leder im Stande war, während des Gehens eine Unebenheit des Bodens unter dem dichten Grase zu entdecken.
Als wir die von dem Schwarzen Biber angegebene Richtung einschlugen und in der Nähe des Walnut Creek hinzogen, mußten wir bald über lang gedehnte grasige Höhen, bald durch tiefe, waldige Schluchten setzen. Es war noch immer die wellenförmige Prairie, aber die Wellen waren zu mächtigen Wogen geschwollen, und die Betten der rieselnden Bäche hatten sich zu tiefen Abgründen umgestaltet, an deren Rande oftmals überlegt werden mußte, auf welche Weise das jenseitige Ufer zu gewinnen sei.
(Anmerkung 5) Man findet auf den Lagen des Terrains der Kohlenbildung (terrain carbonifère) eine Reihe geschichteter Felsen aufgesetzt; sie bestehen hauptsächlich ans Sandstein und rother Thonerde, eine Mächtigkeit (développement) von 5 bis 6000 Fuß erreichend. In Folge ihrer eingeschichteten Lage zwischen der Kohlenformation und dem jurassischen Terrain gehören sie der Epoche des Buntsandsteins (nouveau grès rouge) an. Das Uebereinanderliegen und die Uebereinstimmung der Schichtungen zwischen dem Kohlenterrain und dem neuen rothen Sandstein habe ich in Tegeras, Antonitto und San Pedro erwiesen, ebenso in der Sierra de Sandia (Rocky Mountains) in Pueblo de Pecos und bei Santa Fé, auf den beiden Flußgebieten der Sierra Madre, bei Aqua Fria, ebenso auf verschiedenen Punkkten der Ausläufe der Sierra de Mogoyon. Endlich habe ich auch sehr deutlich erkannt, daß auf dem ganzen westlichen Abhange des Delaware Berges, am Toposti Creek hinauf, auf den Ufern des Canadian, die Lagen des Buntsandsteins der Permischen Formation in nicht übereinstimmender Schichtung auf der unteren Kohlenbildung oder Bergkalk über einander liegen (carbonifère inférieur ou calcaire de montagne), welcher vor der Bildung des new red sandstone stark verrückt und gehoben worden ist. – – – Der neue rothe amerikanische Sandstein zerfällt in vier Stufen (étages) oder Abtheilungen, wenigstens an den Orten, wo ich denselben beobachtet habe. – – – Die unterste oder erste Etage besteht aus einem Magnesia- oder Dolomithaltigen Kalkstein, der sehr regelmäßig in Lagen von 4 Zoll bis zu 1 Fuß Dicke geschichtet ist. Mehrere Lagen schließen eine ziemlich bedeutende Anzahl von Fossilien ein, die alle sehr schlecht erhalten und fest mit dem Felsen verbunden sind; ich habe indessen einen Nautilus Pteroceras und Röhren von Encriniten erkannt. Diese Formation hat durch ihre stratigraphische Stellung viel Aehnlichkeit mit unserem Zechstein, dem oberen Theil des Permischen Systems, mit dem Magnesian Limestone Englands. Ich bin nur zwischen dem Rio Colorado Chianito und der Sierra Blanca ober Mogoyon auf dieselbe gestoßen, wo sie ein Vorgebirge dieser Sierra in einer Breite von 5 bis 6 Meilen und in einer Dicke von etwa 1000 Fuß bildet.
Die zweite Stufe ist von Thonerde gebildet, die an der Basis blau und roth ist, das Roth wird vorherrschend in dem Maße als man höher steigt, bis es zur Zinnoberfarbe wird; dann von rothem Sandstein mit grünen Flecken, von sehr bröckliger Verbindung, in fester oder schieferartiger Schichtung, der mit Thonerde durchzogen ist, welche er schließlich ganz ersetzt; doch ist in diesem letzten Falle auch der rothe Sandstein etwas bröcklig. Häufiger besteht derselbe aus sehr feinen Körnern, während einige Lagen in verschiedenen Regionen ziemlich großkörnig sind, und dann in ein wirkliches Conglomerat übergehen. Ich habe in dieser Stufe, welche eine durchschnittliche Höhe von 2 bis 3000 Fuß erreicht, keine Fossilien gefunden. Die Leichtigkeit, mit welcher der rothe Sandstein sich durch den Einfluß der Atmosphäre auslöst, ist Ursache, daß in den Regionen, wo sich die zweite Stufe befindet, das Phänomen mächtiger abgesonderter Blöcke auftritt, welche die Gestalt von Säulen, riesenhaften Kegeln, Trümmern alter Bauwerke haben; die Umgebung von Rock Mary auf dem rechten Ufer des Canadian bietet hiervon zahlreiche Beispiele. Diese zweite Etage bedeckt eine weite Fläche der großen westlichen Prairien, besonders an den Grenzen des großen Steinkohlenbassins des Far West. Indem ich dem 35. Grad nördlicher Breite folgte, habe ich gefunden, daß sie die gesammten Ländereien vom Toposti Creek bis zum Rock Mary bildet, so wie sie auch auf verschiedenen Punkten der Felsengebirge, der Sierra Madre und auf den Ufern des Rio Colorado Chiquito zu Tage tritt. (Marten, a. a. O., S. 55).
Weiden und Eichen beschatteten die spärlich fließenden Quellen, und besonders letztgenannte Baumart hatte sich häufig weit über die benachbarten Hügelketten ausgebreitet. Es war dann aber nicht mehr der hohe, kräftige Baum, der aus kühlem, fruchtbarem Boden seine Lebenskraft trinkt, sondern der niedrige, knorrige Stamm, der mit seinen zerstreuten Kameraden vergebens versucht, die brennenden Sonnenstrahlen von seinem vertrocknenden Innern abzuhalten.
Der Wind, aus dem Westen kommend, hatte uns schon während des ganzen Tages Rauchwolken entgegengetrieben, die sich vor dem leichten Luftzuge langsam über uns hinwälzten oder vor stärkeren Windstößen zerstoben. Es war augenscheinlich, daß die Prairie, so weit das Auge von Süden nach Norden reichte, in Flammen stand, und der Brand von dem wachsenden Winde mit Schnelligkeit in dem hohen Grase gegen Osten gelenkt wurde. Auf diese Weise vor der drohenden Gefahr gewarnt, wurde bei der Wahl einer Stelle zum Nachtlager mit der größten Umsicht zu Werke geschritten. Zwischen zwei in nicht großer Entfernung an einander hinlaufenden Schluchten glaubten wir auf eine leidliche Sicherheit rechnen zu können. Die Schluchten waren breit und tief, ihre steilen Uferwände durch zeitweise herabströmende Wassermassen von aller Vegetation, die dem Feuer Nahrung bieten können, gänzlich entblößt, und so bildete die westliche dieser Tiefen eine natürliche Schranke gegen das immer näher rückende Flammenmeer. In die östliche wurden unsere Thiere hinabgetrieben, um ihnen den Anblick des Feuers zu entziehen, und als auf diese Weise einer durch panischen Schrecken veranlaßten wilden Flucht ( Stampede) der ängstlichen Maulthiere vorgebeugt war, begab sich der größte Theil unserer Gesellschaft nach der andern Schlucht, um von dem Ufer derselben aus den Brand zu beobachten und die herüberfliegenden Funken rechtzeitig zu ersticken.
Wenn auch häufig die Brände in den Prairien ihr Entstehen dem Zufall oder der Nachlässigkeit reisender oder jagender Indianer verdanken, so geschieht es doch gewöhnlich mit Vorbedacht, daß die Steppenbewohner große Strecken ihrer grasigen Ebenen niederbrennen, um dadurch jungen, kräftigen Graswuchs zu erzielen. Zwischen versengten Grasstoppeln keimen in der That auch schon nach wenigen Tagen wieder feine Grasspitzen hervor, die schnell wachsen und die schwarzen Flächen bald in ein lichtes Grün kleiden, wodurch dieselben dann das Aussehen sorgfältig kultivirter, mit junger Saat bedeckter Felder erhalten. Dorthin ziehen dann die Indianer mit ihren Heerden, nachdem sie vorher Feuer an andere Landstriche gelegt haben.
Nur zu oft gereicht aber auch ein vorsätzlich hervorgerufener Prairiebrand den Indianern zum Nachtheil, so wie ihren Heerden und dem Wilde zum Verderben; denn vermag auch der Mensch nach Willkühr an jeder beliebigen Stelle das wogende Gras anzuzünden, so liegt es doch außer dem Bereiche der Macht eines Sterblichen, den Brand zu lenken, wenn er von dem plötzlich sich erbebenden Sturme über unermeßliche Flächen getrieben wird.
Als wir so am Rande der Schlucht saßen, den aufwirbelnden Rauch und die in der Ferne schon sichtbaren Flammen beobachteten, oder mit den Augen dem Wilde folgten, welches erschreckt und verstört durch's hohe Gras eilte, und Rettung suchend der Schlucht zustürzte, wurden wir in unseren Betrachtungen durch plötzlichen Feuerlärm vom Lager her gestört.
Die Wirkung des Rufes auf die durch die große Naturscene aufgeregten Gemüther war ein jäher Schrecken; denn Jeder wußte nur zu wohl, daß die Existenz der ganzen Expedition, ja das Leben der an derselben Betheiligten auf dem Spiele stand. Alles stürzte daher dem Lager zu, wo durch die Unachtsamkeit der Köche das nächste Gras von den Flammen ergriffen worden war, die durch den heftigen Wind auf schreckenerregende Weise an Ausdehnung gewannen. Glücklicher Weise war das Uebel auf der Ostseite unserer Zelte und der Wagen entstanden; der Wind trieb also die Hauptgefahr abwärts, während auf der andern Seite die Gluth dem Luftzuge entgegenarbeitete und sich langsamer dem Lager näherte. Hier nun bildete unser ganzes Personal eine dicht geschlossene Reihe, die dem immer weiter um sich greifenden Brande von der einen Schlucht bis hinüber zur andern nachging, und durch rasch auf einander folgende Schläge mit Decken, Säcken und Kleidungsstücken die Flamme erstickte. Nach übermäßigen Anstrengungen war endlich die Gefahr abgewendet. Nur einzelne Funken glimmten noch dem Lager zu, während auf der andern Seite der Brand wüthend weitertobte.
Die Flammen hatten unterdessen in einer schrägen Linie die westliche Schlucht erreicht und zogen an derselben hinaus. Der Zwischenraum war zu groß, als daß die fliegenden Funken auf unserer Seite hätten zünden können; sie erloschen auf halbem Wege, und ungestört schenkten wir unsere ganze Aufmerksamkeit dem lodernden Brande, der majestätisch über die Ebene zog, weit vor sich die saftigen Grasmassen dörrte und sie dann durch leichte Berührung in Asche verwandelte.
Die hereinbrechende Nacht zeigte uns ein erhabenes Bild, ein Bild, wie es weder mit Worten beschrieben, noch mit einem Pinsel dargestellt werden kann. Die hellen Flammen ließen den nächtlichen Himmel in noch dunklerem Schwarz erscheinen, und verliehen zugleich den Rauchwolken, die sich in grauen Massen dahinwälzten, eine rothglühende Beleuchtung, die fortwährend wechselte, je nachdem das Feuer von stärkeren Windstößen gejagt und von üppiger oder spärlicher Vegetation genährt wurde.
Ein unheimliches Getöse begleitete den wilden Brand; es war kein Donnern, kein Rauschen oder Sausen, es glich dem fernen, dumpfen Beben der Erde, wenn Tausende von fliehenden Büffeln mit schweren Hufen den Boden stampfen. Drohend klang es zu uns in's Lager herüber. Mit Bewunderung und Grauen blickten Alle auf die furchtbar schöne Naturscene. Wenn der Orkan das Meer bis in seine verborgensten Tiefen aufwühlt und die schäumenden Wassermassen gegen die wetterleuchtenden Wolken treibt, um sie mit unwiderstehlicher Gewalt, Alles unter sich zerschmetternd, zurücksinken zu lassen; wenn der Sturm, den eisigen Norden verlassend, wild über die kahlen Steppen fegt, dichten Schnee vor sich hinwälzt und Alles, was ihm begegnet, erstarrt: dann ist es die Stimme Gottes, die durch die Elemente zu dem schwachen Sterblichen spricht. Doch seine Worte sind eben so laut und vernehmlich, wenn der Orkan die Flammen wüthend durch die üppigen Grasebenen treibt, die Fluren vor sich zerstört und ein schwarzes, dampfendes Aschenfeld, das Bild eines grausigen Todes, hinter sich läßt. Der Mensch, wenn er als ein würdiges Ebenbild seines Schöpfers auftritt, sieht muthig und ergeben dem Kampfe entgegen: denn Er, der die Elemente gegen ihn aufgeregt, hat ihm dafür die Mittel gegeben, sich ihrer Wuth zu entziehen, und geht der Mensch siegreich hervor, dann ist es nicht Stolz, nein, es ist ein unendliches Gefühl der Dankbarkeit, der bewundernden Anbetung, was ihn beseelt.
Der gegen jede Gefahr gerüstete und erfahrene Jäger beobachtet die schwarzen Rauchwolken, wie sie sich aufthürmen und als Vorboten eines Flammenmeeres über seinem Haupte hinziehen. Sinnend legt er einen neuen Brand vor sich in's hohe Gras und entfernt schnell durch Feuer alles Brennbare von einer Stelle, die groß genug ist, ihn rettend aufzunehmen, und von dieser Stelle aus sieht er dann ruhig die drohende Gefahr harmlos an sich vorüberziehen. Doch wehe dem, der unvorbereitet vom Prairiebrande überfallen wird! vergebens wird er versuchen, sich durch die Schnelligkeit seines Pferdes zu retten. Im Grase, dessen Aehren ihm die Schultern peitschen, wickeln sich Halme und Ranken um den flüchtigen Huf und halten das fliehende Roß auf, um es sammt seinem Reiter eher dem unerbittlichen Feinde als Opfer übergeben zu können. Der rothe Steppenbewohner, der trotzig selbst dem überlegenen Feinde Hohn spricht, bebt bei dem Gedanken an das eilende Feuer, und fragst Du ihn, ob er es fürchtet, so wird der stolzeste Krieger sein herausfordernd geschmücktes Haupt beschämt neigen und leise flüstern: »Wecke nicht die Rache des großen Geistes, er ist im Besitze einer furchtbaren Medizin.«
Als der Zug am nächsten Morgen in gewohnter Ordnung seine Weiterreise antrat, hatte er mehrere Stunden über eine verbrannte Fläche zu ziehen, wo die zermalmenden Räder und die stampfenden Hufe in Kohlen und Asche wühlten und feinen, schwarzen Staub aufregten, der Menschen und Thieren das Athmen erschwerte. Die gänzliche Windstille in Verbindung mit dem schweren Thau, der während der Nacht gefallen, hatte das Feuer der Steppe allmälig eingeschläfert, doch keinesweges getödtet; denn weiße Wölkchen, die sich hin und wieder steil in die Höhe kräuselten und endlich in der klaren Atmosphäre zergingen, verriethen das Fortglimmen von Funken, die nur eines Hauches bedurften, um die Scenen des vorhergehenden Tages zu erneuern und das Verderben über einen andern noch unversehrten Landstrich zu treiben. Das Auge, gewohnt, seit langer Zeit auf frischem, wohlthuendem Grün zu ruhen, wird unsanft berührt durch die schwarzgraue Farbe der ausgestorbenen Vegetation; vergebens sucht es auf den kahlen Flächen nach Punkten, die ihm Abwechselung bieten könnten; die Blumen sind verschwunden und die fröhlichen Eidechsen und Hornfrösche wagen sich nicht aus ihren Verstecken. Nur gebleichte, vom Brande theilweise geschwärzte Schädel des Wildes starren mit ihren hohlen Augen zwischen versengten Stoppeln hervor, und erwecken bei dem Reisenden Muthmaßungen und Nachdenken über die erfolgreichen Jagden, die seit uralten Zeiten der wilde Steppenbewohner in diesen Gründen gehalten haben muß. Ein durch den Einfluß der Zeit schon verkalktes Geweih liegt dort zwischen kolossalen Büffelknochen; wo ist aber der schlaue Jäger, der mit scharfem Pfeile den stolzen, virginischen Hirsch zu erlegen wußte? Auch seine Gebeine sind wieder in Staub zerfallen! Hier wiederum zeigt der riesige Büffelschädel wie drohend seine kräftigen Hörner; vor nicht allzu langer Zeit wanderte er noch grasend umher, und sein zottiges Kleid hängt zur Zeit wohl noch auf der kupferig glänzenden Schulter eines Comanche. – Asche und Gebeine blieben zurück und von Neuem führte der Weg durch blüthenreiche Wiesen. Das kaum fühlbare Athmen des Westwindes verstärkte sich plötzlich, blies über die Ebenen, wirbelte Asche und Staub hoch in die Lüfte, weckte das schlafende Element, fachte es zur Weiterreise an, und knisternd und sausend, qualmend und rauchend, zog der verheerende Brand gegen Osten. Jetzt erhoben sich nicht weit vor dem Zuge neue Rauchsäulen, was den allgemeinen Argwohn rege machte, daß feindliche oder muthwillige Indianer absichtlich unserer Expedition Hindernisse in den Weg legen wollten. Wie oben erwähnt, brennen die Prairie-Indianer alljährlich große Strecken ihres Reviers nieder, um junges Gras und dadurch frische Weiden für Heerden und Wild zu erzielen; doch da der Sommer noch nicht weit genug vorgerückt war, um die Brände solchen Zwecken zuschreiben zu können, ebenso die Brandstifter immer unsichtbar blieben, so konnte ihrem Benehmen natürlich nur eine unfreundliche Absicht untergeschoben werden. Nur kurzen Aufenthalt verursachte das noch langsam schreitende Feuer, vor dem sich die kleinen Nagethiere bequem flüchten konnten; jedoch hatten diese eine Schaar von weißen Gabelweihen und braunen Falken herbeigezogen, die spielend in dem schwarzen Rauche kreisten und gelegentlich pfeilschnell niederschossen, um dicht vor den Flammen ihre geängstigte Beute mit Sicherheit zu erfassen und in den scharfen Fängen davon zu tragen. Eine Straße, breit genug, unsere ganze Expedition zu fassen, wurde von unseren Leuten schnell freigebrannt, und auf dieselbe begaben wir uns dann, um den heranrückenden Brand zu erwarten, der, an dem kahlen Streifen angekommen, sich öffnete und uns ein weites, sicheres Thor zeigte. Wiederum Asche und Staub, doch nur auf eine kurze Strecke, und ununterbrochen wand sich dann der lange Wagenzug durch die hügeligen Wiesen in der Nähe des Walnut Creek hin, wo sich alles vor dem Prairiebrande geflüchtete Leben versammelt zu haben schien. Gemächlich schritt dort in einer Schlucht das Leitthier, begleitet von einem Rudel feister Hirsche, und gestattete dem auf dem hohen Ufer folgenden Schützen, den besten Zwölfender zum Ziel für seine Kugel zu machen. Der weiße Wolf hatte sich ermattet im Schatten eines einzeln stehenden Baumes hingestreckt, die trockene Zunge hing lang aus seinem Rachen, und die Gefahr nicht ahnend, sah er nach der Mündung der Büchse, aus der er den Tod empfangen sollte. Die kleinen, Gärten ähnlichen Waldungen waren belebt von Familien von Truthühnern; große Prairiehasen durchkreuzten in allen Richtungen die kleinen Thäler, und versuchten vergeblich durch Zurücklegen der langen Ohren sich unbemerkbar zu machen.