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Eine besondere Bewandtnis hat es mit den Mönchssittichen.
Diese mittelgroßen, grünen Papageien mit den grauen Gesichtern sind Tiere des Zoo, aber sie leben dennoch in voller Freiheit. Sie bauen Reisignesterkolonien, die in großen Klumpen unter Dächern und in den Astgabeln starker Bäume hängen.
Mit schrillen Schreien schießen die Exoten über die Köpfe des Zoopublikums dahin, und selbst in den strengsten Wintern ist keiner dieser tropischen Vögel eingegangen.
Es haben sich aus der Nachzucht auch schon kleinere Scharen gebildet, die in die weiten Baumgefilde des nachbarlichen Parks abgewandert sind. Dort ist ihnen in vereinzelten Fällen nachgestellt worden.
So hatte ein Mann sich wochenlang damit beschäftigt, einen bestimmten Trupp von sechs oder sieben Tieren genau zu beobachten, der gewisse Parkteile bevorzugte, die in der Nachbarschaft ihrer engeren Heimat, des Zoologischen Gartens, lagen.
Zwischen fünf und einhalb sechs Uhr morgens bezog der Mann seinen Posten und wartete. An einer versteckten Stelle war eine Lücke im Gebüsch. Ein kleiner Bach floß vorbei, dessen eines Ufer ganz seicht in das Wasser überging.
Durch einen Zufall hatte der Sittichjäger gesehen, daß dort die kleine Schar eingefallen war, um sich zu tränken.
Zwei Morgen stand er vergeblich, dann waren die Vögel wieder da. Er hatte Hanf- und Sonnenblumenkerne gestreut, und die Sittiche hielten sich, nachdem sie getrunken hatten, auch wirklich fünf Minuten auf, und das Knispern, mit dem die Papageichen die Körner fraßen, war dem Manne Musik in den Ohren. Das alles wiederholte sich nun an verschiedenen Morgen.
Darauf stand der Mann vier Tage hintereinander vergeblich, dann waren die grünen Vögel wieder da. Diesmal lag ein merkwürdiges Gerät, ein Holzkasten mit Drahtbügel und Netzwerk, nicht weit von der Futterstelle. Die Vögel äugten das Ding neugierig und mißtrauisch an, hielten sich auch davon entfernt, doch dann tranken und fraßen sie wie sonst.
Das nächste Mal stand der Apparat, der ein Schlagnetz war, näher an der Futterstelle, doch war das Netz nicht fängisch gestellt.
Jedesmal rückte das Netz näher an den Futterplatz, und eines Morgens lagen die Körner zum Teil in dem flachen Holzkasten, und der Bügel war fangbereit gestellt.
Kaum hatten die Mönchssittiche getrunken, als sie sich, wie jeden Morgen, dem Futter zuwandten. Zwei von ihnen flogen ohne Umschweife zu den Körnern im Kasten.
Der im Gebüsch verborgene Mann riß an der Fangschnur, das Netz schlug herunter, und die Bemühungen des geduldigen Fängers waren endlich belohnt, er hatte zwei schöne, kräftige Mönchssittiche. Es war für die Zwecke des Sittichjägers sehr günstig, daß beide Vögel jung waren.
Nun hielt er sich lange Zeit zu Hause. Jeden Vormittag zu einer bestimmten Stunde beschäftigte er sich eingehend mit seinen beiden Gefangenen, so daß seine Wirtin sich neugierig fragte, warum ihr Mieter immer spräche, da er doch allein im Zimmer sei.
Nachdem Wochen vergangen waren, klärte sich alles. Man sah nun in den Straßen der Stadt einen Mann, der auf einer Kombination von Gestell, Kasten und Vogelbauer zwei wahrsagende Mönchssittiche zeigte. Die beiden hübschen Vögel kamen auf den Wunsch des Kunden aus ihrem Bauer heraus, zogen einen kleinen Brief aus dem Kasten und ließen ihn sich von dem für seine Zukunft Interessierten abnehmen.
Die Sittiche arbeiteten geschickt und zuverlässig, und ihr Besitzer machte ein gutes Geschäft.