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Ein jeder, weil er spricht, glaubt auch über die Sprache sprechen zu können.
Goethe
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Alle Sprachformen sind Symbole, nicht die Dinge selbst, nicht verabredete Zeichen, sondern Laute, welche mit den Dingen und Begriffen, die sie darstellen, durch den Geist, in dem sie entstanden sind und immerfort entstehen, sich in wirklichem, wenn man es so nennen will, mystischem Zusammenhang befinden.
W. v. Humboldt
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Dies alles sind keine Kleinigkeiten: es ist die Verhunzung der Grammatik und des Geistes der Sprache durch nichtswürdige Tintenkleckser, nemine dissentiente ... Die deutsche Sprache ist gänzlich in die Grabuge gerathen: Alles greift zu, jeder tintenklecksende Lump fällt darüber her. – – – – Ganz ernstlich muß ich nun aber hier zu bedenken geben, daß gewiß mehr als [9/10] der überhaupt lesenden Menschen nichts als die Zeitungen lesen, folglich fast unausbleiblich ihre Rechtschreibung, Grammatik und Stil nach diesen bilden, – – ja, überhaupt den jungen Leuten ungelehrter Stände die Zeitung, weil sie doch gedruckt ist, für eine Auktorität gilt. Daher sollte, in allem Ernst, von Staatswegen dafür gesorgt werden, daß die Zeitungen, in sprachlicher Hinsicht, durchaus fehlerfrei wären. Man könnte, zu diesem Zweck, einen Nachcensor anstellen, der, statt des Gehaltes, vom Zeitungsschreiber für jedes verstümmelte oder nicht bei guten Schriftstellern anzutreffende Wort, wie auch für jeden grammatischen, selbst nur syntaktischen Fehler, auch für jede in falscher Verbindung oder falschem Sinne gebrauchte Präposition einen Louisd'or, als Sportel, zu erheben hätte, für freche Verhöhnung aller Grammatik aber 3 Louisd'or und im Wiederbetretungsfall das Doppelte. Oder ist etwan die deutsche Sprache vogelfrei, als eine Kleinigkeit, die nicht des Schutzes der Gesetze werth ist, den doch jeder Misthaufen genießt? Elende Philister! Was, in aller Welt, soll aus der deutschen Sprache werden, wenn Sudler und Zeitungsschreiber diskretionäre Gewalt behalten, mit ihr zu schalten und zu walten nach Maßgabe ihrer Laune und ihres Unverstandes?
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Mein Sprachglaube zweifelt vor allen Wegen, die nach Rom führen.
K.
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Sprachanweisungen müßten unleserlich geschrieben sein, um dem Sprecher annähernd den Respekt einzuflößen wie das Rezept dem Patienten. Wenn man nur entnehmen wollte, daß vor dem Sprachgebrauch der Kopf zu schütteln sei. Mit dem Zweifel, der der beste Lehrmeister ist, wäre schon viel gewonnen: manches bliebe ungesprochen.