Jean Paul
Grönländische Prozesse
Jean Paul

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IIII.
Bittschrift aller deutschen Satiriker

an das deutsche Publikum, enthaltend einen bescheidnen Erweis von dessen ieziger Armuth an Thorheiten, nebst Bitten und Vorschlägen, derselben zum Besten der deutschen Satire abzuhelfen

Vorrede
zum nachstehenden Aufsaze

Du liest, lieber Leser, nicht gern eine Vorrede; wie viel weniger zwo Vorreden. Allein vielleicht eben, weil du meine erste überschlagen hast, wirst du mir verzeihen, das in der andern lesen zu müssen, was ich in der überschlagnen zu sagen vergessen. Ich vergas nämlich, den folgenden Aufsaz mit einer Entschuldigung zu versehen, ohne die er sich nicht vor deine Augen getraut. Den Titel meines Buchs, welcher dich zu Satiren einladet, straf ich iezt Lügen, da ich einem Aufsaze, der in keiner Rüksicht mit der Satire in Verbindung steht, sondern vielmehr stat spashafter Einfälle, ernstliche Klagen und Bitten und Vorschläge enthält, viele Bogen widme. Vielleicht daß der ernsthafte Leser den Ernst unter dem Scherz nur desto wilkomner heist; aber der lustige wird die Beleidigung seiner Schosneigung wenigstens nicht eher vergeben, als bis sie entschuldigt worden. Auf meine Entschuldigung könte ieder von selbst fallen. Wenn der Satiriker aufhört zu lachen, so läst sich voraussezen, daß andere aufgehöret, lächerlich zu sein: denn seine Kunst kan die Thorheit nicht überleben. Zwar auch alter und abgelegter Narheiten kan er im Nothfal spotten, so wie ich zum Beispiel that. (Denn was ist älter, allein eben darum iezt seltner, als die Schriftsteller, die schlecht schreiben; als Theologen, welche die Vernunft konfisziren, als Philosophen, die keine sind? auch die Thorheit der Weiber, das Echo ieder Mode abzugeben, ist eben so alt als unmodisch, und der adeliche Stolz ist so alt, daß ihn alle Edelleute besassen, die Ahnen und Verdienste hatten, nur die Edelleute ausgenommen, die stat der Ahnen Verdienste hatten und eben deswegen iezt so selten, daß ihn wenigstens die nicht besizen, die stat der Verdienste Ahnen haben.) Nur gefallen solche Satiren gar mit den Vorzügen nicht, die meinen fehlen. Der Mangel am Narrenrükken wäre denn die eine Ursache, warum ich die satirische Peitsche an die Wand gehangen; die andere ist der Vorsaz meiner bessern Kollegen, diesem Mangel abzuhelfen. Sie glaubten der iezigen Vernünftigkeit am besten durch einen Aufsaz steuren zu können, welcher das Publikum mit seiner Armuth an Thorheiten und mit den daraus fliessenden schädlichen Folgen für die deutsche Satire bekanter machte. Vielleicht daß die Wahl des Mittels besser ausgefallen, als die Wahl dessen, der es ausführen müssen. Denn zum leztern wählten sie mich. Ich vermuthe darum, weil sie aus meinen Satiren über lauter veraltete Thorheiten schlossen, daß ich dem Mangel an auffallendneuen Thorheiten, für die keine eigne Scharfsichtigkeit mich durch verbotene entschädigt, eifriger entgegen arbeiten würde, als andre Satiriker, welche die iezige Theurung an Narren gar nicht empfinden, weil sie ihre Augen zu Spürhunden ihrer Zähne machen können, und weil ihr Gesicht, wie bei den Raubvögeln, so scharf wie ihr Schnabel ist. Eine andere Ursache, warum sie den Propheten gerade den Saul und mich bessern Satirikern vorgezogen, ist, weil ich eben ein schlechter bin und daher ein Werk, worin das kleinste Lächeln beleidigend wäre und das angebohrnen Ernst verlangt, glüklicher zu Stande zu bringen die Hofnung gebe, als andre, in deren ernsthaftesten Minen sich immer unwilkührliche Äusserungen ihres satirischen Talents einschleichen würden. Diese zwei Perioden würd' ich aus Has gegen den Egoismus wieder ausstreichen, müst' ich nicht durch die Angabe der gedachten zwo Ursachen die Vermuthung einer dritten (der bessern Tauglichkeit) abwenden, die mir, fals sie auch wahr wäre, schädlich sein würde: Denn es sagt Zizero: Nihil est his, qui placere volunt, tam adversarium, quam exspectatio. Allein der Erweis, daß das Publikum vernünftig ist, ist noch überdies eine Arbeit über meine Kräfte; weil die Stüzen, worauf er ruhet, gleich andern Stüzen ihren Fus in die Erde verbergen, und weil die Anzahl derselben, fals man keine sophistischen mit unterlaufen lassen wil, kleiner ist als man glaubt. Ferner giebt sich das Publikum, da es keine Thorheiten hat, so viele Mühe, um den Schein, einige zu haben, daß es so gar einer geübtern Feder nicht leicht sein würde zu zeigen, daß es keine hat; ja der ganze Beweis hat nach dem ersten Anblik so wenig Wahrscheinlichkeit für sich, daß vielleicht selbst mancher scharfsichtige Leser die Klage über den Mangel an Thorheiten für eine Ironie aufnehmen wird. In der Hofnung, daß der Zuschauer die Holprichkeit der Bahn so gut sieht, als sie der Wetläufer empfindet, und in der andern aus der ersten entstehenden Hofnung, daß man den nachfolgenden Aufsaz nicht so ganz umsonst zur Empfehlung der Thorheiten werde geschrieben sein lassen, kan ich mit dem Versprechen schliessen, künftighin keine ernsthaften Aufsäze mehr in die satirischen Skizzen aufzunehmen und überhaupt meine Feder nimmer zu einem Vorlegelöffel einer fremden Dinte herzuleihen.


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