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Durch Palmenhaine gelangten wir zu einer Rodung, aus der wir Stimmen hörten, und sahen aus einem Bambushaus Licht schimmern. Das war die Wohnung der Pflanzer; in ihrer Abwesenheit hielten mehrere Mädchen Haus, sowie ein alter Eingeborener, der in Tappa gehüllt, rauchend in einer Ecke lag. Schnell wurde ein Mahl bereitet; dann versuchten wir zu schlafen; aber eine unerwartete Plage hielt uns wach: Moskitos, die auf Taheiti unbekannt waren, tanzten in Schwärmen um uns.
Am nächsten Morgen waren wir zeitig auf und schlenderten hinaus, um uns das Land anzusehen. Wir waren in dem Tal von Martehr, das eingeschlossen zwischen Bergen liegt. Da und dort war schroffer Fels, mit bunten Blumenbüschen bewachsen, oder die Blüten schaukelten an den von den Felsen hängenden Zweigen der Schlingpflanzen in der Luft. Das am Meer ziemlich breite Tal verengerte sich nach dem Innern der Insel und stieg zu grotesken Felsformationen empor, die Türmen und Zinnen glichen, und mit üppigem Grün und schaukelnden Palmen überwachsen war. Das ganze Tal war ein wilder Wald, durch den blitzende Bäche schossen und enge Pfade unter Laubwölbung durchs Dickicht führten. In dieser Wildnis stand einsam die Wohnung der Pflanzer; ihre einzigen Nachbarn, einige wenige Fischer mit ihren Familien wohnten in einem kleinen Kokoshain, an dessen Wurzeln die See spülte. Die Pflanzung war etwa dreißig Morgen groß; sie war völlig eben und zum Teil angebaut; zum Schutz gegen die wilden Rinder und Schweine war sie mit einem starken Palisadenzaun aus festgerammten Stämmen und Zweigen eingehegt.
Sie zogen bis dahin hauptsächlich Süßkartoffeln von Tombez, die auf den Schiffen, die in Papiti einlaufen, stets verkäuflich waren; kleinere Flächen waren mit indischen Rüben oder mit Yam bepflanzt, in einer Ecke wuchs ganz anständiges Zuckerrohr, das bereits reifte. Das Haus war neu erbaut, aus Bambus, im Stil der Eingeborenen. Die Einrichtung bestand aus ein paar Schiffskoffern, einer alten Kiste, Kochgeräten und landwirtschaftlichen. Werkzeugen. An einem Träger hingen drei Vogelflinten, und in den entgegengesetzten Ecken des Hauses je eine riesige Hängematte aus getrockneten, an Stangen ausgespannten Stierhäuten.
Rings um die Pflanzung lag dichter Wald; ganz nahe am Hause hatten sie eine verkrüppelte Ava, eine Art Bananenbaum, absichtlich stehen lassen, so daß er sich, seltsam gestaltet, über die Palisade zwängte und auf der Innenseite angenehmen Schatten spendete. Die Zweige dieses merkwürdigen Baumes breiteten sich so aus, daß die Eingeborenen oft darauf hockten wie auf Vogelstangen und stundenlang, rauchend und schwatzend, im Baum saßen.
Wir erhielten ein gutes Frühstück, das aus Fisch, Pudding von indischen Rüben, gebackenen Bananen und gebratener Brotfrucht bestand. Die Fische hatten die Eingeborenen vor Sonnenaufgang am Riff gespeert. Bei der Mahlzeit zeigten unsere neuen Bekannten sich freundlich und mitteilsam. Wie fast alle ungebildeten Ausländer, die sich in Polynesien niederlassen, waren auch sie offenbar vor einiger Zeit von einem Schiff desertiert, und da sie gehört hatten, daß man am Schiffsvorrat für die Walfischjäger gut verdienen konnte, hatten sie es damit zu versuchen beschlossen. Auf ihrer Wanderung waren sie nach Martehr gekommen, fanden den Boden dort gut und gingen an die Arbeit. Zunächst suchten sie den Eigentümer des Landes auf und machten ihn zu ihrem »Tejo«. Dies war Tonoi, der Häuptling der Fischer am Strand, der eines Tages, von Branntwein begeistert, den armseligen Tappaschurz von seinen Lenden riß und mich wissen ließ, daß er Pomari blutsverwandt war, während seine Mutter von dem erlauchten Stamm der Hohepriester war, die in alten Tagen mit ihrem Bambuskrummstab über die Heiden von Imio geherrscht hatten. Also ein königliches und zugleich hochehrwürdiges Geschlecht. Leider war der dunkelhäutige Edle zurzeit recht herabgekommen und daher gerne bereit, ein paar nutzlose Morgen Landes zu verkaufen. Als Gegenwert empfing er von den Fremden zwei oder drei rheumatische alte Gewehre, mehrere rote Wollhemden und die Zusage einer Versorgung für seine alten Tage. Er sollte auf ihrer Pflanzung ein Heim finden. Er hätte am liebsten auf dem behaglichen Fuß eines Schwiegervaters mit ihnen gelebt und bot ihnen seine zwei Töchter zu Frauen an; dies wurde jedoch höflich abgelehnt; denn die Abenteurer waren zwar zu einer Liebschaft bereit, wollten sich aber nicht in ehelichen Schlingen fangen lassen, wie glanzvoll die Familienverbindung auch sein mochte.
Tonois Leute, die Fischer im Hain, waren eine traurige Gesellschaft. Die Missionare kamen nicht viel in diesen Winkel, und so lebten sie in Faulheit und Sünde dahin. Wenn man am Morgen zwischen den Bäumen umherwanderte, sah man sie im Schatten eines auf den Strand gezogenen Kanus schlummern, oder rauchend auf einem Baumzweig liegen und noch öfter mit Kieseln spielen, obschon schwer zu sagen gewesen wäre, um was sie spielten, wenn es nicht etwa ein wenig Tabak war. Sie hatten auch anderen müßigen Zeitvertreib, dem sie sich mit Genuß hingaben. Auf die Fischerei verwandten sie den geringsten Teil ihrer Zeit; so lebten sie arm, vergnügt und gottlos. Tonoi, der alte Sünder, verschwendete jeden Vormittag beim Spiel. Er lehnte an einem Baumstamm, und ein anderer alter grauhaariger Eingeborener gewann ihm jede Schnitte Tabak ab, die er von den Pflanzern erhielt. Gegen Abend wanderte er wieder nach ihrem Hause, wo er, rauchend oder schlummernd, bis zum anderen Morgen blieb und zuzeiten über das traurige Geschick seines Hauses schwatzte. Dabei war er, wie so mancher alte Schwätzer, im Grunde glücklich und zufrieden, wenn er nur Quartier und Essen hatte.
Im ganzen war Martehr der stillste Fleck Erde, den man sich denken konnte, und ohne die Moskitos wäre der August dort wirklich angenehm gewesen.