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Nun komm' ich auf die Scharfrichter des Ruhms, auf die Zolbedienten des Neides, auf die Schweizergarde vor dem Tempel der Ehre, auf die vortreflichen Leute, die die Fehler des Parnasses, gleich gewissen andern Leuten, die die Stadt vom Kothe reinigen, auf einem Haufen zusammenscharren, deren Tadel der verwüstenden Zeit vorgreift, deren Feder den keimenden Lorber mit fressender Dinte schwärzt, oder die den Got einer Mode mit verstelltem Beifal schminken; die vor dem Hunger zur Verläumdung geflüchtet, oder die auf dem Rükken der Missethäter ihren Unterhalt einernten, und die Schande mit dem Staubbesen züchtigen, um ihn nicht verdienen zu müssen – kurz auf die Sipschaft des Zoilus, d. h. auf die Kunstrichter. Denn obschon die Barbarei untergegangen, so verwesten doch ihre Zähne nicht, sondern verwandelten sich in Kunstrichter, die nur zu oft einander durch eine uneinige Stärke aufreiben; eben so giengen die gesäeten Zähne jenes erlegten böotischen Drachen in Krieger auf, die sich selbst besiegten. Ein unwissender Kunstrichter mag daher wohl der beste sein? Und so ist es auch. Die Priester eines gewissen Volks stechen sich die Augen aus, um von den Göttern einer nähern Vertraulichkeit gewürdigt zu werden. Daher thut ein Priester des Apols, dem er die Gegenstände seines Neids opfert, sehr wohl, wenn er sich mit Hülfe einer schamlosen Unwissenheit zur Zunge des Musengottes aufwirft. Nicht blos die bürgerliche Gerechtigkeit solte man mit verbundenen Augen mahlen – welches nebenher anzumerken noch dazu fehlerhaft ist, indem die bestochenen Hände der Gerechtigkeit vielmehr andern die Augen verbinden. – Denn auch die litterarische richtet ohne Augen mit den Händen, und man schäzt das Gewicht des Kunstrichters blos nach der Schwere seiner Faust, wie das Gewicht des Ochsens nach der Schwere seiner Vorderpfote. Stat das Urtheil von den Augen abhängen zu lassen, braucht er ja nur dem Munde des Publikums seine Schmeichelei oder Verläumdung abzustehlen, und nur die Trompete der Fama mit seiner Pfeife zu akkompagniren. Und zu was auch Augen, da man tadeln kan, was man nicht gelesen? Eine misverstandne Stelle schaft das ganze Urtheil, und nach der Vorrede schneidet man die Kritik des ganzen Buchs zu. Denn wie manche das Herz auf dem Gesichte sehen, und auf der Stirne den abbrevirten, durch die Hand der Natur aufgedrükten Galgen lesen können, den die Hand des Henkers noch nicht aufgedrükt, so können scharfsichtige Rezensenten aus der Stirne eines Buchs seinen innern Werth wahrsagen, und die Höhe des Baums an iedem seiner Schatten abmessen. Ja oft komt einem Kritiker die Rechtfertigung seines Urtheils zu theuer, für die Lesung einer langen Vorrede zu stehen; daher mus ein ohngefährer Blik in das Buch für den Beweis seines Tadels sorgen; daher verdankt er oft dem Zufal seine Rache. Denn wie Lavater in dem Daumen den ganzen Menschen sah, gleich dem Grönländer, der die Frau des ersten Menschen aus dessen Daumen entspringen läst, so saugt ein liebenswürdiger Kunstrichter aus der giftigen Blume eines süssen Gefildes seinen Tadel, so bestraft er an einer ganzen Familie die Sünde eines einzigen. – Zu was Augen, da er ferner seiner verschleimten Zunge das Urtheil überläst? Der veränderliche Körper entweder rezensirt die Sele eines andern. Denn der Thermometer unserer Begierden ist im Blute, »der Barometer der Denkungsart im Unterleibe«, und der Zeiger, ob der Verstand richtig geht, im Gehirne. Die Unsterblichkeit eines Autors gründet sich daher bald auf die Gesundheit, bald auf die Kränklichkeit eines Kritikers, und sehr oft tadeln die Winde des Unterleibs, was die Winde der Lunge (die Schnupfen) loben, der Geschmak einer Krankheit widerspricht dem Geschmak der andern, und die Dünste des Weins weisen die Dünste des Kaffees zu rechte. – Oder die veränderliche Sele rezensirt. Wer weis nun aus seinem Linnäus nicht, daß verschiednen Thieren verschiednes Futter behagt? Der eine Rezensent liebt naiven, der andere stechenden Wiz; der Ochse Salz, der Esel Disteln. – Ja wenn auch der Rezensent ohne Unverstand rezensiren wolte, darf er? »Mir für einen Kreuzer Weihrauch« schreit ein Verleger in die kritische Bude; »und mir ein halb Loth Teufelsdrek; mein Nachbar liegt in Todesnöthen« ein andrer. Sol da der Rezensent der Wahrheit um den Sold des Hungers dienen, und seinen Magen seiner Zunge aufopfern? Ochsengalle erregt den Appetit, warum sol sie nicht auch ihn zu stillen verbraucht werden? Man kan auch wohl einem Autor einen Kopf anloben, wenn man dafür silberne Köpfe zu gewarten hat, wie die Dankbarkeit in Italien mit silbernen Herzen die Altäre derer Heiligen behängt, die menschliche Herzen von dem Tode errettet. Und oft endigen sich ia auch die Klopffechtereien der Kritiker und der Autoren mit gegenseitiger Freundschaft, so bald nur ihre Wahrheitsliebe ihre Beutel gefüttert; so tanzte in einem auto sacramentale der Teufel mit Christo eine Sarabande, nachdem beide sich vorher mit Fäusten geschlagen. Zu was Augen, da sie niemand von einem Kritiker zu fordern berechtigt ist? Von einem iungen nämlich, welcher allein seinen Namen verdient. Nur die Hände, in denen noch die rothen Eindrükke des lehrmeisterlichen Stokkes brennen, klatschen iezt mit der kritischen Peitsche, und von diesen die sich nun kaum der empfindlichen Anspornung zum Klugwerden entzogen haben, kan niemand billigerweise Verstand fordern, obwohl eben darum der Verleger Rezensionen; höchstens brauchen sie durch wiederholte unsinnige Rezensionen das Denken zu erlernen, und durch Handeln den Kopf zu verbessern, wie die Fliegen ihre Augen mit ihren Füssen auspuzen. Auch wird kein ausgewachsener Bart sich an embryonischen Bärten rächen – wozu nun Verstand in tadelfreiem Tadel? Ein iunger Rezensent freilich, gegen dessen Vervolkommung sich noch einige angebohrne Güte stemt, und dessen Blut noch in dem Bette der Scham läuft, thut sehr wohl, wenn er dem billigern Gerüchte nicht so gerade entgegenschwimt und sein Urtheil an das allgemeine bindet, wenn er seiner Galle nur bei mittelmäsigen Schriften wilfähret und nur an diesen seine Faust ihre Muskeln üben läst; so versuchen berühmte Ärzte die gefährliche Kraft ihrer neuen Heilungsmittel an Missethätern, bis sie aus Vice-Henkern der Missethäter endlich Henker der Kranken werden. – Auch beruht auf der Unwissenheit das Vermögen des Kritikers, Fehler aufzusuchen. Jedem andern als dem scharfsichtigen Auge des Gelbsüchtigen, entgeht die allgemeine Farbe der Natur. Das Löschpapier ist grauer und schlechter als das Schreibpapier; allein eben vermöge seiner Schlechtheit saugt es die Dintenklekse auf diesem ein. »Aber ›einsaugen‹ past dieses auf den Kritiker?« als wenn die Schlotfeger nicht selbst schwarz wären und die Färber nicht die Farbe hätten, die sie ihren Zeugen geben! als wenn Lichtpuzen (Puzscheren) durch den schwarzen Docht, den sie von dem Lichte abnehmen und in sich zusammenhäufen, nicht auch selbst geschwärzt würden! Und zu was auch endlich Augen, da sie zu den Hauptendzwekken des Kritikers zur Verläumdung und Schmeichelei entbehrlich sind? Und hierüber wil ich einiges sagen. Den Neid, diesen Bastart unsers ersten Triebes, dieses Kind des Mangels, diese Kost der Schwindsucht, erwärmet das Genie zum geiffernden Leben. Denn die Sonne schwärzt das Gesicht, und ie mehrere Lichter in einem Zimmer sind, desto mehrern Schatten wirft ein dunkler Körper. Daß aber gefühlte Schwäche leicht zum Neide reift und schwarze Dinte gelb wird, ist natürlich. Journale nun sind die Magazine des Neides, und gleichen dem Pasquin in Rom, den die Rache in ihre Geburten kleidet und die Verläumdung mit ihrem Geifer umspint; Rezensenten nun sind die Leute, die gleich gewissen Völkern zur Geburt eines Buchs weinen und zu seinem Tode lachen, die wie die Priester eine Leichenpredigt mehr als eine Taufe lieben, und mit ihren Kugeln um den Fal der meisten Kegel weteifern. Dazu mus der Kopf und das Herz zugleich helfen, und Scheingründe müssen die Verläumdung beschönigen – so verblendet die Erde als aufwallender Staub die Augen und befleckt als nasser Koth die Füsse. Wohl dan dem Rezensenten, wenn seine Dinte iede verhaste Schönheit wegfrist, wenn das Gold in seinem aqua regis und die Perle in seinem Essig zergeht! Wohl dan dem Rezensenten! Denn das Opfer seiner Feder unterliegt einer doppelten Schande, der eigenen und der fremden, und der besiegte Riese erröthet über die siegenden Zwerge, stat daß grosse Männer, durch grosse Männer fallend, wenigstens mit Ruhm fallen, die Ehre mit ihrem Besieger theilen, und durch einen schönen Untergang die trüben Wolken des verflossenen Lebens vergolden. Wohl dem Rezensenten, wenn von dem Stich einer einzigen Feder fremder Ruhm verwelkt, wenn er mit einer einzigen Wizelei das Produkt eines Genies für einen Haufen sinloser Buchstaben, deren Werth etwan auf äussern Firnis beruht, erklären kan; so verwandelt der Stich einer Schlupfwespe den Sodomsapfel in ein Behältnis schwarzen Staubs, das die Näscherei noch durch eine schöne Oberfläche täuschet. Aber freilich gräbt oft der harte Diamant in den feindlichen Hammer die Merkmale seines Widerstands; freilich gaukeln oft umsonst die luftigen Berggeister dem fleissigen Bergmanne die Veranlassung zu einer furchtsamen Verachtung des goldnen Zieles, vor. Und doch, wenn auch! Nicht iedes Verdienst ist gegen die Feinde seines Werths gewafnet, deren Schwäche der Fleis und die Anzahl verbessert. Tausend Wassertropfen hölen auch den Scheitel einer Bildsäule aus; auch Würmer können die Patente der Ewigkeit zernichten, und die Exkremente vieler Fliegen das schönste Papier beschmuzen; auch ohne die erschütternden Waffen des Elephanten, durchnagen freundschaftliche Holzwürmer den Ruhm und zerlöchern seine Feste. Zwar stirbt vielleicht innerer Werth nicht immer an der Kritik, aber doch sein äusserer Glanz; so schwärzt nach Drummond, der Bis einer Otter die Haut des Menschen, aber tödtet ihn nicht. Darum spüren einige Rezensenten am Grossen das Kleine auf, um dan darüber zu lachen, und vergiften gleich den Schlangen, die gemachte Wunde. Andre, menschenfreundlicher, verleumden blos durch Stilschweigen. Einige geiseln durch verstelltes Lob die unbemerkten Fehler, ihre Arznei schadet mehr als die Krankheit, und mehr als Gift vergiftet ihr Gegengift. Andere räuchern nur verwesten Nasen, überziehen wie die Perser, die Toden mit Honig, und bewerfen sie wie die Griechen mit Kränzen; loben als Alte Alte, und salben wie die Türken einander die Bärte. Dafür brechen iunge hofnungsvolle Dichter und Rezensenten über grauen Ruhm den Stab, trennen von weissen Haren den freundschaftlichen Lorber, wie die Kohlmeisen ihre ältern Mitbrüder tödten, und ihr Gehirn fressen, düngen mit verwestem Ruhm ihren eignen, mästen sich wie die Hyäne von aufgegrabnen Todten, und gleichen ganz den stechenden Wespen, die das Mark verstorbener Pferde gebähren sol. Und einige endlich versuchen durch Unbilligkeit zur Erwiederung derselben zu reizen, und auch oft beist die Wuth des Hundes in einen Menschen Wuth. Und vorausgesezt, daß ein unbilliger Angrif den Autor nicht zu angenehmen und lehrreichen Antworten veranlasset, wie Affen auf Kokosbäumen sich mit Kokosnüssen gegen die Steine der Indianer vertheidigen, vorausgesezt, daß die voreilige Ungerechtigkeit des Kritikers den Autor nicht ans einer unvorhergesehenen Unbekantheit reisse, wie der Honigsucher (viverrra melivora) in die Bäume, deren Honigschaz ihm unerreichbar ist, das Merkmahl ihres Werths durch seine Zähne gräbt, dies vorausgesezt, sind der Rache des Kunstrichters mehr grosse als kleine Schriftsteller vorzuschlagen. Stechfliegen stechen leichter durch einen seidnen als einen wollenen Strumpf. Und welcher Beutelschneider wird Diogenes Pera bestehlen, welcher Räuber in Diogenes Fas einbrechen? welcher Kritiker nicht den Schlangen ähnlichen wollen, die nur Frösche fangen, die sich bewegen? – Allein ein ächter Kritiker mahlt nicht nur wie der Neger, die Götter schwarz, sondern auch den Teufel weis. Denn nichts ist billiger, als schwachen Köpfen durch Lob aufzuhelfen, und ihnen durch den Posaunenton des Beifals neue Produkte abzufordern, wie Postknechte durch gefälliges Pfeifen ihren Pferden die Erleichterung der Harnblase abschmeicheln. Ein ächter Kunstrichter iauchzet da Land! Land! wo die Entfernung dem Dunst und dem Nebel Gestalten leihet. Sein Mitleiden versüsset dem Ruhme die Sterbensstunde durch Zusprache, und berauscht den Schriftsteller wie sonst die mitleidige Gerechtigkeit den Missethäter, durch Weihrauch zu einer glüklichen Fühllosigkeit für das Ende. Ja da man sonst die gehörnten Opferthiere der Götter mit Blumenkränzen krönte, warum sol er die Opfer der Kritik nicht mit Lorberkränzen zieren? – Derienige ist der vortreflichste Kunstrichter, der immer das Lob durch Tadel versalzet, der nie die Kralle darreicht, ohne ein wenig zu krazen, der gleich dem Schoshunde mit spizigen Zähnen seine gelinde Zunge verpallisadirt. Ist ia doch auch die Taube nicht ohne Galle. Bittere Magentropfen auf Zukker gegeben, lassen sich wohl einnehmen. Auch macht man die Prikken in Essig und Lorbern zugleich ein, und die Lappen gehen aus dem heissen Bad ins kalte. – Noch einige vermischte Anmerkungen über die Rezensenten! Die Menge derselben beweist, wie die Menge der Mäuse eine gesegnete Erndte. – Der Faust unserer tiefsinnigen Kunstrichter verdanken wir die Entwiklung mancher Schönheiten; denn treten nicht auch die Klauen der Ochsen bei den Orientalern das Getraide aus den Garben heraus? Und auf der andern Seite mausen die Kazen so gut wie die Eulen, und verrichten nicht oft die Murmelthiere des Savoyarden die Dienste eines Schlotfegers? Ja die Rezensenten verrichten mehr; denn ihre Wuth hat manches Genie zur Satire begeistert, und Dunsen sind wir die Dunziade schuldig, so veranlasse das Zischen der Schlangen der Gorgone die Minerva zur Erfindung der Flöte. – Kein Japaner darf einen Baum umhauen, ohne einen neuen zu pflanzen – dummer Gebrauch! Und wenn wir ihn annähmen, wer würde rezensiren? Ich lobte oben die Unwissenheit der kritischen Köpfe, aber ich hätte auch die Klugheit ihrer Handlungen und ihrer Ränke loben sollen, denn der Teufel prangt nicht blos mit Ochsenhörnern, sondern auch mit Pferdefüssen. Auf den Kritikern beruht das gute oder schlechte Schiksal des Parnasses; dies sieht man auch daraus, weil die Kritik sich erst auf den Ruinen des Genies erhebt, und der Sieg der Rezensenten erst auf die Niederlage der schönen Geister folgt. Die Knochen im Gesichte ragen erst dann hervor, wann die schönen Wangen eingefallen. Im Winter steigt der Merkurius des Wärmenmessers erst bei schlechtem Wetter. Doch lokt oft nicht der Regen, sondern nur die Ahndung desselben die Regenwürmer aus der Erde hervor. –
Endlich einige Kleinigkeiten! Das Titelblat ist das wichtigste Blat des ganzen Buchs, denn nach dem Gesichte würdigt man die unbekantern Theile eines Menschen. Daher mus ein Schriftsteller zur Erfindung eines prächtigen Titels, sein ganzes Gehirn aufbieten und der scheinbaren Geringfügigkeit desselben ist er alle mögliche Ausschmükkung schuldig. So trägt man in Japan nur Geflügel mit vergoldeten Schnäbeln auf die Tafel. Darum aber braucht er nicht das zu leisten, was er auf den Titel verspricht – jener Mahler schrieb unter seine Figuren nicht, was sie waren, (denn das sah man ia) sondern was sie sein sollten. Und welcher vornehme Man ist nicht weniger als sein Titel? Da ferner die Schriftsteller ihre Verewigung nur von den Journalen durch die Aufbewahrung ihrer sinreichen Titel zu gewarten haben, wie die Bauern in einigen Orten die Köpfe aufgegessener Heringe an einem Faden zusammenreihen und an die Stubendekke hängen, so ist es auch darum gut, allen Wiz in den Titel, wie in eine Urne, für die Nachwelt zusammenzudrängen. – Auch das Motto ist nicht zu vergessen. Wie schön glänzt der Name eines grossen Schriftstellers, der das Motto herleiht, auf einer modischen scharfsinnigen Schrift! Eben so glänzt das Bild der Sonne auf der Stirne des götlichen Ochsen der Franken. Je weniger das Motto sich zum Buche schikt, desto mehr macht es dem Wize des Verfassers Ehre, dem auch die kleinste Ähnlichkeit nicht entgangen. Vorzüglich dem Titelblatte ernsthafter Streitschriften läst ein spashaftes Motto, aus Registern gestohlen, ungemein wohl. Eben so schimmern auf den Helmen der Helden Federn aus dem Schwanze des Pfauen. Ich würde auch zur Verschönerung eines Titelblattes das geistreiche Portrait des Verfassers selbst vorschlagen, wenn der kopierte Geist in seinen Gesichtszügen einen von dem Versuche nicht abschrekte, das Original desselben im Buche näher kennen zu lernen; so entzieht oft das ausgehängte Bild einer Misgeburt die Neugier der Zuschauer, der Betrachtung des Originals. –
Alle Schriften strozen iezt stat der Gedanken von Gedankenstrichen, die man auch Gedankenpausen nennen könte. Man durchstreicht iezt nicht mehr Wörter, aber man durchstreicht doch dafür das lere Papier. Die Guayruer lassen neben dem begrabnen Körper einen leren Plaz für den Geist und unsere grossen Köpfe neben den Worten einen für die Gedanken, und deuten den Sin, wie Heraldiker das Silber, durch leren Raum an. Man vertheuert durch eine solche Verschwendung der Dinte seine Ware, wie die Kaufleute durch Benezung die ihrige. Gedankenstriche sind Furchen ohne Samen – sind Linien, die der Chiromantist zu lesen gedenkt, und für deren Bedeutung der Zufal nicht gesorgt – sind das algebraische Zeichen der Subtrakzion – sind die Gebeine verstorbener Gedanken – sind die Schleppen oder Schwänze der Perioden, welche Schwänze auch oft den Kopf der Perioden, wie die Schwänze bekanter Vögel den Kopf der Damen zieren – sind Brükken, über die Klüfte unähnlicher Materien geschlagen – sind Mittel, unsere Bewunderung vom Genus ihres Gegenstandes zu trennen, wie iener zwischen sich und seine schöne Schlafgenossin einen Degen legte. – Ans diesem wird ieder den verschiednen Gebrauch und die Nothwendigkeit der Gedankenstriche ersehen können, und meine Gedankenstriche werden sich auch selbst loben. –
Schade, daß wir iezt nicht mehr so unsere Wörter wie unsere Kleider verstümlen. Doch läst es noch in Gedichten, wo jeder Vers gleich einem Gleichnis übel zu Fus ist, sehr schön, wenn das hölzerne Bein des Apostrophs das weggeschossene natürliche ersezt, wenn man die Füsse der Wörter in enges Sylbenmas, wie die Sineser die weiblichen Füsse in enge Schuhe, einzwängt. – Man verstümlet die Wörter nicht blos, wie die Wilden ihre Kinder, der Zierde, sondern auch der Erhabenheit wegen. Ein Wort mit den krummen Narben eines Federhiebs, wie marzialisch sieht es! –
Da man oft zwei Uhren und auf Einer Seite zwei Lokken trägt, da man Monsieur oder Herr im Briefe aus Höflichkeit verdoppelt, so wird man leicht sehen, daß die Verdoppelung der Frag- und Ausruffungszeichen nicht blos modisch, sondern auch vernünftig ist. Manche Autoren können dadurch mehr ausdrükken, als sie im Sinne haben!
Kaum brauch' ich zu erinnern, daß der Verfasser sein Buch mit schönen Kupferstichen zieren müsse, die seine schlechten Zeichnungen heben. Diese Mode errinnert mich an die Mode einiger armen Ägypter, die ihren Gözen stat der Schweine die Abbildungen der Schweine opferten. Oder daß er für schönes Papier sorgen müsse? Denn wer isset gern auf einem schmuzigen Tischtuche? Und endlich, daß er sein Kind in der möglichst kleinen Gestalt erscheinen lassen müsse. Grosoktav ist der Positiv des Wizes, Kleinoktav sein Komparativ, und Duodez gar sein Superlativ. Das Gehirn verhält sich zum Kopfe umgekehrt. Auch bemerkt Home in seiner Geschichte der Menschheit sehr gut, daß bei der Verfeinerung des Gaumens grosse Stükke Fleisch aus der Mode kommen. Der rohe Angelsachse briet oft einen ganzen Ochsen, und der feine Sineser füllet seine Schüsseln mit kleingeschnittenem Fleische an. – Ich habe nichts dawider, wenn man stat der gothischen Lettern römische wählet. Denn es beweist, daß die klassische Gelehrsamkeit unter uns noch nicht ausgestorben. –
Nun bin ich fertig; das heist, ich habe durch das Gemälde eines heutigen Autors das Gemälde eines vortreflichen gegeben, und durch Schilderung der iezigen Schreiberei, schreiben gelehrt. Freilich ist nur das Beispiel unsers Parnasses Muster. – Aber das Dakapo meiner halbgeheilten Gicht verscheucht alle Musen aus meinen Fingern, und nötigt mich zum Schlusse. Welcher gesättigte Magen liebt übrigens auch ein langes Dankgebet? Je mehr ein fallender Körper sich der Erde nähert, desto geschwinder fält er, und ich abbrevire wenigstens die Endsylben der Wörter. Kurz, Amen! –