Josef Kastein
Eine Geschichte der Juden
Josef Kastein

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Christliche Politik

Bis zum Beginn des 4. Jahrhunderts der heutigen Zeitrechnung nahmen das Judentum und das Christentum im Verband des römischen Staates eine durchaus verschiedene Stellung ein. Hinter dem Judentum stand ein einheitliches Volk, eine anerkannte Nation, dessen Religion eine religio licita, ein erlaubtes Bekenntnis war. Der Patriarch in Judäa war das von Rom anerkannte Oberhaupt aller Juden des römischen Reiches. Das Christentum hingegen gehörte zu den verbotenen Sekten, sein Kult zu den unerlaubten, geheimen Kulten. Der Übertritt von Heiden zu dieser Sekte war im rechtlichen Sinn Abfall von der geltenden Staatsreligion und wurde zeitweise auch als solcher bestraft.

Der Übertritt des römischen Kaisers Konstantin (312–337) zum Christentum veränderte die Lage insofern, als nun das Christentum Staatsreligion wurde, entsprechend dem Grundsatz: cujus regio ejus religio; der Herrscher bestimmt die Religion seiner Nation. Mit diesem Staatsakt gab es plötzlich Hunderttausende von Christen; ein Ergebnis, das dem Judentum hätte gleichgültig sein können, wenn es Konstantin gelungen wäre, seine Ideen und Zwecke zu verwirklichen. Soweit sein Übertritt zum Christentum nicht persönliche Zuneigung war, waren es Staatsinteressen, die ihn dabei leiteten, nämlich die Möglichkeit, sich in dem Kampfe gegen seine Mitregenten auf den christlichen Teil seines Heeres stützen zu können. Welche Abmachungen hier vorlagen, ist unklar; daß sie vorlagen, ist 283 psychologische Notwendigkeit. Noch im Edikt von Mailand (313) bestätigt er allen Bürgern des römischen Reichs die Gewissensfreiheit. Zwei Jahre später war sie für die Juden aufgehoben. Er hat die ursprüngliche Idee, Judentum und Christentum gleichzustellen, aufgeben müssen. Er hat in seiner Haltung gegen die Juden lange geschwankt, um gegen Ende seiner Regierung entschieden gegen sie Stellung zu nehmen, ohne daß sie in ihren Verpflichtungen als römische Bürger gegen ihn, den Kaiser, im geringsten fehlten.

Das stellt klar, daß er sich dem Christentum gegenüber verpflichtet hatte: Waffenhilfe gegen Religionshilfe. Er begab sich damit in Abhängigkeit von den Repräsentanten des Christentums, der Geistlichkeit. Die Entstehung von Legenden um seinen Übertritt ist nicht zufällig. Sie müssen sehr oft dazu dienen, die schwache Begründung eines Vorganges zu stärken.

Für die jüdische Geschichte interessiert nicht Konstantins Wechsel des Glaubens, sondern der Wechsel seiner Haltung gegenüber dem Judentum. Als er noch Heide war, respektierte er andere Religionen. Als er Christ geworden war, verfolgte er sie aus keinem anderen Grunde als dem, daß sie etwas anderes glaubten als er. In diesem Verhalten liegt nicht der freie Wille, sondern der Zwang, den die christliche Geistlichkeit auf ihn ausübte. Die Gewissensfreiheit, die er zur Grundlage seines Reiches machen wollte, lag nicht im Sinne des christlichen Klerus. Die Möglichkeiten, die in der plötzlichen Erhebung einer Sekte zur Staatsreligion lagen, mußten ausgenützt werden. Es konnte dem Klerus nicht genügen, jetzt nur gleichberechtigt mit dem Judentum zu sein. Der stille und der offene Kampf, den er seit seiner Herausbildung gegen das Judentum geführt hatte, mußte jetzt zu Ende geführt werden. Nichts war einfacher, als sich dafür der staatlichen Mittel zu bedienen. Sie nahmen damit dieselbe Stellung der Macht und der Unduldsamkeit ein, die ihre Vorgänger, die heidnisch-römischen Priester, in der Verteidigung des Staatskultes und ihrer eigenen Machtposition 284 betätigten. Sofort mit dem Beginn der Staatlichkeit des Christentums setzt die Gegnerschaft des Klerus mit einem Elan ein, der aus religiösem Fanatismus allein nicht zu verstehen ist, sondern eher aus der Nachfolgerschaft der römischen Staatspriester. Die noch gestern verfolgte Sekte beginnt als Staatsreligion sofort mit Intoleranz und Verfolgungen. Zur praktischen Erweisung ihres religiösen Gehaltes fühlt sie sich einstweilen nicht veranlaßt.

Schon die Sprache seiner Edikte ist voll Anmaßung und hemmungsloser Beschimpfung. Gleich die erste Konstantinische Kundgebung gegen das Judentum, das Edikt von 315, trägt die Sprache der christlichen Polemik und enthüllt den Sinn, aus dem heraus sie sich der Staatshilfe bedient: den Juden, dieser »schändlichen Sekte«, wird verboten, ihre Sklaven durch die Beschneidung dem Judentum zuzuführen, und ferner – unter Verletzung ihrer autonomen Rechte – über ihre eigenen Volksgenossen Strafen wegen Abfall vom Judentum zu verhängen.

Diese Maßnahmen tragen einstweilen einen ausschließlich religionspolitischen Charakter, und sie sind auch nur von da aus zu begreifen. Der überwiegenden Mehrzahl der Christen war die neue Religion schließlich durch einen Staatsakt zugeführt, der mit einer persönlichen Bekehrung nichts zu tun hatte. Sie alle binnen kurzer Zeit zu bekehren, war unmöglich, zumal einstweilen für die neue Religion viel dringendere Aufgaben zu erledigen waren. Eine Rechtsbeschränkung der Juden verminderte also die Gefahrenquelle, die sowohl in der Unzuverlässigkeit der neuen Christen lag als auch insbesondere in der inneren Spaltung und Zerrissenheit. Indem das Konzil zu Nicäa (325) sich bemühte, hier Ordnung zu schaffen und die Dogmen, die fortan für das Christentum zu gelten hatten, einheitlich festzulegen, wurde zugleich die Abgrenzung zwischen Juden und Christen verschärft. Das Osterfest, das die asiatischen Gemeinden bislang mit dem jüdischen Passah gleichzeitig feierten – was logisch war, wenn man sich an die Evangelien hielt – 285 bekam seine eigene Datierung. Dabei interessiert weniger das Faktum als die Begründung: »Unwürdig wäre es, daß wir bei diesem heiligen Fest den Sitten der Juden folgten, die ihre Hände mit dem ungeheuerlichsten Verbrechen befleckten und geistig blind blieben . . .«

Das Konzil zu Laodicea fügt der rituellen Abgrenzung die persönliche hinzu. Es untersagt dem Christen, mit dem Juden gemeinsame Mahlzeiten einzunehmen, seine Feste mitzufeiern, an seinen Riten, besonders an seinem Sabbat teilzunehmen. Das Christentum mußte sich konsolidieren und brauchte den Abschluß seiner Gläubigen, um eine Annäherung an das Judentum, die nach wie vor im gleichen Umfange wie früher fortbestand, nach Möglichkeit zu verhindern. Aber es begnügte sich nicht mit der Abgrenzung. Die Macht, die ihm zugefallen war, hypertrophierte sofort. Was gestern Religion war und um Seelen warb, ist heute Kirche und treibt Politik. Das Gesetz von 339, unter Constantius erlassen, verhängt die Todesstrafe oder Verbannung über den Juden, der seine Sklaven zum Judentum bekehrt und damit dem Christentum Abbruch tut. Der Erwerb christlicher Sklaven wird den Juden verwehrt, mit der Begründung, ein Christ dürfe nicht unter der Autorität eines Juden stehen. Mischehen zwischen Juden und Christen werden gleichfalls unter Strafe gestellt. Das Gesetz von 357 formuliert: »Sollte jemand noch nach Veröffentlichung dieses Gesetzes aus einem Christen zu einem Juden werden, sich nachweislich ihren gotteslästerlichen Versammlungen anschließen, so befehlen wir, sein gesamtes Vermögen zu Gunsten des Staatsschatzes einzuziehen.«

Die christliche Politik bekommt hier also schon eine besondere psychologische Note: die Verächtlichmachung des anderen, des Gegners; die Tendenz, über die Andersartigkeit hinaus Haß zu erzeugen und sich dieses Hasses als eines weiteren Instrumentes der Machtausübung zu bedienen. Die christlichen Pilger, die jetzt systematisch nach Jerusalem hin gelenkt werden, gehen nicht nur dorthin, um zu beten, sondern auch – 286 unter der Führung und dem Einfluß ihrer geistlichen Leiter – um Exzesse gegen die Juden zu verüben. Der Respekt vor anderem religiösen Empfinden ist so gering, daß man den Juden zwar die Erlaubnis gibt, an dem schicksalschwersten Tage ihrer Geschichte, dem 9. Ab, in Jerusalem zu beten, daß man sie aber für dieses Privileg bezahlen läßt. Da triumphiert der heilige Hieronymus: »Noch sind ihre Augen voll Tränen, noch zittern ihre Hände und ihre Haare sind zerzaust, und schon fordert ihnen die Wache den Lohn ab für die Erlaubnis, weiter Tränen zu vergießen . . .«

Immer, wenn Gruppen ohne Verdienst und gleichsam über Nacht zum Regiment gelangen, verfallen sie zunächst der Haltung des Parvenue.

Es ist verständlich, daß das Christentum seine Angriffe gegen die Juden zunächst auf Palästina konzentrierte. Dieses Land beanspruchte es als sein »Heiliges Land«. Juden und jüdische Institutionen waren daher nach Möglichkeit auszurotten. Unter Constantius, der für seinen persischen Feldzug eine Heeresabteilung in Palästina einquartierte, preßten die Unterdrückungen und Chikanen doch noch einmal die letzten Energien zu einem Aufstand zusammen, bei dem viele Tausende von Juden den Tod fanden. Das Patriarchat erfährt eine Einschränkung nach der anderen. Die Hadrianischen Edikte werden erneuert. Es hilft nichts, daß Julian, dem die Kirche wegen seiner Hochachtung vor jeder Form des Glaubens den gehässigen Beinamen des Abtrünnigen, Apostata, gab, den Juden die Wiedererrichtung ihres Tempels versprach; es half auch nichts, daß Theodosius I. sich auf den Rechtsstandpunkt stellte, das Judentum müsse nach wie vor als erlaubte Religion behandelt werden. Die christliche Geistlichkeit zwang ihn, umzulernen und sich ihrem Willen zu fügen, daß es ein gottgefälliges Werk sei, Synagogen zu zerstören. Sie bekamen endlich, als durch die Spaltung des römischen Reiches Palästina unter die Botmäßigkeit von Byzanz kam (395), freiere Hand. »Das Himmelreich wird 287 durch Gewalt erschlossen, und die Gewalt gebrauchen, reißen es an sich.« (Matth. 11, 12.) Nach diesem Grundsatz diktieren sie die Gesetzgebung der christlichen Herrscher. Als Theodosius II. dekretierte, daß zerstörte oder durch Gewalt in Kirchen verwandelte Synagogen wiederherzustellen und gestohlenes Kultgerät zu ersetzen sei, erhob sich leidenschaftlicher Protest. »Eine große Trauer ergriff darauf alle Christen.« Theodosius mußte das Dekret zurücknehmen. Es blieb bei der früheren Fassung, daß beschädigte Synagogen repariert, aber zerstörte nicht wieder aufgebaut werden dürften. Gelang es dem von der Geistlichkeit fanatisierten Pöbel also, eine Synagoge gänzlich zu zerstören, so hatte es dabei sein Bewenden.

Neben der Zerstörung von Kultstätten galt das Interesse der Geistlichkeit vor allem der Zerstörung des jüdischen Verwaltungszentrums. Alle Gesetze zielen darauf ab, dem jüdischen Patriarchat nach und nach jede Autorität zu nehmen. Durch die Gesetzgebung vom Jahre 429 wird dann auch praktisch seine Bedeutungslosigkeit herbeigeführt. Damit war zwar das geistige Leben noch nicht völlig erdrosselt, aber es verliert doch unter den unaufhörlichen Angriffen des Christentums seinen wissenschaftlichen Charakter. Noch langte die Kraft dazu, die Ergänzungen zur Mischna zu einem Sammelwerk (Tosephta) zu vereinigen. Selbst das, was an Deutungen und Erläuterungen zur Mischna entstand, wurde aus der Sorge, es könne in Vergessenheit geraten, kodifiziert. (Gemara.) Der Zusammenschluß von Mischna und Gemara ist der Talmud, und zwar der palästinensische, von dem aber nur die ersten vier Teile erhalten sind.

So wichtig diese Arbeiten für die späteren Jahrhunderte waren, so stellten sie doch nicht das eigentliche geistige Leben der Zeit dar. Diese Zeit litt Not. Für die Juden Palästinas war schon das Mittelalter angebrochen. Ihr geistiges Leben mußte sich also in intimere Bezirke zurückziehen, die nicht so sehr den Angriffen ausgesetzt waren. Aus der Akademie verschiebt sich das Zentrum in die Synagoge. Dort wird nicht nur 288 gebetet, sondern auch gepredigt und damit gelehrt. Die Synagogen bekommen die Nebenbezeichnung Beth ha-midrasch, Haus der Predigt. Diese Predigten, Midraschim, legen die heiligen Schriften aus, erklären sie mit Sinnbildern, Legenden, Vergleichen, schmücken sie aus, versehen sie jeweils mit den Notwendigkeiten und Bedürfnissen der Volksseele, sei es durch Nutzanwendungen, durch politische Anspielungen, durch Polemiken oder tröstliche Erdichtungen über künftige messianische Zeiten. Von diesem Midraschim haben sich verschiedene Sammlungen bis heute erhalten. Ihre Wirksamkeit für die damalige Zeit belegt nichts sinnfälliger als die Tatsache, daß die christliche Literatur für ihre Propaganda diese Art nachahmte, teils einfach kopierte.

Im Bezirk der Midraschim schuf das Volk sich eine Ausweichstelle für den äußeren Druck, der immer härter und systematischer wurde. Aber auch dieser Bezirk blieb nicht unangetastet. Besonders der Kaiser Justinian, ein eifriger Kirchenpolitiker, der sich die Ausrottung aller »falschen« Religionen zum Ziel gemacht hatte, sah in dem Rest des religiösen Lebens der Juden eine Gefahr für das Christentum. Er mußte die Erfahrung machen, daß überall da, wo Heiden oder christliche Sekten der Staatsreligion Widerstand leisteten, sie ihre moralische und geistige Unterstützung von Juden und von jüdischen Gedanken empfingen. Das zu unterbinden, boten sich zwei Wege: die Verächtlichmachung der Juden, um ihren Argumenten die Autorität zu nehmen, und die Knebelung ihrer religiösen Betätigung, um sie geistig abzutöten. Zu diesem Zwecke wird eine ganze Serie von Gesetzen erlassen. Eines der ersten – das Dekret von 537 – schließt die Juden von Staatsämtern aus, legt ihnen aber die Pflicht auf, an den städtischen Verwaltungen, also bei unbezahlten und sehr verpflichtenden Ämtern, mitzuwirken. Die Motivierung ist ganz ungeschminkt: »Mögen diese Leute die ganze Last der städtischen Verwaltung tragen und unter ihrer Bürde stöhnen, nur dürfen sie hierbei keinerlei Ehren genießen . . .« 289

Zur geistigen Knebelung wird auf frühere, bewährte Mittel zurückgegriffen. Den Juden wird vorgeschrieben, sich bei den öffentlichen Vorlesungen der Thora in der Fassung der Septuaginta zu bedienen, jener Fassung also, die von der christlichen Propaganda schon entsprechend bearbeitet war. Vor allem aber verbot er die Ergänzung des Gottesdienstes durch Predigten und Auslegungen. Der Sinn ist klar.

Diese unaufhörlichen Bemühungen erreichen ihren Zweck. Das geistige Leben der Juden in Palästina verkümmert. Sie haben keine geistigen Waffen mehr, sind also machtlos. Aber die Machtlosen konnte das Christentum noch ungestörter knebeln. Es schuf sich damit den Beweis, den es seinen Anhängern gegenüber brauchte: daß Gott die Juden für ihre hartnäckige Ablehnung Jesu gestraft habe. Schon hier beginnt und unterhält die Kirche ein Verfahren, das sie Jahrhunderte hindurch fortgesetzt hat: sie schafft mit ihren überlegenen staatlichen Machtmitteln Ausnahmezustände und erniedrigende Bedingungen für die Juden, um sich dann dieser von ihr selbst geschaffenen Bedingungen und Zustände als eines Beweises gegen die Juden zu bedienen; ein Verfahren von ungewöhnlicher Methodik.

Daß solches Verfahren selbst in den bedrückten Juden Palästinas ein Unmaß von Verbitterung und Haß anhäufen mußte, wird zu verstehen sein. Es kam zum Ausbruch, als zu Beginn des 7. Jahrhunderts die Perser ihren Kampf gegen Byzanz nach Palästina vortrugen. Von allen Seiten stoßen bewaffnete Juden zum persischen Heer. Sie erhalten das Versprechen, daß ihnen Jerusalem zurückgegeben werde. Das spornt sie zu besonderen Leistungen an. Mit ihrer Hilfe gelingt (614) die Einnahme Jerusalems. An dem Blutbad, das die Perser unter den Christen veranstalteten, beteiligten sich auch die Juden mit der Wut derer, die sich für die Knechtung dreier Jahrhunderte rächen wollen.

Die Herrschaft der Perser in Palästina dauerte 14 Jahre, ohne daß sie den Juden die geringste Erfüllung der gegebenen Versprechen brachte. Sie waren also sehr bereit, mit dem 290 Kaiser Heraklius zu verhandeln, als dieser sich zur Wiedereroberung Palästinas anschickte. Für die Aufgabe ihres Widerstandes sagte er ihnen verschiedene Begünstigungen zu und beschwor ihnen vor allen Dingen für den Fall seines Sieges Straffreiheit für alles, was in dem vorangegangenen Kampfe geschehen war. Als er aber in Jerusalem einziehen konnte (629), bestürmte ihn sofort die Geistlichkeit, sich an den Juden zu rächen. Heraklius wies darauf hin, daß er durch ein Gelübde gebunden sei. Die Geistlichkeit erklärte sich bereit, ihn von diesem Gelübde zu entbinden. Sie legte ihm dafür als Buße auf, in der ersten Woche der großen Fasten nicht nur kein Fleisch, sondern auch keinen Fisch und keine Eier zu genießen. (Die ägyptischen Kopten haben dieses »Fasten des Heraklius« noch bis zum 10. Jahrhundert gehalten.) Nach dieser Vorbereitung begann in ganz Palästina ein großes Gemetzel unter den Juden, verbunden mit zwangsweiser Bekehrung zum Christentum.

So schafft sich der Glaube durch Enthaltsamkeit die Legitimation zum Mord.

Erst mit dem Jahre 638, als der Kalif Omar Palästina besetzte, wurde es für einige Jahrhunderte von der christlichen Herrschaft befreit. Aber auch ohne diese Ablösung der Gewalten kam das Christentum nicht zu seinem Ziele: der Vernichtung des Judentums. Für das zerstörte geistige Zentrum in Palästina hatte sich längst ein anderes geöffnet, das die Tradition der nationalen Selbstverwaltung fortführte und – keinem christlichen Einfluß erreichbar – das geistige Schöpfertum einer neuen Blüte zuführen konnte: Babylonien.

 


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