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Fünfzehntes Kapitel.

Ich werde sehr glücklich. – In anderer Beziehung ein sehr schwermüthiges Kapitel, welchem, es thut uns leid, es dem Leser sagen zu müssen, noch ein viel schwermütigeres folgen wird.

Ich verließ Marie und eilte nach Hause, um mich zur Tafel anzukleiden. Herrn Wharncliffe theilte ich meinen Wunsch mit, die Entlassung Toms auszuwirken. Er empfahl mir, mich sogleich an die Leibgarde zu Pferd zu wenden, und da er mit den Offizieren derselben bekannt war, erbot er sich, mich zu begleiten. Mit Freuden nahm ich den Vorschlag an. Um folgenden Morgen holte er mich in seinem Wagen ab und wir fuhren dahin. Herr Wharncliffe schickte seine Karte zu einem der Sekretäre hinauf, und wir wurden augenblicklich vorgelassen. Ich brachte mein Anliegen vor und erhielt die Antwort: »Wenn Sie Zeit hätten einen Stellvertreter zu bekommen, so ließe sich die Sache leicht machen; aber das Regiment ist so schwach und der Abscheu vor Westindien seit der letzten Fieberperiode so groß, daß ich zweifle, ob Seine Königliche Hoheit irgend Einem gestatten wird, sich los zu kaufen. Indessen wollen wir sehen. Der Herzog hat ein sehr gutes Herz und ich will ihm die Sache vorlegen; aber wir wollen hören, ob er noch im Depot ist – ich zweifle sehr.« Der Sekretär zog die Glocke.

»Ist das Detachement des siebenundvierzigsten Füselierregiments schon vom Depot abgegangen? und wann wird es eingeschifft?«

Der Schreiber ging und kehrte nach einigen Minuten mit einem Papier in der Hand zurück. »Es ist vorgestern abmarschirt, sollte diesen Morgen eingeschifft werden und hat mit dem ersten günstigen Wind unter Segel zu gehen.«

Mein Herz entfiel mir bei dieser Nachricht.

»Wie ist der Wind, Herr G – ? gehen Sie einmal hinunter und sehen Sie.«

Der Schreiber kehrte zurück, »O.N.O., Sir, und so stand er diese beiden letzten Tage.«

»Dann, fürchte ich,« versetzte der Sekretär, »Sie kommen zu spät, um Ihren Wunsch erfüllt zu sehen. Der Hafenadmiral hat den bestimmtesten Befehl, die Transportschiffe so schnell als möglich unter Segel gehen zu lassen, und schon drei Wochen wartet eine Fregatte auf sie, um sie zu begleiten. Sie dürfen versichert sein, daß sie heute abgesegelt sind.«

»Was können wir thun?« fragte ich diesen.

»Sie müssen seine Entlassung auszuwirken suchen und sich einen Stellvertreter verschaffen. Dann kann ein Entlassungsbefehl ausgeschickt und ihm die Erlaubniß zur Rückkehr ertheilt werden. Ich bedaure sehr, weil ich sehe, daß Sie so viel Antheil an dem jungen Menschen nehmen, aber ich fürchte, es ist zu spät. Sie können indessen morgen wieder anfragen; das Wetter ist hell bei diesem Winde, und der Hafenadmiral wird die Admiralität durch den Telegraphen vom Absegeln der Schiffe in Kenntniß setzen. Sollten Sie durch irgend etwas aufgehalten sein, so will ich Sorge tragen, daß Seine Königliche Hoheit wo möglich diesen Nachmittag noch mit den Umständen bekannt gemacht wird, und Ihnen dann seine Antwort mittheilen.«

Wir dankten dem Sekretär für seine Güte und verabschiedeten uns. Durch die erhaltenen Mittheilungen niedergeschlagen, wurde ich noch hoffnungsloser, als einer der Thürsteher an den Wagen eilte und mir auf Befehl des Sekretärs eine telegraphische Meldung von der Admiralität zeigte, welche die bestimmte und traurige Nachricht enthielt, »das Convoy nach Westindien ging diesen Morgen unter Segel«.

»Dann ist für jetzt Alles vorüber,« sagte ich und warf mich in den Wagen zurück. Ich blieb in dieser schwermüthigen Stellung, bis mich Herr Wharncliffe, welcher Geschäfte in der Stadt hatte, in der Nähe von Herrn Drummonds Hause, wo er vorüberfuhr, absteigen ließ. In Sarahs Brust legte ich alle meine Gedanken, Schmerzen und Freuden nieder; ich theilte ihr auch diese Episode aus der Geschichte des jungen Tom mit. Wie die meisten Frauenzimmer strenge Richterinnen ihres eigenen Geschlechtes sind, so war sie auch sehr hart in ihren Ausdrücken über das Benehmen Mariens; sie wollte gar keine Entschuldigung gelten lassen, selbst ihre Reue hatte kein Gewicht bei ihr.

»Und doch wie oft tritt dieser Fall ein, Sarah, wenn es auch vielleicht in dieser Ausdehnung stattfindet, bis zu welcher es dieses übelberathene Mädchen trieb; wenn auch die Folgen nicht immer so entsetzlich sind, so ist doch die Täuschung der Erwartung nicht minder groß. Wie oft werden unter den höheren Klassen junge Männer aufgemuntert und überlassen sich einer Leidenschaft, die mit Täuschung endet! Es ist nicht nothwendig, daß man Treue gelobt, ein junges Frauenzimmer kann sich nicht förmlich versagt haben, wenn sie nur an der Unterhaltung und Gesellschaft eines jungen Mannes Gefallen zu finden scheint, so sieht er hievon einen zureichenden Grund, um seine Neigung einer verrätherischen See anzuvertrauen, auf der sie am Ende scheitert.«

»Sie sind voll nautischer Poesie, Jacob,« versetzte Sarah; »solche Fälle können vorkommen, aber ich glaube, des Weibes Neigung scheitert, um mich Ihres Ausdruckes zu bedienen, öfter als die Neigung des Mannes; dieß entschuldigt jedoch keinen von beiden Theilen. Ein Weib muß wirklich blind sein, wenn sie nicht in sehr kurzer Zeit bemerkt, ob sie mit eines Mannes Gefühlen spielt, und niederträchtig, wenn sie dieses Spiel fortsetzt.«

»Sarah,« versetzte ich und stockte.

»Nun, –«

»Ich wollte,« erwiederte ich stammelnd, »ich wollte Sie fragen, ob Sie blind waren?«

»In Bezug auf was, Jacob?« fragte Sarah erröthend.

»In Bezug auf meine Gefühle gegen Sie.«

»Nein, ich glaube, daß Sie mir recht gut sind,« versetzte sie lächelnd.

»Glauben Sie, dieß sei Alles?«

»Wo werden Sie heute speisen, Jacob?« fragte Sarah.

»Das hängt von Ihnen und von Ihrer Antwort ab. Wenn ich heute hier speise, so glaube ich, daß ich noch oft hier speisen werde. Wenn ich heute nicht hier speise, so werde ich wahrscheinlich nie mehr hier speisen. Ich wünschte zu erfahren, Sarah, ob Sie in Bezug auf meine Gefühle gegen Sie blind gewesen seien; denn bei dem Vorfalle zwischen Tom und Marie fühle ich, daß ich meinen Hoffnungen nicht länger vertrauen darf, sie könnten auch mit Täuschung enden. Wollen Sie die Güte haben, mich aus meinem Elende zu reißen?«

»Wenn ich blind gegen Ihre Gefühle gewesen bin, Jacob, so bin ich nicht blind gegen Ihr Verdienst gewesen. Vielleicht bin ich aber auch gegen Ihre Gefühle nicht blind gewesen und ich habe keine Gemüthsart, wie Marie Stapleton. Ich glaube, Sie können es wagen, heute hier zu speisen,« fuhr sie erröthend und lächelnd fort, indem sie sich nach dem Fenster wandte.

»Ich kann es kaum glauben, daß ich so glücklich bin, Sarah,« versetzte ich bewegt. »Ich bin glücklich gewesen, sehr glücklich; aber die Hoffnungen, die Sie jetzt mir rege machen, übersteigen meine Erwartungen und meine Verdienste so sehr, daß ich es nicht wage, mich Ihnen hinzugeben. Haben Sie Mitleiden mit mir und erklären Sie sich deutlicher.«

»Was soll ich Ihnen sagen?« fragte Sarah, auf ihre Arbeit niedersehend, als sie sich nach mir umwandte.

»Daß Sie die Waise nicht von sich stoßen, die von Ihrem Vater so liebevoll aufgenommen wurde, und die Sie jetzt an das erinnert, was sie war, damit Sie in diesem Augenblicke nicht vergessen, was wohl das größte Hinderniß ist, das ihrer Anmaßung im Wege steht – ihre niedrige Herkunft.«

»Jacob, was Sie hier gesagt haben, ist Ihrer würdig, ist edel gedacht; und wenn Sie nicht edel geboren sind, so haben Sie doch wahren Adel der Seele. Ich will Ihrem Beispiele folgen. Habe ich Ihnen nicht wahrend unserer langjährigen Freundschaft gesagt, daß ich Sie liebe?«

»Ja als Kind, Sarah.«

»Nun so wiederhole ich es als Jungfrau; sind Sie jetzt zufrieden gestellt?«

Ich ergriff ihre Hand; sie zog sie nicht zurück und duldete es, daß ich sie mit Küssen bedeckte.

»Aber Ihre Eltern, Sarah?«

»Würden unser vertrauliches Verhältniß nicht gestattet haben, wenn sie es nicht gebilligt hätten, Jacob, das können Sie versichert sein. Indessen erleichtern Sie Ihr Herz in diesem Punkte, indem Sie ihnen mittheilen, was vorgefallen ist und dann werden Sie vermuthlich aus Ihrem Elende gerissen sein.«

Ehe der Tag vorüber war, hatte ich mit Frau Drummond gesprochen und sie darum gebeten, mit ihrem Gemahl darüber zu sprechen, weil ich nicht selbst den Muth dazu fühlte. Sie lächelte, als ihr Sarah um den Hals fiel, und wie Herr Drummond bei Tische erschien, ward ich wirklich »aus meinem Elende gerissen«, denn er reichte mir die Hand und sagte: »Du machst uns alle recht glücklich, Jacob, denn das Mädchen scheint entschlossen, entweder dich oder gar nicht. – Komm, das Essen ist bereit.«

Ich überlasse es dem Leser, sich zu denken, wie glücklich ich war; was in unserem tête-à-tête an diesem Abende zwischen Sarah und mir verhandelt wurde, wie ungern ich sie verließ, wie ich mit einer Postchaise nach Hause fuhr, weil ich mich dem Wasser, auf dem ich sorglos den größten Theil meines Lebens zugebracht hatte, nicht anzuvertrauen wagte, damit mir nicht etwa ein Unfall begegnen und mich meiner schon im Vorgenusse gekosteten Seligkeit berauben möchte. Von diesem Tage an war ich ein Glied der Familie, und da ich die Entfernung zu groß fand, miethete ich eine Wohnung neben dem Hause Herrn Drummonds. Doch bei andern Leuten gleitete der Strom der Liebe nicht so sanft dahin, und ich muß jetzt zu Marie Stapleton und Tom Beazeley zurückkehren.

Ich hatte gefrühstückt und war eben gesonnen, meinen Kahn loszubinden, um das alte Paar von dem schlechten Erfolge meiner Bemühungen in Kenntniß zu setzen. Dankbar hatte ich an meine selige Zukunft gedacht und in den Träumen meiner Einbildungskraft geschwelgt, als ich zu dem Zustande zurückkehrte, in welchem ich Marie Stapleton und Toms Eltern verlassen, einem Zustande des Elends, der so sehr gegen meine Seligkeit abstach, wiewohl er aus derselben Quelle entsprang; da stürzte auf einmal der junge Tom im bloßen Hemde und weißen Hosen in's Zimmer herein. Er war mit Staub bedeckt und bleich vor Erschöpfung und Aufregung.

»Gott im Himmel, Tom, du wieder da? Du mußt desertirt sein.«

»Ganz gewiß,« versetzte Tom, auf einen Stuhl sinkend, »ich schwamm gestern Abend an's Land und lief von Portsmouth hieher, wo ich um acht Uhr ging. Ich brauche kaum zu sagen, daß ich nicht mehr kann. Laß mir doch etwas zu trinken holen, Jacob.«

Ich ging in den Flaschenkeller und brachte ihm Wein, von dem er gierig ein Glas trank. Mittlerweile überlegte ich die Folgen, die aus diesem raschen und unbesonnenen Schritte entstehen konnten. »Tom,« sagte ich, »kennst du die Folgen der Desertion?«

»Ja,« erwiederte er düster, »aber ich konnte mir nicht helfen; Marie schrieb mir in ihrem Briefe, sie wolle Alles thun, was ich nur wünschte, sie wollte mich in die Ferne begleiten; sie machte Alles wieder gut, was sie könnte, das arme Ding! Und beim Himmel, ich konnte sie nicht verlassen; und als wir unter Segel waren und ich keine Hoffnung mehr hatte, war ich beinahe wahnsinnig; der Wind in den Nadeln sprang um und wir warfen für die Nacht Anker. Ich gleitete am Kabel hinunter und schwamm an's Land, und das ist die ganze Geschichte.«

»Aber, Tom, man wird dich gewiß erkennen und als Ausreißer festnehmen.«

»Darüber muß ich nachdenken,« versetzte Tom; »ich kenne die Gefahr, in der ich schwebe; doch vielleicht lassen sie mich in Ruhe, wenn du meine Entlassung bewirkst.«

Ich hielt dieß für den besten Plan, den wir verfolgen konnten und bat Tom, sich ruhig zu verhalten. Hierauf ging ich zu Herrn Wharncliffe, um mir bei ihm Raths zu erholen. Er stimmte mir bei, daß auf diesem Wege allein Rettung möglich sei. Dann ruderte ich zu seinem Vater hinauf und theilte ihm das Geschehene mit, und endlich ging ich zu Herrn Drummond. Als ich am späten Abend nach Hause kam, sagte mir der Gärtner, Tom sei ausgegangen und noch nicht zurückgekommen. Mein Herz weissagte mir nichts Gutes. Ich fürchtete, er sei zu Marien gegangen und dort sei ihm ein Unfall begegnet; mit trüben Ahnungen ging ich zu Bett. Sie hatten mich nicht getäuscht. Am nächsten Morgen wurde mir gemeldet, Stapleton wünsche mich zu sprechen. Er wurde herauf geführt, und sobald er in mein Zimmer trat, rief er: »Alles vorbei, Herr Jacob – Tom ist festgenommen – Marie Ohnmacht auf Ohnmacht – Menschennatur.«

»Wie, was gibt's denn, Stapleton?«

»Nun 's ist just das – Tom desertirt, um zu Marien zu kommen. Wegen, weil? – er liebt sie – Menschennatur, der Soldatenkerl kommt in's Haus und sieht Tom, packt ihn und will ihn festhalten. Tom wehrt sich, schlägt dem Sergeanten das Steuerbordauge aus und sucht zu entspringen – Menschennatur. Soldaten dringen ein, heben den Sergeanten auf, greifen Tom und führen ihn ab. Marie heult und schreit und fällt in Ohnmacht – Menschennatur – das arme Ding kann den Kopf nicht heben – zwei Weiber mit verbrannten Federn die ganze Nacht. Böser Handel, Herr Jacob. Von allen Sinnen ist die Liebe der schlechteste, das ist ausgemacht, – ganz umgeschlagen, konnte diesen Morgen meine Pfeife nicht rauchen – Mariens Thränen löschten meine Pfeife aus.« – Und der alte Stapleton sah drein, als wollte er weinen.

»Das ist ein böses Ding, Stapleton,« versetzte ich. »Tom wird wegen Desertion vor's Kriegsgericht gestellt und Gott weiß, wie es enden wird. Ich will thun, was ich kann, aber sie sind seit neuerer Zeit außerordentlich streng.«

»Ich hoffe, das werden Sie, Herr Jacob. Marie stirbt, das ist ausgemacht. Noch mehr fürchte ich, daß Tom stirbt. Wenn das Eine stirbt, so stirbt auch das Andere. Ich kenne das Mädchen – just wie seine Mutter, konnte ihr Steuer nie in die Mitte richten, hart Backbord oder hart Steuerbord. Sie ist außer sich und besteht darauf, ihm zu folgen, – will nach Maidstone gehen. Sobald ich heimkomme, nehme ich sie mit. Bin nur heraufgekommen, um Ihnen das zu sagen.«

»Das ist ein trauriger Vorfall, Stapleton.«

»Ja, gewiß – wollte 's gäbe gar keine Menschennatur.«

Nach einem kurzen Gespräche und einer Unterstützung an Geld, von der ich wußte, daß sie angelegt war, verließ mich Stapleton. Ich war in einer nicht sehr glücklichen Gemüthsverfassung. Meine Anhänglichkeit an Tom war außerordentlich und seine Lage höchst gefährlich. Ich erholte mir wieder bei Herrn Wharncliffe Rathes und er zeigte die wärmste Theilnahme.

»Dieß ist in der That ein höchst ungünstiger Fall,« sagte er, »und wird mehr Einfluß erfordern, als ich zu besitzen hoffe. Wenn er nicht zum Tode verurtheilt wird, so wird ihm ein solches Floggen zuerkannt, daß es seinen Geist und Körper untergräbt und ihn in ein frühes Grab stürzt. Der Tod wäre noch vorzuziehen. Verlieren Sie keine Zeit, Herr Ehrlich; fliegen Sie nach Maidstone und lassen Sie sich beim Oberst melden, der das Depot befehligt. Ich will zur Leibgarde gehen und sehen, was zu thun ist.«

Ich schrieb eilends ein paar Zeilen an Sarah, um mich wegen meiner Abwesenheit zu entschuldigen und ließ Postpferde kommen. Früh am Nachmittag kam ich zu Maidstone an, und nachdem ich die Wohnung des commandirenden Offiziers gefunden hatte, schickte ich meine Karte hinauf. Mit wenigen Worten setzte ich ihm die Ursache meines Besuches auseinander.

»Es hängt ganz von der Leibgarde ab, Herr Ehrlich, und ich fürchte, ich kann Ihnen nur wenig Hoffnung machen. Seine Königliche Hoheit hat sich bestimmt ausgesprochen, den nächsten Deserteur nach der ganzen Strenge des Gesetzes zu strafen. Seine Nachsicht in diesem Punkte äußerte einen zu nachtheiligen Einfluß auf den Dienst und er muß es thun. Zudem findet hier noch der erschwerende Umstand des Angriffes auf den Sergeanten statt, dessen Auge unwiderstehlich verloren ist.«

»Der Sergeant machte ihn zuerst betrunken und überredete ihn dann, sich anwerben zu lassen.« Hierauf setzte ich die Nebenbuhlerschaft zwischen beiden auseinander und fuhr fort, »ist es nicht schändlich, einen Menschen auf diese Art anzuwerben – kann das freiwilliger Dienst genannt werden?«

»Alles sehr wahr,« versetzte der Offizier, »aber das Bedürfniß fordert noch zu andern Dingen auf. Ich suche das System nicht zu vertheidigen, aber wir müssen Soldaten haben. Die Matrosen werden mit Gewalt gepreßt, die Soldaten durch allerlei Mittel, die vielleicht noch weniger ehrenvoll sind, in die Falle gelockt; die einzige Entschuldigung ist das Bedürfniß, oder wenn Sie lieber wollen, die Noth. Alles, was ich versprechen kann, Sir, ist, was ich auch ohne Ihre Verwendung gethan haben würde, dem Gefangenen jede Erleichterung zu verschaffen, welche seine Lage gestattet, und ihm jeden Vortheil beim Kriegsgericht zuzuwenden, welche die Gnade unbeschadet der Gerechtigkeit gewähren kann.«

»Ich danke Ihnen, Sir; wollen Sie mir und seiner Verlobten erlauben, ihn zu besuchen?«

»Ohne allen Anstand; der Befehl dazu soll auf der Stelle gegeben werden.«

Ich dankte dem Offizier für seine Güte und verabschiedete mich.


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