Josef Kastein
Eine Geschichte der Juden
Josef Kastein

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Gesetz und Alltag

Die Exulanten, die im Frühjahr 537 ihre Rückwanderung antreten, treffen auf trostlose Verhältnisse. Jerusalem ist ein Trümmerhaufen, das Land ist verkommen, ganz dünn mit armseligen Bauern besetzt und zum größten Teil von den 103 umgebenden Völkerschaften in Besitz genommen. Es gibt kein wirtschaftliches Gefüge mehr, in das sie hätten eingreifen können. Sie müssen einen Anfang aus dem Nichts auf sich nehmen.

Daß sie alles das nicht von vornherein bedacht haben und daß sie als erste Handlung nach ihrer Heimkehr inmitten der Trümmer des Tempels einen Altar an der Stelle des ehemaligen errichten, kennzeichnet den Sinn dieser Wanderung. Der Wunsch, in ihrem eigenen Lande zu leben, war größer als die Erwägung, wovon sie dort leben sollten. So beginnen sie ein Jahr nach ihrer Heimkehr schon mit der Grundsteinlegung des neuen Tempels, während sie selbst zum größten Teil in und um Jerusalem noch in Zelten wohnen müssen.

Dieser Akt der Grundsteinlegung ist von einer so demonstrativen Bedeutung, daß auch die Umgebung aufmerksam wird und begreift, daß damit der Kern eines neuen Gemeinwesens geschaffen wird. Abgesehen von Jerusalem ist von allen ringsum wohnenden Völkerschaften das Land entweder besetzt oder zu ihrer Interessensphäre erklärt. Sie alle sind Gegner des neuen Gemeinwesens, obgleich es von Menschen ausgeht, deren Anspruch auf das Land seit einem Jahrtausend aus tatsächlichen Gründen nicht mehr zu bestreiten ist. Da aber die neuen Siedler unter dem Schutz des persischen Monarchen stehen, Gewaltanwendung also bedenklich ist, bleibt ihnen die Hoffnung, sich diese kleine Menge von Ankömmlingen zu assimilieren. Die bisher im Lande verbliebenen wenigen Judäer haben nach der Richtung hin keine Schwierigkeiten geboten. Durch vielfache Mischehen ist schon eine bedeutende Angleichung eingetreten.

Eine besondere Stellung nehmen hierbei die Samaritaner ein. Sie sind ein Mischvolk, entstanden aus den Resten der Bevölkerung des ehemaligen Reiches Samaria und den assyrischen Ansiedlern, die Sargon zur Belebung der verödeten Städte dorthin verwiesen hat. Auch ihre Religion ist Mischung zwischen ihren heidnischen Anschauungen und der 104 altsamaritanischen Form des Jahvekults. Nicht anders stand es mit ihrer Sprache. Dieses Volk, aus solchen verschiedenartigen Elementen zu einer Gruppe verschmolzen, betrachtet sich als legitimer Nachfolger der Nordstämme und ist folglich willens, in den Judäern einen verbrüderten und verwandten Stamm zu sehen. Ihr Anführer Sanballat überbringt daher eines Tages das Verlangen seines Volkes, am Aufbau des Tempels teilzunehmen und in die judäische Gemeinschaft aufgenommen zu werden.

Der Entscheid der Volksältesten lautet schroff ablehnend. Die Samaritaner, erbittert und ergrimmt, unternehmen alles, um den Tempelbau zu hintertreiben. Sie haben den richtigen Instinkt dafür, daß sie damit die tragende Idee dieses neuen Gemeinwesens unterbinden. Es gelingt ihnen, durch Beeinflussung persischer Beamter die Einstellung des Baues zu erreichen. Fünfzehn Jahre lang ruht das Unternehmen.

In dem Augenblick, in dem die Idee zum Ruhen kommt, entfällt auch die Spannkraft, die von ihr ausging, werden die Not und die Ungunst der äußeren Verhältnisse spürbar, sind die Judäer gegen die Angriffe des Alltags nicht mehr gewaffnet. Jeder versucht, nach besten Kräften zur Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse zu gelangen. Da gibt es noch fast alles zu tun und doch für die Mehrheit des Volkes fast nichts zu gewinnen. Der Boden ist in fünfzig Jahren verwildert und vernachlässigt. Von den geringen Erträgnissen müssen Naturalabgaben an zahlreiche Priester und Lewiten geleistet, Zahlungen an den persischen Statthalter bewirkt und soll ein Überschuß für den Bau von Häusern erzielt werden. Solcher wirtschaftliche Aufwand gelingt nur wenigen.

In solchen Momenten schwerster wirtschaftlicher Depression kommen diejenigen in den Vordergrund, denen ihr Besitz an Geld die Ausbeute der Not, die Kommerzialisierung des Elends gestattet. Ein Reicher ohne Idee wirkt im sozialen Gefüge immer weit bösartiger als ein Armer ohne Idee. Darum sind 105 die Auswüchse der wirtschaftlichen Entartung hier besonders hart. Neben die aus alter Tradition angesehenen Familien treten so – fast über Nacht – die Vermögenden, die den Bedürftigen Geld für Häuserbau, Saatbeschaffung und Steuerleistung leihen können, die sich dafür Äcker, Weinberge, Häuser und selbst die Schuldner oder deren Kinder verpfänden lassen und die bei Verfall der Schuld die Dinge als ihr Eigentum und die Menschen als ihre Sklaven in ihren Besitzkreis ziehen. Das junge Gemeinwesen, ausgezogen, um einen Tempel zu bauen, bekommt als erstes Ergebnis des Wiederaufbaus eine Geldaristokratie. Des Symbols der Idee beraubt, wirtschaftlich überlastet und sozial aufgegliedert in Geldaristokratie und Verarmte, kann auch ihre Verwaltung zu keinem Abschluß kommen. An sich war sie ideal gedacht: ein weltlicher Führer aus dem Dawidischen Hause, ein geistlicher Führer aus dem Hause Zadok, beide gleichberechtigt nebeneinander als Repräsentanten der Theokratie, von Gott abhängig und dem Volke dienstbar. Es kommt aber nichts davon zur Verwirklichung. Es sind nicht sie, die das Regiment ausüben, sondern sie werden von den Interessengruppen adliger und besitzender Familien hin und her geschoben. Die Theokratie bleibt eine ideale Forderung, die gegenstandslos ist, weil an Stelle der Idee das Interesse getreten ist.

Das Dauernde und Gestaltende aber ist allein die Idee, und zwar diejenige, der in irgendeiner Form Glaube an größeren Zusammenhang, an höhere Verpflichtung zugrunde liegt. Ein Volk mag sich welche Aufgabe auch immer stellen, sie wird nicht verwirklicht, wenn sie nicht auf Glauben, auf einer Religion beruht.

Den Versuch, diesen Gedanken zu realisieren, unternehmen die Propheten Haggai und Sacharja. Sie erklären, daß keine äußere Not die Hinausschiebung des Tempelbaues rechtfertigen könne. Es bedarf nur des Auftretens von Ideenträgern, um sogleich eine erneute Bereitwilligkeit des Volkes zu 106 erzeugen. 520 wird der Bau des Tempels fortgesetzt. In vier Jahren ist er vollendet und wird feierlich eingeweiht.

Nach diesem Vorstoß des Geistigen tritt aber, wie die Propheten zu wirken aufhören, wieder eine Erschlaffung ein, und zwar eine gefährliche, weil sie mit Resignation tief durchsetzt ist. Von den Erwartungen der Heimkehrer hat sich fast nichts erfüllt. Sie sind eine kleine, arme, unselbständige persische Provinz, rings von mißwollenden Nachbarn umgeben, ohne Gegenwart und ohne Hoffnungen. Sie neigen immer mehr dazu, ihren Frieden mit der Welt zu machen. Zwar haben sie es endgültig verlernt, in der Nachahmung fremder Kulte einen Anreiz oder eine Zielsetzung für ihr Dasein zu finden, aber sie schaffen sich doch eine erhebliche äußerliche Erleichterung dadurch, daß sie jetzt jeden aufnehmen, der Aufnahme in die judäische Gemeinschaft wünscht, und daß sie durch Eingehung von Mischehen mit den Nachbarn verwandtschaftliche und damit friedliche Beziehungen herstellen. Sie tun damit nichts, was nach dem mosaischen Gesetz in seiner damaligen Struktur verboten war, so wenig wie es König Schelomo verboten war, aus allen erdenklichen Völkerschaften Frauen zu heiraten. Sie trieben nicht Assimilation, sondern Konzession.

Die Folgen eines solchen Verhaltens hätten unübersehbar werden können, wenn nicht aus der gesicherten Distanz, aus Babylonien her, eine Beurteilung dieser Situation erfolgt wäre, die diese Entwicklung der Dinge ein für allemal unterbrach und abschnürte. Die babylonische Judensiedlung war zwar im Verhältnis zu der jetzt wieder etablierten Heimat in die Position einer Kolonie verwiesen, aber sie wiederholt jetzt einen Vorgang, der schon bei der Herausbildung des jisraelitischen Ein-Gottes eine entscheidende Rolle spielte. Damals begriffen die Bne Jisrael im Gegensatz zu ihrer Umgebung einen Gott, der nicht an die Scholle gebunden war. Heute begreifen die babylonischen Juden ein Judentum, das nicht an Palästina, nicht an Jerusalem und nicht an den Tempel 107 gebunden ist. Indem sie die Fiktionen, von denen im vorhergehenden Kapitel gesprochen wurde, zu verwirklichen suchten, indem sie ohne Land, ohne Hauptstadt, ohne König, ohne Hohenpriester, ohne Tempel und ohne seinen verpflichtenden Ritus dennoch eine Gemeinschaft zu sein vorgaben, mußten sie eine generelle Kraft aufrichten, die ihnen alle diese Elemente einer Gemeinschaft ersetzte. Sie fanden die Kraft im Gesetz und seiner Befolgung, das heißt: in der freiwilligen Unterordnung unter die Lehren, Vorschriften, Glaubenssätze und Rechtsnormen, die in ihrem Schrifttum ihren Niederschlag gefunden hatten. Sie nahmen Bücher und verpflichteten sich, ihren Inhalt zu glauben und das Geglaubte im Leben auszuführen. Das bedeutet praktisch, daß in Babylonien die Thora als die eigentliche Gesetzessammlung, als Sammlung der Vorschriften zur Regelung des täglichen Daseins größere Bedeutung erlangt als die Schriften der Propheten. Das jüdische Gesetz war Niederschlag des Erlebens. Die babylonischen Juden beginnen, es zum Inhalt des Erlebens zu nehmen. Indem sie jetzt diese ihre Lebensart und Weltanschauung auf Judäa übertragen, bringen sie ein konstruktives Element in das Judentum. Sie machen die Entwicklung rückschrittlich. Und doch begründen sie damit ein Werk von unerhörter Einmaligkeit: sie schaffen die Voraussetzungen dafür, daß späterhin, als die jüdische Heimat für fast zwei Jahrtausende verloren ging, die Substanz des Judentums erhalten blieb. Sie bereiteten anstelle des äußeren Ortes den inneren Ort für die Existenz eines Volkes vor.

Die Nachricht von den Zuständen in Judäa entfesselt in Babylonien ungewöhnliche Energien. Man begreift, daß die Heimat in Gefahr sei und daß ihr geholfen werden müsse. An die Spitze der Bewegung stellt sich der Priester Esra ben Seraja, ein Mann von tiefem Wissen, durchdrungen von der Bedeutung seines Volkes und seiner Idee. In Babylonien und Persien wirkt er unermüdlich unter den Juden für die Anerkennung 108 der Thora als verpflichtender Lebenssatzung. Jetzt rüstet er sich zur Übersiedlung nach Judäa. Artaxerxes I. Longimanus gibt ihm offizielle Vollmachten. Mehr als 1500 Personen schließen sich ihm an. Er läßt zur Heimkehr nur diejenigen zu, die durch ihre Geburtsregister einwandfrei nachweisen können, daß sie von judäischer oder ahronidischer oder lewitischer Herkunft sind. Im Herbst des Jahres 458 kommen die neuen Heimkehrer in Jerusalem an.

Die Zustände, die Esra antrifft, entsetzen und erschüttern ihn. Sein Widerstand richtet sich besonders gegen die Mischehen. In ihnen sieht er ein gefährliches Element der Zersetzung. Er hält sie auch nach dem Gesetz für verboten, daher für Sünde. So ehrlich und bezwingend ist sein Schmerz über diese Zustände und so groß sein Ansehen und sein Einfluß, daß ihm aus dem Volke selbst, wie er öffentlich im Tempel die Sünde seines Volkes bekennt, der Vorschlag gemacht wird, man wolle die eingegangenen Mischehen wieder auflösen.

Esra greift sofort zu. Er läßt zum Tempelplatz eine Volksversammlung berufen. Er stellt an die Versammelten zwei Forderungen: Auflösung aller inzwischen eingegangenen Mischehen und grundsätzlicher Abschluß gegen alles Fremde und gegen alle Fremden. Die Zustimmung des Volkes erhebt diese Forderungen zum Beschluß. Es wird aus den Geschlechtsältesten eine Kommission eingesetzt, die die Auflösung der beanstandeten Ehen überwacht.

Diese Maßnahme Esras ist zweifellos reaktionär. Sie erhebt etwas zum Gesetz, was damals nicht in der Thora stand. Aus den Umständen der Zeit allein kann eine Rechtfertigung entnommen werden. Schutz der Rasse und der Religion sind hier gleicherweise bestimmend. Hier wird erkannt, daß die Rasse Träger bestimmter Eigenschaften sein kann. Aber es handelt sich nicht um eine Rassenzüchtung als Selbstzweck, sondern um eine Arterhaltung als ausgesprochenes Mittel zum Zweck. Das Volk war mitten in dem Versuch, eine sehr hoch gespannte 109 Ideologie in einem Leben als Gemeinschaft zu verwirklichen. Dieser Versuch war dicht vor dem Scheitern. Wenn das schon bei einer Gemeinschaft möglich war, die ein Ausleseprodukt darstellte, mußte die Gefahr noch vergrößert werden durch Aufnahme von Gruppen, die ein Mischprodukt in Gattung und Kultur waren. So ist Esra im Recht, wenn er die Isolierung als Erziehungsmittel zweckvoll und methodisch anwendet.

Esras Reform hatte im Prinzip die neue Lebensform des Volkes festgelegt. Aber sie wurde von den Tatsachen vielfach durchbrochen. Sein Rigorismus löste in den Nachbarvölkern, die sich als minderwertig zurückgestoßen fühlten, feindseligen Widerstand aus. Sie zerstörten die Mauern Jerusalems, verbrannten die Tore und schalteten in der Stadt nach ihrem Belieben. Wieder sind es die adligen Familien, die zuerst freundschaftliche und verwandtschaftliche Beziehungen zur Umgebung wiederaufnehmen. Das Volk zieht es zum großen Teil vor, die ungeschützte Stadt zu verlassen. Die Abgaben für den Tempel werden eingestellt. Viele Lewiten und Ahroniden wandern daher gleichfalls aus. Die Gemeinschaft steht vor einem neuen Zusammenbruch.

Wieder kommt die Hilfe aus der Kolonie Babylonien-Persien. Nehemia ben Hakalja, ein hoher Beamter im Dienste des Artaxerxes, sehr vermögend und einflußreich, noch gesetzesstrenger und rigoroser als Esra, nimmt sich der Verhältnisse an. Er wird von Artaxerxes zum zeitweiligen Statthalter von Judäa ernannt. So kann er seine Hauptqualität, sein Organisationstalent, frei betätigen.

Im Jahre 445 begibt er sich nach Jerusalem. Seine erste Forderung an die Volksältesten ist: Wiederherstellung der Befestigungen, damit das Volk wieder Zutrauen zur Stadt bekommt. Aus allen Schichten der Bevölkerung empfängt er Zustimmung und das Angebot freiwilliger Dienstleistung. Sanballat von Samaria versucht, die Bauarbeiten mit Gewalt zu verhindern. Nehemia organisiert dagegen einen bewaffneten Wachtdienst. 110 In wenigen Monaten ist Jerusalem wieder eine geschlossene und gesicherte Stadt. Aber sie ist fast menschenleer.

Er bestimmt daher, daß jeder zehnte Bewohner der Provinz, durch das Los festgestellt, nach Jerusalem ziehen müsse. Von den Ausgelosten und denen, die freiwillig kommen, prüft er eingehend die Geburtsregister. Wessen Herkunft nicht zweifelsfrei ist, muß draußen bleiben. Sodann trifft er Vorsorge, daß die Weiterentwicklung nicht wie bisher unter dem Druck der eingerissenen Ungerechtigkeiten leide. Er beruft eine Versammlung der besitzenden Gläubiger und verlangt von ihnen kraft seines Amtes und unter Hinweis auf ihre Verpflichtungen gegenüber der Allgemeinheit: Freilassung der Schuldsklaven, Zurückgabe der Liegenschaften und Streichung der Schulden. Er selbst geht mit dem Beispiel voran und erläßt allen, denen er Beträge zur Neusiedlung geliehen hat, die Schuld. Seine Autorität und sein Beispiel bewirken, daß die Gläubiger seine Forderungen annehmen und ihre Bereitwilligkeit durch einen Eid bekräftigen. Die verpflichtende Kraft des Gesetzes siegt über das Interesse.

Nach diesen vorbereitenden Akten macht er einen entscheidenden Vorstoß, der zum Zwecke hat, der Gemeinschaft eine Verfassung zu geben, die auf der Thora als dem Gesetz und der Lebensnorm beruht. Hierzu bedarf er der Mitwirkung Esras. Für das Neujahr 444 wird eine Volksversammlung nach Jerusalem berufen, in der weiter nichts geschieht, als daß Esra Abschnitte aus dem Pentateuch vorliest. Es ist ein Akt, der seine Parallele in der Verlesung des Deuteronomiums durch König Josia hat. Der Eindruck auf die Versammelten ist ungewöhnlich mächtig. Die Aufnahmefähigkeit für den Inhalt ihrer Tradition ist so groß, daß sie anderen Tages eine Fortsetzung der Vorlesungen verlangen. Es geschieht, und es wird so lange fortgesetzt, bis Nehemia erreicht hat, was er wollte: dem Volke einen Begriff davon vermitteln, was eigentlich an geistigem Gut hinter ihm stehe. 111

Wie das erreicht ist, geht er zum abschließenden Akt über: die Thora, die zum ersten Male durch Esra in vollständiger Fassung vorgelegt wird, wird öffentlich als das Gesetz des judäischen Volkes proklamiert. Die Vertreter der Geschlechter und Familien unterzeichnen und siegeln feierlich eine Urkunde, in der sie sich für sich selbst und die ihnen Unterstehenden auf Einhaltung der Thora-Gesetze verpflichten. Das Verbot der Ehe mit Heiden wird dabei ausdrücklich erhoben.

Nach einer wachsamen Tätigkeit von zwölf Jahren kann Nehemia die Verhältnisse als so weit gesichert betrachten, daß er nach Persien zurückkehrt. Aber es setzt noch einmal eine Gegenströmung ein, an deren Spitze die Priesterschaft steht. Sie ist durch Nehemias Reform am schwersten betroffen, denn wenn er ihr auch in der Vertragsurkunde regelmäßige Einnahmen gesichert hat, ist ihr doch die einflußreiche, vermittelnde Stellung dadurch genommen, daß nunmehr jeder Mensch anhand der Thora auch ohne priesterliche Mitwirkung sein Leben kontrollieren, gestalten und verantworten kann.

So muß Nehemia noch einmal zurückkommen, um die wankende Ordnung zu stützen. Er ist jetzt von einer unerbittlichen Strenge. Er säubert die Gemeinschaft restlos von allen, die sich nicht ohne jeden Widerspruch und ohne jede Konzession der Ordnung und dem Gesetz fügen wollen. Er prüft noch einmal zu strengster Auslese die Geburtsregister und streicht sogar ahronidische Familien, deren Listen nicht in Ordnung sind, rücksichtslos aus dem Verbande. Er erzwingt die Auflösung aller wieder eingegangener Mischehen und belegt den Verstoß dagegen mit schweren Drohungen und Strafen. Er verschärft die Vorschriften über die Sabbatruhe. Allen Bewohnern nimmt er einen erneuten Eid auf Beachtung der Gesetze ab. Er nimmt die letzte Sichtung und Scheidung vor, beendet aus der Überzeugung der Notwendigkeit das Werk der Isolierung und hinterläßt, wie er wieder nach Persien zurückkehrt, ein Gemeinwesen, das sich jetzt, da es einheitlich 112 in der Grundstimmung ist, selber weiterhelfen kann. Er hat ihm seinen Alltag organisiert und ihn geistig unterbaut.

 


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