Artur Landsberger
Bankhaus Reichenbach
Artur Landsberger

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31.

Frau Hedda hatte gleich nach ihrer Ankunft in Berlin den Wärter des Südender Sanatoriums, der von dem kranken Morener bestochen worden war, bestimmt, ein Geständnis abzulegen. Dann war sie mit der Schwester Angelica zum Staatsanwalt geeilt. – Sie wurde sofort vorgelassen und erstattete Bericht.

»Dazu paßt durchaus, was Schnitter erklärt,« erwiderte der Staatsanwalt, als sie geendet hatte. »Er behauptet nämlich, daß der alte Morener in der Nacht vom 8. zum 9. März bei ihm Einlaß begehrt, verstört und in völlig derangiertem Zustande ihm die Pakete mit den Devisen aufgedrängt und erklärt habe:

»Nimm sie! behalte sie! ich schwöre, sie gehören mir! Aber versprich mir, daß du nie verrätst, von wem du sie bekommen hast.«

Dann sei er mit dem Ausruf: »Ich bin gerächt!« davongestürmt, ohne daß Schnitter auch nur Zeit gefunden habe, eine Frage an ihn zu richten.

»Und damit«, fragte Frau Hedda, »ist der Fall nun wohl geklärt?«

»Dank Ihnen,« erwiderte der Staatsanwalt. »Sie wären ein Staatsanwalt geworden, von dem wir alle hätten lernen können.«

»Da ist gar nichts zu lernen,« sagte sie, »so einfach ist es. Man braucht nur dem Gefühl denselben Platz einzuräumen wie dem Verstand. Um ein Boot zu bauen, ein Haus oder eine Maschine, also eine tote Sache, braucht man nur den Kopf. Wenn es sich aber darum handelt, Dinge zu ergründen, die ein Mensch tat, soll man neben dem Kopf auch das Herz befragen.«

»Sie haben recht,« erwiderte der Staatsanwalt und reichte Frau Hedda die Hand. – Dann geleitete er sie persönlich zum Untersuchungsrichter und bewirkte, daß man alle, die in dieser Affäre verwickelt waren, noch am selben Tage auf freien Fuß setzte. – –

An einem klaren Sommertage, als die Sonne leuchtend über dem Rigi stand, trug man auf dem Friedhof von Luzern, den kein Friedhof Europas an lieblicher Schönheit erreicht, Heinrich Morener zur letzten Ruhe. Außer Frau Hedda und der Schwester Angelica erwiesen Frau Reichenbach, Hanni und Heinz, sowie Karl Morener ihm die letzte Ehre.

Der Pfarrer schloß mit den Worten:

»Die Wahrheit ist in Gott – uns bleibt das Forschen.« –

Am Abend desselben Tages saßen sie alle auf der Veranda ihres Luzerner Hotels und aßen zu Abend. Frau Kommerzienrat Reichenbach klopfte leise an das Glas und sagte mit ernster Stimme:

»Meine Lieben! Gott hat uns allen schwere Prüfungen auferlegt. Die Sehnsucht, mit der Heinrich Morener starb, hat sich mit seinem Tode erfüllt.« – Sie nahm Frau Heddas Hand und legte sie in die ihres Neffen. Dann fügte sie Karl Moreners und ihrer Tochter Hannis Hände zusammen und fuhr fort: »Gott gebe, daß diese Stunde, in der das Bankhaus Reichenbach in Karl Morener und Heinz Reichenbach seine natürlichen Leiter erhält, sich als eine für alle Beteiligten glückliche erweist.«

Leise klangen die Gläser aneinander. – Unten bei Flüelen tauchte blutrot die Sonne in den See.


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