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Der Direktor machte vor allem in seinen Ausführungen darauf aufmerksam, daß diese Schimpansen in ihrem Wesen und ihren Gewohnheiten ganz verschieden von den bisher in Zoologischen Gärten gezeigten Schimpansen wären.
Man habe in den seltenen Fällen, in denen es gelang, die Tiere über ein gewisses gefährliches Alter in der Jugend hinwegzubringen, immer mit mehr oder minder Erfolg versucht, Menschen aus den Menschenaffen zu machen. Zweifellos wäre das für das Publikum Zoologischer Gärten auch sehr anziehend.
Der Direktor erinnerte hierbei an die Schimpansin Holli, die in eben diesem Käfig, vor dem er jetzt sprach, fünfzehn Jahre gelebt hatte, eine bei Schimpansen bis dahin nicht erreichte Lebensdauer in Gefangenschaft.
Holli lebte zum Ergötzen des Zoopublikums ganz wie ihr Wärter. Sie saß mit ihm am Tisch, aß mit dem Löffel vom Teller und trank dazu eine Flasche Malzbier, wobei sie mit ihrem Wärter anstieß. Hatten die beiden gegessen und getrunken, so rauchten sie gemeinschaftlich eine Zigarette, und der Affe hielt sie genau so leicht und ungezwungen wie der Mensch. Damit hatte Holli jedesmal einen Bombenerfolg.
»Diese Schimpansin war eine unserer Hauptattraktionen«, meinte der Direktor. »Es erschienen im Laufe der Jahre viele Reportagen in allen Blättern über sie, und unsere vergnügte Stadt nahm in allen Bevölkerungsschichten Anteil an dem, was die Äffin betraf.« Hier wies der alte Herr auf eine Holzplastik, die, von einem guten Künstler geschnitzt, Holli in Lebensgröße darstellte.
»Nach ganz anderen Gesichtspunkten sind nun diese sechs Schimpansen erzogen oder vielmehr nicht erzogen. Sie sind, wenn man so sagen will, »unzivilisiert« gelassen worden. Dort, woher sie kommen, hielt man sie in einem großen Gehege in freier Luft, das wundervolle Klima gestattete das. Die Tiere wurden dort ausschließlich gehalten, um den Stand ihrer Intelligenz erforschen zu können. Tatsächlich sind denn auch Beobachtungen gemacht worden, die für den Geistesstand der Menschenaffen aufschlußgebend sind.
Man legte eine Banane außerhalb des Gitters so hin, daß sie die Schimpansen mit der Hand nicht mehr erreichen konnten. Die fünf Damen versuchten es immer wieder, die muskulösen Unterarme durch die Gitterstäbe zu strecken, doch es ging nur bis zum Handgelenk.
Pascha versuchte es auf dieselbe Weise, doch erkannte er bald das Nutzlose seiner Bemühungen. Er ergriff einen der starken Rohrhalme, die in Menge im Käfig herumlagen, und mit dieser Hilfe gelang es ihm auch bald, die Frucht zu angeln. Seine Weibchen waren starr vor Bewunderung. Er erschien ihnen wie ein Edison des Affengeschlechts.
Doch am nächsten Tage lag die lockende Banane noch etwas weiter vom Gitter entfernt, als ein Rohr reichte. Alles Angeln und Stekern war umsonst. Da begriff Pascha, daß er den Rohrstiel verlängern müsse. Er nahm noch einen dazu und hielt die Enden aneinander, aber sie hafteten nicht. Immer wieder versuchte er, die Enden aneinanderzubringen, und immer neue Rohrstengel probierte er. Auf einmal schoben sich zwei ineinander. Jetzt war die Länge ausreichend, und nach mehreren Versuchen glückte es Pascha, auch diese Banane zu sich heranzuholen.
Die beobachtenden Wissenschaftler wurden Zeuge einer Handlung, die schon einmal bedeutungsvoll war: vor Millionen von Jahren, als der Urmensch im Stock das erste Werkzeug erkannte.«