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Ein Hund oder auch eine Kaze, aber selten ein Vogel ist der Zizisbeo der meisten Frauen, und wenn die linke Höhle ihres Herzens noch dem Manne zugehört, so hat eines der genanten Thiere wenigstens die rechte Höhle desselben gemiethet, und nimt stat des Kindes den Schos ein. Ich besuchte neulich eine Dame, die mich sehr lange mit einer Lobrede auf ihren Schoshund unterhielt. Nur Schade, daß die Fabel dem Thiere den Mund nicht geöfnet: denn es hätte seiner Panegyristin ohne Zweifel eben die Vorzüge beigelegt, die sie ihm beilegte. Sie liebt ihren Hund so zärtlich wie ihre Kinder: daher sie auch beide nichts lernen läst, und sie kan so wenig ohne dieses Thier als mit seinem Nebenbuhler, ihrem Manne, leben. Ja sie gewöhnet ihn sogar durch Süßigkeiten an eine vornehme Verderbung des Magens. Ein Zufal nöthigte sie neulich, ihn durch Aufnahme unter ihre Arme, dem Hundspöbel zu entziehen, der ihn freilich nicht wie der Herr der Schöpfung geehret haben würde. So trug Aeneas seinen Vater durch das brennende Troja. Sonst nur war das Tragen der Hunde eine Strafe für Rebellen. Und jezt trägt man mit Ehre einen Hund unter dem schönen Arm, unter welchem ein Gesangbuch sehr übel lassen würde. Unsere Dame erlaubt ihm alle Freuden, nur die Freuden der Liebe nicht. Der wahrscheinlichen Mesalliance nicht zu gedenken, ist ihr schon seine Schwangerschaft so ärgerlich als die ihrige; so ärgerlich als die Thiere, die ihren zottigten Gözen, wie die Mäuse den Kutka, den Got der Kamtschadalen, quälen. Vor etlichen Jahren wurde ihr Man krank und, obgleich der Arzt, dem sie ihn überlies und der sie oft heilte, Rezepte und Mixturen verschwendete, wieder gesund. Sie war trostlos und noch trostloser machte sie das Ableben einer Schoskaze, die ohne ein Todesurtel d. h. ohne ein Rezept sich beim Charon einschiffe. Ihr Hund verlor neulich ein Auge durch die Kaze einer Freundin, die ihr gegen über wohnt – nun lieben sich die beiden Freundinnen wie ihre Schosthiere.
Nichts ist natürlicher, als daß die schönen Kinder wie die kleinen, und die alten Kinder die hydraulische Kunst verstehen, mit den Augen Wasser zu speien. Diese Fruchtbarkeit an diesem Elemente schreibt sich nämlich von der Güte ihres Kopfes her, der wie ein Schwam das Wässerige leicht einsaugt; diese übermäßige Wärme entsteht nämlich durch die Gründlichkeit ihrer Ideen: denn seichte Wasser werden am leichtesten warm, kurz dieses rührt von den guten Eigenschaften her, durch die das andere Geschlecht seit einiger Zeit den Vorzug vor dem unsrigen, billig behauptet. Auch meine Frau besizt ein Herz, das die neuliche Thränensündfluth aus dem Sand hervorgespühlet. Zu weichherzig, um es gegen hartherzige zu sein, rächt sie ihre Empfindsamkeit an meiner Unempfindsamkeit durch unleidlichen Stolz oder durch Thränen. Äussere Kälte und innere Wärme machen von den Fenstern Wasser herabrinnen. Daraus läst sich auch folgendes erklären. Da sie lange genug Jünglinge geliebt hatte, die existirten, fiel sie einmal zur Abwechselung auf einen, der nicht existirte. Doch war dieser Jüngling in Miniatur von Hrn. Chodowiecki gezeichnet, und von Hrn. Geiser gestochen, und in Riesengestalt vom Herrn Autor gemahlet. So betete der Ägypter den Vogel Phönix an, den er nie gesehen, aber doch im Gemählde hatte. Allein zulezt wurde ihr das Nichts untreu und sie selbst wurde müde, ein Ding, das im Gehirn lebte, einem Dinge vorzuziehen, das auch auf der Stube lebte. Daher blieb ihr weiches Herz an meinem Antezessor kleben. Oft zu Nachts schlug sie ihr Klavier so wehmüthig, daß ihre halbwachenden Eltern daraus ihren Tod weissagten; allein unten am Fenster harte der folgsame Liebhaber und erfuhr durch die verabredete musikalische Sprache, daß er nicht umsonst harre. So hört der gemeine Man die Stimme des Todes in dem Schlagen, mit welchem die Bücherlaus in ihrem Wurmloch das Mängen zur Begattung einladet.
Nur noch die Dinte, die ich sonst aussprize, für ein par Züge meiner Frau. Ich mus ihre Gaben für Ohnmachten rühmen und sie hat zu gut leben gelernt, um nicht öfters tod zu scheinen. Und wenn ein kleiner Unfal neben sie anstreift, warum solte sie auch nicht den Spekkäfer nachahmen, der sich bei der kleinsten Berührung tod stelt? Die Kunst zu sterben ist der Probierstein eines Schauspielers; warum solte sie nicht der einer Frau sein? – Doch stehen ihre feiernden Lebensgeister allemal unter dem Geseze des Wohlstandes; sie weis sich selbst zu rechter Zeit von den Toden aufzuerwekken, und das Leben verlängert seinen Urlaub nicht über die bestimte Minute.
An ihrer Laune hängt meine Ruhe, und ihre Laune hängt an dem Zufal. Aus dem Mittagsessen weissag' ich mehr als der Augur aus dem Fressen der heiligen Hüner weissagte; und vor schlechtem Wetter sichern mich meine Wände nicht. Oft wird man unbillig bestraft, damit man billig bestraft werden könne; und man läst den andern das Holz zu seinem Galgen stehlen. – Ich fürchte nichts mehr als die Schmeichelein der Frau. Der Fuchs stuzt vor einem unerwarteten Lekerbissen und vermuthet richtig die verstekte Falle. Eh' man die Schafe schiert, wäscht man sie weis, – Tändeln kan man noch, eh' der Priester mit dem heissen Lak aus dem ersten Buch Mosis die Vereinigung versiegelt, und das Orchester spielet auch oft ein lustiges Allegro vor dem Trauerspiel; aber in das Ehebette mus man die Puppen der Wiege nicht bringen, sonst trägt ein Kind den Namen eines Königs, und seine Anverwandten regieren. – Auch Küsse sättigen und die Lippen verwunden eben so gut als die Zähne, so wie der Pelikan seine Jungen durch das Reiben mit dem Schnabel tödet. »Ich küsse den halben Tadel von der schönen Lippe weg« das heist, du lekst den Löffel aus, woraus du bittere Magentropfen eingenommen. – Aber wer widersteht auch oft dem Reize des Geldes, obgleich silberne Spornen eben so wie stählerne das Pferd verwunden; oder dem Reize der Ehre, obgleich der Maulesel durch einen prächtigen Reiter, einen Kardinal, nichts gewint; und endlich dem Reize der Schönheit, obgleich versilberte Pillen eben so bitter wie andre schmekken? Aber dies gehört nicht in diesen Brief, und ich mus aus der blumenvollen Wiese, in der man nicht reiten darf, wieder in den alten Steig zurükkehren.
Sie wollen die Stuzer näher kennen lernen? Wenn Sie unter dieser Benennung alle die Leute verstehen, die an der Toilette und am Pulte faseln, die mit brittischen und französischen Thorheiten prahlen, die von der Narheit nur die Gestalt und von der Dumheit das Innere entlehnen, so werden Sie in meinem Briefe vielleicht das finden, was Sie suchen. Ein Stuzer in der weitern Bedeutung des Worts ist erstlich ein Philosoph. Jezt nämlich ist die Metaphysik nicht mehr eine Landkarte vom Reiche der Möglichkeit, nach welchem man auf den matten Schwingen der Dumheit, wie nach Swift's Erzählung, der Kapitain Brunt durch seine geflügelten Kaklogallinier nach dem Monde, zuflog; jezt brüstet man sich nicht mehr auf Abstrakzionen, die weniger in den Gehirnfibern als auf dem Trommelfelle philosophische Erzitterungen verursachen und verwandelt lere Wörter nicht mehr in Demonstrazion durch eine Stellung, die man das Metrum der metaphysischen Dichtereien nennen könte – Sondern man ist viel modischer ein Nar. Wer durch sein Salarium nicht gezwungen ist, im Konzerte der menschlichen Thorheiten den Takt zu halten, und mit den Nachbarn im Unisono zu singen, der ersezt die Stelle der Thorheiten, die er nicht nachahmet, durch die, die er erfindet. Man erfand daher eine Philosophie, die sich durch eine trübsinnige, schwarze Gestalt empfiehlet und gleich einem Weibe, stat scharfsichtiger, schöne Augen, stat der Beweise Blumen hat; sie gleicht dem indianischen Gözen in der Stadt Multan, dessen Gesicht schwarz ist, und in dessen Augenhöhlen stat der Augen, zwo Perlen glänzen. Unser Stuzer nun hast lere, abstrakte Termen, liebt aber gefühlvolle, widersinnige Ausdrükke und zieht dem metaphysischen Unsin den poetischen, der kalten Unvernunft die warme vor. Nach der Ebbe und Fluth seines Nervensafts fält und steigt seine Überzeugung und sein Gehirn mus erst durch die heftige Bewegung des Bluts elektrisirt sein, wenn die Bewohnerin der glandula pinealis einige Funken Wahrheit aus demselben herauslokken sol. Sein Geist, ein Feind deutlicher Begriffe, erhält nur von dunkeln die Wärme, die sein Körper von dunkeln Kleidern empfängt. Der Anblik der nakten Wahrheit würde seinen Augen schaden, wie der Anblik der nakten Minerva den Augen des Tiresias. Daher umschaft er Gedanken in Blumen, wie unter den Händen des Midas nährende Speisen sich in glänzendes Gold verwandelten. So vergoldet man zu Weinachten für die Freude der Kinder die Nüsse; aber wer weis nicht, daß ihnen das Flittergold zwischen den aufknakkenden Zähnen hängen bleibt? Er duftet von Philosophie wie von Pomade, und macht die Brille der VernunftSo nante ich weis nicht wer die Philosophie. zu einem modischen Augenglas. Am Morgen giebt der Friseur seinen Haren, und ein Duodezbändgen seinen Gehirnfibern eine modische Lage; nachmittags trägt er die leibliche und geistliche Frisur zur Schau herum, und abends zerstöhret er beide in den Armen einer Hure. Doch oft zu stolz für eine solche Unbeständigkeit, sezt er sich durch einen nachgesprochenen Skeptizismus über das Denken hinweg und machet die Schwäche seines Kopfes zur Schwäche aller Köpfe. Nun öfnet sich seiner streitbaren Zunge das Feld der Zweifel, nun steht seine Behauptung jedem Anfal, und jede fremde weicht dem seinigen; nun schimmert die besiegte Vernunft für den Triumph seines Stolzes, eben so funkeln im Schwanze des Pfauen die verwandelten Augen des bestraften Argus. – Er hat ferner zwar keine Gelehrsamkeit, aber er weis sie doch zu verachten, und sein Stolz ist der hülfreiche Nachbar seiner Unwissenheit. Auch erhält er sich vermittelst desselben auf der Oberfläche aller Kentnisse wie der Fisch sich durch Ausdehnung seiner Blase auf der Fläche des Wassers, und sinkt nie tiefer, um Perlen zu suchen. Doch ungeachtet seiner Abneigung gegen ernsthafte Kentnisse, erhebt er sich zu unwichtigen; ungeachtet er blos lieset, um in der nächsten Assemblee zu sagen, daß er gelesen, so macht er doch durch Belesenheit seinen Verstand dem Verstande des Thieres ähnlich, welches den Gelehrten die Ableiter ihrer Gedanken leihet. Der Titel eines Buches ist ihm wichtiger als sein Inhalt und nicht so wichtig als seine Rezension. Er verbessert auch selbst gelehrte Urtheile und brandmahlet manchen Ruhm mit den stummen Zeichen einer zweideutigen Achtung oder bekränzet die Ohren, welche an einem Pranger schon gekreuzigt worden. Aber immer betet er den Autor an, von dem er die meisten Schriften gelesen; so vergötterte man in jeder Provinz des alten Peru die Art Fische, von welcher man die meisten fing. Da er wenig denket, so ists natürlich, daß er viel redet. Und wie solt' er nicht, da die Geschwäzigkeit die Jugend am besten kleidet? Auch macht junges Holz mehr Geprassel als Licht und Wärme, und Wägen mit neuen Rädern knarren am meisten. – Zwar ist sein Gedächtnis das Gefäs der Unehren, welches schmuzige Galanterien von Geselschaft zu Geselschaft trägt; aber doch ist seine Sele reines, feines Postpapier, welches die Damen mit ihren Einfällen beschreiben. Überhaupt stärkt die Weisheit der Damen seine schwindsüchtige Sele, und die Milch einer Eselin seinen schwindsüchtigen Körper. Wenigstens trägt das schöne Geschlecht in die leren Zellen seines Gehirns, zum Ersaz der verlohrnen Gedanken, den Honigsaft aus den neusten Almanachen. So zog der Ägypter aus dem Kopfe eines Leichnams das Gehirn heraus, dessen Plaz er mit Spezereien ausfülte. – Er ist auch Kenner von Kunstwerken, das heist, er weis etliche Kunstwörter ohne ihren Sin. Haben doch auch die meisten Konchyliensamler blosse schimmernde Gehäuse ohne die Bewohner derselben! Sein Wiz ist unerschöpflich, wenigstens ist es der Wiz seiner Büchersamlung; er führet eine fremde Dumheit nie ohne beissende Laune an, und giebt zum Rindfleisch allezeit Meerrettig. Vorjezt macht er aus Himberen Eßig d. h. er satirisirt über die Empfindsamkeit. Sonst trug er mit vielem Vergnügen jeden Logogryph des Merkurs, den er selbst aufgelöst, in seiner Bekantschaft herum. So legte man die tode Sphynx auf einen Esel. Nur selten oder wenn er in einer Uniform ist, verkürzt er die Zeit durch wizige Blasphemien. Doch sobald er sich in einer vornehmen Geselschaft befindet, so versteht es sich, daß er sein Herz beflekt, um seine Ehre nicht zu beflekken, gleich den Morlakken, die mit blossen Füssen durch eine Pfüze gehen, um die neuen Schuhe nicht zu besudeln – Schmeicheln und verleumden hat er in seiner Gewalt, er macht, wie Wernike sagt, den Anwesenden roth und den Abwesenden schwarz, und gleicht, wie mein Vetter sagt, den Bleistiften, deren eines Ende roth und deren andres schwarz schreibet, oder den Ferngläsern, die aus einem vergrössernden und einem verkleinernden Glase zusammengesezt sind. – Um frei zu sein, ist er weniger Nachahmer des Franzosen als des Britten, und er wünscht überhaupt unsern Narrenkappen deutschen Schnit, und unsern Schellen deutsche Form. Daher raubt er blos nüzlichen Geschäften die Zeit, in welcher er die Arbeit des Friseurs revidirt, in welcher er den Hut von etlichen grauen Atomen reinigt, in welcher er sich vor dem Spiegel mit seinem stummen Ebenbilde über die Lage seiner Reize berathschlägt u. s. w. Er trägt auch einen Degen; aber Linnäus irt sich, wenn er alle Thiere zu den Hunden rechnet, die den Schwanz nach der linken Seite tragen. Er hat ferner alle die Konvulsionen in seiner Übung, die zur Höflichkeit erfordert werden; wenn er redet, so weis er sich der Erde gehörig zu nähern, gleich dem Rohrdommel, der eh' er schreiet, seinen Schnabel in die Erde stekt, und ihm sind die Grade des Bogens bekant, in den der Rükken sich nach Masgabe des Gegenstandes seiner Verehrung zu krümmen hat. Seine lebhaften Füsse erfüllen oft das ganze Zimmer mit seiner Person, und er vertheilt unpartheisch unter alle Anwesende den Genus seiner Gegenwart. Bald füttert er aus einem glänzenden Gefäs eine schöne Nase mit wohlriechendem Staub, und überreicht das kizelnde Opfer mit den erforderlichen Gliederverdrehungen, bald sezt eine fremde Dose seine Zunge und seinen Rükken in dankbare Bewegungen. Hier treibt er den Schweis eines nakten Busen in die ofnen Poren, um durch eine schädliche Abkühlung einer unschädlichen Erhizung zuvorzukommen, und dort eilt er dem Fächer entgegen, der ihn zu einem galanten Narren schlagen oder für eine Thorheit bestrafen wird, zu deren Wiederholung er seinen Wiz auf eine schmeichelnde Art aufgefordert glaubt. Mit welcher Wollust drükt er endlich dort am Fenster seine Lippen an junge Hände. So beschnuppern die Lippen der Ziegen junge Baumzweige. Mit Küssen ist er übrigens freigebig; jeden bewirft er mit denselben von seinem Fenster, wie die Affen den Vorbeigehenden mit ihren Exkrementen von dem Baum herunter. Endlich weis ich nicht, ob er öfter hurt oder ehebricht. Denn er rühmt sich zu zeiten des einen und des andern; obgleich mehr seine Oberfläche und sein Schein als sein Wesen und sein Inneres mänliche Stärke verspricht, wie der Geruch des Bokkes nur von seinem Felle, nicht von seinem Fleisch' entstehen sol. Niemand beschmuzt besser als er mit zweideutigem Wiz reine Ohren. Doch stehen auch poetische Bilder seiner Artigkeit zu Diensten. Nur neulich sagte einer zu meiner Frau, er tränke Wollust aus ihren Augen. »Wie Gulliver, sagte mein Vetter, der es hörte, englisches Bier aus den Hüneraugen eines brobdignakischen Fräuleins trank.«
Wollen Sie bei mir selbst die Richtigkeit dieses Gemähldes untersuchen, so lassen Sie ihre Tabakspfeife zu Hause, deren Rauch meiner Frau wenigstens etliche Anbeter kosten würde. Vertreiben Sie lieber mit dem Tabaksrauche die Läuse von Ihrem Nelkenstokke. Die genauern Schilderungen verspahre ich auf den künftigen Brief, und die Antwort auf diesen erwarte ich aus Ihrem Munde selbst. etc.