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Die Aufgabe, die ich mir gestellt habe, Beiträge zu einer Kritik der Sprache zu geben, halte ich nach wie vor für die wichtigste Aufgabe der Erkenntnistheorie. Ich weiß, daß dieses Pensum über die Kraft eines Menschen geht, eigentlich über die Kraft des Menschen. Ich muß zufrieden sein, entscheidende Anregungen für diese neue Disziplin geboten zu haben. Ich kann in diesem Wörterbuch nicht noch einmal abdrucken, was ich in meiner »Kritik der Sprache« auf mehr als 2000 Seiten vorgetragen habe: über die Psychologie der Sprache, über die Sprachwissenschaft, über das Verhältnis der Sprache zur Grammatik und Logik; ich kann nicht noch einmal drucken lassen, was ich in dem kleinen Buche »Die Sprache« über das Verhältnis der Sprache zur sog. Völkerpsychologie ausgeführt habe. Auch was ich in den letzten zehn Jahren (seit dem Erscheinen meiner Sprachkritik) hinzugelernt habe, das darzustellen, würde noch weit über die Ausdehnung eines der Stücke dieses Buches hinausgehen. Einzelne mir wichtig erscheinende Ergänzungen findet man überall, besonders in den Artikeln: adjektivische, substantivische und verbale Welt. Das Verhältnis zwischen Denken und Sprechen ist gründlicher dargestellt in der zweiten Auflage des I. Bandes meiner »Kritik der Sprache« (S. 230 ff.).
Recht viel hätte ich allerdings zu sagen, und zur Sache, wenn ich darüber berichten wollte, wie sich die Gelehrten-Republik – die wie andere große Republiken die Interessen der Führer für Interessen des Ganzen erklärt und zu schützen sucht – zu meinen sprachkritischen Gedanken (einzelne Forscher abgerechnet) gestellt hat. Ich wäre aber nicht ehrlich, wenn ich über diese Erfahrung im Tone grimmiger Bitterkeit reden wollte. Ich freute mich ja des Erfolges: daß mir liebe Schriftsteller und Dichter einige Ideen meiner Sprachkritik zu den ihren gemacht haben; daß einige Sprachforscher und Philosophen, also die Leute, die es angeht, nachweisbar manche Anschauungen nach meiner Sprachkritik korrigiert haben. Daß diese gelehrten Herren meinen Namen gern verschweigen, mag unerfreulich sein für sie selbst, ist mir aber nur nützlich. Was meine kleine Eitelkeit dabei verliert, das gewinnt zwiefach mein großer Stolz.
Es kommt auch vor, daß ein besonders korrekter Gelehrter zwar die Sprachkritik als eine neue Disziplin anerkennt, meine Sprachkritik aber der öffentlichen Verachtung preisgibt. Zum Ergötzen meiner Leser will ich einen solchen Fall höher hängen. Herr O. Dittrich sagt in seinen »Grundzügen der Sprachpsychologie« (I, S. 63), die eigentliche Domäne der Sprachphilosophie bleibe immer die Sprachlogik, -ethik(?) und -ästhetik, sowie die Sprachkritik, fügt aber in einer Anmerkung hinzu: »Mit der rein negativen Kritik, wie sie F. Mauthner in seinen dreibändigen ›Beiträgen zu einer Kritik der Sprache‹ auf Grund ebenso unvollkommener sprachwissenschaftlicher wie psychologischer und philosophischer Kenntnis geliefert hat, dürfen die oben gemeinten Bestrebungen natürlich nicht verwechselt werden.« Natürlich nicht! Man muß doch zwischen meiner falschen Sprachkritik und der richtigen unterscheiden!
Nun hat es aber vor meinen »Beiträgen« irgend ein Buch, das auch nur entfernt so etwas wie eine Disziplin der Sprachkritik gelehrt hätte, nicht gegeben; ja sogar die Wortfolge »Kritik der Sprache« war nur sehr selten gebraucht worden, die Stellen waren völlig unbeachtet geblieben, bis ich in den historischen Exkursen meines Buches auf sie hingewiesen hatte. Ich kann den Herren (in ihrem Interesse) nur den Rat geben, für die neue Disziplin einen andern Namen als »Kritik der Sprache« zu erfinden, wenn sie meine Arbeit gar nicht mehr genannt wissen wollen. Es war ja auch ein deutscher Buchhändler, der auf den hübschen Einfall kam, das neu entdeckte Amerika nach dem fleißigen Schreiber Amerigo Vespucci zu nennen, anstatt nach dem unzünftigen Kolumbus. Herr O. Dittrich, dessen Lebensaufgabe es bisher war, seinen Meister Wundt recht oft »epochemachend« zu nennen, wäre der rechte Mann für eine solche Namensfindung. Man entschuldige den Scherz: ungerechtes Urteil macht hochmütig.